Entscheidungsstichwort (Thema)
Sonstiges Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Durch den Pauschbetrag des § 20 Abs. 2 Nr. 2 LStDV sind auch Prämien für eine Vollkaskoversicherung abgegolten.
Normenkette
LStDV § 20 Abs. 2 Nr. 2; EStG § 9 Nr. 4
Tatbestand
Der Stpfl., ein kaufmännischer Angestellter, machte im Zusammenhang mit seinem Antrag, auf seiner Lohnsteuerkarte 1964 einen Freibetrag wegen Werbungskosten einzutragen, die Prämien für die Vollkaskoversicherung seines für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte benutzten PKW als Werbungskosten geltend. Das FA ließ die Prämien außer Ansatz, weil sie bereits durch den Pauschbetrag von 0,50 DM je km (§ 20 Abs. 2 Nr. 2 LStDV) abgegolten seien. Einspruch und Berufung blieben ohne Erfolg. Auf die Ausführungen des FG, das die Prämien ebenfalls für abgegolten hält, wird Bezug genommen.
Mit seiner wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache ausdrücklich zugelassenen Revision rügt der Stpfl. unrichtige Anwendung des bestehenden Rechts. Nach dem Urteil des BFH VI 79/60 S vom 2. März 1962 (BFH 74, 513, BStBl III 1962, 192), so macht er geltend, seien durch den Pauschbetrag nur die normalen Unkosten abgegolten, nicht aber z. B. Kosten, die durch einen bei einer beruflichen Fahrt eingetretenen Unfall verursacht worden seien. Dieser Ansicht sei auch der BdF, dessen Stellungnahme in dem Urteil wiedergegeben sei. Seien aber nur die normalen Kosten abgegolten, dann könnten Prämien für eine Vollkaskoversicherung nicht als abgegolten angesehen werden; diese Prämien seien ohne Zweifel außergewöhnlich. Würden die Prämien nicht als besondere (außergewöhnliche) Kosten anerkannt, dann führe das zu einer Besserstellung der Steuerpflichtigen, die keine derartige Versicherung abgeschlossen hätten (und also im Falle eines Falles die Unfallkosten absetzen könnten). Daß die Prämien Werbungskosten seien, könne ohnehin nicht bezweifelt werden. In einem Gewerbebetrieb würden sie ohne weiteres als Betriebsausgaben anerkannt. Für einen Arbeitnehmer, der seinen Wagen beruflich nutze, könne nicht anderes gelten. Das FG gehe übrigens insofern von einer unrichtigen Meinung aus, als es annehme, daß die Mehrzahl aller Autofahrer kaskoversichert sei. Außerdem irre es insofern, als es den Eintritt der Versicherung auch für die Fälle bejahe, in denen der Versicherte grobfahrlässig gehandelt habe.
Entscheidungsgründe
Die Revision kann keinen Erfolg haben. Nach § 9 EStG können als Werbungskosten diejenigen Aufwendungen geltend gemacht werden, die der Erzielung, Erhaltung oder Sicherung der Einkünfte dienen. Ob diese Voraussetzung bei den Prämien erfüllt ist, die ein Arbeitnehmer für die Vollkaskoversicherung seines Kraftwagens aufwendet, ober ob nicht ein in den Bereich der privaten Lebenshaltung fallender Vorgang vorliegt, kann selbst dann zweifelhaft sein, wenn der Arbeitnehmer den PKW nur für die durch sein Arbeitsverhältnis veranlaßten Fahrten benutzt. Die Frage kann jedoch dahingestellt bleiben. Auch soweit Werbungskosten anzunehmen sind, ist mit dem FG festzustellen, daß der nach § 20 Abs. 2 Nr. 2 LStDV anzusetzende Pauschbetrag einem (gesonderten) Abzug entgegensteht.
Die Regelung des § 20 Abs. 2 Nr. 2 LStDV soll der Vereinfachung dienen. Von der Rechtsgültigkeit dieser Regelung geht der erkennende Senat in ständiger Rechtsprechung aus (vgl. u. a. das Urteil VI 153/64 U vom 9. Juli 1965, BFH 83, 21, BStBl III 1965, 509). Die in § 9 Nr. 4 EStG enthaltene Ermächtigung ist nach Inhalt, Zweck und Ausmaß ausreichend bestimmt (vgl. Art. 80 Abs. 1). Der Senat sieht keine Veranlassung, von dieser Auffassung abzugehen. Daß bei dieser Regelung "typisiert" wird, widerspricht auch nicht dem Gleichbehandlungsgrundsatz. Wenn auch der in § 20 Abs. 2 Nr. 2 LStDV vorgesehene Pauschbetrag ohne Rücksicht darauf gewährt wird, ob die mit ihm abgegoltenen Unkosten im Einzelfall höher oder niedriger sind oder gar nicht anfallen, so ist doch eine auf das Gesamtbild abstellende typisierende Regelung trotz der damit nun einmal verbundenen Ungleichmäßigkeiten, wenn diese nicht allzu sehr ins Gewicht fallen, gerade auch im Besteuerungsrecht, soweit es um die Erfassung einer Vielzahl von Fällen geht, nicht als verfassungswidrig anzusehen (vgl. Leibholz- Rinck, Grundgesetz, Rdnr. 15 und 23 zu Art. 3).
Der Senat hat zwar anerkannt, daß durch die Regelung des § 20 Abs. 2 Nr. 2 LStDV nicht schlechthin alle durch die Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bedingten Aufwendungen (Werbungskosten) abgegolten sind; als nicht abgegolten sind aber nur solche Aufwendungen anerkannt worden, die - wie z. B. die Kosten eines Unfalls - als außergewöhnlich angesehen werden müssen (vgl. das o. a. Urteil VI 79/60 S vom 2. März 1962). Dem Stpfl. ist zuzugeben, daß es unter diesen Umständen darauf ankommt, ob Prämien für eine Vollkaskoversicherung als gewöhnliche Aufwendungen anzusehen sind oder nicht. Die Beurteilung dieser Frage kann aber nicht davon abhängen, ob Aufwendungen dieser Art bei der Mehrzahl der ihren Kraftwagen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte benutzenden Arbeitnehmer anfallen; sondern es muß, wenn nicht der Vereinfachungszweck der Regelung des § 20 Abs. 2 Nr. 2 LStDV in Frage gestellt sein soll, genügen, daß die Aufwendungen mit der laufenden Benutzung des Kraftwagens in jener normalen Weise zusammenhängen, wie es z. B. bei Garagenmieten und Parkgebühren der Fall ist (vgl. das bereits angeführte Urteil VI 153/64 U). Der Senat ist mit dem FG der Auffassung, daß auch Versicherungsprämien - gleichgültig, ob es sich um Prämien für die Haftpflichtversicherung, für die Teil- oder für die Vollkaskoversicherung handelt - nach dem Sinn des § 20 Abs. 2 Nr. 2 LStDV als abgegolten angesehen werden müssen, weil sie, mögen sie auch dem Schutz vor Schaden in Sonderfällen dienen, doch mit dem laufenden Betrieb des Kraftwagens zusammenhängen.
Fundstellen
Haufe-Index 412609 |
BStBl III 1967, 576 |
BFHE 1967, 185 |
BFHE 89, 185 |