Leitsatz (amtlich)
Der Kaufmann, der zur Tilgung einer Kaufpreisschuld Wechsel gibt, hat für die Belastung mit den Diskontspesen und -zinsen entsprechend den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger kaufmännischer Buchführung einen aktiven Rechnungsabgrenzungsposten zu bilden, soweit die Laufzeit der Wechsel über den Bilanzstichtag hinausgeht.
Normenkette
EStG §§ 4-5
Tatbestand
Streitig ist, ob nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung derjenige Aufwand zum Bilanzstichtag rechnungsmäßig aktiv abzugrenzen ist, der der Revisionsklägerin (Stpfl.) aus der Erstattung von Wechseldiskontspesen und -zinsen an ihre Lieferer erwachsen ist.
Die Stpfl. stellte in den Streitjahren 1956 bis 1958 zur Vermeidung sofortiger Bezahlung der von ihr bezogenen Vorfabrikate ihren Lieferern in Höhe des jeweiligen Rechnungsbetrages Wechsel aus. Die Lieferer stellten ihrerseits der Stpfl. die ihnen bei Diskontierung der Wechsel entstandene Einbuße in Rechnung. Die vergüteten Beträge verbuchte die Stpfl. jeweils im Zeitpunkt der Zahlung als Betriebsausgabe.
Nachdem der Revisionsbeklagte (FA) von diesem Sachverhalt Kenntnis erlangt hatte, grenzte er die Aufwendungen der Stpfl. je nach der Laufzeit der Wechsel über den Bilanzstichtag hinaus aktiv ab, um diese Aufwendungen - als den Preis für den Wechselkredit - in dem Zeitraum zeitanteilig zu erfassen, für den der Wechselkredit jeweils zur Verfügung stand. Die Stpfl. sah demgegenüber in dem Diskont für die Warenwechsel Aufwand für den Erwerb der Ware, so daß die Belastung eines anderen als des Anschaffungsjahres mit diesem Aufwand ausgeschlossen sei.
Einspruch und Berufung (alten Rechts) der Stpfl. blieben ohne Erfolg. Das FG führte aus:
Unbeschadet der Frage, ob man eine aktive Rechnungsabgrenzung nur dann für berechtigt halte, wenn der zeitlich abzugrenzende Aufwand sich auf ein positives oder negatives Wirtschaftsgut beziehe (so Urteil des BFH I 27/57 U vom 15. April 1958, BFH 66, 677, BStBl III 1958, 260), oder ob man in der aktiven und passiven Rechnungsabgrenzung vornehmlich ein Mittel zur Erfassung des betriebswirtschaftlich zutreffenden Periodengewinns erblicke (so BFH-Urteil IV 222/56 U vom 22. Mai 1958, BFH 67, 160, BStBl III 1958, 333), dürften die Anforderungen an die Abgrenzungspflicht nicht überspannt werden. Das EStG habe selbst die dynamische Bilanzauffassung mit der ihr eigenen absoluten Periodenabgrenzung nicht streng durchgeführt. Eine Überspannung der Abgrenzungspflicht müsse aber auch im Hinblick auf die Unzumutbarkeit der mit ihr etwa verbundenen Buchungen vermieden werden. Die Abgrenzung sei jedoch geboten, wo ihre Vornahme unschwer möglich sei und es sich nicht um geringfügige, in ungefähr gleicher Höhe regelmäßig wiederkehrende Zahlungen handele, die das Bilanzbild nur unwesentlich beeinflußten.
Nach diesen Grundsätzen sei die Abgrenzung im Streitfalle geboten. Bei den streitigen Aufwendungen handele es sich, von der Stpfl. her gesehen, wirtschaftlich um Zahlungen, die vorausbezahlten Kreditzinsen gleichzuachten seien. Der Diskont sei der Preis für den der Stpfl. von ihren Lieferanten eingeräumten Wechselkredit. Soweit die Wechselschuld erst in einem späteren Jahr als dem der Begebung des Wechsels fällig werde, beziehe sich auch der Aufwand für diesen Wechselkredit entsprechend der Laufzeit des Wechsels auf das Jahr seiner Begebung und das Jahr seiner Fälligkeit. Es bestehe somit zwischen der Zahlung des Diskonts und den Erträgen in den jeweils berührten Wirtschaftsjahren ein ursächlicher wirtschaftlicher Zusammenhang. Der Auffassung, daß der Diskont als Aufwand für die Anschaffung der Waren anzusehen sei, und somit eine Abgrenzung und eine Belastung des dem Jahre der Begebung des Wechsels folgenden Wirtschaftsjahres nicht erfolgen dürfe, vermöge das Gericht nicht zu folgen. Desgleichen könne es in dem Wechseldiskont keine aktive Wertberichtigung eines Passivpostens sehen (so Herrmann-Heuer, Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, Anm. 29c zu § 4 EStG).
Hiergegen richtet sich die als Revision zu behandelnde Rb., zu deren Begründung die Stpfl. folgendes vortragen läßt:
Die Behandlung der Stpfl. durch das FA wie durch das FG verstoße gegen den Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung, da die streitige aktive Rechnungsabgrenzung nachweisbar nicht von allen Steuerpflichtigen gleichermaßen verlangt werde. Dieses Verlangen sei darüber hinaus auch nicht vertretbar, da die Bildung eines aktiven Rechnungsabgrenzungspostens in Fällen wie dem vorliegenden zwar den Grundsätzen der dynamischen Bilanz, nicht aber dem allgemeinen Handelsbrauch ordentlicher Kaufleute entspreche. Der Kaufmann habe als Steuerpflichtiger deshalb zumindest die Wahl, diese Abgrenzung vorzunehmen oder sie zu unterlassen. Ihre Vornahme sei indes handelsrechtlich mit dem dem Gläubigerschutz dienenden Verbot der Überbewertung unvereinbar; sie lasse auch kein Wirtschaftsgut entstehen, für das der gedachte Erwerber des ganzen Betriebes im Rahmen des Gesamtkaufpreises ein besonderes Entgelt ansetzen würde. Der Diskont sei der Preis für den Wechselkredit im Zeitpunkt der Diskontierung. Er werde in diesem Zeitpunkt Aufwand. Als Kosten der Finanzierung dürfe er bei den Anschaffungskosten bilanzmäßig keine Berücksichtigung finden, weshalb er für den gedachten Erwerber nicht selbständig bewertbar sei, sich vielmehr im allgemeinen Geschäftswert verflüchtige.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision ist nicht begründet.
1. Der Senat teilt die Auffassung des FG, daß nach den handelsrechtlichen Grundsätzen einer ordnungsmäßigen kaufmännischen Buchführung zu den transitorischen Posten, d. h. zu den Vorauszahlungen für spätere Rechnungsperioden oder Wirtschaftsjahre, neben Vorauszahlungen für Honorare, Mieten, Verbands- und Versicherungsbeiträgen sowie Zinsen auch Diskonte auf Akzepte (Schuldwechsel) gehören (s. auch Adler-Düring-Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Aktiengesellschaft, 3. Aufl., Anm. 103 zu § 131; Mellerowicz in Gadow-Heinichen, Großkommentar zum Aktiengesetz, Anm. 30 zu § 131) und daß sich dies steuerrechtlich gemäß §§ 4, 5 EStG auswirken muß. Für den umgekehrten Fall (der Lieferer der Steuerpflichtigen) hat der Senat im Urteil I 180/61 U vom 17. April 1962 (BFH 75, 104, BStBl III 1962, 307) bereits die Abgrenzung der Diskonte als den Grundsätzen ordnungsmäßiger kaufmännischer Buchführung entsprechend anerkannt.
Der Auffassung der Stpfl., daß das Handelsrecht eine aktive Rechnungsabgrenzung in Fällen wie dem vorliegenden verbiete, kann danach nicht beigepflichtet werden. Daß die Bildung eines Rechnungsabgrenzungspostens insbesondere gegen die Vorschriften des Gläubigerschutzes verstoße, ist nicht einzusehen, da die Stpfl. bis zum Eintritt der Fälligkeit des Wechsels bei einer Laufzeit des Wechsels über den Bilanzstichtag hinaus im laufenden Wirtschaftsjahr nur den auf dieses zeitanteilig entfallenden Diskont aufzuwenden hat und sich durch die Vornahme der (gebotenen) Rechnungsabgrenzung keines Verstoßes gegen das Verbot der Überbewertung schuldig macht.
Der Auffassung, daß es sich bei Fällen wie dem vorliegenden nicht um eine echte Rechnungsabgrenzung, sondern um eine aktive Wertberichtigung eines Passivpostens (der Wechselverbindlichkeiten) handele, kann ebenfalls nicht beigepflichtet werden. Schuldwechsel sind grundsätzlich mit ihrem Nennbetrag zu passivieren. Das gilt insbesondere für solche Akzepte, die zur Vermeidung sofortiger Bezahlung bereits bezogener Waren an den Lieferer begeben wurden. Sie sind einer Wertberichtigung nur fähig, soweit die Schuld, für die sie hingegeben wurden, bis zum Bilanzstichtag eine Minderung erfahren hat. Das ist in Ansehung der Aufwendungen der Stpfl. für die Diskonte nicht der Fall.
2. Soweit schließlich die Stpfl. in dem Verlangen nach Vornahme einer aktiven Rechnungsabgrenzung einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung sieht, vermag ihr der Senat nicht zu folgen. Wie das FG zutreffend dargelegt hat, ist für dieses Verlangen die Auswirkung auf das Bilanzbild mitentscheidend, so daß auch bei grundsätzlicher Bejahung der Pflicht zur Vornahme der Abgrenzung die Verfolgung dieser Pflicht zur Bildung eines Abgrenzungspostens im Einzelfall wegen der Geringfügigkeit seiner Auswirkung unterbleiben kann. Schließlich kommt es auch darauf an, in welchem Umfang Wechsel mit einer Laufzeit über den Bilanzstichtag hinaus begeben wurden; das Wechselvolumen allein vermag für diese Frage nichts zu besagen.
Sollte sich endlich die Billigung der Unterlassung der Abgrenzung durch das FA in den von der Stpfl. aufgeführten Fällen als unrichtig erweisen lassen, so kann die Stpfl. daraus nicht die Forderung nach gleichfalls rechtlich unrichtiger Sachbehandlung herleiten (BFH-Urteile VI 215/61 U vom 26. Oktober 1962, BFH 76, 239, BStBl III 1963, 86; IV 375/60 U vom 5. Dezember 1963, BFH 78, 379, BStBl III 1964, 146).
Fundstellen
Haufe-Index 412700 |
BStBl II 1968, 7 |
BFHE 1968, 132 |