Leitsatz (amtlich)
1. Auch bei telegraphischer Klageerhebung durch eine juristische Person genügt nicht die Angabe des Firmennamens. Es ist die Unterschrift des gesetzlichen Vertreters erforderlich.
2. Die einen Antrag auf Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen sind innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist anzugeben.
Normenkette
FGO § 56 Abs. 2, § 64 Abs. 1
Gründe
Aus den Gründen:
Die Klage mußte als unzulässig abgewiesen werden, weil sie entgegen der Vorschrift des § 64 Abs. 1 FGO nicht schriftlich eingelegt wurde. Zwar wird in allen Gerichtszweigen in ständiger Rechtsprechung die Einlegung eines Rechtsbehelfs durch Telegramm für zulässig gehalten. Doch entbindet diese Rechtsprechung lediglich von der normalerweise erforderlichen Eigenhändigkeit der Unterschrift, nicht dagegen auch von der Beifügung einer Unterschrift überhaupt (Beschluß des BGH vom 28. Oktober 1965 I a ZB 11/65, NJW 1966, 1077; BVerwG-Urteil vom 14. Dezember 1955 V C 138.55, BVerwGE 3, 56, NJW 1956, 605). Das Telegramm, mit dem die Klage erhoben werden sollte, ist am Schluß nur mit der Firmenbezeichnung der Bevollmächtigten, einer GmbH, versehen. Da die Bevollmächtigte eine juristische Person ist, ist sie geschäftsunfähig und damit prozeßunfähig (§ 58 Abs. 2 FGO); sie kann nur durch ihre gesetzlichen Vertreter handeln (BGH-Beschluß Ia ZB 11/65 und BVerwG-Urteil V C 138.55). Es hätte daher der Unterschrift des gesetzlichen Vertreters der GmbH bedurft.
Die Unterschrift kann nicht nachgeholt werden, weil sie die Prozeßhandlung (Einreichung der Klage) erst zur wirksamen Handlung macht und - da diese innerhalb einer bestimmten Frist hätte erfolgen müssen - überhaupt kein Klageverfahren eingeleitet ist, in dem eine Nachholung erfolgen könnte (BFH-Urteil vom 29. August 1969 III R 86/68, BFHE 97, 226, BStBl II 1970, 89; BVerwG-Beschlüsse vom 27. Oktober 1961 VI B 2 und 7.61, BVerwGE 13, 141, und vom 14. Februar 1966 IV B 140/65, HFR 1966, 331).
Eine Wiedereinsetzung wegen Versäumung der Frist zur Einreichung einer ordnungsgemäß unterschriebenen Klage kommt nach Ablauf der Jahresfrist des § 56 Abs. 3 FGO nicht mehr in Betracht, da die Stellung eines Wiedereinsetzungsantrags nicht infolge "höherer Gewalt" unmöglich war. Die Bevollmächtigte hätte wissen müssen, daß sie als juristische Person nur durch ihre Vertreter handeln kann.
Das bereits wegen der verspäteten Einreichung der Klageschrift unter Hinweis auf die Erkrankung des Fristensachbearbeiters gestellte Wiedereinsetzungsgesuch kann nicht als Gesuch um Wiedereinsetzung wegen der Nichtunterzeichnung angesehen werden. Jeder Wiedereinsetzungsantrag wegen Verhinderung an der Einhaltung einer Frist (§ 56 Abs. 1 FGO) ist notwendigerweise mit einem bestimmten Sachverhalt, der die Verhinderung belegen soll, verbunden. Es ist deshalb anerkannt (vgl. die Entscheidung des BVerwG vom 8. April 1963 VIII C 23.62, NJW 1963, 2042, mit weiteren Nachweisen, und ferner Hübschmann-Hepp-Spitaler, Kommentar zur Reichsabgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, § 56 FGO Anm. 32; Kühn-Kutter, Reichsabgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, 10. Aufl., § 86 AO Anm. 6; Ziemer-Birkholz, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., § 56 Anm. 33), daß die die Wiedereinsetzung rechtfertigenden Tatsachen innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist vorgetragen werden müssen und nur deren Glaubhaftmachung noch während des weiteren Verfahrens erfolgen kann (vgl. § 56 Abs. 2 Satz 2 FGO). Es kann dahinstehen, inwieweit eine Ausnahme hinsichtlich der Ergänzung des bereits vorgetragenen Sachverhalts gemacht werden kann. Denn hier liegt keine derartige Ergänzung, sondern ein völlig neuer Sachverhalt vor. Der bisher gestellte Antrag zielte eindeutig darauf ab, die Verhinderung an der rechtzeitigen Absendung des Telegramms wegen Erkrankung des Sachbearbeiters zu entschuldigen, nicht dagegen, das Fehlen der Unterschrift (aus irgendwelchen Gründen) zu entschuldigen.
Fundstellen
Haufe-Index 70595 |
BStBl II 1973, 823 |
BFHE 1974, 232 |