Entscheidungsstichwort (Thema)
Sonstiges Berufsrecht
Leitsatz (amtlich)
Die Vorschriften der §§ 15, 109 Abs. 1 StBerG und des § 32 Abs. 2 DVStBerG widersprechen nicht dem Art. 3 Abs. 1 GG.
Normenkette
GG Art. 3 Abs. 1; StBerG §§ 15, 109 Abs. 1; DVStBerG § 32 Abs. 2
Tatbestand
Streitig ist, ob der Kläger gemäß § 15 des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Steuerberater und Steuerbevollmächtigten vom 16. August 1961 (StBerG) als Steuerbevollmächtigter wiederzubestellen ist.
Der Kläger war, nachdem er die Prüfung als Helfer in Steuersachen bestanden hatte, vom Vorsteher des zuständigen Finanzamts (FA) mit Verfügung vom 24. Oktober 1949 als Helfer in Steuersachen zugelassen worden. Da er mit Wirkung vom 1. November 1949 wieder in seine frühere Tätigkeit, den öffentlichen Schuldienst, übernommen worden war, hatte der Vorsteher des FA am 24. Januar 1950 die Zulassung des Klägers als Helfer in Steuersachen zurückgenommen. Die vom Kläger dagegen eingelegte Beschwerde war von der Oberfinanzdirektion (OFD) als unbegründet zurückgewiesen worden. Der Kläger hatte sich zum 1. Oktober 1961 vorzeitig in den Ruhestand versetzen lassen.
Mit Schreiben vom 12. November 1962 beantragte der Kläger die Wiederbestellung als Steuerbevollmächtigter gemäß § 15 StBerG. Der Zulassungsausschuß für Steuerbevollmächtigte bei der OFD hielt die Voraussetzungen für eine Wiederbestellung nicht für gegeben und lehnte daher den Antrag des Klägers mit Entscheidung vom 20. Juni 1963 ab. Die OFD gab die Entscheidung dem Kläger am 28. Juni 1963 bekannt.
Die vom Kläger dagegen eingelegte Berufung hatte keinen Erfolg.
Der Kläger hat Rb. eingelegt, die jetzt als Revision anzusehen ist. Er beantragt, die Vorentscheidungen aufzuheben und zu entscheiden, daß er als Steuerbevollmächtigter wiederzubestellen ist. Hilfsweise beantragt er, das Verfahren auszusetzen und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) darüber einzuholen, ob § 15 und § 109 StBerG mit Art. 3 des Grundgesetzes (GG) vereinbar seien, obwohl Helfer in Steuersachen mit bestandener Prüfung von einer Wiederbestellung nach § 15 StBerG ausgeschlossen sein sollen. Der Kläger rügt Nichtanwendung bzw. unrichtige Anwendung des bestehenden Rechts. Unter die Wiederbestellungsvorschrift des § 15 StBerG gehörten auch die früheren Helfer in Steuersachen. Er habe im Jahre 1949 nach bestandener Prüfung und Zulassung als Helfer in Steuersachen infolge des Wiedereintritts in den Schuldienst auf seine Zulassung verzichtet, so daß seiner Wiederzulassung nach § 15 StBerG seines Erachtens keine Bedenken entgegenstehen könnten. Es sei auch nicht zutreffend, daß § 15 StBerG einen "Schnitt voraussetze", so daß nur die "am 1.11. 1961 bestellten oder zugelassenen Personen auf Antrag wiederbestellt werden könnten". Die übergangsvorschrift des § 109 StBerG bezwecke lediglich, daß in Zukunft nicht mehr Steuerbevollmächtigter werden könne, wer keine Eignungsprüfung abgelegt habe. Die gegenteilige Auslegung laufe auf eine Verwirkung erfolgreich abgelegter Prüfungen hinaus, die es bei anderen Berufen (Rechtsanwälten, ärzten usw.) auch nicht gebe und die gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoße. Außerdem stehe die Gegenansicht mit § 32 der Verordnung zur Durchführung des Steuerberatungsgesetzes vom 1. August 1962 (DVStBerG) im Widerspruch. Er, der Kläger, habe auch die erforderlichen Kenntnisse. Ein Helfer in Steuersachen mit bestandener Prüfung müsse einem Steuerbevollmächtigten mit bestandener Prüfung hinsichtlich der Wiederzulassung gleichgestellt werden. Darin, daß die Zulassung als Steuerbevollmächtigter jenem Kreis ehemaliger Helfer in Steuersachen verweigert werde, der durch eine Eignungsprüfung den Befähigungsnachweis zur Ausübung der Berufstätigkeit im Steuerrecht erbracht habe, wie sie im StBerG gefordert werde, liege auch eine unbillige Härte.
Die OFD beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Antragsgemäß ist mündlich verhandelt worden.
Die Revision hat keinen Erfolg. Die Vorentscheidung befindet sich im Einklang mit dem Urteil des erkennenden Senats VII 225/63 U vom 17. März 1964 (BStBl 1964 III S. 282/3, Slg. Bd. 79 S. 139), in dem der Senat ausgesprochen hat: Eine Wiederbestellung nach § 15 StBerG ist nur bei Personen zulässig, die nach dem Inkrafttreten des StBerG (1. November 1961) zum Steuerberater oder Steuerbevollmächtigten bestellt oder wegen der Ausübung eines derartigen steuerberatenden Berufs am 1. November 1961 nach § 109 StBerG ohne nochmalige Bestellung Steuerberater oder Steuerbevollmächtigter geworden waren. Das ergeben Wortlaut, Sinn und Zusammenhang der Vorschriften des StBerG, insbesondere von dessen §§ 15, 109 und des § 32 Abs. 2 DVStBerG. So können z. B. diejenigen, die ihre Eintragung in das Berufsregister versäumt haben (ß 109 Abs. 3 Satz 1 StBerG), nicht wiederbestellt werden. Erst recht muß das für diejenigen gelten, die am 1. November 1961 die genannten Berufe nicht ausübten und daher nach dem StBerG gar nicht die Möglichkeit hatten, ohne besondere Bestellung in den Beruf zu gelangen. Andernfalls würde § 15 als eine über § 109 StBerG hinausgehende übergangsvorschrift behandelt. Nach nochmaliger eingehender Prüfung hält der Senat an dieser Auffassung fest. Auf die Gründe des bezeichneten Urteils VII 225/63 U wird im einzelnen verwiesen. Auf das Urteil des Finanzgerichts (FG) Stuttgart vom 30. April 1963, das durch das bezeichnete Urteil des erkennenden Senats aufgehoben worden ist, kann sich der Kläger nicht mit Erfolg berufen.
Auch sonst sind seine Einwendungen nicht begründet. § 4 Abs. 2 StBerG spricht nicht für die Meinung des Klägers; denn diese Vorschrift bestimmt, daß als Steuerbevollmächtigter nur bestellt werden darf, wer die Prüfung "als Steuerbevollmächtigter" bestanden hat oder von "dieser" Prüfung befreit worden ist; die Prüfung als Helfer in Steuersachen war aber keine Prüfung "als Steuerbevollmächtigter" nach dem StBerG. Wenn § 32 Abs. 1 Satz 2 DVStBerG sagt, eine erneute Prüfung sei nicht erforderlich, so heißt das im Zusammenhang der Vorschriften nur: In denjenigen Fällen, in denen nach den gesetzlichen Vorschriften eine "Wiederbestellung" zulässig ist, bedarf es keiner erneuten Prüfung. Unzutreffend ist auch die Auslegung, § 109 StBerG bezwecke lediglich, daß künftig nicht mehr (Steuerberater oder) Steuerbevollmächtigter werden könne, wer keine Prüfung abgelegt habe. Die übergangsvorschrift des § 109 StBerG beschränkte die Möglichkeit der am 1. November 1961 im Geltungsbereich des Gesetzes öffentlich bestellten oder endgültig zugelassenen Steuerberater oder Steuerbevollmächtigten, ohne nochmalige Bestellung Steuerberater oder Steuerbevollmächtigter zu sein, weder seinem Wortlaut noch seinem Sinn, Zweck und Zusammenhang nach in der vom Kläger angenommenen Weise; das Gesetz macht im § 109 Abs. 1 StBerG keinen Unterschied, ob der bereits öffentlich bestellt oder endgültig zugelassen gewesene Steuerberater oder Helfer in Steuersachen den Sachkundenachweis seinerzeit durch eine Prüfung oder auf andere Weise erbracht hatte. Zu Unrecht beruft sich der Kläger auch auf die Ausführungen von Schnauber im Kommentar zum Steuerberatungsgesetz (1964), Bem. 5 Abs. 2 zu § 4 StBerG. Auch Schnauber steht zutreffend auf dem Standpunkt, daß die übergangsvorschrift des § 109 StBerG keine Anwendung auf frühere Steuerberater oder Helfer in Steuersachen findet, die wegen Aufgabe ihres Berufes oder aus sonstigen Gründen am 1. November 1961 nicht mehr zugelassen waren; sie müssen sich vielmehr einem erneuten Zulassungs- und Prüfungsverfahren nach dem StBerG unterziehen. Es kann dahingestellt bleiben, ob die weitere Ansicht Schnaubers (a. a. O.) zutrifft, die Frage, ob der Zulassungsausschuß in Fällen dieser Art eine früher abgelegte Prüfung als Steuerberater oder als Helfer in Steuersachen als Prüfung im Sinne des StBerG anerkenne und damit auf eine Prüfung nach dem StBerG verzichte, werde davon abhängen, welche Zeit seit der ersten Prüfung verstrichen sei und welche Prüfungsanforderungen an die Bewerber damals gestellt worden seien. Denn bei dem Kläger ist seit der Ablegung der Prüfung (1949) eine lange Zeit verstrichen. Dazu, daß sich aus der Regelung der §§ 15, 109 StBerG in Ausnahmefällen gewisse Härten ergeben können, hat der Senat bereits in dem erwähnten Urteil VII 225/63 U Stellung genommen. In Anbetracht des Wortlautes, Sinnes und Zusammenhangs der einschlägigen Vorschriften des StBerG ergibt sich die hier vertretene Auslegung des Gesetzes (vgl. auch Art. 20 Abs. 3 GG). Auch der Hinweis des Klägers auf § 15 mit § 13 Nr. 2 StBerG kann nicht zu einer anderen rechtlichen Beurteilung im Streitfall führen, wobei dahingestellt bleiben kann, ob überhaupt ein "Verzicht" auf die Zulassung als Helfer in Steuersachen seitens des Klägers vorlag; denn unter "Verzicht gegenüber der bestellenden Behörde" im Sinne der §§ 15 mit 13 Nr. 2 StBerG ist nur ein Verzicht durch einen Steuerberater oder Steuerbevollmächtigten im Sinne des StBerG zu verstehen.
Der Kläger meint auch zu Unrecht, die Vorschriften der §§ 15, 109 StBerG seien verfassungswidrig. Daß ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG nicht vorliegt, hat der Senat in dem erwähnten Urteil VII 225/63 U schon kurz dargelegt. Er verbleibt auch nach nochmaliger Prüfung bei seinem Standpunkt. Zwar macht das StBerG in Verbindung mit § 32 Abs. 2 DVStBerG in der Frage der "Wiederbestellung" als Steuerbevollmächtigter einen Unterschied zwischen zwei Gruppen. Nach den genannten Vorschriften können unter den Voraussetzungen der Nrn. 1 und 2 als Steuerbevollmächtigte "wiederbestellt" werden ehemalige Steuerbevollmächtigte, die nach dem Inkrafttreten des StBerG als Steuerbevollmächtigte bestellt worden waren, und ehemalige Helfer in Steuersachen, die zur Zeit des Inkrafttretens des StBerG (1. November 1961) ihren steuerberatenden Beruf ausübten und deshalb nach § 109 Abs. 1 StBerG Steuerbevollmächtigte geworden waren. Die Angehörigen der anderen Gruppe dagegen, die den früheren Beruf als Helfer in Steuersachen am 1. November 1961 nicht mehr ausübten, ihn vielmehr aufgegeben hatten oder aus sonstigem Grunde aus ihm ausgeschieden waren, daher auch die Eigenschaft als Steuerbevollmächtigte nach § 109 StBerG nicht erlangten, müssen zu ihrer Erlangung den normalen neuen Weg des StBerG gehen. Diese Unterscheidung ist aber auch vom Gesichtspunkt des Gleichheitsgrundsatzes aus (Art. 3 Abs. 1 GG) berechtigt. Die beiden genannten Gruppen sind voneinander wesentlich verschieden, und zwar auch dann, wenn die genügende Sachkunde durch eine Prüfung als Helfer in Steuersachen nachgewiesen worden war. Daß diejenigen Fälle, in denen ein früherer Helfer in Steuersachen keine Prüfung zum Nachweis seiner Sachkunde abgelegt hatte und am 1. November 1961 nicht mehr in einem steuerberatenden Beruf tätig war, nicht mit denjenigen Fällen gleichliegen, in denen der Helfer in Steuersachen noch am 1. November 1961 diesen Beruf ausübte und daher dem § 109 StBerG unterfiel, leugnet auch der Kläger nicht. Er meint aber, ein ehemaliger Helfer in Steuersachen, der eine Prüfung als Helfer in Steuersachen abgelegt hatte, am 1. November 1961 jedoch einen anderen Beruf ausübte, müsse nach dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG in der Frage der Wiederbestellung einem Steuerbevollmächtigten, der eine Prüfung als Steuerbevollmächtigter abgelegt hatte und aus dem Beruf als Steuerbevollmächtigter ausgeschieden war, gleichgestellt werden. Das trifft jedoch nicht zu. Die Prüfung als Helfer in Steuersachen sind nicht etwa, wie der Kläger meint, den die gesetzliche Voraussetzung für die Ausübung etwa eines Rechtsanwalts-, eines Arztberufs bildenden Prüfungen gleichzustellen. Die Prüfungen als Helfer in Steuersachen nach dem alten, vor dem Inkrafttreten des StBerG geltenden, Recht waren nicht auf Grund gesetzlicher Vorschrift vorgeschrieben; sie waren lediglich eines, und zwar das hauptsächliche Mittel zur Ermittlung der Sachkunde des Bewerbers um die Zulassung als Helfer in Steuersachen. Die Prüfungen als Helfer in Steuersachen waren nach Art und Schwierigkeitsgrad zumal zu verschiedenen Zeiten keineswegs einheitlich. Die Prüfung als Helfer in Steuersachen hatte daher auch nicht die Bedeutung und die Wirkung einer Prüfung als Steuerbevollmächtigter, die das StBerG in § 4 Abs. 2 als Voraussetzung für die Bestellung als Steuerbevollmächtigter ausdrücklich vorschreibt, sofern nicht eine Befreiung von der Prüfung in Betracht kommt. Für die Zulassung zur Prüfung als Steuerbevollmächtigter schreibt § 6 StBerG die Erfüllung bestimmter Voraussetzungen vor. Die Prüfung als Helfer in Steuersachen und die Zulassung als Helfer in Steuersachen gaben dem erfolgreich Geprüften aber nicht lebenslang die Berechtigung zur Hilfeleistung nach § 107 a AO. Der bisher Zugelassene konnte z. B. nach einem Wechsel seines Berufes seine Zulassung verlieren. Wollte er später wieder seinen früheren Beruf als Helfer in Steuersachen ausüben, so konnte auch das Vorliegen der erforderlichen Sachkunde erneut geprüft werden. Daher ist es auch nicht unzulässig und widerspricht nicht Art. 3 Abs. 1 GG, wenn ein im Jahre 1949 nach Ablegung einer Prüfung als Helfer in Steuersachen als solcher Zugelassener, der aber bald in seinen vorher ausgeübten Beruf zurückgekehrt war und infolgedessen die Befugnis zur Hilfeleistung in Steuersachen verloren hatte, auf seinen nach dem 1. November 1961 eingereichten Antrag auf Bestellung (Wiederbestellung) als Steuerbevollmächtigter den Sachkundenachweis nach § 4 Abs. 2 StBerG nun durch eine Prüfung als Steuerbevollmächtigter erbringen muß. Es widerspricht ferner auch nicht Art. 3 Abs. 1 GG, wenn das StBerG, das für die Zukunft den Zugang zu den beiden steuerberatenden Berufen erschwert, durch die vergünstigende übergangsvorschrift des § 109 Abs. 1 StBerG dem Umstand Rechnung trägt, daß die am 1. November 1961 ihren Beruf ausübenden Helfer in Steuersachen - und nur diese - ja bereits und noch als Helfer in Steuersachen zugelassen waren, und wenn es ihnen ohne Rücksicht auf die Art der Erbringung des Sachkundenachweises und ohne nochmalige Bestellung die rechtliche Stellung als Steuerbevollmächtigter verleiht, sofern sie nur die formalen Pflichten nach § 109 Abs. 2 (vgl. auch Abs. 3) StBerG erfüllt haben. Desgleichen begegnet auch die Vorschrift des § 32 Abs. 2 DVStBerG keinen rechtlichen Bedenken aus Art. 3 Abs. 1 GG. Eine Vorlegung der Sache an das BVerfG gemäß Art. 100 Abs. 1 GG kommt somit nicht in Betracht.
Im Streitfall war der Kläger am 1. November 1961 nicht mehr Helfer in Steuersachen, er ist daher auch nach § 109 Abs. 1 StBerG nicht Steuerbevollmächtigter geworden. Der Kläger ist auch nicht später "Steuerbevollmächtigter" im Sinne des StBerG geworden. Weder § 109 Abs. 1 StBerG noch § 15 StBerG finden auf ihn Anwendung. Eine "Wiederbestellung" des Klägers als "Steuerbevollmächtigter" ist deshalb nicht möglich.
Fundstellen
Haufe-Index 412057 |
BStBl III 1966, 298 |
BFHE 1966, 245 |
BFHE 85, 245 |