Leitsatz (amtlich)
Zuschüsse der öffentlichen Hand zu näher bestimmten und nur mit Hilfe der Zuschüsse möglichen und im öffentlichen Interesse liegenden Filmvorhaben sind nicht schon deshalb als Entgelt zu beurteilen, weil sie in der Erwartung hingegeben werden, der Unternehmer werde die Filme gewerblich nutzen. Der Zuschuß wird aber zum Entgelt, wenn er rechtlich und tatsächlich an die Ausführung bestimmter Umsätze gebunden ist, die wenigstens nach ihrer allgemeinen Art und nach ihrem allgemeinen sachlichen und zeitlichen Umfang abgegrenzt sind (Preisauffüllung).
Normenkette
UStG § 11 Abs. 1; UStDB § 10
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Stpfl.) stellte in den Jahren 1955 bis 1959 Kultur-, Dokumentar- und Werbefilme her, für die er von Gebietskörperschaften und Landschaftsverbänden (Landesbildstellen) Zuschüsse erhielt. Im Gegensatz zu den Umsatzsteuererklärungen behandelte das FA diese Beträge in den meisten Fällen als Entgelt im umsatzsteuerrechtlichen Sinn und zog sie als Bemessungsgrundlage für die Steuer heran. Einspruch und Berufung (jetzt Klage) blieben ohne Erfolg.
Entscheidungsgründe
Die Rb. des Stpfl., die seit dem Inkrafttreten der FGO am 1. Januar 1966 als Revision zu behandeln ist, führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils.
1. Soweit die strittigen Zuschüsse für andere Arbeiten als den Film "X" gewährt wurden, reichen die Feststellungen des FG zur rechtlichen Beurteilung dieser Beträge im Sinne des § 10 UStDB nicht aus. Nach dieser Vorschrift ist das zur Bemessung der Umsatzsteuer gemäß § 11 Abs. 1 UStG maßgebende Entgelt alles, was der Empfänger einer Lieferung oder sonstigen Leistung aufwendet, um die Lieferung oder sonstige Leistung zu erhalten. Daneben gehört zum Entgelt auch, was ein anderer als der Empfänger dem Unternehmer für die Lieferung oder sonstige Leistung gewährt. In diesem hier in Frage stehenden Fall muß aber nach der ständigen Rechtsprechung des RFH und des BFH ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen der Aufwendung des Dritten und der Leistung -- oder einer Gattung von Leistungen -- des Unternehmers bestehen (vgl. insbesondere RFH-Urteile V 492/37 vom 9. Juni 1939, RFH 47, 60, RStBl 1939, 886, und V 8/41 vom 19. Juni 1942, RFH 52, 66, RStBl 1943, 825, sowie die BFH-Urteile V 145/53 S vom 20. Januar 1955, BFH 60, 366, BStBl III 1955, 139, und V 223/58 U vom 16. November 1961, BFH 74, 156, BStBl III 1962, 59). Insbesondere aus den beiden zuletzt genannten Urteilen des BFH wird klar, daß Zuschüsse, die die öffentliche Hand aus volkswirtschaftlichen Gründen zur Stützung eines Wirtschaftszweiges gewährt, nicht schon deshalb als Entgelte im umsatzsteuerrechtlichen Sinn beurteilt werden können, weil sie bestimmungsgemäß die Preiskalkulationen der begünstigten Unternehmer beeinflussen. Denn auch die "Zweckbestimmung durch den Zuschußgeber reicht ... für sich allein nicht aus, die von der Rechtsprechung allgemein geforderte Wechselbeziehung zwischen Leistung und Zuschuß herzustellen" (V 145/53 S, a. a. O.). Es liegt also keine "Preisauffüllung" im Sinne der Rechtsprechung zu § 10 UStDB vor, wenn der Zuschuß etwa gewährt wird, um die die Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigenden ungünstigen Einkaufskosten auszugleichen (vgl. V 223/58 U, a. a. O.), oder bestimmten Betrieben besondere Investitionen zu ermöglichen oder gegenüber den besonderen Betriebs- und Herstellungskosten bestimmter Unternehmen einen Ausgleich zu schaffen (vgl. V 145/53 S, a. a. O.).
Nach den Feststellungen des FG haben die Landesbildstellen, Kreise, Städte und Gemeinden die Zuschüsse sowohl zur allgemeinen Förderung von Kulturfilmen als Kunstgattung wie insbesondere auch zur Werbung für ihre Eigentümlichkeiten und Belange (landschaftliche Schönheiten, Wirtschaftszweige) in der Erwartung gewährt, daß diese Filme vor einer breiten Öffentlichkeit aufgeführt werden. Zugleich bestimmte sie nach der Überzeugung des FG die Einsicht, daß die Aufführungen nur mit Hilfe ihrer Mittel ermöglicht würden.
Zutreffend hat das FG bei der rechtlichen Beurteilung der Vorgänge die Förderung der erwähnten Interessen durch den Stpfl. als Anspruchsgrundlage für die Umsatzsteuer außer Betracht gelassen und allein die entgeltliche Überlassung der Aufführungsrechte an Dritte als den maßgeblichen Umsatz beurteilt. Im Gegensatz zur Auffassung des FG lassen aber die wiedergegebenen Feststellungen einen unmittelbaren Zusammenhang der Zuschußgewährung mit diesen Leistungen des Stpfl. nicht erkennen. Denn nach diesen Feststellungen waren die Zuschüsse unmittelbar lediglich an die Produktion der Filme gebunden. Die Tatsache, daß es den Zuschußgebern auf die Verbreitung der Filme ankam, stellt die Zuschüsse nur in einen losen und höchstens mittelbaren Zusammenhang mit dem umsatzsteuerlich ausschlaggebenden Vertrieb der Filme. Wenn der Zuschußgeber lediglich erwartet, daß der Unternehmer das finanzierte Werk wirtschaftlich verwerten werde, aber weder die Höhe noch überhaupt die Gewährung des Zuschusses rechtlich und tatsächlich an den Umfang oder die Zahl bestimmter Umsätze des Unternehmers bindet, so wird der Zuschuß nicht im Sinne des § 10 Satz 2 UStDB "für" eine Lieferung oder sonstige Leistung an einen Dritten gewährt. Es handelt sich vielmehr in diesen Fällen um echte, steuerliche unerhebliche Zuschüsse, nicht um Entgelte.
Von seiner irrigen Rechtsauffassung aus bestand für das FG keine Veranlassung, Ermittlungen und Erörterungen zu der tatsächlichen Frage anzustellen, ob in den einzelnen Fällen der Zuschußgewährung durch die Gebietskörperschaften eine rechtliche Verknüpfung der Mittel mit den erwarteten Umsätzen stattgefunden habe. Da es möglich ist, daß derartige Abmachungen bestanden haben, ist die Zurückverweisung der Sache zur Nachholung dieser Feststellungen und zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung geboten.
2. Anders liegt der Fall, soweit der vom Lande Y gewährte Zuschuß für den Film "X" in Frage steht. Der Senat hat zwar Bedenken, diese Mittel entsprechend dem vom FG beschrittenen Weg als Gegenleistung für einen an das Land unmittelbar erbrachten Umsatz zu beurteilen. Nach den Feststellungen im angefochtenen Urteil und dem in den Akten enthaltenen und vom FG ausgewerteten Vertrag über den Landeszuschuß ... sind aber die Voraussetzungen dafür gegeben, die diesen Zuschuß gemäß § 10 Satz 2 UStDB als Entgelt eines anderen für die Leistung des Stpfl. an Dritte erscheinen lassen. In diesem Falle wurde nämlich der Stpfl. unter näheren Anweisungen konkret verpflichtet, das in seinem wesentlichen Inhalt bestimmte Filmvorhaben nach Fertigstellung gewerblich zu verwerten. Es handelt sich dabei um folgende Vertragsbestimmungen: Der Film mußte die Voraussetzungen dafür erfüllen, daß er von der freiwilligen Selbstkontrolle der deutschen Filmwirtschaft für die öffentliche Vorführung freigegeben und von der Filmbewertungsstelle der Länder mit einem Prädikat ausgestattet werden konnte. Die Versagung des Prädikats hätte die Nachbesserungspflicht auf Kosten des Stpfl. augelöst. Der Film war vom Stpfl. nach Fertigstellung im Gebiet der Bundesrepublik und in West-Berlin "in den Filmtheatern auf breitester Basis zum Einsatz zu bringen". Zu diesem Zweck hatte der Stpfl. "alles zu unternehmen, um die grundsätzliche Zusage eines anerkannten Verleihunternehmens zu erwirken, das die Vorführung des Films in Verbindung mit einem abendfüllenden Spielfilm, und zwar möglichst unter Benennung dieses Spielfilms, in den Lichtspielhäusern der Bundesrepublik und in West-Berlin übernimmt". Die Vorführung des Filmes in öffentlichen Lichtspielhäusern sollte schließlich spätestens ... anlaufen.
An diese den Vertrieb des Films betreffende Regelung war die Zuschußgewährung gebunden. Sie stellt die zugeteilten Gelder in einen unmittelbaren kausalen Zusammenhang mit der gewerblichen Nutzung des Films, die nach den Feststellungen des FG ohne die Zuschußgewährung nicht möglich gewesen wäre. Die Zuschüsse hatten den erklärten Zweck, das Entgelt für die Lieferungen und sonstigen Leistungen des Stpfl. an die Filmwirtschaft auf eine nach Kalkulationsgrundsätzen erforderliche Höhe zu bringen und dadurch das Zustandekommen eines gewerblichen Leistungsaustausches zu sichern oder wenigstens zu erleichtern. Sie dienten somit der Preisauffüllung. Die Tatsache, daß der Zuschußgeber mit der Gewährung der Mittel eigene (öffentliche) Interessen verfolgte, beeinträchtigt den erwähnten Zusammenhang nicht. Rechtlich ausschlaggebend ist allein, daß diese Interessen unter der rechtlichen und tatsächlichen Bindung der Mittel an die Ausführung bestimmter, wenigstens nach ihrer allgemeinen Art und nach ihrem allgemeinen sachlichen und zeitlichen Umfang abgegrenzter Umsätze verwirklicht wurden.
Soweit der Zuschuß zu dem Film "X" den Gegenstand des Rechtsstreits bildet, hat somit das FG dem Grunde nach im Ergebnis zutreffend entschieden. Es hat im Zuge der neuerlichen Entscheidung insoweit lediglich den durch diesen Zuschuß bedingten Teil der Umsatzsteuer dem sich im übrigen ergebenden Steuerbetrag hinzuzurechnen.
Fundstellen
BStBl III 1967, 717 |
BFHE 1967, 407 |