Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerliche Förderungsgesetze

 

Leitsatz (amtlich)

Die Hypothekengewinnabgabe wird auch auf Schuldnergewinne aus der Umstellung von Reichsmarkverbindlichkeiten erhoben, die am 24. Juni 1948 durch Grundpfandrechte an solchen Grundstücken gesichert waren, die auf Grund einer Vereinbarung der Besatzungsmächte im Jahre 1945 aus der sowjetischen Besatzungszone herausgenommen und in den britischen Sektor von Berlin einbezogen worden sind.

LAG §§ 91, 142, 374; Berliner Gesetz zur übernahme des Gesetzes über den Lastenausgleich vom 1. Oktober 1952 (GVBl Berlin S. 785) Art. I; Verfassung von Berlin vom 1. September 1950 Art. 4 Abs. 1

 

Normenkette

LAG §§ 91, 142, 374; GG Art. 23

 

Tatbestand

Der Bf. ist Eigentümer eines in Groß-Glienicke belegenen Grundstückes. Auf diesem lastete am Währungsstichtage eine Hypothek zur Sicherung einer persönlichen Verbindlichkeit, die im Verhältnis von 10 RM zu 1 DM umgestellt worden ist. Dieserhalb wurde der Bf. zur Hypothekengewinnabgabe herangezogen.

Das Grundstück ist in dem Ortsteile von Groß-Glienicke - benannt Groß-Glienicke-Ost - belegen, der im Jahre 1945 kraft einer von den britischen und sowjetischen Besatzungsbehörden getroffenen und durch Kontrollratsbeschluß vom 30. August 1945 bestätigten Regelung zur Abrundung der Flugplätze Gatow (britisch) und Staaken (sowjetisch) zusammen mit dem Gebiet Weinmeisterhöhe derart gegen Teile des zu Groß-Berlin (Bezirk Spandau) gehörigen Gebietes "Weststaaken" und des Gebietes "Seeburger Zipfel" ausgetauscht wurde, daß Groß-Glienicke-Ost sowie Weinmeisterhöhe von da ab der britischen Besatzungsmacht, Weststaaken und der Seeburger Zipfel aber der sowjetischen Besatzungsmacht zugeteilt wurden.

Groß-Glienicke-Ost liegt innerhalb der Grenzen des Landkreises Osthavelland, der mit dem durch die erwähnte besatzungsrechtliche Regelung unberührten Teile im Bereich der sowjetischen Besatzungszone liegt. Darin lag insoweit eine Abweichung von dem bisherigen Verfahren der Besatzungsmächte, als die alliierten Befehlshaber bei der Aufteilung Berlins in vier Sektoren, die sie am 5. Juni 1945 vorgenommen hatten, der Bezirkseinteilung Berlins gefolgt waren, das gesamte Sektorengebiet sich also bis dahin innerhalb der Grenzen von Groß-Berlin befunden hatte.

Mit dem Einspruch machte der Bf. geltend, das Grundstück liege weder im Geltungsbereiche des Grundgesetzes (GG) noch in Berlin (West), sondern im Landkreis Osthavelland; er könne deshalb nicht zur Hypothekengewinnabgabe herangezogen werden.

Der Einspruch blieb ohne Erfolg. Das Finanzamt war der Auffassung, daß Groß-Glienicke-Ost durch eine Maßnahme der Besatzungsmächte zum britischen Sektor von Berlin geschlagen worden sei; es genüge, daß das Gebiet Groß-Glienicke-Ost zu den Westsektoren Berlins gehöre; auf die staatsrechtliche Grenzziehung komme es nicht an.

In der Berufung beharrte der Bf. darauf, daß es auf die staatsrechtlichen Grenzen ankomme, die keine Veränderung erfahren hätten; deshalb seien auch die Grundsteuern bis 1952 an das Finanzamt Nauen gezahlt ; erst im Jahre 1952 habe das Finanzamt Spandau die Verwaltung der Steuern für Groß-Glienicke-Ost übernommen; das fragliche Gebiet müsse zudem schon am Währungsstichtage zum Gebiet des Landes und der Stadt Berlin gehört haben, was aber nicht der Fall sei.

Die Berufung blieb ebenfalls ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht ließ dahingestellt, ob die Veränderung der Besatzungsgrenzen eine änderung der Gemeindegrenzen nach sich gezogen habe; tatsächlich sei Groß-Glienicke-Ost zufolge der Veränderung der britischen und sowjetrussischen Besatzungsgrenzen in die Verwaltung von Berlin-West einbezogen worden; im Hinblick hierauf forderte es nach herrschender Meinung das öffentliche Interesse wie das Interesse der Bewohner des aufgenommenen Gebietsteiles - und hierbei bezieht sich das Verwaltungsgericht auf von Schmoller, Maier und Tobler, Handbuch des Besatzungsrechtes, § 24 a S. 4 ff., sowie das Urteil des Senates III 43/55 U vom 28. März 1958 (BStBl 1958 III S. 243, Slg. Bd. 66 S. 632) -, das für das aufnehmende Land geltende Recht auf den betreffenden Gebietsteil zu erstrecken. Das Grundstück des Bf. sei somit als in Berlin (West) belegen zu erachten, wie es § 91 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 142 Abs. 1 LAG fordere. Daß zunächst Unsicherheit über die Verwaltungszuständigkeit bestanden habe, sei unerheblich; auch brauche Groß-Glienicke-Ost noch nicht am Währungsstichtage (24. Juni 1948) zu Berlin (West) gehört zu haben, weil die Spaltung Berlins erst am 30. November 1948 stattgefunden, eine Westberliner Verwaltung also bis dahin noch nicht bestanden hätte.

In seiner Rb. wiederholt der Bf. sein bisheriges Vorbringen und führt noch folgendes aus: Bei dem zur Erörterung stehenden Gebietsaustausch handle es sich um eine auf nur militärische Erwägungen beruhende, Besatzungszwecken dienende Maßnahme, die den zivilen Bereich der Verwaltung nicht betreffe, insbesondere keine änderung der bis dahin bestehenden Gemeindegrenzen bezweckt oder zur Folge gehabt hätte. Zu Unrecht habe das Berufungsgericht diese Frage, auf die es entscheidend ankomme, dahingestellt. Es sei zwar richtig, daß seit etwa 1952 die Westberliner Verwaltung und Gerichte ihre Zuständigkeit unter Anwendung der für Berlin (West) geltenden Gesetze für den Gebietsteil Groß-Glienicke-Ost in Anspruch nähmen, und daß das öffentliche Interesse sowie das Interesse der Bewohner dieses Gebietes die Anwendung der für Berlin (West) geltenden Gesetze erforderten. In diesem Rahmen halte sich auch das Urteil des Senates III 43/55 U vom 28. März 1958 (a. a. O.), das für die Zeit nach 1952, also für die Zukunft Folgerungen aus der korrigierten Auffassung der Berliner Verwaltung ziehe und nunmehr auch hinsichtlich der Steuern diesen Gebietsteil so behandle wie die zu Groß-Berlin gehörigen Stadtbezirke. Im Streitfalle komme es aber allein auf die Würdigung der am 24. Juni 1948 tatsächlich bestehenden Verhältnisse an. Es widerspreche allgemeinen rechtsstaatlichen Grundsätzen und den Denkgesetzen, wenn Begriffe, die erst im Laufe einer in der Folgezeit eingetretenen Rechtsentwicklung entstanden seien, zum Nachteil einzelner in rückläufiger Betrachtungsweise auf einen in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt angewendet würden. Der Begriff "Berlin (West)" sei zeitlich frühestens am 30. November 1948 infolge der vollzogenen Spaltung der Berliner Verwaltung nach der Währungsreform entstanden. Daraus folge, daß am Stichtage - dem 24. Juni 1948 - noch nicht habe feststehen können, daß die Grundstücke in Groß-Glienicke-Ost zu Berlin (West) gehören.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. ist unbegründet.

I. - Der strittige Ortsteil Groß-Glienicke-Ost gehört auf Grund der besatzungsrechtlichen änderung der Grenzziehung zum britischen Sektor von Berlin und damit zu Berlin (West). Zwar erfaßte die Sektoreneinteilung, die am 5. Juni 1945 von den alliierten Befehlshabern festgelegt wurde, zunächst nur die Berliner Bezirke. Da aber das Gebiet Groß-Glienicke-Ost zur Abrundung des der britischen Besatzungsmacht in Berlin zugeteilten Flugplatzes Gatow zugeteilt wurde, ergab sich die Zuständigkeit der britischen Besatzungsmacht Berlins für dieses Gebiet und somit die Zugehörigkeit zu Berlin (West) im ursprünglich nur besatzungsrechtlich zu verstehenden Sinne. Bei dem Begriffe "Berlin (West)" handelt es sich nun aber um einen von der deutschen Gesetzgebung auf Grund der besatzungsrechtlichen Tatsachen und der hieran anknüpfenden späteren Teilung Berlins geprägten Begriff, der diejenigen Gebiete bezeichnet, die zum örtlichen Bereiche der für Berlin eingesetzten westlichen Besatzungsmächte gehören. Daß die Besatzungsmächte bei der der Teilung Berlins vorangegangenen änderung der Grenzziehung nur militärische Ziele im Auge haben mochten, ist also insoweit rechtlich unerheblich. Damit gehört das Gebiet Groß-Glienicke-Ost zu dem im § 374 LAG und im Art. I des Berliner Mantelgesetzes, nämlich des Gesetzes zur übernahme des Gesetzes über den Lastenausgleich vom 1. Oktober 1952 (GVBl Berlin 1952 S. 785) bezeichneten Geltungsbereich "Berlin (West)" des LAG in Berlin. Auch ist § 91 LAG im Hinblick auf § 142 LAG auf das Grundstück des Bf. wegen seiner Belegenheit in Berlin (West) anzuwenden.

Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus der von den Vorinstanzen nicht erörterten Tatsache, daß sich die allein durch das Gebiet seiner Gliedstaaten (Länder) vermittelte Gebietshoheit und somit Gesetzgebungskompetenz des Bundes (vgl. v. Mangoldt-Klein, das Bonner Grundgesetz, II. Auflage, Bem. III, 4 S. 652 unten; Maunz, Deutsches Staatsrecht, 10. Auflage, S. 20) ausschließlich auf das Gebiet der Länder einschließlich Groß-Berlins als den Geltungsbereich des GG (Art. 23, 20, 70 ff. GG) erstreckt, so daß Gesetze des Bundes nur für diesen Raum Gültigkeit erlangen können (vgl. Maunz, a. a. O., S. 24).

Ebensowenig ergibt sich eine andere Beurteilung aus dem von den Vorinstanzen nicht behandelten Umstande, daß das erwähnte Berliner Mantelgesetz vom 1. Oktober 1952, wenn es in seinem Art. I das Bundesgesetz über den Lastenausgleich in Berlin (West) für anwendbar erklärt, zufolge der Gebietshoheit Berlins nicht andere Gebiete betreffen kann, als in Art. 4 Abs. 1 Satz 1 der Verfassung von Berlin vom 1. September 1950 (Verordnungsblatt für Groß-Berlin - VOBl Berlin - 1950 S. 433) bezeichnet sind, nämlich "das Gebiet der bisherigen Gebietskörperschaft Groß-Berlin mit den Grenzen, die bei Inkrafttreten der Verfassung bestehen". Denn als zu dem Gebiet von Groß-Berlin im Sinne des Art. 4 Abs. 1 Satz 1 der Berliner Verfassung vom 1. September 1950 und damit auch im Sinne des Art. 23 GG gehörig ist auch das Gebiet von Groß-Glienicke-Ost zu behandeln. Dies ergibt sich aus folgendem:

Wenn in dem vorerwähnten Art. 4 Abs. 1 Satz 1 der Verfassung von Berlin von 1950 Berlin im Sinne dieser Verfassung mit der Gebietskörperschaft von Groß-Berlin in den Grenzen identifiziert wird, die bei Inkrafttreten der Verfassung bestehen, so läßt dies zunächst der Möglichkeit Raum, daß sich diese Grenzen bis zu diesem Zeitpunkt gegenüber dem Stande bei der Kapitulation am 8. Mai 1945 verändert haben oder wenigstens so zu behandeln sind, als hätten sie sich verändert. Eine Veränderung ist in bezug auf Groß-Glienicke-Ost durch die von den alliierten Kommandanten entworfene und den Berliner Behörden zum Vollzuge übergebene Vorläufige Verfassung von Groß-Berlin vom 13. August 1946 (VOBl Berlin 1946 S. 295) in der Art eingetreten, daß Groß-Glienicke-Ost wie zu Groß-Berlin gehörig behandelt wird. In Art. 36 der Vorläufigen Verfassung von Berlin heißt es wörtlich:

"Soweit nicht seitens der Alliierten Kontrollbehörde anderweitig besonderes bestimmt wird, untersteht die Selbstverwaltung Groß-Berlins der Alliierten Kommandantura und in den Sektoren der Militärregierung des betreffenden Sektors. Alle gesetzlichen Bestimmungen, welche von der Stadtverordnetenversammlung, sowie Verordnungen und Anweisungen, welche vom Magistrat angenommen bzw. erlassen werden, müssen im Einklang mit den Gesetzen und Anordnungen der Alliierten Mächte in Deutschland und der Alliierten Kommandantura Berlin stehen und von der letzteren genehmigt werden ..... Die Bezirksverwaltung untersteht in ihrer Tätigkeit der Genehmigung der Militärregierung des betreffenden Sektors."

Da Groß-Glienicke-Ost bereits 1945 dem britischen Sektor von Berlin innerhalb des Gebietes der nur für Berlin zuständigen "Alliierten Kommandantura" zugeteilt und diese Stelle für das gesamte Gebiet der einzelnen Besatzungssektoren zuständig war, muß der in § 36 der Vorläufigen Verfassung von Berlin verwendete Begriff "Groß-Berlin" seiner ganzen gebietlichen Ausdehnung nach identisch mit dem der Gesamtheit der vier Sektoren sein und demnach Groß-Glienicke-Ost - was die Aufsicht der Besatzungsmächte anlangt - mit einschließen. Andernfalls - das heißt wenn Groß-Glienicke-Ost nach wie vor nicht als zu Groß-Berlin gehörig zu behandeln gewesen wäre - würde die Zuständigkeit der "Alliierten Kommandantura" und die Zuständigkeit der Militärregierung des britischen Sektors von Berlin mangels zuständiger deutscher Organe ohne Gegenstand gewesen sein. Dies zu verhindern war aber mit ein Ziel der Vorläufigen Verfassung, die nach ihrem Vorspruch unter anderem dem Zweck diente, Berlins "Lage" unter der Besetzung durch die Alliierten Mächte gerecht zu werden". Wenn schließlich in Betracht gezogen wird, daß die Verfassung nach ihrem Vorspruch auch "in Fortführung des Verfassungsrechtes" nach bisherigem Recht erlassen wurde, so spricht auch dies für die Auffassung, daß der Begriff "Groß-Berlin" in § 36 der Vorläufigen Verfassung eine besatzungsrechtliche Komponente dahin erhalten hat, daß Groß-Glienicke-Ost wie zu Groß-Berlin gehörig angesehen werden soll.

Da nun der Begriff "Groß-Berlin" in der Vorläufigen Verfassung von Berlin nur ein einheitlicher sein kann, muß gefolgert werden, daß die Absätze 1 und 2 des Art. 1 der Vorläufigen Verfassung von Berlin

wo es heißt:

Groß-Berlin ist die für das Gebiet der Stadtgemeinde Berlin alleinige berufene öffentliche Gebietskörperschaft.

Groß-Berlin hat alle öffentlichen Aufgaben in seinem Gebiete nach dieser Verfassung zu erfüllen. -

mit der Maßgabe anzuwenden sind, daß Groß-Glienicke-Ost als zu Groß-Berlin gehörig zu behandeln ist.

Ist aber der Begriff "Groß-Berlin" gemäß der Vorläufigen Verfassung von Berlin in dem Sinne anzuwenden, als ob auch Groß-Glienicke-Ost zu Groß-Berlin gehört, dann hat das Entsprechende im Hinblick auf den bereits erwähnten, in Art. 4 Abs. 1 Satz 1 der Verfassung von Berlin von 1950 befindlichen Hinweis auf die Grenzen am Tage des Inkrafttretens der Verfassung auch bei Anwendung dieses Art. 4 Abs. 1 Satz 1 zu geschehen, zumal die Verfassung von Berlin von 1950 in ihrem Vorspruch auf die Vorläufige Verfassung Bezug nimmt.

Hieraus ergibt sich die gleiche Rechtsfolge für die Anwendung des Art. 23 GG, da der dort verwendete Begriff "Groß-Berlin" seiner Natur nach nur an den in der Verfassung von Berlin verwendeten gleichen Begriff anknüpfen kann. Auch Art. 23 GG ist also so anzuwenden, als gehöre Groß-Glienicke-Ost zu Groß-Berlin.

Daß die erörterten Maßnahmen der Besatzungsmächte ihren Niederschlag in der Verfassung von Berlin mit dieser Wirkung äußern konnten, ergibt sich aus den folgenden Erwägungen:

Der Austausch der Gebiete für die Flugplätze Gatow und Staaken vollzog sich formlos durch Vereinbarung der britischen und sowjetischen Besatzungsbehörden und diente offenbar auch ursprünglich nur Zwecken der Besatzung. Daß auch im weiteren Verlauf staatsrechtlich keine Abtrennung von Groß-Glienicke-Ost aus dem Kreise Osthavelland und Inkorporierung in Groß-Berlin herbeigeführt worden ist, ergibt sich aus der Tatsache, daß kein alliiertes Gesetz ergangen ist, wodurch Groß-Glienicke-Ost vom Kreise Osthavelland abgetrennt und Groß-Berlin inkorporiert worden ist, was nach herrschender Meinung (vgl. v. Mangoldt-Klein, a. a. O., Bem. III 1b zu Art. 23 (S. 645)) als zulässig anzusehen wäre.

Wenn demnach davon auszugehen ist, daß eine staatsrechtliche Abtrennung des Gebietes Groß-Glienicke-Ost vom Kreis Osthavelland und Inkorporierung in Groß-Berlin nicht festzustellen ist, so bleibt doch nicht zu übersehen, daß durch die Maßnahmen der Besatzungsmächte auf noch nicht absehbare Zeit die Möglichkeit zu staatlicher Herrschaftsentfaltung den im Rahmen des bisherigen Gebietes zuständigen Organen entzogen und dem Gebiet von Groß-Berlin zugefallen ist, wie sie andererseits für das zum Austausch hingegebene, dem sowjetischen Machtbereich überlassene Gebiet Weststaaken für die Organe Groß-Berlins entfallen ist.

Staatsgebiet ist unbestritten (vgl. Küchenhoff, Allgemeine Staatslehre, 4. Auflage, S. 24) "in seiner rechtlichen Bedeutung die räumliche Grundlage der staatlichen Herrschaftsentfaltung nach außen und innen". Die Reichweite der Staatsgewalt beruht auf recht- und machtbedingten Zuständigkeiten (vgl. Küchenhoff, a. a. O., S. 25). Da es sich die beteiligten Mächte angelegen sein lassen, daß jeweils ihre Gesellschaftsordnung in den Gebieten ihrer ursprünglichen Besatzungszonen oder Sektoren angewendet wird und daß über die Erhaltung wenigstens des status quo in dieser Beziehung streng gewacht wird, so ergibt sich unzweifelhaft, daß die machtbedingte Voraussetzung für die Entfaltung staatlicher Herrschaft für den britischen Sektor Groß-Berlins in bezug auf Groß-Glienicke-Ost gegeben ist. Auch die rechtbedingte Zuständigkeit muß jedenfalls für die Dauer des Provisoriums bis zur gesamtdeutschen Regelung im Hinblick auf den oben gekennzeichneten, genügend konkretisierten und insoweit übereinstimmenden Willen der Sieger- und Besatzungsmächte als gegeben angesehen werden mit der Maßgabe, daß zwar keine endgültige staatsrechtliche Abtrennung von Groß-Glienicke-Ost aus der bisherigen Kreis- und Gemeindeverbundenheit und keine endgültige Einverleibung in Groß-Berlin stattgefunden hat, daß aber einstweilen die Befugnis zur Ausübung der bisherigen gebietsmäßig bedingten Zuständigkeit ruht, während alle im Gebiete Groß-Berlin im Rahmen des britischen Sektors bestehenden Zuständigkeiten bis auf weiteres so ausgeübt werden dürfen, als sei Groß-Glienicke-Ost in Groß-Berlin inkorporiert. Dies ist insbesondere daraus herzuleiten, daß dem Provisorium den Umständen nach eine von vornherein nicht absehbare Dauer eigentümlich ist und deshalb die Ausübung der Gebietshoheit durch die jeweils vom Gebietsaustausch berührten deutschen Organe - wie auch entsprechend deren Nichtausübung - als ein das deutsche Staats- und Verfassungsrecht überlagerndes Faktum mit normativer Kraft einstweiliger Bestandteil dieses Rechtes geworden ist; hierbei handelt es sich im Wesen um keine andere Rechtsfolge, als diejenige, die sich aus der der Besetzung der einzelnen Gebiete Deutschlands durch die jeweiligen Mächte folgenden Teilung Deutschlands überhaupt ergab.

II. - Die Ausführungen des Bf. dahin, daß die §§ 91, 142 LAG deswegen nicht auf sein in dem britischen Sektor Berlins gehörigen Ortsteil Groß-Glienicke-Ost, also in Berlin (West) belegenes Grundstück anzuwenden seien, weil der Begriff "Berlin (West)" nicht am Währungsstichtage für Berlin - dem 24. Juni 1948 - bestanden habe, sondern erst frühestens am 30. November 1948 infolge der vollzogenen Spaltung der Berliner Verwaltung entstanden sei, und daß die entgegengesetzte Auffassung des Berufungsgerichtes gegen die Denkgesetze verstoße, liegen neben der Sache. Der hier in Frage kommende Abs. 1 Nr. 1 des § 91 in Verbindung mit § 142 LAG bezeichnet es nicht als Voraussetzung für die Heranziehung zur Hypothekengewinnabgabe, daß die Grundstücke am 24. Juni 1948 in Berlin (West) belegen waren, sondern daß sie in diesem örtlichen Bereiche belegen sind. Das ergibt sich schon sprachlich daraus, daß sich das Wort "waren" nicht auf das Partizipium "belegen" beziehen kann. Der in den bezeichneten Paragraphen erwähnte Stichtag vom 24. Juni 1948 ist sprachlich nach der Wortfassung und nach dem Sinn der Vorschriften auf die weitere Voraussetzung zu beziehen, nämlich die Sicherung der RM-Verbindlichkeiten durch Grundpfandrechte. Diese muß am 24. Juni 1948 bestanden haben. Aber selbst wenn es in den Vorschriften heißen würde, daß das Grundstück am 24. Juni 1948 in Berlin (West) belegen gewesen sein muß, wäre damit doch nur das Gebiet bezeichnet, das beim Inkrafttreten des LAG in Berlin - am 1. September 1952 - zu Berlin (West) gehört hat. Hier gilt das gleiche wie für die im Geltungsbereich des GG belegenen Grundstücke. Das GG ist erst am 24. Mai 1949, also ebenfalls nach dem Währungsstichtage - dem 20. Juni 1948 - in Kraft getreten. Wäre die Auffassung des Bf. zutreffend, so könnte die Hypothekengewinnabgabe überhaupt nicht erhoben werden. Die Anknüpfung bei Erlaß eines Gesetzes verwendeter Begriffe an in der Vergangenheit liegende Tatbestände verstößt auch nicht gegen den Rechtsstaatsgedanken. Sie ist zur Erfassung der Tatbestände des Lebens unerläßlich. Der Bf. ist nicht, wie er darzulegen versucht, hierdurch ungerechtfertigt benachteiligt. Er hat unter Berufung auf die für Berlin (West) geltenden Umstellungsvorschriften die 10 : 1-Umstellung für sich in Anspruch genommen - eine weitere Voraussetzung des § 91 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 142 LAG für die Hypothekengewinnabgabe -, so daß vielmehr die in seinem Falle von der allgemeinen Regelung abweichende Nichtheranziehung zur Hypothekengewinnabgabe als ungerechtfertigte Bevorzugung angesehen werden müßte.

 

Fundstellen

Haufe-Index 410668

BStBl III 1963, 154

BFHE 1963, 421

BFHE 76, 421

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