Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewerbesteuer
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage der Anrechnung des Gewerbeverlustes bei unentgeltlicher Betriebsübergabe im Rahmen einer vorweggenommenen Erbfolge.
Normenkette
GewStG § 10a
Tatbestand
Der Uhrmachermeister und Juwelier X. nahm durch Vertrag vom 1. Juli 1950 mit Wirkung vom gleichen Tage seinen Sohn, ebenfalls Uhrmachermeister und Juwelier, in sein Geschäft auf. Der Vater überließ die Hälfte seines Kapitalkontos dem Sohne mit Rücksicht darauf, daß der Sohn in den letzten zehn Jahren ohne oder gegen geringes Entgelt im väterlichen Geschäft gearbeitet hat (ß 2 des Vertrages). Beide Gesellschafter sind zu gleichen Teilen am Gewinn und Verlust beteiligt. Die Buchwerte des väterlichen Geschäfts werden fortgeführt. Der Vater hatte aus seiner Einzelfirma einen noch nicht ausgeglichenen Gewerbeverlust aus 1949 in Höhe von 1.882 DM und aus dem ersten Halbjahr 1950 in Höhe von 241,44 DM in der Bilanz ausgewiesen, dessen Abzug die Beschwerdeführer (Bf.) für den Erhebungszeitraum 1. Juli 1950 bis 31. Dezember 1950 beantragen.
Die Vorinstanzen haben den Verlustabzug abgelehnt, weil Personengleichheit nicht vorliege. Eine natürliche Person sei mit einer Personengesellschaft nicht identisch. Das Recht zur Geltendmachung des Verlustabzugs sei an die Person des Gewerbetreibenden geknüpft, der den Verlust erlitten habe. Das sei hier nur der Vater, nicht der Sohn.
Die Bf. halten unter Berufung auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs Personen- und Unternehmensgleichheit für gegeben. Es liege kein Unternehmerwechsel vor, wenn der alternde Vater seinen Sohn aufnehme, der bereits vorher seit langem im Geschäft tätig sei.
Entscheidungsgründe
Die Rechtsbeschwerde ist begründet.
Bei Fällen einer vorweggenommenen Erbfolge erscheint dort, wo wirtschaftlich die Unternehmer- und Unternehmensgleichheit zu bejahen ist, nach Sinn und Zweck des Gesetzes die Anrechnung des Gewerbeverlustes aus Vorjahren gerechtfertigt. Der erkennende Senat hat bei unentgeltlicher Betriebsübergabe (Teilbetriebsübergabe), die auch hier gegeben ist, für die Gewährung der Bewertungsfreiheit nach § 7a des Einkommensteuergesetzes (EStG) 1949 die Unternehmer- und Unternehmensgleichheit auf § 5 Abs. 1 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) 1949 gestützt (Urteil des Bundesfinanzhofs I 17/52 U vom 6. Mai 1952, Slg. Bd. 56 S. 473, Bundessteuerblatt - BStBl. - III S. 183). Diese Rechtsprechung ist auch bei der Prüfung, ob im Sinne von § 10a des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) 1950 bei Anrechnung des Gewerbeverlustes die Bf. in gewerbesteuerlicher Hinsicht mit ihrem Rechtsvorgänger, dem Einzelunternehmer, gleichgesetzt werden können, anwendbar. Gewerbeertrag ist nach § 7 GewStG der nach den Vorschriften des EStG oder Körperschaftsteuergesetzes (KStG) zu ermittelnde Gewinn aus dem Gewerbebetrieb. Bei der Ermittlung des Gewerbeertrages wirkt sich demnach auch die Bestimmung des § 5 Abs. 1 Satz 2 EStDV aus, die vorschreibt, daß der beschenkte Sohn an die Bilanzansätze des Vaters gebunden ist. Das bedeutet, daß die stillen Reserven des Geschäfts bei Realisierung in vollem Umfange den Gewerbeertrag erhöhen können im Gegensatz zu einer entgeltlichen Veräußerung an einen Dritten, der die entgeltlich erworbenen stillen Reserven aktivieren und in Höhe der Aktivierung erfolgsneutral halten kann. Die Bindung des beschenkten Rechtsnachfolgers an die Bilanzansätze des bisherigen Alleininhabers ist nur ein anderer Ausdruck für den Gedanken, daß eine unveränderte Fortführung des Betriebes mit allen daraus sich herleitenden Rechtsfolgen vorliegt. In der Aufnahme des Sohnes liegt eine vorweggenommene Erbfolge, die sich als unveränderte Fortführung des Betriebes in der Form vollzieht, daß in der Aufteilung des Kapitals weder eine Entnahme (des Schenkers) noch eine Wiedereinlage (durch den Beschenkten) liegt (Urteil des Bundesfinanzhofs IV 233/51 vom 24. Oktober 1951, Slg. Bd. 56 S. 10, BStBl 1952 III S. 5). Die sonst mit einem Unternehmerwechsel verbundenen Entnahme- und Wiedereinlagevorgänge entfallen also bei einer unentgeltlichen Betriebsübergabe. Es kann auch im Streitfalle im Sinne des § 10a GewStG 1950 in der Aufnahme des Sohnes kein Unternehmerwechsel gesehen werden, so daß es in Auslegung dieser Bestimmung derselbe Gewerbetreibende ist, der die auf dem Gewerbebetrieb lastenden, aus drei vorangegangenen Erhebungszeiträumen sich ergebenden Fehlbeträge nunmehr zum Ausgleich bringt.
Die vom Verwaltungsgericht angeführten Urteile (Entscheidungen des Reichsfinanzhofs I A 84/36 vom 12. Mai 1936, Reichssteuerblatt - RStBl. - S. 789, VI 433/40 vom 2. Juli 1941, RStBl. S. 658, VI 236/42 vom 26. August 1942, RStBl S. 1024) scheiden für die Beurteilung des vorliegenden Falles aus, weil es sich hier um die Umwandlung von Kapitalgesellschaften gehandelt hat.
Die Vorentscheidung ist daher aufzuheben. Die Sache wird zur Nachprüfung der Höhe des anzurechnenden Gewerbeverlustes an das Finanzamt zurückverwiesen.
Fundstellen
Haufe-Index 407960 |
BStBl III 1954, 243 |
BFHE 1955, 88 |
BFHE 59, 88 |