Leitsatz (amtlich)
1. Der Betrag von 25 DM, der durch Abschn. 11 Abs. 1 LStR 1963 als obere Grenze für Sachleistungen von geringem Wert festgelegt ist, bedeutet für die Jahre 1961 bis 1963 keine offensichtlich unzutreffende Schätzung.
2. Der Senat hält daran fest, daß die Fahrtkosten bei Betriebsausflügen ein geldwerter Vorteil für die Arbeitnehmer sind.
2. Das Maigeld (Abschn. 11 Abs. 2 LStR 1963) bleibt nur steuerfrei, wenn es zum 1. Mai den Arbeitnehmern gewährt wird.
Normenkette
LStDV 1962 §§ 2, 35a Abs. 1 Nr. 2
Tatbestand
Die Steuerpflichtige hat in den Jahren 1961 bis 1963 für ihre Betriebsangehörigen Ausflüge und Betriebsfeiern veranstaltet. Dabei erhielten die Arbeitnehmer Speisen, Getränke und Tabakwaren, die in der Regel mit vorher ausgegebenen Gutscheinen bezogen werden konnten. Im Jahre 1961 wendete die Steuerpflichtige bei betrieblichen Veranstaltungen insgesamt 56 863 DM auf. Auf jeden Arbeitnehmer entfielen - einschließlich des nicht bar ausgezahlten Maigeldes von 8 DM - durchschnittlich 32 DM. Das Maigeld wurde für die Arbeitnehmer bei den Betriebsausflügen mitverwendet. Im Jahr 1962 betrugen die Aufwendungen 75 916 DM; auf jeden Arbeitnehmer entfielen - einschließlich des Maigeldes - rund 39 DM. Das Maigeld wurde in diesem Jahr den Arbeitnehmern jeweils vor dem Antritt des Betriebsausflugs, der gruppenweise in der Zeit vom Mai bis November stattfand, bar ausgezahlt. Im Jahr 1963 betrug der Aufwand für Betriebsveranstaltungen 79 055 DM; der Anteil jedes Arbeitnehmers belief sich auf rund 40 DM. Am 1. Mai fand eine gemeinsame Feier der Betriebsangehörigen mit Sachzuwendungen statt.
Das FA forderte von der Steuerpflichtigen als Arbeitgeberin nach § 35a Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 LStDV 1962 Lohnsteuer mit 10 v. H. von der Summe der Aufwendungen sowie Kirchenlohnsteuer nach.
Die Sprungberufung hatte Erfolg. Das FG, dessen Entscheidung in den EFG 1966, 226 veröffentlicht ist, hielt nur die den Arbeitnehmern bei einer Betriebsveranstaltung gewährten Vorteile für lohnsteuerpflichtig, über die sie frei verfügen könnten. Sei der Arbeitnehmer in seiner Verfügung eingeschränkt, wie dies bei Ausgabe von Verzehrgutscheinen der Fall sei, so könnten diese Aufwendungen nicht in gleicher Weise der Steuerpflicht unterliegen wie der den Arbeitnehmern zustehende Arbeitslohn. Die für die Betriebsausflüge aufgewendeten Fahrtkosten gehörten aus dem gleichen Grund nicht zu den Sachzuwendungen, die den Arbeitnehmern unmittelbar zugute kämen. Nach der Auffassung des FG beliefen sich die durchschnittlichen Zuwendungen an jeden Betriebsangehörigen in den einzelnen Jahren rund auf 27, 36 und 34 DM, die das FG als Annehmlichkeiten von geringem Wert steuerfrei ließ.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision, mit der das FA die Verletzung von Bundesrecht rügt, führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils.
Der steuerliche Begriff Arbeitslohn ist ebenso wie der Begriff Arbeitnehmer nicht dem bürgerlichen Recht entnommen, sondern durch die Steuerrechtsprechung selbständig entwickelt worden. Arbeitslohn ist steuerlich nicht nur das, was auf Grund eines bürgerlich-rechtlichen Dienstvertrages als geschuldeter Arbeitslohn ausgezahlt wird, sondern alles, was als Frucht oder Ertrag aus nichtselbständiger Arbeit anzusehen ist. Der Begriff Arbeitslohn ist in § 2 LStDV im Anschluß an die Rechtsprechung festgelegt worden.
Vorteile, die einem Arbeitnehmer zufließen, werden nicht besteuert, wenn eine objektive Bereicherung des Arbeitnehmers nicht eintritt, wie z. B. bei Annehmlichkeiten (Entscheidung des Senats VI 103/56 U vom 5. Juli 1957, BFH 65, 121, BStBl III 1957, 279). Zu den Annehmlichkeiten gehören auch Sachleistungen bei Betriebsveranstaltungen, soweit sie nur von geringem Wert und bei derartigen Veranstaltungen üblich sind. Für die Streitjahre ist im Abschn. 11 Abs. 1 der Lohnsteuer-Richtlinien (LStR) 1963 für den Regelfall als obere Grenze für Sachleistungen von geringem Wert, die im Verlauf eines Kalenderjahres den Arbeitnehmern zugewendet werden, der Betrag von 25 DM angesetzt. Der Senat hat in der Entscheidung VI 176/60 S vom 7. Juli 1961 (BFH 73, 485, BStBl III 1961, 443) diese Regelung als zutreffende Auslegung des EStG bezeichnet. Die Grenze beruht auf einer Schätzung. Die Verhältnisse haben sich während der Streitjahre nicht so grundlegend geändert, daß die Schätzung als offensichtlich unzutreffend bezeichnet werden müßte. Auch die Steigerung der Kosten der Lebenshaltung hat sich nicht so erheblich ausgewirkt, daß die bisherige Grenze überholt wäre. Nach den Feststellungen des FA und nach der Auffassung des FG weichen die auf die einzelnen Arbeitnehmer entfallenden Aufwendungen der Steuerpflichtigen in den Jahren 1962 und 1963 nur gering voneinander ab. Aus der Anhebung der Wertgrenze durch die LStR 1966 kann man nicht folgern, daß der früher festgesetzte Betrag von 25 DM unrichtig war. Eine nachträgliche Änderung der Grenze in Einzelfällen würde zudem zu einer Ungleichbehandlung der vielen Fälle führen, die nach den Verwaltungsanweisungen abgewickelt worden sind. In der LStDV 1962 ist im übrigen einer Überschreitung der Wertgrenze von 25 DM bis zum Betrag von 50 DM durch einen um die Hälfte ermäßigten Pauschsteuersatz Rechnung getragen (§ 35a Abs. 3 LStDV).
Zu den Aufwendungen bei Betriebsveranstaltungen, die für den Arbeitnehmer geldwerte Vorteile sind, gehören die Zuwendungen, die dem Arbeitnehmer persönlich und unmittelbar zugute kommen, wie z. B. die unentgeltliche Gewährung von Speisen, Getränken, Tabakwaren und kleine Geschenke. Dabei kann es aus Gründen der Gleichbehandlung der Steuerpflichtigen keinen Unterschied machen, ob die Zuwendungen aus einer großzügigen sozialen Einstellung der Unternehmensführung, aus einem besonderen festlichen Anlaß oder nur, weil es allgemein üblich ist, gewährt werden.
Bei Betriebsausflügen kommen die Fahrtauslagen dazu. Das FG hält die Fahrtkosten nicht für einen geldwerten Vorteil, der dem einzelnen Arbeitnehmer unmittelbar zugute komme, weil ihm das freie Verfügungsrecht fehle. Über geldwerte Vorteile kann der Arbeitnehmer im allgemeinen allerdings frei verfügen. Die Arbeitnehmer, die an dem Betriebsausflug teilnehmen, erklären ihr Einverständnis damit, daß auch für sie Fahrtkosten aufgewendet werden. Ob durch die Aufwendungen für den Arbeitnehmer ein geldwerter Vorteil entsteht, ist nicht nach der subjektiven Beurteilung des Arbeitnehmers zu entscheiden, sondern nach objektiven Merkmalen (Entscheidung des Senats VI 229/59 vom 18. November 1960, HFR 1961, 29). Objektiv bringt ein Ausflug für den Arbeitnehmer Entspannung und Erholung mit sich. Der Senat hat bisher daran festgehalten, daß die Fahrtkosten ein geldwerter Vorteil sind (Urteile des BFH VI 246/63 vom 13. Mai 1964, HFR 1964, 386; VI 248/65 vom 26. August 1966, BFH 86, 783, BStBl III 1966, 659). Die Gründe des FG und die Hinweise der Steuerpflichtigen, daß der Arbeitnehmer die Fahrtkosten als Sachzuwendungen nicht ablehnen und sich ihnen deshalb nicht entziehen könne, veranlassen den Senat nicht, seine Rechtsprechung aufzugeben.
Die Aufwendungen, die die Steuerpflichtige in ihrer Buchführung als Schulden aus Anlaß des 1. Mai ausgewiesen hat, sind in den Sachzuwendungen aufgegangen. Die Steuerpflichtige hat im Jahre 1961 und im Jahre 1963 ihren Arbeitnehmern zum 1. Mai kein Bargeld gewährt, sondern die Beträge für Ausflüge bzw. eine Betriebsfeier verwendet, bei der die Arbeitnehmer Sachzuwendungen erhielten. Im Jahre 1962 sind den Arbeitnehmern zwar 8 DM bar ausgezahlt worden. Die Auszahlung fand jedoch für jede Arbeitnehmergruppe vor dem Antritt des Betriebsausflugs statt, für den die Steuerpflichtige entsprechend weniger Mittel zur Verfügung stellte. Es handelte sich demnach nicht um eine Barzuwendung, die der Arbeitgeber zum 1. Mai den Arbeitnehmern gab, sondern um eine Zuwendung bei einem Betriebsausflug.
Bei der Aufteilung der jährlichen Aufwendungen auf die Zahl der beteiligten Arbeitnehmer ist in jedem Jahr die Grenze von 25 DM überschritten. Es ist dabei nicht möglich, die Aufwendungen für die einzelnen Feiern und Ausflüge gesondert zu betrachten.
Die Heranziehung des Gesamtbetrags der Aufwendungen zur Lohnsteuer ist auch nicht unbillig. Vorteile, die nicht zu den Annehmlichkeiten rechnen, bereichern den Empfänger, gleichviel, ob er eigene Aufwendungen erspart hat oder ob er keine eigenen Aufwendungen dafür gemacht hätte. Da die Vorteile nicht teilbar, sondern nur in ihrer Höhe abgrenzbar sind, wäre es ungerechtfertigt, den Betrag von 25 DM als einen Freibetrag und nicht als eine Freigrenze für Zuwendungen von geringem Wert anzusehen. Überschreiten die Aufwendungen den Betrag von 25 DM nicht nur geringfügig, so unterliegen sie deshalb in vollem Umfang der Lohnsteuer (Urteil des Senats VI 213/63 vom 13. Mai 1964, Steuerrechtsprechung in Karteiform, Einkommensteuergesetz, § 19 Abs. 1 Nr. 1, Rechtsspruch 358).
Da die Vorentscheidung von anderen rechtlichen Gesichtspunkten ausgegangen ist, war sie aufzuheben und der Haftungsbescheid des FA wiederherzustellen.
Fundstellen
Haufe-Index 68166 |
BStBl II 1968, 724 |
BFHE 1968, 132 |