Leitsatz (amtlich)
Eine Unbedenklichkeitsbescheinigung ist wirksam, wenn sie dem Grundbuchamt unzweideutig Auskunft darüber gibt, auf welchen Rechtsvorgang und damit auf welche Eintragung sich die Bestätigung der Unbedenklichkeit bezieht. Hierfür genügt es, daß ein erst noch abzutrennendes Grundstück in der Urkunde, auf die die Bescheinigung Bezug nimmt, unzweideutig bezeichnet ist.
Normenkette
GrEStDV § 9; AO § 189d
Tatbestand
Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) erwarben durch notariell beurkundeten Kaufvertrag vom 24. September 1963 zu je 1/2 Miteigentumsanteil "aus der im Grundbuch von R Blatt ... eingetragenen Parzelle Flur 9 Nr. 1, groß 186,20 ha einen abzumessenden Grundstücksanteil in Größe von ca. 10,00 Ar". Das Teilgrundstück war auf der als Anlage zu der Urkunde genommenen Skizze mit den Buchstaben A, B, C, D, A bezeichnet. Der Kaufpreis betrug 10 000 DM (II. der Urkunde). Besitz, Nutzungen, Gefahren und Lasten gingen sofort auf die Käufer über (III. 3. der Urkunde). Die Beteiligten waren sich über den Eigentumsübergang einig und bewilligten die Eintragung des Eigentumswechsels (IV. der Urkunde). Sie bevollmächtigten eine Notariatsangestellte, "nach Vermessung alle zur lastenfreien Umschreibung des Teilgrundstücks erforderlichen Erklärungen Behörden und Privaten gegenüber abzugeben und entgegenzunehmen, auch Freigaben zu beantragen" (I. der Urkunde). Die Beteiligten bewilligten und beantragten die Eintragung einer den Eigentumsübergang sichernden Vormerkung für die Käufer zu je 1/2, deren Löschung sie bereits jetzt Zug um Zug gegen lastenfreie Umschreibung des Grundstücks, mit Ausnahme der Grundschuld von 10 000 DM zugunsten der Kreissparkasse bewilligten und beantragten.
Mit dem Antrag vom 19. Oktober 1963, den Erwerb von der Grunderwerbsteuer nach dem Gesetz über Grunderwerbsteuerbefreiung für den Wohnungsbau zu befreien, wurde die Erklärung abgegeben, es sei beabsichtigt, "auf dem erworbenen unbebauten Grundstück innerhalb von fünf Jahren vom Tage der Ausstellung der Unbedenklichkeitsbescheinigung an gerechnet, ein Gebäude zu errichten, dessen anrechenbare Grundfläche aller Räume ... zu mehr als 66 2/3 v. H. auf Wohnungen und Wohnräume entfällt, die nach dem Zweiten Wohnungsbaugesetz vom 27. Juni 1956 (BGBl I, 523) öffentlich gefördert oder als steuerbegünstigt anzuerkennen sind". Außerdem enthielt das Formular u. a. die Erklärung, es sei bekannt, daß die Steuer nacherhoben werde, wenn nicht nach Ablauf von fünf Jahren, "vom Tage der Ausstellung der Unbedenklichkeitsbescheinigung an gerechnet". ein der Erklärung entsprechendes Gebäude "schlüsselfertig errichtet" sei, und daß ein Zuschlag von 20 v. H. auf die nacherhobene Steuer zu entrichten sei.
Der Beklagte und Revisionskläger (FA) verfügte am 28. Oktober -1963, daß von der Erhebung der Grunderwerbsteuer entsprechend der Erklärung abgesehen werde und sandte die Unbedenklichkeitsbescheinigung an den Notar.
Nach der Vermessung erhielt der gekaufte Grundstücksteil die Bezeichnungen Flur 9 Nr. 136, Flur 9 Nr. 137, Flur 9 Nr. 138. Die von den Beteiligten bevollmächtigte Notariatsangestellte erklärte laut notarieller Urkunde vom 13. April 1966 die Einigung über den Eigentumsübergang und bewilligte und beantragte die Umschreibung im Grundbuch.
Auf seine Anfrage, ob das Grundstück steuerbegünstigt bebaut worden sei, erhielt das FA mit Schreiben vom 15. Oktober 1968 die Mitteilung, daß die Schlußabnahmebescheinigung noch nicht vorliege. Die Anmahnung, den Schlußabnahmeschein bis 20. Februar 1969 vorzulegen, blieb unbeantwortet. Daraufhin setzte das FA die Grunderwerbsteuer mit Bescheiden vom 27. Februar 1969, zur Post jeweils am gleichen Tage, gegen die Kläger in Höhe von je 355,25 DM zuzüglich je 71 DM Zuschlag (insgesamt also je 426,25 DM fest).
Mit ihren Einsprüchen vom 27. März 1969 trugen die Kläger vor, sie hätten das Grundstück zwar am 24. September 1963 gekauft, das Geld für den Kaufpreis von 10 000 DM aber von der Kreissparkasse "geliehen". Nach rd. drei Jahren hätten sie die Summe an die Kreissparkasse zurückgezahlt gehabt und erst danach mit dem Grundstück als Eigenkapital Landesmittel zum Bau beantragen können. Die Landesmittel seien erst nach 2 1/4 Jahren bewilligt worden. Von da an sei das Haus innerhalb von einem Jahr errichtet worden. Bis zur restlosen Fertigstellung werde nur noch kurze Zeit vergehen. Die für die Bebauung nach dem Gesetz über die Grunderwerbsteuerbefreiung für den Wohnungsbau i. d. F. vom 19. Juni 1958 (GVBl-NW 1958, 282 BStBl II 1958, 105) - GrESWG - geforderte Einhaltung einer Fünfjahresfrist sei für Fälle dieser Art zu kurz bemessen. Der Oberkreisdirektor bestätigte, daß die öffentlichen Mittel am 14. März 1966 beantragt worden seien. Sie hätten erst am 22. Mai 1968 bewilligt werden können, weil zuvor keine Haushaltsmittel zur Verfügung gestanden hätten.
Das FG hob die Grunderwerbsteuerbescheide vom 27. Februar 1969 und die Einspruchsentscheidungen vom 5. Januar 1970 auf. Es war der Auffassung, die Fünfjahresfrist ab Erteilung der Unbedenklichkeitsbescheinigung sei eingehalten. Würde im Anschluß an einen Kaufvertrag eine Unbedenklichkeitsbescheinigung erteilt, die zu keiner Eintragung der Änderung im Grundbuch führe, weil das Grundstück noch vermessen werden müsse, und werde aufgrund einer weiteren Urkunde, die die katastermäßige Bezeichnung des neu vermessenen Grundstücks enthalte, eine weitere Unbedenklichkeitsbescheinigung erteilt, sei für die Berechnung der Fünfjahresfrist der Tag der Erteilung der zweiten Unbedenklichkeitsbescheinigung maßgebend. Gleiches müsse gelten, wenn zwar keine zweite Unbedenklichkeitsbescheinigung erteilt werde, eine Eigentumseintragung aber erst möglich werde, wenn das Grundstück in einer den ursprünglichen Kaufvertrag ergänzenden Urkunde zutreffend bezeichnet worden sei. In einem solchen Falle komme es entgegen dem Wortlaut des § 3 Abs. 1 Satz 1 GrESWG nicht auf den Tag der Ausstellung der Unbedenklichkeitsbescheinigung, sondern auf den Tag des Wirksamwerdens der Unbedenklichkeitsbescheinigung an. Das sei der 13. April 1966, der Tag also, an dem das erworbene Grundstück in der notariellen Urkunde in einer die Eintragung des Eigentums ermöglichenden Weise bezeichnet worden sei. Von diesem Datum ab gerechnet sei aber die Fünfjahresfrist noch nicht verstrichen gewesen. Das FG ließ die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zu.
Entscheidungsgründe
Die Revision des FA führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage als unbegründet.
Der Erwerb eines unbebauten Grundstücks zur Errichtung eines Gebäudes, das den in § 1 Nr. 1 GrESWG genannten Anforderungen entspricht, unterliegt mit dem Ablauf von fünf Jahren, vom Tage der Ausstellung der Unbedenklichkeitsbescheinigung (§ 2 Abs. 1 GrESWG) an gerechnet, der Steuer, wenn das Grundstück nicht innerhalb dieses Zeitraums von dem Erwerber zu dem steuerbegünstigten Zwecke verwendet worden ist (§ 3 Abs. 1 Satz 1 GrESWG). Auf die nachzuerhebende Steuer ist ein Zuschlag von 20 v. H. zu entrichten (§ 3 Abs. 1 Satz 2 GrESWG).
Zu Recht hat das FA die Auffassung des FG als rechtsfehlerhaft gerügt, die Unbedenklichkeitsbescheinigung des FA vom 28. Oktober 1963 habe erst mit Abschluß des Vertrages vom 13. April 1966 rechtliche Bedeutung erlangt, weil das von den Klägern erworbene Grundstück habe noch vermessen werden müssen. Die Unbedenklichkeitsbescheinigung war von ihrer Erteilung an wirksam. Der Erwerber eines Grundstücks darf in das Grundbuch zwar erst dann als Eigentümer eingetragen werden, wenn eine Bescheinigung des zuständigen FA vorgelegt wird, daß der Eintragung steuerliche Bedenken nicht entgegenstehen (§ 189 d AO; § 9 Abs. 1 GrEStDV). Die Vorschriften über die Unbedenklichkeitsbescheinigung dienen aber ausschließlich der Sicherung der Steuereingangs. Die Wirksamkeit einer Unbedenklichkeitsbescheinigung ist nicht an das Vorliegen einer bürgerlich-rechtlich wirksamen Auflassung geknüpft.
Es entspricht herrschender Lehre, daß Kaufverträge über noch nicht vermessene Trennstücke eines Grundstücks abgeschlossen werden können. Solche Verträge vermögen demzufolge - unabhängig von § 5 StAnpG - Grunderwerbsteuer auszulösen, denn die Steuerschuld entsteht regelmäßig schon mit der Vereinbarung der Verpflichtung, ein Grundstück zu übertragen (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG, § 3 Abs. 1 StAnpG). Die Steuer kann festgesetzt und bezahlt werden; es kann feststehen, daß Grunderwerbsteuer aufgrund eines solchen Vertrages nicht anfällt, oder daß erst die Zukunft erweisen wird, ob die Grunderwerbsteuer nachzuerheben sein wird. Für das Finanzamt ist die Sachlage in all diesen Fällen nicht anders als bei Kaufverträgen über Gründstücke, die bereits i. S. des Grundbuchrechts ein Grundstück sind. Das Finanzamt prüft und beurteilt einen Erwerbsvorgang und bescheinigt die Unbedenklichkeit von Rechtsänderungen im Grundbuch aufgrund dieses ihm zur Prüfung vorgelegten Sachverhalts. Ob es sich dabei um Grundstücke i. S. des Grundbuchrechts handelt oder um ein noch nicht vermessenes Trennstück eines Grundstücks ist für die Erteilung der Unbedenklichkeitsbescheinigung durch das FA unerheblich. Die Unbedenklichkeitsbescheinigung ist also von vornherein nicht an den Eintragungserfordernissen, die das Grundbuchamt zu beachten hat, zu messen.
Die Auffassung des FG steht im übrigen auch in Widerspruch zum bürgerlichen Recht. Die Auflassung eines Teilgrundstücks (Trenngrundstücks) kann wirksam schon erklärt werden, bevor das Trennstück vermessen ist. Voraussetzung für die die Auflassung betreffenden Erklärungen ist, daß das unvermessene Trennstück "unzweideutig" gekennzeichnet ist (vgl. Horber, Grundbuchordnung, 13. Aufl., 1974, § 20 Anm. B 4 a; Urteil des RG vom 29. Mai 1941 V 12/41, Deutsches Recht 1941 S. 2196 Nr. 21 - DR 1941, 2196 Nr. 21 -; BGB-RGRK, 11. Aufl. 1959, III. Bd., 1. Teil §§ 925, 925 a Anm. 17; Staudinger, Bürgerliches Gesetzbuch, 10. Aufl., § 925 Anm. 85; Soergel-Siebert, Bürgerliches Gesetzbuch, 10. Aufl. 1968, § 925 Anm. 41).
Davon unabhängig ist der Vorgang der Eintragung des Eigentümerwechsels im Grundbuch zu beurteilen. § 20 der Grundbuchordnung (GBO) verlangt, daß im Falle der Auflassung eines Grundstücks ... die erforderliche Einigung des Berechtigten und des anderen Teiles erklärt ist. § 28 Satz 1 GBO bestimmt, daß in der Eintragungsbewilligung oder, wenn eine solche nicht erforderlich ist, in dem Eintragungsantrag das Grundstück übereinstimmend mit dem Grundbuch oder durch Hinweis auf das Grundbuchblatt zu bezeichnen ist. Das Grundstück kann also in Übereinstimmung mit dem Grundbuch oder durch Hinweis auf das Grundbuchblatt bezeichnet werden. Die Angabe von Gemarkung, Kartenblatt (Flur) und Parzelle (Flurstück) wird regelmäßig genügen (vgl. Horber, a. a. O., § 28 Anm. 3 B a).
Ein Teil eines Grundstücks soll erst nach der Vermessung abgeschrieben werden (§ 2 Abs. 3 GBO). Der abzuschreibende Grundstücksteil muß also ausgehend von dem Grundstück, von dem abgeschrieben werden soll, bezeichnet werden, und zwar so, daß Zweifel nicht auftauchen können. Die Auflassung dieses Grundstücksteiles ist auch ohne Vorliegen der für die Abschreibung erforderlichen Unterlagen wirksam, wenn der Teil, vor allem durch Angabe der Grenzen, hinreichend deutlich gekennzeichnet ist (vgl. RG-Urteil V 12/41, a. a. O.; Beschluß des Bayerischen Obersten Landesgerichts - BayObLG - vom 22. November 1962 2 Z 30/62, BayObLGZ 1962 S. 362 Nr. 51, dort S. 371 und die zitierte frühere Rechtsprechung des Gerichts; Beschluß des Kammergerichts vom 26. November 1936 1 Wx 586/36, JW 1937, 896 Nr. 26). Lediglich für die Eintragung des Eigentumswechsels im Grundbuch ist Voraussetzung, daß das neue Grundstück vermessen wurde und somit ein eigenes Grundstück im Rechtssinne - Flurstück - bildet (vgl. Beschluß des BayObLG vom 22. November 1962 2 Z 30/62, BayObLGZ 1962, S. 371 und die dort zitierte Literatur). Das Grundbuchamt kann in solchen Fällen nicht verlangen, die Auflassung zu wiederholen (vgl. BayObLG-Beschluß vom 24. Oktober 1925 III 94/1925, Jahrbuch für Entscheidungen in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit und des Grundbuchrechts 3 S. 283 dort S. 284).
Zwar hat der Bundesgerichtshof im Urteil vom 20. Juni 1962 (V ZR 219/60, BGHZ 37, 233, 242, NJW 1962, 1715) entschieden, daß der Klageantrag auf Auflassung als Leistungsklage vor Vermessung eines erst abzutrennenden Teilgrundstücks verfrüht sei, und in diesem Zusammenhang offengelassen, ob die Erklärung der Auflassung eines erst abzutrennenden Teilgrundstücks wirksam erfolgen könne. Aus der Sachverhaltsdarstellung ergibt sich jedoch nicht, daß das Grundstück i. S. der herrschenden Lehre hätte unzweideutig bestimmt werden können. Der Bundesgerichtshof hat später (vgl. BGH-Urteil vom 8. November 1968 V ZR 58/65, Lindenmaier-Möhring, Nachschlagewerk des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen, BGB § 313 Nr. 35, NJW 1969, 131) im Zusammenhang mit der Beurkundung von Grundstückskaufverträgen ausgeführt: "Handelt es sich um einen noch nicht vermessenen Grundstücksteil, so genügt die Angabe der Grundbuchstelle des (ganzen) Grundstücks nicht, vielmehr muß der zu veräußernde Teil des Grundstücks in der notariellen Urkunde in geeigneter Weise umschrieben werden." Unvermessene Grundstücksteile können also Gegenstand des Rechtsverkehrs und sie betreffender Beurkundungen sein. Das Kammergericht hat bei dem - der Erteilung der Unbedenklichkeitsbescheinigung - ähnlich gelagerten Sachverhalt der Erteilung der Wohnsiedlungsgenehmigung zur Abschreibung eines noch nicht vermessenen Grundstücksteiles entschieden, daß die Wohnsiedlungsgenehmigung wirksam sei, wenn die Genehmigung erkennen lasse, auf welchen Grundstücksteil sie sich bezieht (vgl. Beschluß des Kammergerichts vom 26. November 1936 I Wx 586/36, JW 1937, 896 Nr. 26). Eine katasteramtliche Bezeichnung der abzuschreibenden Parzellen wurde nicht für erforderlich erachtet. In der Entscheidung heißt es: "Es genügt, wenn die Wohnsiedlungsgenehmigung deutlich erkennen läßt, auf welchen Rechtsvorgang sie sich bezieht." Zweckmäßig seien zwar die Grundbuch-Angaben. Es genügt aber, "wenn der Kaufvertrag in der Genehmigung nach dem Namen und der Nummer des Notariatsregisters des Notares bezeichnet wird".
Berücksichtigt man, daß die Unbedenklichkeitsbescheinigung nur eine der Voraussetzungen zur Eintragung des Eigentümerwechsels im Grundbuch ist und anderen Zwecken dient als die Auflassung selbst, dann ist die Unbedenklichkeitsbescheinigung wirksam, wenn sie dem Grundbuchamt, für dessen Tätigkeit sie bestimmt ist, unzweideutig Auskunft darüber gibt, auf welchen Rechtsvorgang und damit auf welche Eintragung sich die Bestätigung der Unbedenklichkeit bezieht. Hierfür genügt es, daß das erst noch abzutrennende Grundstück in der Urkunde, auf die die Bescheinigung Bezug nimmt, unzweideutig bezeichnet ist.
Die Auflassungsvormerkungen in der Vertragsurkunde vom 24. September 1963 betreffen ein hinreichend bestimmtes Trenngrundstück (vgl. I. der Urkunde im Zusammenhang mit der als Anlage zur Urkunde genommenen Zeichnung). Die Auflassungserklärungen sind auch nicht etwa deshalb unbeachtlich, weil die Beteiligten die Notariatsangestellte bevollmächtigt haben, "nach Vermessung" alle erforderlichen Erklärungen abzugeben und entgegenzunehmen (I. des Vertrages). Denn durch diese Formulierung erfuhr die Wirksamkeit der bedingungslos abgegebenen Auflassungserklärungen keine Einschränkung; es wurde vielmehr nur zum Ausdruck gebracht, daß die Beteiligten die Tätigkeit der Notariatsangestellten nach der Vermessung erwarteten.
Der Senat kann es hier dahingestellt sein lassen, ob die in § 3 Abs. 1 Satz 1 GrESWG für die Berechnung der Fünfjahresfrist gewählten Worte ("vom Tage der Ausstellung der Unbedenklichkeitsbescheinigung ... an gerechnet") bedeuten, daß der Tag der Verfügung des FA oder der Tag der Absendung der Unbedenklichkeitsbescheinigung durch das Finanzamt oder der Tag des tatsächlichen oder fiktiven Eingangs der Unbedenklichkeitsbescheinigung bei der Person (Behörde, Beamten, Notar, Grundbuchamt), der sie erteilt wird (§ 9 GrEStDV), maßgebend ist. Denn, selbst wenn man von dem für die Kläger günstigsten Zeitpunkt des Zugangs der Unbedenklichkeitsbescheinigung beim Notar ausgeht, war die Fünfjahresfrist, innerhalb der das Bauvorhaben erstellt sein mußte, verstrichen.
Die Vorentscheidung war demzufolge aufzuheben und die Klage als unbegründet abzuweisen.
Soweit von den Klägern gerügt wird, die Fünfjahresfrist sei zur Errichtung des begünstigten Gebäudes zu kurz bemessen, können sie mit diesem Vorbringen keinen Erfolg haben. Dadurch, daß die Nachversteuerung an die Erteilung der Unbedenklichkeitsbescheinigung statt an den Abschluß des Kaufvertrages anknüpft, wird bereits erreicht, daß der Zeitraum zwischen Abschluß des Kaufvertrages und Erteilung der Unbedenklichkeitsbescheinigung die Fünfjahresfrist, innerhalb deren das Bauvorhaben verwirklicht sein muß, nicht schmälert. Die im Gesetz über Grunderwerbsteuerbefreiung für den Wohnungsbau vom 4. März 1952 (GVBl-NW S. 33) ursprünglich vorgesehene Bebauungsfrist von drei Jahren ist vom Gesetzgeber, weil sie sich in der Praxis häufig als zu kurz erwiesen hatte (vgl. Landtag Nordrhein-Westfalen, 3. Wahlperiode Bd. V, Landtags-Drucksache Nr. 643 S. 13 unter 9. zu Art. 1 Ziff. 9 - § 2 Abs. 1 des Gesetzes - unter a), im Gesetz von 1958 auf fünf Jahre verlängert worden. Dem Gesetzgeber war mithin die Problematik der Fristeinhaltung im Hinblick auf den begünstigten Zweck bekannt. Die Gesetzesanwendung hat infolgedessen von der Fristbestimmung durch den Gesetzgeber auszugehen (Art. 20 Abs. 3 GG; vgl. auch Urteil des BFH vom 7. Mai 1968 II 151/64, BFHE 93, 14, BStBl II 1968, 663).
Fundstellen
Haufe-Index 71669 |
BStBl II 1976, 32 |
BFHE 1976, 99 |