Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachweis der Bewirtungsaufwendungen
Leitsatz (amtlich)
1. Die über Bewirtungen in einer Gaststätte ausgestellten Rechnungen i.S. des § 4 Abs.5 Nr.2 Satz 2 EStG 1975 müssen, sofern es sich nicht um Rechnungen über Kleinbeträge i.S. der UStDV handelt, den Namen des bewirtenden Steuerpflichtigen enthalten.
2. Die Namensangabe darf vom Rechnungsaussteller auf der Rechnung oder durch eine sie ergänzende Urkunde nachgeholt werden.
3. Die Ergänzung der Rechnung schließt nicht aus, daß die betriebliche Veranlassung der durch die Rechnung nachgewiesenen Bewirtungsaufwendungen bei begründeten Zweifeln geprüft wird.
Orientierungssatz
Die in § 4 Abs. 5 Nr. 2 Satz 2 EStG vorgeschriebene Form des Nachweises von Bewirtungsaufwendungen ist eine materielle Tatbestandsvoraussetzung für deren Betriebsausgabenabzug (vgl. BFH-Urteil vom 30.1.1986 IV R 150/85).
Normenkette
EStG 1975 § 4 Abs. 4, 5 Nr. 2 S. 2; UStG 1973 § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 2; UStDV § 4; EStR 1978 Abschn. 20 Abs. 17 S. 2
Verfahrensgang
FG Hamburg (Entscheidung vom 28.02.1985; Aktenzeichen VI 387/82) |
Tatbestand
I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger), ein Makler, bewirtete in den Jahren 1977 bis 1979 (Streitjahre) Personen, die nicht seine Arbeitnehmer waren, in Gaststätten. Die Aufwendungen, die ihm dadurch entstanden, berücksichtigte er bei der Ermittlung seiner Gewinne als gewinnmindernde Betriebsausgaben. 1981 fand bei ihm eine Außenprüfung statt. Der Prüfer stellte fest, daß zahlreichen Gaststättenrechnungen nicht zu entnehmen war, ob sie für den Kläger ausgestellt worden waren. Er vertrat ―entsprechend Abschn.20 Abs.17 Satz 2 der Einkommensteuer-Richtlinien für das Kalenderjahr 1978 (EStR 1978) vom 22.Mai 1979― die Ansicht, jede Rechnung, deren Gesamtbetrag 100 DM übersteigt, müsse den Namen des bewirtenden Steuerpflichtigen enthalten; fehle diese Angabe, dann dürften die in der Rechnung ausgewiesenen Bewirtungsaufwendungen den Gewinn nicht mindern. Der Kläger ließ sich daraufhin für die meisten der vom Prüfer beanstandeten Rechnungen von den Inhabern oder Geschäftsführern der Gaststätten schriftlich bestätigen, daß die Rechnungen für ihn ausgestellt worden waren. Dies geschah überwiegend durch einen entsprechenden Vermerk auf den Rechnungen. Die nachträglichen Ergänzungen der Rechnungen hielt der Prüfer für unbeachtlich. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt ―FA―) schloß sich der Auffassung des Prüfers an.
Der nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage gab das Finanzgericht (FG) voll statt, soweit sie die Einkommensteuer für die Streitjahre betraf.
Mit der Revision rügt das FA Verletzung des § 4 Abs.5 Nr.2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der für die Streitjahre geltenden Fassung.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist begründet. Das Urteil des FG war im beantragten Umfang aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs.3 Nr.2 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―).
1. Gemäß § 4 Abs.5 Satz 1 Nr.2 Satz 1 EStG dürfen Aufwendungen für die Bewirtung von Personen, die keine Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen sind, den Gewinn nicht mindern, soweit sie nach der allgemeinen Verkehrsauffassung als unangemessen anzusehen oder ihre Höhe und ihre betriebliche Veranlassung nicht nachgewiesen sind. Der Nachweis der Höhe und der betrieblichen Veranlassung der Aufwendungen ist gemäß § 4 Abs.5 Nr.2 Satz 2 EStG dadurch zu führen, daß der Steuerpflichtige auf einem amtlich vorgeschriebenen Vordruck die folgenden Angaben macht: Ort und Tag der Bewirtung, bewirtete Personen, Anlaß der Bewirtung und Höhe der Aufwendungen; hat die Bewirtung in einer Gaststätte stattgefunden, so ist dem Vordruck die Rechnung über die Bewirtung, die vom Inhaber der Gaststätte unterschrieben sein muß, beizufügen. Diese Form des Nachweises ist eine materielle Tatbestandsvoraussetzung für die gewinnmindernde Berücksichtigung der Bewirtungsaufwendungen (s. Urteil des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 30.Januar 1986 IV R 150/85, BFHE 146, 241, BStBl II 1986, 488).
Umstritten und vom BFH bisher noch nicht entschieden ist, ob die Gaststättenrechnung den Namen des bewirtenden Steuerpflichtigen enthalten muß, also den Namen des Steuerpflichtigen, auf dessen Kosten die Bewirtung erfolgte und für den die Rechnung ausgestellt wurde. Die Finanzverwaltung vertritt die Auffassung, die Gaststättenrechnung müsse den Namen des bewirtenden Steuerpflichtigen enthalten, es sei denn, es handele sich um eine Rechnung über einen Kleinbetrag i.S. der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung ―UStDV― (s. Abschn.20 Abs.17 Satz 2 EStR 1978, Abschn.20 Abs.12 Satz 2 EStR 1987, § 4 UStDV in der für die Streitjahre geltenden Fassung, § 33 UStDV 1980; gleicher Ansicht FG Düsseldorf, Beschluß vom 5.Juli 1985 V 393/84 A, EFG 1985, 548; Wolff-Diepenbrock in Littmann/Bitz/Meincke, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, 15.Aufl., Stand März 1990, §§ 4, 5 Rdnr.1694; Müller-Gatermann/Dankmeyer in Blümich, Einkommensteuergesetz/Körperschaftsteuergesetz/Gewerbesteuergesetz, Kommentar, 13.Aufl., Stand Dezember 1989, § 4 EStG Rz.269). Clausen/Raupach (in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, 19.Aufl., Stand Februar 1990, Erläuterungen zu § 4 Abs.5 Nr.2 EStG Anm.II 3) sind der Auffassung, es genüge die Angabe des Namens des bewirtenden Steuerpflichtigen in dem amtlich vorgeschriebenen Vordruck, wenn dieser mit der Rechnung eine untrennbare Einheit bilde. Güldenagel (Der Betrieb ―DB― 1986, 1494) und Birkholz (in Lademann/Söffing/Brockhoff, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, 3.Aufl., Stand Januar 1990, §§ 4, 5 Anm.136 b) halten die Angabe des Namens des bewirtenden Steuerpflichtigen in der Rechnung nicht für erforderlich.
2. Der Senat schließt sich der von der Finanzverwaltung vertretenen Rechtsansicht an. Sie ist eine zutreffende Auslegung des § 4 Abs.5 Nr.2 EStG.
a) Das ergibt sich zwar nicht bereits aus dem in § 4 Abs.5 Nr.2 Satz 2 EStG verwendeten Begriff Rechnung; denn auch Urkunden, mit denen über Lieferungen oder Leistungen gegenüber deren Empfängern abgerechnet wird und die keine Angaben zu dessen Person enthalten, sind Rechnungen. Dies zeigt z.B. § 14 Abs.1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1973 und UStG 1980. Er bestimmt in Satz 2 Nr.2, daß die gemäß seinem Satz 1 auszustellenden Rechnungen auch den Namen des Empfängers der in Rechnung gestellten Lieferungen bzw. Leistungen enthalten müssen. Wären Abrechnungen, in denen diese Angabe fehlt, keine Rechnungen, dann wäre die Bestimmung überflüssig; sie würde sich bereits aus der Verwendung des Begriffs Rechnung ergeben.
b) Daß die Gaststättenrechnungen, die gemäß § 4 Abs.5 Nr.2 Satz 2 EStG zum Nachweis der Höhe und der betrieblichen Veranlassung von Bewirtungsaufwendungen erforderlich sind, grundsätzlich den Namen des bewirtenden Steuerpflichtigen enthalten müssen, ergibt sich aber ―entgegen der vom FG vertretenen Ansicht― aus dem Zweck des § 4 Abs.5 Nr.2 Satz 2 EStG.
Durch die Vorschrift soll den FÄ die Prüfung der Höhe und der betrieblichen Veranlassung von Bewirtungsaufwendungen erleichtert und dadurch der Abzug von nicht betrieblich veranlaßten oder unangemessenen Bewirtungsaufwendungen als Betriebsausgaben erschwert werden (vgl. BFHE 146, 241, BStBl II 1986, 488). Eine bloße Glaubhaftmachung der Höhe und der betrieblichen Veranlassung der Bewirtungsaufwendungen soll für den Abzug nicht ausreichen (s. BTDrucks 7/2180 S.16). Erforderlich ist nach dem Gesetz ein Nachweis durch Urkunden, die die Unterschrift ihres Ausstellers enthalten. Die Angaben in dem amtlich vorgeschriebenen Vordruck (s. Anlage 3 a der EStR 1975) müssen vom Steuerpflichtigen bzw. von einer von ihm dazu bevollmächtigten Person durch Unterschrift bestätigt werden; die Gaststättenrechnung muß vom Inhaber der Gaststätte bzw. von seinem Bevollmächtigten unterschrieben sein.
Gaststättenrechnungen ohne Angabe des Namens des bewirtenden Steuerpflichtigen sind grundsätzlich als Nachweis der Bewirtungsaufwendungen ungeeignet, da sie nicht erkennen lassen, welchem Steuerpflichtigen die Aufwendungen entstanden sind. Besitzt der Steuerpflichtige die Rechnung und legt er sie dem FA vor, dann ist dies zwar ein Beweisanzeichen dafür, daß ihm die Bewirtungsaufwendungen entstanden sind. Dieses Beweisanzeichen reicht aber ―sieht man von der unter II.3. genannten Ausnahme ab― als Nachweis nicht aus. Der Steuerpflichtige muß auch die Tatsache, daß ihm die in der Rechnung ausgewiesenen Bewirtungsaufwendungen entstanden sind, grundsätzlich durch eine Urkunde nachweisen. Dies gehört zum urkundlichen Nachweis der Höhe der entstandenen Bewirtungsaufwendungen.
c) Die Angabe des Namens des bewirtenden Steuerpflichtigen in dem amtlich vorgeschriebenen Vordruck kann die entsprechende Angabe in der Rechnung nicht ersetzen. Rechnung und Vordruck haben unterschiedliche Nachweisfunktionen. Die Gaststättenrechnung ist ein Fremdbeleg, der ausgefüllte Vordruck ein Eigenbeleg. Die Gaststättenrechnung dient zum Nachweis der vom Steuerpflichtigen im Vordruck gemachten Angaben über Ort und Tag der Bewirtung und die Höhe der dem Steuerpflichtigen durch die Bewirtung in der Gaststätte entstandenen Aufwendungen. Für diese Angaben fehlt der grundsätzlich durch Fremdbeleg zu erbringende Nachweis, wenn die Gaststättenrechnung die entsprechenden Angaben nicht enthält.
3. Eine Ausnahme von dem Grundsatz, daß Gaststättenrechnungen den Namen des bewirtenden Steuerpflichtigen enthalten müssen, gilt für Rechnungen über Kleinbeträge i.S. der UStDV.
Gemäß § 4 UStDV in der für die Streitjahre geltenden Fassung muß ―abweichend von § 14 Abs.1 Satz 2 Nr.2 UStG 1973― der Name des Abnehmers der Lieferung oder des Empfängers der sonstigen Leistung in der Rechnung nicht angegeben werden, wenn der Gesamtbetrag der Rechnung 100 DM (ab 1.Januar 1980: 200 DM; s. § 33 UStDV 1980) nicht übersteigt. Diese Regelung dient zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens (s. § 14 Abs.4 UStG 1973, § 14 Abs.6 UStG 1980). Dem Rechnungsaussteller soll die mit der Angabe des Namens des Rechnungsadressaten verbundene Arbeit erspart werden, wenn der Rechnungsbetrag gering ist. Daß die Rechnung für den Steuerpflichtigen ausgestellt worden ist, kann in diesen Fällen bereits dadurch nachgewiesen werden, daß der Steuerpflichtige die Rechnung besitzt und sie dem FA vorlegt.
Diese Regelung des Umsatzsteuerrechts ist im Bereich der Ertragsteuern auf Gaststättenrechnungen entsprechend anzuwenden. Nur so kann die mit ihr erstrebte Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens auch für das Gaststättengewerbe erreicht werden. Die Regelung wäre für diesen Gewerbezweig bedeutungslos, wenn der Name des bewirtenden Steuerpflichtigen in Rechnungen über Kleinbeträge zwar nicht aufgrund der Vorschriften des Umsatzsteuerrechts, aber gemäß § 4 Abs.5 Nr.2 EStG angegeben werden müßte. Der Verzicht auf die Angabe des bewirtenden Steuerpflichtigen in Rechnungen über Kleinbeträge entspricht auch dem Grundsatz, daß zwischen der steuerlichen Auswirkung eines nachzuweisenden Sachverhaltes und den Nachweisanforderungen ein angemessenes Verhältnis bestehen muß.
4. Die Gaststättenrechnungen dürfen nachträglich um den Namen des bewirtenden Steuerpflichtigen ergänzt werden. Ein Rechtssatz, der dies verbietet, besteht nicht. Daß Bewirtungsaufwendungen gemäß § 4 Abs.6 EStG (jetzt: § 4 Abs.7) fortlaufend und zeitnah aufzuzeichnen sind (s. BFH-Urteile vom 22.Januar 1988 III R 171/82, BFHE 152, 341, BStBl II 1988, 535, und vom 26.Februar 1988 III R 20/85, BFHE 152, 509, BStBl II 1988, 613), schließt nachträgliche Ergänzungen der Rechnungen nicht aus. Vielfach wird erst bei der Verbuchung der Aufwendungen festgestellt werden, daß ein Beleg unvollständig ist und ergänzt werden muß. Die Ergänzung der Rechnung darf allerdings nur durch den Rechnungsaussteller erfolgen (vgl. BFH-Urteil vom 27.September 1979 V R 78/73, BFHE 129, 92, BStBl II 1980, 228). Wird der Name des bewirtenden Steuerpflichtigen nachträglich auf der Rechnung vermerkt, dann muß der Gaststätteninhaber oder sein Bevollmächtigter diese Ergänzung durch seine Unterschrift bestätigen. Werden Rechnungen ―wie im Streitfall geschehen― durch ein zusätzliches Schreiben ergänzt, dann muß auch dieses vom Gaststätteninhaber oder seinem Bevollmächtigten unterschrieben sein und zusammen mit der Rechnung dem ausgefüllten Vordruck beigefügt werden (vgl. BFH-Beschluß vom 17.April 1980 V S 18/79, BFHE 130, 348, BStBl II 1980, 540).
5. Ist die Rechnung von einer dazu befugten Person nachträglich vervollständigt worden und legt der Steuerpflichtige sie dem FA (bzw. vor Schluß der mündlichen Verhandlung dem FG) vor, ist der nach § 4 Abs.5 Nr.2 EStG durch die Rechnung zu führende Nachweis erbracht. Der Abzug der Bewirtungsaufwendungen als Betriebsausgabe darf dann nicht mit der Begründung versagt werden, die Rechnung sei unvollständig gewesen. Die Vorlage der ergänzten Rechnung schließt jedoch nicht aus, daß die betriebliche Veranlassung (§ 4 Abs.4 EStG) der durch die Rechnung nachgewiesenen Bewirtungsaufwendungen bei begründeten Zweifeln geprüft wird. In Einzelfällen kann bereits die Tatsache, daß die Rechnung zunächst unvollständig war und erst lange Zeit nach der Bewirtung ergänzt wurde, Anlaß für eine solche Prüfung sein. Im Streitfall hat das FA bisher nicht bestritten, daß die Bewirtungsaufwendungen betrieblich veranlaßt waren.
6. Die Sache war an das FG zurückzuverweisen. Die tatsächlichen Feststellungen des FG reichen nicht aus, um abschließend über die Klage zu entscheiden. Das FG ist davon ausgegangen, daß ―abgesehen von Rechnungen über Kleinbeträge i.S. der UStDV― lediglich Gaststättenrechnungen über insgesamt 3 086,50 DM noch nicht von den Inhabern der Gaststätten oder deren Bevollmächtigten um den Namen des Klägers ergänzt worden waren. Aus den dem Senat vorliegenden Rechnungen, auf die das FG Bezug genommen hat, ergibt sich, daß das FG eine Rechnung als ordnungsgemäß ergänzt ansah, auf der der Name des Klägers nur in Form eines Abdrucks des Firmenstempels des Klägers vermerkt ist. Eine andere entsprechend ergänzte Rechnung sah das FG dagegen als unvollständig an. Das FG hat weder festgestellt, ob diese Ergänzungen vom Kläger oder von den Gaststätteninhabern bzw. deren Bevollmächtigten stammen, noch hat es die unterschiedliche Beurteilung der Ergänzungen begründet. Es wird dies nachzuholen haben.
Fundstellen
BFH/NV 1990, 75 |
BStBl II 1990, 903 |
BFHE 161, 125 |
BB 1990, 2098 |
BB 1990, 2098-2099 (LT) |
DB 1990, 1945-1947 (LT) |
DStR 1990, 736 (KT) |
HFR 1990, 615 (LT) |
StE 1990, 334 (K) |
WPg 1990, 21 (ST) |
StRK, R.31 (LT) |
Information StW 1990, 500 (T) |
NJW 1990, 2775 |
NJW 1990, 2775-2776 (LT) |
RWP 1990, 1199 SG 1.3 3459 (T) |