Leitsatz (amtlich)
Ein Erwerbsvorgang ist i. S. des § 5 Satz 2 Nr. 1 GrEStEigWoG "verwirklicht", wenn die Grunderwerbsteuerpflicht für den abgeschlossenen Grundstückskaufvertrag entstanden ist.
Normenkette
GrEStEigWoG § 5 S. 2 Nr. 1
Tatbestand
I.
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) kauften durch notariell beurkundeten Vertrag vom 9. Juli 1976 je zur Hälfte als Miteigentümer ein Grundstück mit Einfamilienhaus.
Der im Grundbuch eingetragene Eigentümer des Grundstückes war bei Abschluß des vorgenannten Kaufvertrages verstorben. Als Verkäufer des Grundstücks traten seine voraussichtlichen Erben auf, nämlich A, B und C. A war persönlich anwesend, die beiden übrigen genannten Personen wurden durch einen Dritten ohne Vollmacht vertreten. Sie genehmigten die in ihrem Namen abgegebenen Erklärungen am 29. Juli 1976 (B) und am 2. August 1976 (C).
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) setzte mit zwei Bescheiden vom 6. September 1976 gegen jeden der Kläger Grunderwerbsteuer fest. Die Steuerbescheide wurden bestandskräftig.
Mit Schriftsatz vom 8. November 1977 - beim FA eingegangen am 9. November 1977 - beantragten die Kläger, "die grunderwerbsteuerlichen Vergünstigungen nach dem Gesetz zur Grunderwerbsteuerbefreiung beim Erwerb von Einfamilienhäusern, Zweifamilienhäusern und Eigentumswohnungen auf den entsprechenden Kaufpreisanteil einzuräumen und die alten Bescheide aufzuheben". Das FA lehnte diesen Antrag ab.
Die Klage hatte keinen Erfolg.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision der Kläger ist unbegründet.
Die Kläger können keine Steuervergünstigung gemäß § 5 Nr. 1 des Gesetzes zur Grunderwerbsteuerbefreiung beim Erwerb von Einfamilienhäusern, Zweifamilienhäusern und Eigentumswohnungen (GrEStEigWoG) in Anspruch nehmen, weil der besteuerte Erwerbsvorgang bereits vor dem 31. Dezember 1976 verwirklicht worden ist.
" Erwerbsvorgang" war hier der Kaufvertrag vom 9. Juli 1976, welcher als Rechtsvorgang im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) der Grunderwerbsteuer unterlag. Das ergibt sich auch aus der Überschrift des § 1 GrEStG, welche die einzelnen Rechtsvorgänge ausdrücklich als "Erwerbsvorgänge" bezeichnet. Der Erwerbsvorgang war verwirklicht, nachdem sämtliche Voraussetzungen für die Entstehung der Steuerpflicht erfüllt waren. Im vorliegenden Fall gehörte zu diesen Voraussetzungen die Genehmigung des Vertrages vom 9. Juli 1976 durch die damals ohne Vollmacht vertretene Miterbin, B.
Die Genehmigung erfolgte am 29. Juli 1976, so daß an diesem Tage die Steuerpflicht entstand (entsprechende Anwendung des § 3 Abs. 5 Nr. 5 Buchst. b des Steueranpassungsgesetzes - StAnpG -). Unerheblich ist, daß bei Abschluß des Vertrages vom 9. Juli 1976 auch C als Verkäuferin aufgetreten war, die - wie sich später herausstellte - nicht Miterbin des verstorbenen Grundstückseigentümers war. Ausschlaggebend ist, daß der Vertrag außerdem von denjenigen Personen als Verkäufern abgeschlossen wurde, die sich später als Erben des Grundstückseigentümers herausstellten.
Irgendwelche weiteren Genehmigungen öffentlichrechtlicher und privatrechtlicher Art, welche die Entstehung der Grunderwerbsteuer gem. § 3 Abs. 5 Nr. 5 StAnpG hätten hinausschieben können, waren nach dem vom Finanzgericht festgestellten Sachverhalt nicht erforderlich.
Entgegen der Ansicht der Kläger war der Erwerbsvorgang nicht erst mit ihrer (der Kläger) Eintragung als Eingentümer im Grundbuch am 23. Mai 1977 verwirklicht. Das Grunderwerbsteuergesetz knüpft die Steuerpflicht und damit die Verwirklichung des Erwerbsvorganges an den schuldrechtlichen Vertrag und nur hilfsweise an andere Vorgänge, falls ein schuldrechtlicher Vertrag nicht vorliegt (§ 1 GrEStG). Weder dem Wortlaut des § 5 GrEStEigWoG noch dem aus dem Wortlaut erkennbaren Sinn der Vorschrift läßt sich entnehmen, daß der Gesetzgeber hier die Terminologie des Grunderwerbsteuerrechtes in einem anderen Sinne gebrauchen wollte.
Fundstellen
Haufe-Index 73659 |
BStBl II 1980, 754 |
BFHE 1981, 399 |