Entscheidungsstichwort (Thema)
Körperschaftsteuer
Leitsatz (amtlich)
1. Wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb ist eine planmäßige wirtschaftliche Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen oder anderen wirtschaftlichen Vorteilen, die über eine einmalige Betätigung hinausgeht. Die Absicht, Gewinn zu erzielen, ist nicht erforderlich, auch muß kein Betrieb gewerblicher Art vorliegen.
2. Berufs verbände sind mit den Gewinnen aus wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben körperschaftsteuerpflichtig. Echte Mitgliedsbeiträge und Ausgaben zur Deckung der Wahrnehmung der allgemeinen ideellen und wirtschaftlichen Belange der Mitglieder werden für die Besteuerung nicht erfaßt.
3. Unterhält ein Berufsverband eine Sterbegeldkasse für seine Mitglieder verliert er seine subjektive KSt-Freiheit, auch wenn kein Rechtsanspruch der Mitglieder auf Zahlung eines Sterbegeldes besteht und die Sterbegeldkasse nur einen Nebenzweck darstellt.
4. Selbst wenn die Sterbegeldkasse nicht auf versicherungswirtschaftlicher Basis aufgebaut ist, ist das Risiko des zu erwartenden Sterbeverlaufs durch Rückstellungen zu berücksichtigen.
Orientierungssatz
Sterbegeldeinrichtung und Vortragstätigkeit eines Berufsverbands als wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb
Normenkette
KStG 1950 § 1 Abs. 1 Nrn. 4-5, § 4 Abs. 1 Nrn. 6, 8, § 8 Abs. 1, § 13; KStDV 1950 §§ 11, 13 S. 2; GemV 1941/1948 § 6 Abs. 3; GemV 1953 § 9 Abs. 1; EStG § 4 Abs. 1; VAG 1931 § 1 Abs. 2
Gründe
Streitig ist für 1950, ob der Beschwerdegegner (Bg.) als Berufsverband im Sinne des § 4 Abs. 1 Ziff. 8 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) von der Körperschaftsteuer befreit ist. Das Finanzamt hat dem Verein die Steuerfreiheit deswegen versagt, weil er einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb in Form einer Sterbegeldeinrichtung und der entgeltlichen Veranstaltung von Fachvorträgen unterhalte.
Die Sterbegeldeinrichtung beruht auf dein Beschluß der Mitglieder vom … 1950, der folgenden Wortlaut hat: „Der Jahresbeitrag wird um 24 DM erhöht. Dieser Zusatzbeitrag ist einem besonderen Sterbegeldfonds zuzuführen. Aus diesem Fonds erhalten die Hinterbliebenen eines jeden Mitglieds auf Beschluß des Vorstandes ein Sterbegeld von … DM.” Im Jahre 1950 standen den Einnahmen von … DM Ausgaben von … DM gegenüber. Bei den gemeinsam mit der Industrie- und Handelskammer veranstalteten Vorträgen wurden in 1950 Einnahmen von … erzielt; die Ausgaben betrugen hierbei … DM. Der Überschuß aus beiden Vorgängen betrug … DM, den das Finanzamt im Schriftsatz vom 10. Juni 1954 als steuerbares Einkommen des Bg. bezeichnet.
Der Einspruch blieb erfolglos. Das Finanzgericht hat auf die Berufung die Einspruchsentscheidung und den Steuerbescheid ersatzlos aufgehoben; es hat die Voraussetzungen für die Befreiung nach § 4 Abs. 1 Ziff. 8 KStG als gegeben erachtet. Das Finanzgericht begründet seine Auffassung etwa wie folgt: Die Satzungsbestimmungen des Vereins ließen nicht erkennen, daß der Zweck des Vereins auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet sei. Auch die tatsächliche Geschäftsgebarung führe zu keinem anderen Ergebnis. Verbandsfremde Betätigungen im Sinne des Urteils des Bundesfinanzhofs I 44/52 U vom 22. Juli 1952 (Slg. Bd. 56 S. 572, Bundessteuerblatt – BStBl – 1952 III S. 221) seien nicht ersichtlich. Die Abhaltung der Fachvorträge entspreche dem Verbandszweck, Das Wesen des Berufsverbandes werde auch nicht durch die Entgegennahme und Weiterleitung der Sterbegelder geändert. Eine Sterbegeldversicherung, die ihrer Natur nach gewerblich sei, liege bei dem Verein nicht vor. Es sei lediglich eine Unterstützung der Mitglieder untereinander bei Sterbefällen gegeben. Es sei also ein steuerunschädlicher Durchlauf von Geldern anzunehmen. Der geringe Arbeitsanfall beeinflusse den eigentlichen Zweck des Berufsverbandes nicht. Die Abhaltung der Fachvorträge bilde zwar einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb; sie sei aber ein steuerunschädlicher Hilfsbetrieb. Das Finanzgericht ist der Meinung, daß, abgesehen von der Begriffsbestimmung des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs, die steuerliche Unschädlichkeit nach den Vorschriften der Gemeinnützigkeitsverordnung (GemV) beurteilt werden müsse, auch wenn es sich um Berufsverbände handle. Dies glaubt das Finanzgericht aus den Vorschriften des § 7 Abs. 1 in Verbindung mit § 9 Abs. 1 GemV 1953 entnehmen zu können. Die Vortragsveranstaltung sei eine steuerunschädliche Hilfstätigkeit im Sinne des § 9 Abs. 1 GemV 1953. Die Tätigkeit sei auch im Rahmen der Gesamtbetätigung des Vereins so unbedeutend, daß sie steuerlich unberücksichtigt bleiben könne, Die Verwaltung der Sterbegelder sei im Gegensatz dazu kein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb. In einer solchen geringfügigen Tätigkeit seien dessen Voraussetzungen nicht gegeben. Bas Finanzgericht beruft sich dabei auf das Gutachten des Bundesfinanzhofs I D 1/52 S vom 17. Mai 1952 (Slg. Bd. 56 S. 591, BStBl 1952 III S. 228, 230, rechte Spalte letzter Absatz).
Die Rechtsbeschwerde (Rb.) des Vorstehers des Finanzamts rügt unrichtige Anwendung des Begriffs des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs durch das Finanzgericht. Der Verein betätige sich durch die Sterbegeldeinrichtung gewerblich. Es liege eine Kasse vor (Hinweis auf „Der Betrieb” 1952 S. 260). Auch werde bestritten, daß es sich um durchlaufende Gelder oder um einen Einzelfall handle. Die §§ 7 und 9 Abs. 1 GemV bezögen sich nur auf die in den §§ 17 bis 19 KStG bezeichneten gemeinnützigen usw. Körperschaften im Sinne des § 4 Abs. 1 Ziff. 6 KStG. Diese Vorschriften könnten nicht ausdehnend ausgelegt werden. Die steuerschädlichen Einnahmen machten etwa 40 % der echten Mitgliederbeiträge aus. Daher könne nicht von einer ganz geringfügigen Tätigkeit gesprochen werden.
Der Verein bestritt unter anderem die Rechtswirksamkeit der Vorschrift des § 13 Satz 2 der Körperschaftsteuer-Durchführungsverordnung (KStDV), wonach der Begriff des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs für Berufsverbände ohne öffentlichen Charakter sich nach § 6 Abs. 3 GemV bestimme. Außerdem leugnet der Verein das Vorliegen einer Sterbegeldversicherung.
Die Rb. führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz.
Der Verein erhebt zunächst die Einwendung, daß nur dann die Unterhaltung eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs steuerschädlich sei, wenn nach der Satzung der Zweck des Berufsverbands auf diesen Geschäftsbetrieb gerichtet sei. Diese Auffassung ist unzutreffend. Der erkennende Senat hat ausgesprochen, daß bei dem Auseinanderfallen von Satzung und tatsächlicher Geschäftsgebarung die Zweckrichtung durch die tatsächliche Gebarung bestimmt werde (Urteil des Bundesfinanzhofs I 67/54 U vom 22. November 1955, Slg. Bd. 62 S. 76, BStBl 1956 III S. 29).
Der Verein bestreitet weiter die Rechtswirksamkeit des § 13 Satz 2 KStDV, wonach sich der Begriff des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs bei Berufsverbänden ohne öffentlichen Charakter nach § 6 Abs. 3 GemV 1941/1948 bestimme; Zu dieser Präge hat der Bundesfinanzhof in dem vorgenannten Urteil I 67/54 U in Übereinstimmung mit dem Urteil des Obersten Finanzgerichtshofs I 8/49 S vom 25. Februar 1950 (Slg. Bd. 54 S. 449, BStBl 1951 I S. 452) ebenfalls Stellung genommen und die Begriffsbestimmung des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs in § 11 der Ersten KStDV vom 6. Februar 1935 für maßgeblich erklärt, mit der § 6 Abs. 2 GemV 1953 (§ 6 Abs. 3 GemV 1941/1948) übereinstimmt. Danach ist wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb eine planmäßige wirtschaftliche Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen oder anderen wirtschaftlichen Vorteilen, die über eine einmalige Betätigung hinausgeht. Die Absicht, Gewinn zu erzielen, ist nicht erforderlich.
Schließlich kann der Meinung des Vereins, der Begriff des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs im Sinne der GemV 1953 – § 11 der Ersten KStDV sei in den Ziffern 6 und 8 des § 4 Abs. 1 KStG verschieden, nicht gefolgt werden. Der Zusatz in Ziff. 6, wonach der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb über die Vermögensverwaltung hinausgehen muß, um steuerschädlich zu sein, spricht lediglich den auch auf Vereinigungen im Sinn von Ziff. 8 a.a.O. anzuwendenden Grundsatz aus, daß eine nicht über die Vermögensverwaltung hinausgehende Tätigkeit die Steuerpflicht nicht auslöst. Für die Behauptung des Vereins, bei den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben im Sinne des § 4 Abs. 1 Ziff. 8 KStG müsse im Gegensatz zu Ziff. 6 ein Betrieb gewerblicher Art vorliegen, ist ein Anhalt weder im Gesetz noch in den Durchführungsbestimmungen oder in der GemV gegeben.
Im Gegensatz zum Finanzgericht sieht der Senat in der Sterbegeldeinrichtung einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (vgl. hierzu auch Urteil des Reichsfinanzhofs I 125/40 vom 28. April 1942, Slg. Bd. 52 S. 6, Reichssteuerblatt –RStBl– 1942 S. 581). Der Verein selbst hat mehrfach, z.B., in der Berufungsbegründung, die Einrichtung als Sterbekasse bezeichnet. Die Beiträge werden dem Verein als Mitgliederbeiträge für seine eigene Tätigkeit gezahlt. Eine treuhänderische Tätigkeit des Vereins kommt deshalb nicht in Präge. Aus demselben Grunde liegen keine durchlaufenden Gelder vor. Daß die Beiträge von monatlich 2 DM je Mitglied einem Fonds zugeführt werden, ist ein innerer Vorgang des Vereins, der die steuerliche Betrachtung nicht grundsätzlich berührt, wenn er auch für die Gewinnermittlung bedeutsam sein mag. Ebenso wird die Eigenschaft des „Zusatzbeitrags” als Entgelt (Leistung) für die Anwartschaft auf das Sterbegeld nicht dadurch beseitigt, daß für die Auszahlung des Sterbegeldes ein Beschluß des Vorstandes erforderlich ist. Bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise liegt hier eine versicherungsähnliche Einrichtung vor, die einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb darstellt. Der Umstand, daß auf das Sterbegeld – allerdings lediglich wegen der Notwendigkeit eines Vorstandsbeschlusses – kein Rechtsanspruch besteht, beseitigt den Charakter der Versicherungsähnlichkeit nicht; der Mangel des Rechtsanspruchs hat vorwiegend Bedeutung für die Frage der Versicherungsaufsicht; nach § 1 Abs. 2 des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) vom 6. Juni 1931 (Reichsgesetzblatt I S. 315, 750) sind Vereinigungen nicht als Versicherungsunternehmen (im Sinne des VAG) anzusehen, die ihren Mitgliedern Unterstützungen, Sterbegeld usw., ohne daß diese einen Rechtsanspruch haben, gewähren, besonders die Unterstützungseinrichtungen und Unterstützungsvereine der Berufsverbände. Die Sterbegeldeinrichtung ist eine solche zugunsten der einzelnen Mitglieder, mag sie noch so sehr in deren wirtschaftlichem Interesse begrüßenswert erscheinen. Daß bei Sterbekassen regelmäßig wirtschaftliche Geschäftsbetriebe vorliegen, entspricht der ständigen Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs und § 11 Abs. 1 der Ersten KStDV (vgl. Urteil des Reichsfinanzhofs I 125/40 vom 28. April 1942). Daß die Bestimmung des § 11 Abs. 1 der Ersten KStDV in die neuen KStDV'en nicht übernommen ist, steht dieser Auffassung nicht entgegen. Die Sterbegeldeinrichtung bildet jedoch kein selbständiges Zweckvermögen, wie der Verein anzunehmen scheint, wenn er treuhänderische Tätigkeit für die Mitglieder behauptet. Eine nach der Rechtsprechung für die Selbständigkeit erforderliche ausreichende wirtschaftliche Ausscheidung des Vermögens der Sterbekasse liegt nicht vor (vgl. Urteile des Reichsfinanzhofs I 207/42 vom 20. April 1943, RStBl 1944 S. 372, und I 123/41 vom 15. Dezember 1942, Slg. Bd. 52 S. 285, RStBl 1943 S. 236). Die Einrichtung erfüllt sämtliche Voraussetzungen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs im Sinn von § 6 Abs. 3 GemV 1953. Die nach dieser Vorschrift erforderliche Selbständigkeit ist keine so weitgehende, wie sie die Anerkennung als Zweckvermögen erfordert. Im übrigen aber wäre auch bei Bejahung der Eigenschaft eines Zweckvermögens bei diesem grundsätzlich Steuerpflicht gegeben (§ 1 Abs. 1 Ziff. 5 KStG).
Der Verein geht wegen Unterhaltung eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs grundsätzlich der Steuerfreiheit nach § 4 Abs. 1 Ziff. 8 KStG verlustig. Die sich nach § 1 Abs. 1 Ziff. 4 KStG ergebende unbeschränkte Steuerpflicht des Vereins erstreckt sich gemäß § 1 Abs. 2 a.a.O. auf dessen sämtliche Einkünfte (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs I 44/52 U vom 22. Juli 1952).
Durch den mit dem Gesetz übereinstimmenden Hinweis auf § 1 Abs. 2 KStG in diesem Urteil wollte der Bundesfinanzhof nicht etwa die Steuerfreiheit sämtlicher Mitgliederbeiträge verneinen; denn dies würde der Vorschrift des § 8 Abs. 1 KStG widersprechen. Nun ist bei den unter § 4 Abs. 1 Ziff. 8 KStG fallenden Verbänden nicht ausgeschlossen, daß, abgesehen von der Unterhaltung eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs, keine verbandsfremden Tätigkeiten ausgeübt werden. Dann bleibt der Verband insoweit mit seinen Beiträgen steuerfrei (§ 8 KStG) und die mit den Beiträgen in unmittelbarem Zusammenhang stehenden Ausgaben sind gemäß § 13 KStG auszuscheiden. Insbesondere sind die Beiträge der Mitglieder, soweit sie die Kosten für die Wahrnehmung der allgemeinen ideellen und wirtschaftlichen Belange der Mitglieder decken, abzugsfähig, also echte Beiträge im Sinne des § 8 KStG (vgl. hierzu Urteil des Bundesfinanzhofs I 104/53 U vom 12. Juli 1955, Slg. Bd. 61 S. 190, BStBl 1955 III S. 271). Im Ergebnis läuft regelmäßig diese Betrachtung darauf hinaus, daß die Berufsverbände mit den Gewinnen aus dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb steuerpflichtig sind.
Dem Finanzgericht ist darin beizupflichten, daß in der Veranstaltung der Fachvorträge ein – an sich steuerunschädlicher – wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb zu erblicken ist. Der Verlust aus dieser Tätigkeit ist bei der Gewinnermittlung auszugleichen. Der Auslegung des Finanzgerichts, in beiden Tätigkeiten solche ganz geringen Umfangs zu sehen, kann nicht gefolgt werden, denn die Einnahmen aus den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben sind im Verhältnis zu den Mitgliederbeiträgen erheblich. Auch kann nicht gebilligt werden, wenn das Finanzgericht für die Auslegung des Begriffs des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs und der Steuerschädlichkeit von Tätigkeiten eines Berufsverbandes ohne weiteres die Bestimmungen der GemV heranzieht. Es muß zwar zugegeben werden, daß eine gewisse Ähnlichkeit der Tatbestände des § 4 Abs. 1 Ziff. 6 und 8 vorliegt. Auch widerspricht es einer einheitlichen und einfachen Auslegung, den Begriff der Steuerschädlichkeit eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs in den beiden Fällen verschieden auszulegen. Man wird den Berufsverbänden die Vergünstigungen, die von der GemV 1953 in dieser Richtung den gemeinnützigen Körperschaften zugebilligt werden, nicht ganz versagen dürfen. Immerhin darf nicht verkannt werden, daß zwischen den beiden Ziffern des Gesetzes ein wesentlicher Unterschied deshalb besteht, weil die Vorschriften der GemV ausdrücklich für die Behandlung der in Ziff. 6 bezeichneten Körperschaften erlassen sind und weil nach Ziff. 6 die gemeinnützige usw. Körperschaft nur mit den Werten, die zu dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gehören, steuerpflichtig ist (§ 6 Abs. 1 GemV 1953), während nach Ziff. 8 durch das Unterhalten eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs die Steuerfreiheit des Berufsverbandes überhaupt beseitigt wird, worauf das Finanzamt mit Recht hingewiesen hat. Dazu kommt die Erwägung, daß die Berufsverbände sachverständige Leiter haben, die Erfahrungen in wirtschaftlichen Dingen besitzen und denen zugemutet werden kann, die Wahrung der allgemeinen wirtschaftlichen Interessen der Mitglieder von deren einzelgeschäftlichen Belangen zu trennen (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs I 44/52 U), im Streitfall es sich zudem um einen Verband von Angehörigen eines steuerberatenden Berufes handelt.
Der Verein ist also grundsätzlich körperschaftsteuerpflichtig, weil er in der Sterbegeldeinrichtung und der Veranstaltung von Fachvorträgen wirtschaftliche Geschäftsbetriebe unterhält. Die Sache geht an das Finanzgericht zur Ermittlung des steuerpflichtigen Gewinns zurück, da die Einwendungen des Vereins in dieser Richtung nicht gewürdigt sind.
Bei der Entscheidung wird das Finanzgericht unter anderem sich von folgenden Erwägungen leiten lassen: Der steuerpflichtige Verein hat sich, wie er in seinem Schriftsatz vom 17. September 1954 unter Ziff. 2 b ausführt, auf eine bloße Einnahme-Ausgaberechnung ohne versicherungsmathematische Rückstellungen beschränkt. Es wird ihm aber unter den gegebenen besonderen Verhältnissen nicht die Befugnis zu nehmen sein, sich jetzt noch zu entscheiden, ob er nach einer Einnahme-Ausgaberechnung gemäß § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) oder ob er nach dem Vermögensunterschied gemäß § 4 Abs. 1 a.a.O besteuert werden will. Allenfalls wird zu schätzen sein. Die Einnahme-Ausgaberechnung stellt an sich darauf ab, im Ergebnis mehrerer Jahre zu dem gleichen Gewinn zu gelangen wie bei dem Vermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG. Bei der Einnahme-Ausgaberechnung können nach § 4 Abs. 3 Satz 2 EStG 1950 wirtschaftlich ins Gewicht fallende Schwankungen im Betriebsvermögen durch Zuschläge oder Abschläge berücksichtigt werden. Dabei kann bei den besonderen Verhältnissen des Streitfalles ein Abschlag infolge des Umstandes erforderlich sein, weil das hier in Frage kommende Veranlagungsjahr das erste ist, in dem die Sterbegeldeinrichtung aufgenommen ist. Ob die Einnahmen des Streitjahres aus den Beiträgen für die Sterbeeinrichtung dem Verband wirklich bleiben, ob sie also im vollen Betrag des Überschusses Teil des Vermögens des Vereins geworden sind, dessen Schwankungen außer Betracht zu bleiben haben, kann bei einer Versicherungseinrichtung nicht nach den ersten Monaten bzw. Jahren der Unterhaltung des Geschäftsbetriebes beurteilt werden, sondern erst nach Ablauf mehrerer Jahre. Erst dann kann festgestellt werden, welcher Abschlag im ersten Jahr wegen des in der Zukunft liegenden Risikos gemacht werden muß, um die Anwartschaften in der Zukunft erfüllen zu können. Ähnlich würde auch bei der Besteuerung nach dem Betriebsvermögensunterschied (§ 4 Abs. 1 EStG) nur durch eine Schätzung das Risiko berücksichtigt werden können, das für den Verein in dem Ungewissen künftigen Sterbeverlauf des Mitgliederbestandes liegt. Bei einem so kleinen Bestand, wie er hier vorliegt, wird man im allgemeinen von einer versicherungsmathematischen Berechnung, die sonst für die Schätzung erforderlich sein dürfte, absehen können, wenn man den Sterbeverlauf einiger Jahre zur Verfügung hat. Bei der Beurteilung der Höhe der Steuerpflicht kann der Rechtsgedanke des § 12 KStDV 1950 mit berücksichtigt werden, wonach kleinere Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit mit Beiträgen unter 50.000 DM freigestellt werden sollen.
Fundstellen