Leitsatz (amtlich)
1. Der Senat hält daran fest, daß für die Entscheidung, ob ein Anteil an einer GmbH keinen Einfluß auf die Geschäftsführung gewährt, die Verhältnisse des Einzelfalles maßgebend sind (BFHE 93, 243). Sind an einer GmbH zehn Gesellschafter beteiligt und halten drei Gesellschafter Stammanteile zwischen 18 und 22 v. H. des Stammkapitals, die übrigen Gesellschafter dagegen nur von weniger als 10 v. H., so sind die Anteile zwischen 18 und 22 v. H. nicht ohne Einfluß auf die Geschäftsführung, obwohl sie keine Sperrminorität vermitteln.
2. Zur Frage der Zusammenrechnung von Anteilen, die Ehegatten halten.
Normenkette
BewG 1965 § 11 Abs. 2 S. 2
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine GmbH, die am 31. Dezember 1965 zehn Gesellschafter hatte. Die Gesellschafter waren an diesem Stichtag am Stammkapital der Klägerin mit folgenden Hundertsätzen beteiligt:
Gesellschafter 1 21,39 v. H.
Gesellschafter 2 21,39 v. H.
Gesellschafter 3 18,47 v. H.
Gesellschafter 4 8,42 v. H.
Gesellschafter 5 7,22 v. H.
Gesellschafter 6 4,21 v. H.
Gesellschafter 7 4,21 v. H.
Gesellschafter 8 6,06 v. H.
Gesellschafter 9 5,02 v. H.
Gesellschafter 10 3,61 v. H.
100,00 v. H.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (FA) hat den gemeinen Wert der Anteile an der Klägerin für jeweils 100 DM Stammkapital für die Gesellschafter 1 bis 5 nach Abschn. 79 VStR 1966 auf 165 v. H. und für die Gesellschafter 6 bis 10 nach Abschn. 80 VStR auf 148 v. H. festgesetzt.
Die Klägerin war der Meinung, daß alle Anteilsinhaber ohne Einfluß auf die Geschäftsführung seien, so daß sämtliche Anteile nach Abschn. 80 VStR hätten bewertet werden müssen; außerdem begehrte sie einen Abschlag nach Abschn. 79 Abs. 3 VStR 1966, weil die Anteile wegen gesellschaftsrechtlicher Veräußerungsbeschränkungen schwer verkäuflich seien.
Der Einspruch hatte keinen Erfolg.
Das FG hat die Klage abgewiesen.
Die Klägerin trägt mit der Revision vor, das FG hätte für die Bewertung die Anteile der Ehepaare Gesellschafter 2 und 5 und Gesellschafter 3 und 4 nicht zusammenfassen dürfen. Außerdem sei die vom BFH vertretene Auffassung, daß schon eine Beteiligung von mehr als 25 v. H. des Stammkapitals einen wesentlichen Einfluß auf alle Maßnahmen der Gesellschaft von größerer Wichtigkeit gewähre, anfechtbar, weil die wichtigsten Entscheidungen nur durch Mehrheitsbeschluß getroffen werden könnten. Bei Minderheitsbeteiligungen sei der entscheidende Faktor für die Wertschätzung des Anteils nicht der Vermögenswert, sondern die nachhaltig zu erwartende Dividende, denn der Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft habe kein dingliches Recht am Gesellschaftsvermögen. Er habe deshalb keinen Zugriff auf den Wert des Gesellschaftsvermögens. Die Vermögenssubstanz habe nur insoweit Bedeutung, als sie eine gewisse Sicherheit für die nachhaltige Ausschüttung einer Dividende bilde.
Keiner der Gesellschafter zu 1 bis 5 verfüge über mehr als 25 v. H. des Stammkapitals. Die vom BFH vertretene Auffassung, es könne darauf abgestellt werden, ob nach den bei der Gesellschaft bestehenden Beteiligungsverhältnissen ein Gesellschafter ohne besondere Schwierigkeit so viele Stimmen zu sich herüberziehen könne, daß diese zusammen mit seinen eigenen Stimmen mehr als 25 v. H. des Stammkapitals ausmachten, sei in Fachkreisen auf erheblichen Widerspruch gestoßen. Die besonders schwierige Lage des Industriezweigs der Klägerin zwinge sie, den Investitionen und der Stärkung des Eigenkapitals erhöhte Aufmerksamkeit zuzuwenden. Dies führe zu gegensätzlichen Interessen zwischen den Gesellschaftern. Das gleiche gelte für die vom FG vertretene Auffassung, die beiden Ehepaare seien in der Lage, jeweils allein einen wesentlichen Einfluß auf alle Maßnahmen von Wichtigkeit auszuüben. Zudem sei die Zusammenfassung der Anteile der Eheleute verfassungsrechtlich unzulässig. Es könne nur auf den Umfang der Beteiligung des Ehegatten abgestellt werden, dessen Verhältnis zur GmbH steuerlich zu beurteilen sei.
Schließlich seien die Ausführungen des FG, die Verfügungsbeschränkungen über die Stammanteile führten zu keiner wesentlichen Beeinträchtigung bei der Veräußerung der Anteile, nicht überzeugend. Das FG habe die wirtschaftliche Bedeutung des Umstandes, daß die Gesellschafter ihre Anteile nur untereinander verkaufen konnten, nicht hinreichend berücksichtigt.
Die Klägerin beantragt, für alle Anteile eine Sonderbewertung nach Abschn. 80 VStR 1966 durchzuführen und wegen der Einschränkung der Verkäuflichkeit einen Abschlag von 30 v. H. zu gewähren.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
1. Die Anteile an einer GmbH sind mit dem gemeinen Wert zu bewerten. Kann dieser, wie es die Beschreibung des gemeinen Werts in § 9 Abs. 2 BewG vorsieht, nicht aus Verkäufen abgeleitet werden, so ist er zu schätzen. Dabei sind das Vermögen und die Ertragsaussichten der Kapitalgesellschaft zu berücksichtigen, deren Anteile zu bewerten sind (§ 11 Abs. 2 Satz 2 BewG). Für diese Schätzung hat die Finanzverwaltung in Abschn. 77 ff. VStR 1966 Anweisungen gegeben, die als Stuttgarter Verfahren bezeichnet werden. Der Senat hat in ständiger Rechtsprechung die Auffassung vertreten, daß diese Anweisungen dem Gesetzesbefehl des § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG gerecht werden und darüber hinaus geeignet sind, die Gleichmäßigkeit der Schätzungen zu gewährleisten. Im Interesse dieser Gleichmäßigkeit hat der Senat entschieden, daß eine Schätzung nach einer anderen Methode als dem Stuttgarter Verfahren nur ausnahmsweise und nur in besonderen Fällen in Betracht kommen kann, in denen das Stuttgarter Verfahren zu nicht tragbaren Ergebnissen führt (Entscheidung des BFH vom 17. Mai 1974 III R 156/72, BFHE 112, 510, BStBl II 1974, 626).
Der Senat verkennt nicht das Gewicht der betriebswirtschaftlichen Einwendungen gegen das Stuttgarter Verfahren, die die Klägerin vor allem in der mündlichen Verhandlung im einzelnen vorgebracht hat. Danach werde die Bewertung von Anteilen, die nicht eine Beherrschung der Gesellschaft ermöglichten, in der betriebswirtschaftlichen Praxis allein nach dem Ertrag durchgeführt. Diese Einwendungen richten sich aber nicht in erster Linie gegen die Richtlinien zur Bewertung nichtnotierter Anteile an Kapitalgesellschaften, an die der Senat nicht gebunden ist, sondern gegen die Vorschrift des § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG, auf die der Senat seine Entscheidung gründen muß. Die Einwendungen der Klägerin verkennen auch, daß eine freie Schätzung des gemeinen Werts nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten zwar möglicherweise eine schnellere Anpassung an konjunkturelle Entwicklungen zuläßt, aber die Stetigkeit der Bewertung und damit die Gleichmäßigkeit stark beeinträchtigen könnte. Im Hinblick darauf, daß jede Schätzung zwangsläufig mit mehr oder weniger großen Fehlern behaftet ist, räumt der Senat einer generellen Gleichmäßigkeit, der sogenannten "Typengerechtigkeit" (vgl. Entscheidung des BVerfG vom 18. Mai 1971 I BvL 7, 8/69, BVerfGE 31, 119 [131]) den Vorrang vor einer individuellen Gerechtigkeit ein, von der befürchtet werden müßte, daß sie mangels Praktikabilität in ihr Gegenteil verkehrt würde (vgl. BFH-Entscheidung vom 20. Oktober 1972 III R 7/72, BFHE 107, 310 [312], BStBl II 1973, 98). Dabei ist zu berücksichtigen, daß auch über die richtige betriebswirtschaftliche Methode der Anteilsbewertung durchaus keine einhellige Auffassung besteht.
Nach allem ist der Senat der Auffassung, daß der Fall der Klägerin keine so gewichtigen Besonderheiten aufweist, um eine Abweichung von dem Stuttgarter Verfahren als geboten zu erachten.
2. Eine Bewertung nach Abschn. 80 VStR kommt nur für Anteile in Betracht, die keinen Einfluß auf die Geschäftsführung der Gesellschaft gewähren. Nach der Rechtsprechung des Senats kann nur nach den Verhältnissen des Einzelfalles entschieden werden, ob diese Voraussetzung vorliegt (vgl. Urteil vom 5. Juli 1968 III R 12/67, BFHE 93, 243, BStBl II 1968, 734). Allerdings ist der Senat der Auffassung, daß ein Anteilsbesitz von mehr als 25 v. H. schon aufgrund seiner absoluten Größe nicht ohne Einfluß auf die Geschäftsführung ist, weil er eine Sperrminorität bildet, ohne die weder die Satzung geändert noch grundsätzlich die Gesellschaft aufgelöst werden kann (§§ 53, 60 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung - GmbHG -); vgl. BFH-Entscheidung vom 12. März 1971 III R 82/69, BFHE 101, 550, BStBl II 1971, 419). Ein Gesellschafter, dessen Votum in so bedeutenden gesellschaftsrechtlichen Fragen nicht übergangen werden kann, hat damit aber rein tatsächlich die Möglichkeit, sich auch in anderen Fragen des Gesellschaftslebens Gehör zu verschaffen. Darüber hinaus hat der Senat in dem Urteil III R 82/69 die Auffassung vertreten, daß auch ein Anteilsbesitz unter 25 v. H. des Stammkapitals Einfluß auf die Geschäftsführung der Gesellschaft gewähren kann, und zwar dann, wenn die Umstände des Falles dafür sprechen, daß der Gesellschafter mit einem solchen Anteilsbesitz ohne besondere Schwierigkeiten sowiel Stimmen zu sich herüberziehen kann, daß diese zusammen mit seinen eigenen Stimmen mehr als 25 v. H. des Stammkapitals ausmachen. Diese Ausführungen müssen unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des damals entschiedenen Falles gewürdigt werden. In dem seinerzeit entschiedenen Streitfall hatte ein Gesellschafter mit einer Beteiligung von 20 v. H. vorgebracht, er habe deshalb keinen Einfluß auf die Geschäftsführung der Gesellschaft, weil ein anderer Gesellschafter eine Beteiligung von 38 v. H. besitze. Diesen Einwand hat der Senat mit der Begründung zurückgewiesen, dieser Gesellschafter müsse viel mehr Stimmen zu sich herüberziehen, um den anderen Gesellschafter von einer Einflußnahme auf die Geschäftsführung ausschließen zu können. Der Senat wollte damit zum Ausdruck bringen, daß auch eine Beteiligung unter 25 v. H. einen Einfluß auf die Geschäftsführung der Gesellschaft gewähren kann, wenn das Stimmenverhältnis der einzelnen Gesellschafter so ist, daß sie sich gegenseitig nicht von einer solchen Einflußnahme ausschließen können.
Der Senat hält im vorliegenden Fall für die Beurteilung des Gewichts des Gesellschafters 1 in bezug auf die Geschäftsführung trotz der Einwendungen der Klägerin an dieser Auffassung fest. Dabei ist zu berücksichtigen, daß dieser Gesellschafter ebenso wie die Gesellschafterin 2 die höchste Beteiligung an der Klägerin überhaupt besitzt. Nach § 46 GmbHG sind die Gesellschafter dazu berufen, besonders wichtige Aufgaben im Gesellschaftsleben, wie z. B. die Feststellung der Jahresbilanz und die Verteilung des Reingewinns, aber auch die Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern (§§ 6, 47 GmbHG) wahrzunehmen. Wenn aber der Gesamtheit der Gesellschafter derart bedeutende Aufgaben obliegen, dann ist es zwangsläufig, daß die Gesellschafter, die die höchsten Anteile besitzen, auch Einfluß auf die Geschäftsführung haben müssen, und zwar auch dann, wenn ihre Beteiligung geringer als 25 v. H. ist. Dem steht nicht entgegen, daß die Beschlüsse der Gesellschafter mit Stimmenmehrheit gefaßt werden (§ 47 GmbHG). Denn die Gesellschafter mit einer Beteiligung um 20 v. H. brauchen im Streitfall zur Herstellung dieser Mehrheit nur eine geringere Anzahl von Stimmen für sich zu gewinnen als die Gesellschafter mit einer Beteiligung von weniger als 10 v. H., so daß den Inhabern mit Anteilen von rund 20 v. H. zwangsläufig eine gewisse Führungsrolle zukommt. Die von der Klägerin vertretene Auffassung, kein Gesellschafter habe Einfluß auf die Geschäftsführung, würde zu dem Ergebnis führen, daß die Gesellschafter auf die ihnen obliegende Geschäftsführung keinen Einfluß haben.
3. Die Klägerin wendet sich auch zu Unrecht dagegen, daß das FG die zusammengefaßte Beurteilung des Anteilsbesitzes der beiden Ehepaare (Gesellschafter 2 und 5 sowie Gesellschafter 3 und 4) durch das FA nicht beanstandet hat. Zunächst muß klargestellt werden, daß es sich nicht etwa darum handelt, daß der Anteilsbesitz jedes der beiden Ehepaare als eine einheitliche Beteiligung behandelt werden sollte. Es geht vielmehr um die Frage, ob bei der Prüfung der Voraussetzungen für die Anwendung der in Abschn. 80 VStR 1966 getroffenen Regelung der Umstand von Bedeutung ist, daß auch der Ehegatte des Gesellschafters, dessen Anteilsbesitz zu bewerten ist, Anteile an derselben Gesellschaft hält. Das ist entgegen der Auffassung der Klägerin zu bejahen, und zwar ohne Rücksicht darauf, in welchem Güterstand die Eheleute leben. Der Senat kann in dieser Auffassung, wie er schon wiederholt entschieden hat, keinen Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 GG sehen. In dem Urteil vom 4. Februar 1972 III R 98/71 (BFHE 105, 148, BStBl II 1972, 515) hat der Senat dazu ausgeführt, diese Verfassungsnorm schließe es nach der Rechtsprechung des BVerfG nicht aus, daß die Ehe Anknüpfungspunkt für wirtschaftliche Rechtsfolgen sein könne, soweit diese Rechtsfolgen der Natur eines geregelten Lebensverhältnisses angepaßt seien. Es entspreche durchaus der Natur und dem Wesen der Ehe, daß Eheleute, die alleinige Gesellschafter einer GmbH sind, bei Ausübung ihrer Gesellschaftsrechte ungeachtet der Beteiligungsquote des einzelnen Ehegatten gleichgerichtete Interessen verfolgten und deshalb gleichgerichtet handelten. Der I. Senat des BFH hat im Zusammenhang mit der Betriebsaufspaltung sowie der rückwirkenden Gehaltserhöhung und der Pensionsrückstellung für einen beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer die Auffassung vertreten, für die Entscheidung, ob ein Beherrschungsverhältnis gegeben sei, müsse von der Vermutung ausgegangen werden, daß Ehegatten gleichgerichtete Interessen vertreten (vgl. BFH-Entscheidungen vom 29. Juli 1970 I R 24/69, BFHE 100, 34, BStBl II 1970, 761; vom 18. Oktober 1972 I R 184/70, BFHE 107, 142, BStBl II 1973, 27, und vom 3. April 1974 I R 241/71, BFHE 112, 178, BStBl II 1974, 497). Unter Berücksichtigung dieser Überlegungen ist der Senat der Auffassung, daß auch im Falle der Veräußerung von Anteilen, der für die Schätzung des gemeinen Werts von Bedeutung ist, von gleichgerichteten Interessen ausgegangen werden kann, so daß für die Ehepaare Gesellschafter 2 und 5 und Gesellschafter 3 und 4 mangels gegenteiligen Vortrags auch die Vermutung gelten muß, daß sie in der Lage wären, eine Beteiligung mit Sperrminorität anzubieten, die im Handel entsprechend höher bewertet würde. Diese Überlegung knüpft, wie das FA zutreffend vorgetragen hat, nicht an die Ehe als solche, sondern an die Lebenserfahrung an, daß zwischen Ehegatten enge persönliche Beziehungen bestehen, die eine Übereinstimmung in derartigen Fragen vermuten lassen. Damit scheidet eine Anwendung des Abschn. 80 VStR 1966 nicht nur für den Ehegatten aus, der von den beiden Eheleuten den höheren Anteilsbesitz hat, sondern, wie der Senat schon im Urteil III R 98/71 entschieden hat, auch für den Ehegatten, der den geringeren Anteilsbesitz hat.
4. Das FG hat im Ergebnis zu Recht auch einen Abschlag nach Abschn. 79 Abs. 3 VStR 1966 wegen der beschränkten Verwertbarkeit der Anteile abgelehnt. Nach den Feststellungen des FG bestanden an dem hier maßgebenden Stichtag die Veräußerungsbeschränkungen darin, daß Verkäufe an Dritte nicht möglich waren, daß bei Veräußerungen an die Gesellschaft die Zustimmung der Gesellschafterversammlung erforderlich war, daß aber Veräußerungen an andere Gesellschafter ohne Beschränkung zugelassen waren. Im Streitfall waren am Stichtag von den Gründungsgesellschaftern die Gesellschafter 1, 2, 3, 8 und 9 noch vorhanden. Der Anteilsbesitz dieser Gesellschafter betrug - unter Einbeziehung der Anteile der Ehegatten der Gesellschafter 2 und 3 - 87,98 v. H. des Stammkapitals der Klägerin. Diese Gesellschafter besaßen also am Stichtag zusammen mehr als die qualifizierte Mehrheit von 75 v. H. des Stammkapitals, die für die Änderung des Gesellschaftsvertrags erforderlich ist. Damit lagen die Voraussetzungen vor, unter denen in Anwendung der BFH-Urteile vom 23. Juli 1971 III R 41/70 (BFHE 103, 220, BStBl II 1972, 4) und vom 10. Dezember 1971 III R 43/70 (BFHE 104, 373, BStBl II 1972, 313) davon auszugehen ist, daß es sich bei den Verfügungsbeschränkungen um persönliche Verhältnisse handelt, die diese Gesellschafter aufgrund ihres Mehrheitsverhältnisses jederzeit hätten beseitigen können. Offensichtlich dienten diese Veräußerungsbeschränkungen aber dem Schutz der Gesellschaft gegen das Eindringen fremder Kapitalanleger und damit mittelbar auch den Interessen der Gesellschafter, die die Beschränkungen weder vereinbart hatten noch aufgrund ihres Stimmrechtsverhältnisses beseitigen konnten. Jedenfals war für letztere Gesellschafter die Veräußerungsbeschränkung nicht so einschneidend, wie in dem der Entscheidung III R 41/70 zugrunde liegenden Fall, in dem jegliche Veräußerung an die Zustimmung der Gesellschafterversammlung gebunden war. Dem Senat erscheint es deshalb gerechtfertigt, der bei der Klägerin an dem maßgebenden Stichtag bestehenden Veräußerungsbeschränkung im Rahmen der Schätzung des gemeinen Werts der Anteile kein besonderes Gewicht beizumessen.
Fundstellen
Haufe-Index 71317 |
BStBl II 1975, 374 |
BFHE 1975, 58 |