Verfahrensgang
LG Arnsberg (Urteil vom 14.08.2009) |
Tenor
Der Antrag des Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Versäumung der Frist zur Einlegung der Revision gegen das Urteil des Landgerichts Arnsberg vom 14. August 2009 und die Revision gegen das genannte Urteil werden verworfen.
Der Angeklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betruges in sechs Fällen – unter Anrechnung von Auslieferungshaft – zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Der Antrag des Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Versäumung der Revisionseinlegungsfrist und seine Revision bleiben ohne Erfolg.
Rz. 2
1. Dem angefochtenen Urteil ging eine Verständigung voraus. Nach der Verkündung des Urteils am 14. August 2009 wurde der Angeklagte qualifiziert belehrt. Er verzichtete daraufhin auf Rechtsmittel. Mit einem auf den 1. Oktober 2009 datierten, am 7. Oktober 2010 beim Landgericht eingegangenen Schreiben legte der Angeklagte Revision ein und begehrte gleichzeitig unter Hinweis auf die Regelung in § 302 Abs. 1 Satz 2 StPO n.F. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Mit Schreiben vom 6. Oktober und 9. Oktober 2009 legten auch seine Verteidiger Revision ein und beantragten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.
Rz. 3
Das Wiedereinsetzungsgesuch wird im Wesentlichen damit begründet, dass der Rechtsmittelverzicht gemäß § 302 Abs. 1 Satz 2 StPO n.F. unwirksam gewesen sei. Hätte der Angeklagte dies gewusst, hätte er fristgerecht Revision eingelegt.
Rz. 4
2. Der Wiedereinsetzungsantrag bleibt ohne Erfolg.
Rz. 5
a) Bedenken bestehen bereits gegen seine Zulässigkeit, weil die Begründungsschreiben – wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift im Einzelnen zutreffend ausgeführt hat – nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit den Zeitpunkt des Wegfalles des Hindernisses im Sinne des § 45 Abs. 1 Satz 1 StPO erkennen lassen (vgl. Senat, Beschluss vom 13. September 2005 – 4 StR 399/05, NStZ 2006, 54).
Rz. 6
b) Der Antrag ist jedenfalls unbegründet.
Rz. 7
Zwar ist es zutreffend, dass nach § 302 Abs. 1 Satz 2 StPO in der Fassung des am 4. August 2009 in Kraft getretenen Gesetzes zur Regelung der Verständigung im Strafverfahren vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2353) der in der Hauptverhandlung vom 14. August 2009 nach Urteilsverkündung erklärte Rechtsmittelverzicht nicht zulässig war. Dies hat zur Folge, dass der Rechtsmittelverzicht unwirksam ist, so dass dem Angeklagten die – hier erheblich überschrittene – einwöchige Frist zur Einlegung der Revision (§ 341 Abs. 1 StPO) zur Verfügung gestanden hätte.
Rz. 8
Der Angeklagte war jedoch nicht – wie in § 44 Satz 1 StPO gefordert – ohne Verschulden gehindert, die Frist zur Einlegung der Revision zu wahren. Denn die zu späte Kenntnisnahme des Angeklagten oder seines Verteidigers von einer gesetzlichen Bestimmung stellt – ebenso wenig wie die Unkenntnis höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl. BGH, Beschluss vom 20. September 2005 – 5 StR 354/05, wistra 2006, 28 m.w.N.) – keine Verhinderung im Sinne dieser Vorschrift dar.
Rz. 9
Auch § 44 Satz 2 StPO vermag dem Wiedereinsetzungsgesuch nicht zum Erfolg zu verhelfen. Das Unterlassen einer Rechtsmittelbelehrung nach § 35 a Satz 1 StPO wird nicht geltend gemacht. Die qualifizierte Belehrung nach einer Verständigung (§ 35 a Satz 3 StPO) wird nicht von dem Vermutungstatbestand des § 44 Satz 2 StPO erfasst; im Übrigen wurde der Angeklagte entsprechend belehrt. Schließlich sieht das Gesetz eine Belehrung darüber, dass bei vorausgegangener Verständigung gemäß § 302 Abs. 1 Satz 2 StPO ein Rechtsmittelverzicht ausgeschlossen ist, nicht vor.
Rz. 10
3. Danach ist die Revision unzulässig, weil verspätet eingelegt (§ 341 Abs. 1 StPO).
Unterschriften
Tepperwien, Athing, Ernemann, Cierniak, Mutzbauer
Fundstellen
Haufe-Index 2420039 |
NStZ-RR 2010, 244 |
NStZ-RR 2010, 5 |
NJW-Spezial 2010, 345 |
RÜ 2010, 444 |
StV 2010, 475 |