Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewerbesteuer Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Sind die Gesellschafter einer KG X sämtlich an der KG X & Co. beteiligt, so ist die Verpachtung eines Lagerhauses durch die KG X an die KG X & Co. steuerlich als Einbringung zur Nutzung zu werten. Die für die Einbringung gewährten Entgelte (Gewinnanteile) begründen für die KG X keine Gewerbesteuerpflicht.
Normenkette
GewStG § 2 Abs. 2 Ziff. 1, § 9 Ziff. 2; EStG § 15 Nr. 2
Tatbestand
I. Streitig ist, ob die beschwerdeführende Kommanditgesellschaft (KG) X für 1942 der Gewerbesteuer unterliegt. Die Beschwerdeführerin (Bfin.), die bis Ende 1936 eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) war, ist eine Familiengesellschaft, deren Mitglieder zu je 1/6 am Gewinn beteiligt sind. Persönlich haftender Gesellschafter ist der Kaufmann P. X, die fünf Kommanditisten sind seine Geschwister. Die Bfin. ist Eigentümerin einer Anzahl von Liegenschaften. Das wertvollste ihrer Grundstücke dient als Lagerhaus und ist als solches eingerichtet. Es besteht seit über 70 Jahren ein Anschlußgeleis, an dem mehrfach auf Kosten der Bfin. laufende Instandhaltungen und änderungen stattfanden. Die Räume des Lagerhauses dienen 18 Firmen zu gewerblichen Zwecken. Die Mieter benutzen auch die bestehenden Lastenaufzüge, welche die Bfin. nach einem 1930 stattgefundenen Großbrand auf ihre Kosten mit 10 bis 12.000 RM erneuert hat und laufend instand hält.
Die Bfin. hat das Lagerhaus an die ihr nahestehende KG X & Co. kurz "X & Co." genannt, die den Zucker- und Lebensmittelgrosshandel und Speicherei betreibt, gegen ein Entgelt von 50 % der Mieteinnahmen vermietet. Es ist aus den Akten nicht zu entnehmen, wie die Unkosten des Lagerhauses auf die Bfin. und X & Co. aufgeteilt werden. X & Co. benutzt das Lagerhaus zum Teil für eigengewerbliche Zwecke, im übrigen hat X & Co. das Lagerhaus im eigenen Namen weitervermietet und dabei häufig noch Nebenleistungen übernommen, wie Waggonrangieren, Vorlegen von Frachten und Standgeldern, Benutzung des Anschlußgeleises, Ausladen von Waggons, Auslieferung von Gütern und Gestellung von Arbeitskräften.
Die Gesellschafter der Bfin. waren von 1928 bis 1941 personengleich mit den Gesellschaftern von X & Co. Erst seit 1942 sind acht weitere Kommanditistinnen von X & Co. nicht an der Bfin. beteiligt. Dagegen sind nach wie vor sämtliche Gesellschafter der Bfin. gleichzeitig auch Gesellschafter von X & Co. Alleiniger persönlich haftender Gesellschafter bei der Bfin. und bei X & Co. ist P. X.
Die Bfin. hat den übrigen Grundbesitz (außer dem Lagerhaus) an Fremde vermietet. Die Verwaltung dieser Grundstücke liegt nach Angabe der Bfin. in den Händen besonders dafür eingesetzter und bezahlter Vicewirte, lediglich die Mieten laufen über die Hauptkasse von X & Co. Die Bfin. hat kein eigenes Personal. Soweit Mietangelegenheiten zu erledigen sind, erledigt sie der persönlich haftende Gesellschafter P. X. Die Vorinstanz hat wegen der engen verwandtschaftlichen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Bfin. und X & Co. den Betrieb des Lagerhauses der Bfin. zugerechnet und sie für gewerbesteuerpflichtig gehalten.
Die Bfin. hält sich als reine Grundstücksverwaltungsgesellschaft für nicht gewerbesteuerpflichtig.
Entscheidungsgründe
Die Rechtsbeschwerde (Rb.) ist begründet.
II. 1. Nach § 2 Absatz 2 Ziffer 1 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) gilt die Tätigkeit von offenen Handelsgesellschaften, Kommanditgesellschaften und anderen Gesellschaften, bei denen die Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) des Gewerbebetriebes anzusehen sind, als Gewerbebetrieb. Erforderlich ist, daß die einzelnen Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) anzusehen sind. Bei Personengesellschaften ist deshalb das Vorliegen eines Gewerbebetriebes im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 2 GewStG Voraussetzung für die Steuerpflicht. Es muß also ein gewerbliches Unternehmen im Sinne des Einkommensteuergesetzes vorliegen. Die Tätigkeit der Bfin. als KG ist demnach nur dann für sie gewerbesteuerpflichtig, wenn dieselbe Tätigkeit, von ihren Gesellschaftern als Einzelpersonen ausgeübt, bei diesen gewerbesteuerpflichtig sein würde (vgl. auch Entscheidungen des Reichsfinanzhofs VI 586/38 vom 14. September 1938, Reichssteuerblatt - RStBl. - 1939 S. 5, und VI 41/38 vom 26. Januar 1938, Slg. Bd. 43 S. 138).
Bei der Bfin. sind zwei Tätigkeiten zu unterscheiden: die Vermietung von Mietwohngrundstücken und die überlassung des Lagerhauses zur Benutzung und Weitervermietung durch X & Co. Nach dem vom Finanzamt nicht bestrittenen Vortrag der Bfin. handelt es sich bei der Vermietung der Mietwohngrundstücke um reine Einnahmen aus Vermietung. Diese Tätigkeit ist als Vermögensverwaltung bei Einzelpersonen nicht gewerbesteuerpflichtig. Sie kann aber bei der Bfin. dann gewerbesteuerpflichtig werden, wenn die andere Tätigkeit, überlassung des Lagerhauses, bei ihr der Gewerbesteuer unterliegt. Ist bei einer Personengesellschaft ein Teil ihrer Tätigkeit gewerblich, so ist auch die übrige Tätigkeit gewerblich.
Der Betrieb eines Messepalastes, eines Bürohauses und ähnlicher Unternehmen ist nach der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs, der sich der Senat anschließt, als Gewerbebetrieb anzusehen (vgl. Entscheidungen des Reichsfinanzhofs VI 191/39 vom 17. Mai 1939, RStBl. 1939 S. 877, und VI 172/37 vom 15. Juni 1938, Slg. Bd. 44 S. 152, RStBl. 1938 S. 899). Der Betrieb des Lagerhauses der Bfin. ist bei seiner Größe und seinen Einrichtungen nicht mehr als Vermögensverwaltung, sondern als gewerblich anzusprechen. Die Gewerbesteuerpflicht für die Bfin. entfällt aber deshalb, weil nicht ihr, sondern der X & Co. der Betrieb des Lagerhauses zuzurechnen ist, wie sich aus folgenden Erwägungen ergibt. Dabei ist nach dem oben Ausgeführten die Rechtslage danach zu beurteilen, ob bei den einzelnen Gesellschaftern ein Gewerbebetrieb vorliegen würde.
Würde dem Gesellschafter P. X der Bfin. das Lagerhaus allein gehören, und hätte er - so wie im Streitfall die Bfin. - das Lagerhaus an X & Co., bei der er gleichfalls Gesellschafter ist, "verpachtet", so würde der Gesellschafter P. X nicht gewerbesteuerpflichtig sein. Es würde einkommensteuerrechtlich nach § 15 Ziffer 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und auch gewerbesteuerrechtlich (ß 7 GewStG) keine Verpachtung durch X an X & Co., sondern eine gesellschaftliche Einbringung des Lagerhauses in X & Co. zur Nutzung vorliegen. Die 50 % der Einnahmen (aus Weitervermietung durch X & Co.), die X für die Einbringung des Lagerhauses erhalten würde, sind bei ihm nach Abzug aller Unkosten gewerbliche Einkünfte aus einer gesellschaftlichen Beteiligung, sie sind entsprechend bei X & Co. als Teil ihres gewerblichen Gesamtgewinns einheitlich festzustellen, sie sind daher bei ihr nicht als "Pachtausgaben" abzugsfähig. Das Lagerhaus ist als notwendiges Betriebsvermögen von X & Co. zu behandeln. Der Gewerbeertrag (ß 7 GewStG) des Lagerhauses unterliegt ungekürzt (ohne "Pachtausgaben" an den Gesellschafter X) bei X & Co. der Gewerbesteuer. Der Gesellschafter X unterliegt nicht der Gewerbesteuer, da er selbst keinen Gewerbebetrieb unterhält, sondern lediglich gewerbesteuerlich erfaßte Gewinnanteile aus dem Betrieb von X & Co. bezieht.
Diese Rechtslage ändert sich für die Gewerbesteuer nicht, wenn das Lagerhaus nicht, wie zunächst angenommen, im Alleineigentum des Gesellschafters X, sondern im gemeinsamen Eigentum der Gesellschafter X und Y stehen würde oder wenn das Lagerhaus, wie im Streitfall, im Gesamthandseigentum von sechs Gesellschaftern von X & Co. steht und von diesen sechs Gesellschaftern gemeinsam (zusammengefaßt in die Bfin. als KG) in die X & Co. zur Nutzung, wie tatsächlich geschehen, eingebracht worden ist. Ebenso wie der angenommene Alleineigentümer X bezieht die Bfin. als KG ihre "Pachteinnahmen" nach Kürzung aller Unkosten steuerlich als Gewinnanteil aus der X & Co. Wenn, wie im Streitfall, sämtliche Gesellschafter der Bfin. gleichzeitig Gesellschafter der X & Co. sind, handelt es sich einkommen- und gewerbesteuerlich um keine Vermietung oder Verpachtung, sondern um eine gesellschaftliche Einlage, und daher steht nicht Bezug von "Pachteinnahmen" in Frage, sondern Bezug von Gewinnanteilen aus einer gesellschaftlichen Einlage (Einlage zur Nutzung). Das Gewerbesteuergesetz will den Gewinn aus einer Personengesellschaft nur einmal der Gewerbesteuer unterwerfen, und zwar bei der Gesellschaft, die den Gewinn erzielt (bei X & Co., die das Gewerbe betreibt), und nicht bei der Gesellschaft (Bfin.), an die der Gewinn ausgeschüttet wird. Dies ergibt sich aus § 9 Ziffer 2 GewStG. § 9 Ziffer 2 GewStG bestimmt, daß die Anteile am Gewinn einer OHG oder KG bei dem Empfänger des Gewinns aus dessen Gewinn auszuscheiden sind.
Der Bezug von Gewinnanteilen aus einer Personengesellschaft macht die Bfin. ebensowenig zum Gewerbetreibenden, wie eine Einzelperson, die Gewinnanteile aus einer Personengesellschaft bezieht.
Der Reichsfinanzhof hat nun zwar bei Teilung von Betrieben in eine Grundstücks-OHG und in eine Betriebs-GmbH oder eine Betriebs-OHG, an die der frühere Fabrikationsbetrieb einer OHG verpachtet wurde, je nach Lage des einzelnen Falles das Weiterbestehen der Gewerbesteuerpflicht der OHG als Grundstücksgesellschaft bejaht (vgl. Entscheidungen des Reichsfinanzhofs IV 136/38 vom 27. April 1938, Steuer und Wirtschaft 1938 Nr. 370; VI 660/38 vom 4. Dezember 1940, RStBl. 1941 S. 26; VI 501/38 vom 26. Oktober 1938, RStBl. 1939. S. 282, und III 76/42 vom 11. März 1942, RStBl. 1943 S. 428). Ein derartiger Fall liegt jedoch hier nicht vor.
Damit entfällt für die Bfin. die Gewerbesteuerpflicht.
Fundstellen
Haufe-Index 407285 |
BStBl III 1952, 15 |
BFHE 1953, 35 |
BFHE 65, 35 |