Leitsatz (amtlich)
Liefert ein Verleger Bücher, Zeitschriften, Zeitungen und dergl., die er von anderen Unternehmern aus von diesen beschafften Stoffen völlig vertriebsfertig hat herstellen lassen, im Großhandel, so kann er den ermäßigten Steuersatz auch dann in Anspruch nehmen, wenn er diesen Unternehmern Bilddiapositive, Klischees, Matern, Cellophanabzüge und ähnliche Druckvorlagen übermittelt.
Normenkette
UStG § 3 Abs. 2, § 7 Abs. 3; UStDB 1951 § 12
Tatbestand
Streitig ist, ob die Steuerpflichtige (Stpfl.), ein Verlagsunternehmen, für die Lieferung der von ihr verlegten illustrierten Zeitschrift, die sie von einer Druckerei herstellen läßt, den ermäßigten Steuersatz des § 7 Abs. 3 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) beanspruchen kann. Die Stpfl. hat der Druckerei zur Ausführung des Druckauftrages als Druckvorlagen Bilddiapositive und Cellophanabzüge übermittelt. Während die Stpfl. den Charakter als Manuskript auch bei Verwendung von Klischees, Matern, Diapositiven und Cellophanabzügen genau so gewahrt sieht wie bei den alten Manuskriptformen Handschrift, Maschinenschrift und Lichtbilder als Bildmaterial, erblickt das Finanzamt in der Verwendung dieser neuzeitlichen Druckvorlagen eine Mitwirkung der Stpfl. an der Herstellung der Zeitschrift, wodurch die Anwendung des § 7 Abs. 3 UStG ausgeschlossen werde.
Im Berufungsverfahren hatte die Stpfl. Erfolg. Dem Finanzgericht haben gutachtliche Stellungnahmen von Zeitschriftenverlegerverbänden und einem graphischen Verbande vorgelegen. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung haben die Mitglieder des Gerichts den Betrieb der Stpfl. und der Druckerei sowie eine Tiefdruckanstalt besichtigt. Auf Grund der Beweisaufnahme ist das Finanzgericht zu der Auffassung gelangt, daß im Streitfalle weder eine Beistellung durch die Stpfl. noch sonst eine Mitwirkung an der Herstellung der Zeitschrift vorliege, die die Zubilligung des ermäßigten Steuersatzes für Großhandelslieferungen der Zeitschrift ausschließe.
Entscheidungsgründe
Die hiergegen gerichtete Rechtsbeschwerde (Rb.) des Vorstehers des Finanzamts ist nicht begründet.
Wirtschaftsgüter geistigen Inhalts sind erst als durch die stoffliche Einkleidung verwertbares Gut, z. B. als Zeitung oder Zeitschrift, Lieferungsgegenstand, wobei die Lieferung des Druckers der Zeitschrift aus von diesem beschafften Papier als Werklieferung angesehen wird. Wird deshalb die stoffliche Einkleidung von einem anderen Unternehmer vorgenommen als dem, der den geistigen Inhalt herausgegeben und das fertige Wirtschaftsgut (Zeitschrift) an den Abnehmer geliefert hat, so hat der Herausgeber (Verleger) der Zeitschrift diese im Sinne des § 7 Abs. 3 UStG erworben. All dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs (vgl. Urteil V A 592/36 vom 12. Februar 1937, Slg. Bd. 41 S. 98, Reichssteuerblatt -- RStBl. -- 1937 S. 439), der der erkennende Senat beitritt. Da im übrigen die Voraussetzungen des § 7 Abs. 3 UStG nicht streitig sind, könnte die Stpfl. der Großhandelsvergünstigung nur dann verlustig gehen, wenn sie sich in einer steuerlich erheblichen Weise an der Herstellung der Zeitschrift, sei es durch Beistellung, sei es im Sinne des Urteils des Bundesfinanzhofs V 2/50 U vom 30. April 1953 (Slg. Bd. 57 S. 463, Bundessteuerblatt -- BStBl. -- 1953 III S. 180), beteiligt hätte. Eine Materialbeistellung scheidet jedoch schon deshalb aus, weil dies voraussetzte, daß ein stofflicher Beitrag des Bestellers in irgendeiner Form im fertigen Werk enthalten ist. Hiervon ist die ständige Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs ausgegangen, der der erkennende Senat bereits im Urteil V 117/53 S vom 30. Oktober 1953 (Slg. Bd. 58 S. 196, BStBl. 1953 III S. 366) beigetreten ist (vgl. auch Schettler, Deutsche Steuerzeitung -- DStZ -- 1952 S. 200, und Prugger, Steuer und Wirtschaft -- StuW -- 1954 Sp. 415, 418). Wenn im Urteil des Bundesfinanzhofs V 116/52 U vom 17. September 1953 (Slg. Bd. 58 S. 147, BStBl. 1953 III S. 347) bei vertretbaren Sachen hiervon eine Ausnahme zugelassen ist, so besagt dies nichts für die hier zu entscheidende Frage, da dort die Stoffe für die Verarbeitung im herzustellenden Werk geeignet sind, während im Streitfalle die in Betracht kommenden Gegenstände, worauf noch näher einzugehen sein wird, nur Vorlagen für den Druck des Erzeugnisses darstellen (vgl. auch Prugger, Umsatzsteuer-Rundschau 1954 S. 134).
Aber auch eine sonstige Mitwirkung der Stpfl. an der Herstellung der Zeitschrift ist nach den unanfechtbaren Feststellungen der Vorinstanz, die im Einklang mit den gutachtlichen Äußerungen der beteiligten Verbände stehen, zu verneinen. Zur Beantwortung dieser allein noch streitigen Frage bedarf es eines Eingehens auf den Aufgabenkreis des Verlegers und des Druckers. Aufgabe des Druckers ist die Vervielfältigung eines geistigen Erzeugnisses. Hierzu bedarf es der Beschaffung des Papiers und gegebenenfalls der erforderlichen Druckfarben sowie der Herstellung der Druckformen. Es tritt sodann die reine Arbeitsleistung des Druckens hinzu, bei Büchern noch die Ausführung der Buchbinderarbeiten, und schließlich hat der Drucker das fertige Werk an den Besteller abzuliefern. Nach den Feststellungen der Vorinstanz hat die Stpfl. an diesem Aufgabenkreise des Druckers nicht mitgewirkt. Denn die Überlassung druckfertiger Manuskripte, wozu bei illustrierten Zeitschriften usw. auch die Bildvorlagen gehören, und die Einflußnahme auf die Gestaltung der Zeitschrift sind, wie die gehörten Verbände unter ausdrücklicher Berufung auf die Verkehrsauffassung erklären, Aufgaben des Verlegers und gehören in den Rahmen seiner spezifizierten Bestellung, wie sie die Gestaltung einer modernen Zeitschrift erforderlich macht (vgl. auch schon Urteil des Reichsfinanzhofs V A 449/34 vom 26. Juni 1935, Slg. Bd. 38 S. 87, RStBl. 1936 S. 189). Wenn der Bundesminister der Finanzen daher in seinem Auslegungserlaß IV S 4216 -- 64/51 vom 11. Dezember 1951 (Umsatzsteuer-Kartei S 4216 Karte 54) ausführt, Vorschriften des Verlegers über die typographische Gestaltung, Einbandart usw. bildeten einen Teil des diesem Geschäft zugrunde liegenden Werklieferungsvertrages, und auch das Lesen der Korrekturabzüge und die Überlassung von Klischees schlössen gleichfalls nicht die Großhandelsvergünstigung aus, so unterliegt diese Rechtsauffassung keinen Bedenken. Nun sind nach den unbestrittenen technischen Angaben der gehörten Verbände alle hier in Betracht kommenden Gegenstände, wie Klischees, Matern, aber auch Cellophanabzüge und Bilddiapositive, nur Vorlagen des Bildes oder des Textes, nach denen der Drucker zu arbeiten hat. Sie sind als Träger des gedanklichen oder bildlichen Inhaltes der Zeitschrift nur Hilfsmittel oder Arbeitsgeräte für den Drucker, der mit ihnen seinen Auftrag zur Herstellung des Druckerzeugnisses auszuführen hat, lediglich der neuesten technischen Entwicklung entsprechend vervollkommnet gegenüber den sonst üblichen handschriftlichen oder maschinengeschriebenen Manuskripten und Lichtbildabzügen, aber von diesen nicht grundsätzlich, sondern nur dem Grade nach unterschieden.
Diese Auffassung ist nur eine folgerichtige Entwicklung der schon in dem Urteil des Reichsfinanzhofs V 109/40 vom 21. November 1941 (RStBl. 1942 S. 285) ausgesprochenen Grundsätze (vgl. auch Urteil des Reichsfinanzhofs V A 1034 -- 1036/29 vom 17. Oktober 1930, Slg. Bd. 28 S. 1, RStBl. 1931 S. 365). Mit Recht hat die Vorentscheidung hervorgehoben, daß den gesteigerten Anforderungen, die heute an eine illustrierte Zeitschrift in technischer Hinsicht gestellt werden, auch eine Vervollkommnung der Manuskripte entsprechen müsse. Nach dieser Auffassung sind aber auch Cellophanabzüge oder Stehsätze nur als technisch besonders vervollkommnete Druckvorlagen anzusehen; sie gehören zur Druckanweisung des Verlegers, der damit zwar weitgehend auf die äußere Gestaltung der Zeitschrift Einfluß nimmt, ohne damit aber in den Aufgabenkreis des Druckers, der sich im Drucken und Vervielfältigen erschöpft, einzugreifen. Damit entfällt aber eine entsprechende Anwendung der im oben angegebenen Urteil V 2/50 U vom 30. April 1953 ausgesprochenen Grundsätze. Keiner der hier erwähnten Gegenstände, die für eine Überlassung durch den Verleger an den Drucker in Betracht kommen, enthebt diesen der Herrichtung der zum Drucken erforderlichen Druckformen. Mit der Erstellung der Druckformen beginnt aber erst der Herstellungsprozeß des Druckens, der auch in den hier zu beurteilenden Fragen vom Drucker selbständig bewirkt wird.
Wenn demgegenüber die Rb. nur darauf hinzuweisen vermag, die Stpfl. übe durch den Cellophanabzug einen so weitgehenden Einfluß auf die Gestaltung des Verlagswerks aus, daß es dem Drucker nicht mehr möglich sei, eine eigene Initiative bei der Gestaltung der Zeitschrift zu entfalten, so ist dies rechtsirrig. Denn es ist nicht Aufgabe des Druckers, Zeitschriften zu gestalten, sondern ein geistiges Erzeugnis in körperliche Form umzuwandeln und zu vervielfältigen.
Nach alledem war der Vorentscheidung beizutreten und die Rb. mit der Kostenfolge des § 309 der Reichsabgabenordnung als unbegründet zurückzuweisen.
Fundstellen
BStBl III 1955, 334 |
BFHE 1956, 354 |