Leitsatz (amtlich)
An den im Scheidungsverfahren gemäß § 625 ZPO beigeordneten Rechtsanwalt, der nicht zum Prozeßbevollmächtigten bestellt ist, kann nicht wirksam zugestellt werden.
Normenkette
ZPO §§ 176, 625
Verfahrensgang
OLG Celle (Beschluss vom 23.09.1994) |
AG Langen |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluß des 18. Zivilsenats – Senat für Familiensachen – des Oberlandesgerichts Celle vom 23. September 1994 aufgehoben.
Die Sache wird zur Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens der sofortigen Beschwerde, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
I.
Das Familiengericht hat dem anwaltlich nicht vertretenen Antragsgegner im Rahmen des Scheidungsverfahrens Rechtsanwalt Dr. van H. als Beistand gemäß § 625 ZPO beigeordnet. Mit Urteil vom 1. Juni 1994 hat es sodann die Ehe geschieden, die elterliche Sorge über das gemeinsame Kind auf die Antragstellerin übertragen und den Antragsgegner zu nachehelichen Unterhaltszahlungen verpflichtet. Das Urteil ist dem beigeordneten Rechtsanwalt am 17. Juni 1994 zugestellt worden. Eine Zustellung an den Antragsgegner ist unterblieben.
Am 19. Juli 1994 hat der Antragsgegner Berufung eingelegt und am 1. August 1994 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist beantragt. Die Berufung hat er am 17. Oktober 1994 (Montag) begründet. Das Oberlandesgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Hiergegen wendet sich der Antragsgegner mit seiner form- und fristgerecht eingelegten sofortigen Beschwerde.
Entscheidungsgründe
II.
Das Rechtsmittel hat Erfolg.
Das Oberlandesgericht ist davon ausgegangen, daß das Scheidungsurteil dem Antragsgegner zu Händen von Rechtsanwalt Dr. van H. wirksam zugestellt und dadurch der Lauf der Berufungsfrist in Gang gesetzt worden sei.
Dem kann nicht gefolgt werden. Wie die sofortige Beschwerde zutreffend rügt, bewirkt die gemäß § 625 ZPO im Scheidungsverfahren von Amts wegen erfolgende Beiordnung eines Rechtsanwaltes nur, daß dieser die Stellung eines Beistandes (§ 90 ZPO) hat. Solange ihm die Partei keine Prozeßvollmacht erteilt, kann der Anwalt zwar Stellungnahmen abgeben, die vorbehaltlich eines sofortigen Widerrufs als von der Partei vorgebracht gelten (§ 90 Abs. 2 ZPO); er kann aber keine Prozeßhandlungen im Namen der Partei vornehmen. Auch Zustellungen können nicht an ihn, sondern nur an die Partei selbst erfolgen (§ 176 ZPO; Baumbach/Lauterbach ZPO 53. Aufl. § 625 Rdn. 7; Zöller/Philippi ZPO 19. Aufl. § 625 Rdn. 7; Johannsen/Henrich/Sedemund-Treiber Eherecht 2. Aufl. § 625 ZPO Rdn. 4). Rechtsanwalt Dr. van H., dem ersichtlich keine Prozeßvollmacht erteilt wurde, hat eine Vertretung des Antragsgegners weder schriftsätzlich angezeigt, noch hat er in der mündlichen Verhandlung Anträge gestellt oder im Namen des Antragsgegners Prozeßerklärungen abgegeben. Er hat lediglich schriftsätzlich zur Sache vorgetragen. Damit konnte das Urteil ordnungsgemäß nur dem Antragsgegner selbst zugestellt werden. Da dies unterblieben ist, ist die Berufungsfrist nicht in Lauf gesetzt, worden. Die vom Antragsgegner am 19. Juli 1994 eingelegte Berufung war damit rechtzeitig, so daß eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht in Betracht kommt. Auch die Berufungsbegründung ist rechtzeitig eingereicht worden (§ 223 Abs. 1 Satz 2 ZPO).
Unterschriften
Blumenröhr, Zysk, Nonnenkamp, Hahne, Sprick
Fundstellen
Haufe-Index 1131003 |
NJW 1995, 1225 |
Nachschlagewerk BGH |