Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewerbesteuer
Leitsatz (amtlich)
Das Damnum rechnet nicht zu den Zinsen im Sinn von § 8 Ziff. 1 GewStG.
Normenkette
GewStG § 8 Ziff. 1
Tatbestand
Die Steuerpflichtige (Stpfl.) hat in den Jahren 1955 und 1958 für die Erweiterung ihres Betriebes drei hypothekarisch gesicherte Darlehen mit einer Laufzeit von 10 und 20 Jahren von insgesamt 430.000 DM unter Vereinbarung eines Damnums von 2 v. H. aufgenommen. Sie hat das Abgeld von insgesamt 8.600 DM in ihrer Buchführung aktiviert und bei der Gewinnermittlung entsprechend der Laufzeit der Darlehen jährlich mit 580 DM gewinnmindernd abgebucht. Das Finanzamt (FA) hat bei der Ermittlung des Gewerbesteuermeßbetrags für 1961 den auf dieses Jahr entfallenden Auflösungsbetrag als Zinsen für Dauerschulden zur Ermittlung des Gewerbeertrags nach § 8 Ziff. 1 GewStG zum gewerblichen Gewinn hinzugerechnet.
Die Sprungberufung, mit der die Stpfl. den Zinscharakter des Auflösungsbetrags bestritt, hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) nahm an, die wirtschaftliche Verknüpfung des Damnums mit der Dauer der Kapitalnutzung mache das Abgeld zu einem versteckten Zins oder Nebenzins, durch den gleichzeitig die Geldbeschaffungskosten des Gläubigers abgegolten würden. Die auf die Laufzeit des Darlehens abgestellte buchmäßige Behandlung des Abgelds, wie sie die Stpfl. zutreffend vorgenommen habe, entspreche einer steuerlich richtigen periodischen Zinszahlung durch den Darlehnsnehmer. Wie der Zinszufluß beim Darlehnsgeber behandelt werde, sei nicht entscheidend. Daraus folge, daß das FA die aus der Auflösung der Aktivpostens "Darlehnsabgeld" stammenden Beträge zu Recht den Dauerschulden im Sinne von § 8 Ziff. 1 GewStG zugerechnet habe.
Die Stpfl. rügt mit ihrer nach dem Inkrafttreten der FGO als Revision zu behandelnden Rb., das FG habe den streitigen Betrag zu Unrecht den Zinsen zugerechnet. Das Damnum gehöre zu den Geldbeschaffungskosten, wie sich vor allem aus der buchmäßigen Behandlung bei der Sparkasse als Darlehnsgläubigerin ergebe. Sie beantragt, den auf das Streitjahr entfallenden Teilbetrag des Damnums nicht nach § 8 Ziff. 1 GewStG hinzuzurechnen.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung des in den "Entscheidungen der Finanzgerichte" (EFG) 1963 S. 415 veröffentlichten Urteils des FG.
Nach § 8 Ziff. 1 GewStG sind Zinsen für Schulden, die der nicht nur vorübergehenden Verstärkung des Betriebskapitals dienen, dem nach den Vorschriften des EStG festgestellten Gewinn zur Ermittlung des Gewerbeertrags hinzuzurechnen. Daß die Darlehnsschulden der Stpfl. Dauerschulden in diesem Sinne sind, wird nicht bestritten. Es entspricht auch den Grundsätzen einer ordnungsmäßigen Buchführung, daß die Stpfl. zur Ermittlung ihres Gewinns das Darlehnsgeld auf die Laufzeit der Darlehen verteilt hat (vgl. z. B. Urteil des BFH I 272/61 U vom 15. Mai 1963, BStBl 1963 III S. 327, Slg. Bd. 77 S. 30).
Bei der Auslegung und Abgrenzung des Begriffs "Zinsen" in § 8 Ziff. 1 GewStG ist zu beachten, daß diese Vorschrift ebenso wie die entsprechende Vorschrift des § 12 Abs. 2 Ziff. 1 GewStG beim Gewerbekapital den Zweck hat, eine gleichmäßige steuerliche Belastung der Gewerbebetriebe herbeizuführen. Die für einen längeren Zeitraum mit Fremdkapital arbeitenden Betriebe sollen bei der Gewerbesteuer in etwa ebenso behandelt werden, wie diejenigen mit einem entsprechenden Eigenkapital. Diese Behandlung hängt mit dem Objektsteuercharakter der Gewerbesteuer zusammen. Für die Auslegung des Begriffes "Zinsen" ergibt sich daraus, daß "Zinsen" alle Aufwendungen sind, die ein Gewerbetreibender für die Nutzung des seinem Gewerbebetrieb längere Zeit dienenden Fremdkapitals macht (vgl. Urteil des BFH I 351/60 U vom 26. Juni 1963, BStBl 1963 III S. 386, Slg. Bd. 77 S. 188). Nach § 8 Ziff. 1 GewStG sind daher nicht nur die eigentlichen als Zinsen bezeichneten Beträge zuzurechnen, sondern auch andere Aufwendungen, die das Entgelt für die Nutzung des im Betrieb arbeitenden Fremdkapitals sind. Der RFH hat demgemäß bei langfristigen Wechselkrediten grundsätzlich auch Akzeptprovisionen und Zusageprovisionen für weitere Bereitstellungen zu den Zinsen gerechnet (Urteil I 464/38 vom 21. Februar 1939, RStBl 1939 S. 711, Slg. Bd. 46 S. 194), nicht aber den Ersatz der Geldbeschaffungskosten, laufende Verwaltungsausgaben und Währungsverluste (Urteil I 275/38 vom 13. September 1938, RStBl 1938 S. 1118, Slg. Bd. 45 S. 23).
Die Rechtsnatur des Damnums ist kaum eindeutig festzulegen, da seine Vereinbarung auf verschiedenen wirtschaftlichen Erwägungen beruhen kann. Der Bundesgerichtshof bezeichnet im Urteil V ZR 4/61 vom 6. Februar 1963 (Der Betrieb 1963 S. 514; Der Betriebs- Berater 1963 S. 410) das Damnum als "zinsähnlich". Wenn es wirtschaftlich auch oft ein zusätzlicher Zins sein mag, so spricht gegen seinen Zinscharakter doch, daß es nicht wie ein echter Zins nach der Nutzungsdauer des Kredits, sondern nach seiner Höhe bemessen wird. Die von Hypothekenbanken vereinbarten Damnumbeträge - und sie spielen im Wirtschaftsleben eine besondere Rolle - sollen vor allem die Aufwendungen decken, die der Bank durch die Beschaffung des für die Kreditgewährung benötigten Geldes insbesondere durch die Plazierung dieser Wertpapiere auf dem Geldmarkt, durch ihre Ausgabe unter dem Nennwert und auch durch den Druck der Pfandbriefe entstehen. Die Vereinbarung eines Damnums wird auch mit den Kosten für die Bearbeitung der Darlehnsanträge sowie für die Prüfung und Bewertung von Sicherheiten der zu finanzierenden Objekte begründet. In diesen Fällen ähnelt das Damnum den Geldbeschaffungskosten (Siehe im einzelnen Heymann, Steuer und Wirtschaft 1966 Spalte 125/126).
Im Streitfall bedarf es jedoch nicht einer genauen Festlegung des Damnumbegriffs. § 8 Ziff. 1 GewStG sieht die Hinzurechnung nur für "Zinsen" vor. Die Vorschrift unterscheidet sich damit von anderen Hinzurechnungsfällen des § 8 GewStG, die in ihrem Wortlaut zum Ausdruck bringen, daß eine bestimmte Gruppe von Ausgaben hinzugerechnet werden soll, auch wenn sie im Einzelfall nicht gerade die übliche Beziehung tragen. So ist z. B. in den Ziffern 3, 4, 5 und 6 des § 8 GewStG der allgemeine Zusatz "Vergütungen jeder Art" gemacht. Die Beschränkung auf Zinsen in § 8 Ziff. 1 GewStG deutet auf eine engere Fassung und die Begrenzung auf Zinsen im eigentlichen Sinne hin. Eine Sonderregelung ist nach den allgemeinen Auslegungsgrundsätzen im allgemeinen nicht erweiternd auszulegen. Einer über den Wortlaut hinausgehenden Auslegung steht bei dem Damnum aber dazu entgegen, daß man zu einer Verschärfung der Besteuerung kommen würde. "Zinsen" im Sinn von § 8 Ziff. 1 GewStG sind daher nur Beträge, die nach dem allgemeinen Sprachgebrauch als Zinsen anzusprechen sind. Da das bürgerliche Recht keine Legaldefinition des Begriffs Zinsen kennt, sondern von dem allgemein üblichen Begriff ausgeht, sind unter Zinsen nur Nutzungsvergütungen für die überlassung eines Kapitals zu verstehen, die regelmäßig nach der Höhe und nach der Nutzungsdauer des Kapitals bemessen sind (vgl. z. B. Enneccerus- Lehmann, Recht der Schuldverhältnisse, 15. Aufl. 1958, § 12 l). Auf das Damnum paßt diese Begriffsbestimmung vor allem deshalb nicht, weil seine Höhe nicht von der Nutzungsdauer des Kapitals abhängt, sondern von anderen Faktoren, vor allem von der jeweiligen Wirtschaftslage auf dem Geldmarkt. Ein als Damnum vereinbarter Betrag kann daher nicht nach § 8 Ziff. 1 GewStG für die Ermittlung des Gewerbeertrags dem Gewinn hinzugerechnet werden (ebenso Heymann, a. a. O.).
Das FG hat die Rechtslage im Streitfall anders beurteilt. Die Vorentscheidung war deshalb aufzuheben. Die Sache wird an das FA zurückverweisen, damit es den Gewerbesteuermeßbetrag nach den obigen Grundsätzen neu festsetzt.
Fundstellen
Haufe-Index 412017 |
BStBl III 1966, 375 |
BFHE 86, 32 |