Tenor
Die sofortige Beschwerde der Klägerinnen gegen den Beschluß des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 11. November 1998 - 11 U 182/98 - wird zurückgewiesen.
Die Klägerin zu 1 hat 35 %, die Klägerin zu 2 65 % der Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Der Beschwerdewert wird auf 57.500 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Das Landgericht hat u.a. die Klagen der Klägerin zu 1 gegen die Beklagten auf Zahlung von 20.125 DM und der Klägerin zu 2 gegen die Beklagten auf Zahlung von 37.375 DM abgewiesen. Gegen das ihnen am 15. April 1998 zugestellte Urteil haben die Klägerinnen mit am 29. Mai 1998 eingegangenem Schriftsatz vom 25. Mai 1998 Berufung eingelegt und um Wiedereinsetzung ein den vorigen Stand gegen die Versäumnis der Berufungsfrist gebeten. Sie haben geltend gemacht, ihr erstinstanzlicher Prozeßbevollmächtigter habe seine Mitarbeiterin A. am 14. Mai 1998 angewiesen, spätestens am folgenden Tag Berufung einlegen zu lassen und sich nach Absendung des betreffenden Telefax telefonisch bei der OLG-Kanzlei zu erkundigen, ob die Berufung noch am 15. Mai eingelegt werde. Diese Nachfrage habe Frau A., der am 15. Mai die gesamte Büroarbeit allein obgelegen habe – weil eine weitere Sekretärin frei gehabt und eine Auszubildende im dritten Lehrjahr krank gewesen sei – versehentlich unterlassen. Bei der OLG-Kanzlei sei das Fax mit dem Auftrag zur Berufungseinlegung zwar am 15. Mai eingegangen, eine Berufungsschrift sei jedoch nicht gefertigt und bei Gericht eingereicht worden, weil dieses Büro ab der Mittagszeit wegen eines Betriebsausfluges geschlossen gewesen sei.
Durch den angefochtenen Beschluß hat das Oberlandesgericht den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufungen der Klägerinnen als unzulässig verworfen.
II.
Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde ist nicht begründet.
Zu Recht hat das Oberlandesgericht den Klägerinnen keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt, weil sich aus dem Vorbringen der Klägerinnen hierzu nicht ergibt, daß sie ohne ein Verschulden ihres Prozeßbevollmächtigten verhindert waren, die Frist zur Einlegung der Berufung gegen das Urteil des Landgerichts einzuhalten.
a) Ob dies, wie das Oberlandesgericht meint, hinsichtlich der Berufung der Klägerin zu 2 schon daraus folgt, daß das am 15. Mai 1998 von Rechtsanwalt Krenzel unterzeichnete und mittels Telefax an die Anwaltskanzlei Leinen und Derichs übermittelte Schreiben den Auftrag zur Einlegung der Berufung lediglich namens der Klägerin zu 1 enthielt, oder ob – wie die Beschwerde anführt – nach den hier gegebenen Umständen das Auftragsschreiben für die OLG-Anwälte ohne weiteres dahin zu verstehen war, daß für beide Klägerinnen Berufung eingelegt werden sollte, kann dahinstehen.
b) Der Senat tritt dem Oberlandesgericht jedenfalls darin bei, daß ein Verschulden des erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten der Klägerinnen schon deshalb nicht ausgeräumt ist, weil naheliegt, daß die Kanzleiangestellte A., die am 15. Mai 1998 als einzige von sonst tätigen drei Mitarbeiterinnen im Büro arbeitete, mit den insgesamt anfallenden Geschäften überfordert war und deshalb nicht mehr daran gedacht hat, bei der OLG-Praxis telefonisch nachzufragen, ob der Auftrag zur Berufungseinlegung angenommen und noch am selben Tage durchgeführt werde. Deutliche Anhaltspunkte in dieser Richtung gibt die eidesstattliche Versicherung der Büroangestellten vom 22. Mai 1998. Ist der Personalbestand eines Anwalts über einen ganzen Tag lang derart vermindert, wie es hier der Fall war, so erhöht sich die eigene Sorgfalt des Anwalts (vgl. Zöller/Greger ZPO 21. Aufl. § 233 Rn. 23 Stichwort: „Büropersonal S. 676, 678). Daher liegt nahe, daß sich Rechtsanwalt K. angesichts der am 15. Mai 1998 in seinen Büro gegebenen Personallage nicht darauf verlassen durfte, daß alle Aufgaben im Büro von der einzigen verbliebenen Angestellten erledigt würden, sondern, wie das Oberlandesgericht zutreffend ausgeführt hat, durch persönliche Kontrolle hätte sicherstellen müssen, daß insbesondere alle für die Einhaltung von Fristen erforderlichen Maßnahmen getroffen wurden. Besondere Gründe, warum solche Maßnahmen aus der Sicht des erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten nach der konkreten Situation am 15. Mai 1998 gleichwohl unnötig gewesen sein sollen, ergeben sich aus dem Vortrag der Klägerinnen einschließlich des Beschwerdevorbringens nicht. Darin heißt es nur allgemein, im Büro des erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten komme es – wie in jedem Büro – immer einmal vor, daß durch den Ausfall von weiteren Mitarbeitern die Belastung für eine Mitarbeiterin intensiver werde. Wenn drei Jahre lang kein einziges Problem aufgetaucht sei, habe offenkundig keine Veranlassung für den erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten bestanden, an dem hier in Rede stehenden Tag nachzufragen, ob entsprechend der von ihm erteilten Weisung erfahren worden sei. Diese allgemeinen Ausführungen besagen nichts Näheres über die Arbeitsbelastung der Mitarbeiterin des erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten am 15. Mai 1998.
Wäre eine Rückfrage in der OLG-Kanzlei, ob der Auftrag zur Berufungseinlegung fristgerecht durchgeführt werde, erfolgt, so hätte sich, wie das Oberlandesgericht ausführt, herausgestellt, daß diese Kanzlei wegen ihres jährlichen Betriebsausfluges am Nachmittag des 15. Mai 1998 nicht mehr besetzt war, und es hätte ein anderer bei dem Oberlandesgericht zugelassener Rechtsanwalt mit der Berufungseinlegung noch rechtzeitig vor dem unmittelbar bevorstehenden Fristablauf betraut werden können.
Unterschriften
Rinne, Streck, Schlick, Kapsa, Dörr
Fundstellen
Haufe-Index 538736 |
NJW-RR 1999, 1664 |
JurBüro 2000, 390 |