Leitsatz (amtlich)
Arbeitet eine Prostituierte freiwillig in einem Bordell oder bordellähnlichen Betrieb, liegt allein in der Eingliederung in eine Organisationsstruktur durch Vorgabe von festen Arbeitszeiten, Einsatzorten und Preisen noch kein „Bestimmen” im Sinne von § 181 a Abs. 1 Nr. 2 2. Alt. StGB. Die gilt nicht nur bei legalen Beschäftigungsverhältnissen im Sinne von § 1 Prostitutionsgesetz (BGBl. 2001, 3983), sondern auch dann, wenn dabei gegen sonstige Rechtsvorschriften etwa ausländerrechtlicher, steuerrechtlicher oder sozialversicherungsrechtlicher Art verstoßen wird.
Normenkette
StGB § 181a Abs. 1 Nr. 2 2. Alt.
Verfahrensgang
LG Gera (Urteil vom 10.12.2002) |
Tenor
Auf die Revision des Angeklagten M. wird das Urteil des Landgerichts Gera vom 10. Dezember 2002, auch soweit es die Angeklagten B. und H. betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts, zurückverwiesen.
Gründe
Das Landgericht hat nach Einstellung und Beschränkung nach §§ 154, 154 a StPO den Angeklagten M. wegen Zuhälterei in sieben Fällen, tateinheitlich begangener zweifacher Zuhälterei in sechs Fällen und tateinheitlich begangener dreifacher Zuhälterei in einem Fall zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Die Mitangeklagten B. und H. hat es wegen Beihilfe zu den Taten des Angeklagten M. zu einer Freiheitsstrafe bzw. Jugendstrafe verurteilt. Gegen das Urteil wendet sich die Revision des Angeklagten M. mit der Sachrüge.
Das Rechtsmittel hat Erfolg.
Nach den Feststellungen betrieb der Angeklagte M. von März bis Dezember 2001 einen „Hausbesuchsservice” mit Prostituierten. Zu diesem Zweck hatte er mehrere Wohnungen angemietet, in denen er osteuropäische Prostituierte in wechselnder Zusammensetzung unterbrachte, die sich entweder illegal oder mit einem Touristenvisum in Deutschland aufhielten. Die Dienste der Prostituierten wurden – auf seine Veranlassung – in Lokalzeitungen inseriert. Anrufe der Kunden wurden von einer von dem Angeklagten M. angestellten Telefonistin entgegengenommen, die sie an einen der Angeklagten oder unmittelbar an die mit Mobilfunktelefonen ausgestatteten Prostituierten weiterleitete. Diese wurden dann entweder von den Angeklagten oder von der Telefonistin über die Wünsche der Freier, den Termin und den festgesetzten Preis informiert. Die jeweilige Prostituierte wurde von einem vom Angeklagten M. engagierten Fahrer zu dem Kunden gebracht und abgeholt. Von dem eingenommenen Entgelt von ca. 200 DM bis 300 DM für die erste Stunde – die Preise waren von dem Angeklagten M. vorgegeben – zahlten die Prostituierten den Fahrern Fahrgeld, das ebenfalls von dem Angeklagten M. festgelegt war, sowie Miete von täglich 10 DM an den Angeklagten. Ca. 70 DM bis 100 DM von den eingenommenen 200 DM bis 300 DM verblieben den Prostituierten, ebenso Trinkgelder und Entgelte für Sonderleistungen.
Die Prostituierten hielten sich freiwillig in Deutschland auf und gingen der Prostitution freiwillig nach. Sie konnten sich frei bewegen und waren überwiegend auch im Besitz ihrer Personalpapiere. Nicht alle waren während des Tatzeitraums durchgängig bei dem Angeklagten tätig, einige reisten zwischendurch aus Deutschland aus und kamen nach einiger Zeit wieder oder wechselten in ein anderes Bordell. Die Kammer konnte nicht feststellen, daß der Angeklagte M. Einweisungsgespräche mit den Prostituierten führte. Die genauen Bedingungen erfuhren sie, wenn sie ihnen nicht schon zuvor bekannt waren, bei Gelegenheit vom Angeklagten M. selbst oder von anderen Prostituierten oder der Telefonistin.
In einem Fall hat der Angeklagte M. gegen drei Prostituierte, die betrunken in ihre Wohnung zurückgekehrt waren, ein zweiwöchiges Ausgehverbot mit Ausnahme für „Arbeitsbesuche” verhängt, da er befürchtete, daß sich Nachbarn über sie beschweren und die Polizei rufen könnten. Auch in diesem Fall war es den Prostituierten jedoch freigestellt, die Arbeit bei dem Angeklagten aufzugeben und nach Hause zurückzukehren.
Das Landgericht hat diesen Fall (Fall 1) als dirigierende Zuhälterei nach § 181 a Abs. 1 Nr. 2 2. Alt. StGB in drei tateinheitlich zusammentreffenden Fällen gewertet und den Angeklagten M. in den übrigen Fällen (Fälle 2 bis 14) der gewerbsmäßig fördernden Zuhälterei nach § 181 a Abs. 2 StGB a. F., soweit auch seine Ehefrau als Prostituierte tätig war, nach § 181 a Abs. 3 StGB für schuldig befunden. Der Angeklagte habe Zeit, Ort und Ausmaß der Prostitutionsausübung gemäß § 181 a Abs. 1 Nr. 2 2. Alt. StGB bestimmt, weil die Prostituierten aufgrund ihrer aufenthaltsrechtlich und arbeitsrechtlich unabgesicherten Stellung nur die Wahl gehabt hätten, sich in die vom Angeklagten vorgegebene Organisationsstruktur einzufügen oder in ihr Heimatland zurückzukehren oder eine ähnliche ungesicherte Stellung zu suchen. Sie seien deshalb dem Angeklagten M. tatsächlich unterlegen gewesen. Dies zeige auch die gegen drei der Prostituierten im Fall 1 verhängte Disziplinarmaßnahme.
In den Fällen 2 bis 14 sei § 181 a Abs. 2 StGB a. F. gegeben, weil der Angeklagte M. durch seine aktiv vermittelnden Bemühungen die Ausübung der Prostitution gewerbsmäßig unterstützt habe. Darüber hinaus habe auch eine Beeinträchtigung der persönlichen und wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit der Prostituierten im Sinne von § 181 a Abs. 2 StGB n. F. durch die vom Angeklagten vorgegebene Organisationsstruktur und aufgrund der ausländerrechtlich ungesicherten Stellung der Prostituierten vorgelegen.
Diese Ausführungen begegnen durchgreifenden Bedenken.
1. Fall 1:
a) Der Tatbestand der dirigierenden Zuhälterei (§ 181 a Abs. 1 Nr. 2 StGB) setzt in allen Begehungsweisen eine bestimmende Einflußnahme auf die Prostitutionsausübung voraus; eine bloße Unterstützung reicht nicht aus. Nach der Rechtsprechung muß es sich dabei um ein Verhalten handeln, das geeignet ist, die Prostituierte in Abhängigkeit vom Täter zu halten, ihre Selbstbestimmung zu beeinträchtigen, sie zu nachhaltiger Prostitutionsausübung anzuhalten oder ihre Entscheidungsfreiheit in sonstiger Weise nachhaltig zu beeinflussen (BGH NStZ-RR 2002, 232; BGH, Beschl. vom 13. November 2001 – 4 StR 408/01; BGH NStZ 1983, 220). Erfolgt das Überwachen und Bestimmen der Umstände im Rahmen einer betrieblichen Organisation, ohne daß konkrete Anweisungen an die einzelnen Prostituierten erteilt werden, kommt es auf die Maßnahmen in ihrer Gesamtheit an (BGH NStZ 1986, 358; vgl. auch BGHR StGB § 181 a Abs. 1 Satz 2 Dirigieren 1). Die Kriterien, wann von einer solchen Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit der Prostituierten auszugehen ist, sind allerdings sowohl innerhalb der Rechtsprechung als auch in der Literatur nicht einheitlich. Während teilweise für § 181 a Abs. 1 Nr. 2 StGB qualifizierte Ungehorsamfolgen wie Gewalt oder Drohungen, die auf die völlige Unterwerfung der Prostituierten unter den Willen des Zuhälters zielen (Lenckner/Perron in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 181 a Rdn. 7; ähnlich auch BGH NStZ 1994, 32), gefordert werden, wird von anderen Vertretern des Schrifttums und der überwiegenden Rechtsprechung insbesondere auf die einseitige Festsetzung der in § 181 a Abs. 1 Nr. 2 StGB genannten Umstände durch den Täter abgestellt (Tröndle/Fischer, StGB 51. Aufl. § 181 a Rdn. 14; Laufhütte in LK 11. Aufl. § 181 a Rdn. 6).
Aber auch bei Abstellen auf die einseitige Festsetzung der Bedingungen, wie sie durch die vorgegebene Organisationsstruktur in einem bordellartigen Betrieb gegeben sein kann, differieren die Maßstäbe. Jedenfalls dann, wenn die Prostituierten besonderen, bei sonstigen Arbeitsverhältnissen unüblichen Einschränkungen unterlagen, etwa bei Beschränkungen der Ausgangsmöglichkeiten, z. B. nur in Begleitung einer Vertrauensperson des Zuhälters, Festsetzung außergewöhnlich langer Arbeitszeiten, hoher Abgaben (BGH, NStZ 2000, 657), bei besonderen Bestrafungsaktionen zur Anhaltung zu nachhaltigerer Prostitutionsausübung (BGH, Beschl. vom 9. Mai 2001 – 2 StR 111/01), ist eine dirigierende Zuhälterei angenommen worden. Dirigierende Zuhälterei ist bejaht worden, wenn die Prostituierten in einem „Club” angestellt waren und ein bestimmter „Arbeitsablauf”, durch Vorgabe des Orts, der Zeit und anderer Umstände der Prostitutionsausübung geregelt war (vgl. BGH NStZ 1989, 67; in diese Richtung auch BGH NJW 1987, 3209, 3210). Hingegen ist in neuerer Zeit bei einem „barartigen Betrieb”, bei dem die Prostituierten während der Öffnungszeiten zur Prostitution bereit zu sein hatten, die Preise festgesetzt waren, Kondome zur Verfügung gestellt wurden und auf Wunsch auch eine Wohnung gestellt werden konnte, der Tatbestand der dirigierenden Zuhälterei verneint worden (BGH, Beschl. vom 13. November 2001 – 4 StR 408/01).
Diese einschränkende Sichtweise entspricht der gesetzgeberischen Intention, die dem am 1. Januar 2002 in Kraft getretenen Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Prostitution (Prostitutionsgesetz – ProstG, BGBl. 2001 I 3983) zugrunde liegt. Zwar sind durch dieses Gesetz nur § 180 a Abs. 1 und § 181 a Abs. 2 StGB, nicht jedoch § 181 a Abs. 1 StGB geändert worden. Die Auslegung des § 181 a Abs. 1 Nr. 2 StGB kann aber nicht ohne Berücksichtigung des Regelungszusammenhangs mit diesen Vorschriften und des gesetzgeberischen Ziels erfolgen, die Prostitutionsausübung als sozialversicherungspflichtige Tätigkeit zu legalisieren und jedenfalls teilweise einem normalen Arbeitsverhältnis anzugleichen, wie es in §§ 1 und 2 Prostitutionsgesetz zum Ausdruck kommt (zum ganzen vgl. Heger, Zum Einfluß des Prostitutionsgesetzes auf das Strafrecht, StV 2003, 350 f.). Ist danach der Bordellbetreiber nicht nach § 180 a StGB strafbar, wenn die Prostituierte in seinem Betrieb selbstbestimmt und freiwillig arbeitet, d. h. ohne durch persönliche oder wirtschaftliche Zwänge in der Prostitution gehalten zu werden, so kommt eine Strafbarkeit auch nicht nach § 181 a Abs. 1 Nr. 2 StGB deshalb in Betracht, weil er Ort und Zeit der Prostitutionsausübung vorgibt. Eine Änderung des § 181 a Abs. 1 Nr. 2 StGB hat der Gesetzgeber deshalb nicht für erforderlich gehalten, weil „eine freiwillig getroffene Vereinbarung über Ort und Zeit der Prostitutionsausübung, also ein einvernehmlich begründetes rechtlich wirksames Beschäftigungsverhältnis, das Prostituierten eine jederzeitige Loslösung aus dieser vertraglichen Beziehung ermöglicht”, nicht unter den Tatbestand des § 181 a StGB falle. Nach dem Sinnzusammenhang der Regelung des § 181 a Abs. 1 Nr. 2 StGB mit den §§ 180 a Abs. 1, 181 a Abs. 2 StGB als den milderen Vorschriften sei eine restriktive Auslegung des Merkmals „bestimmen” geboten (vgl. auch BT-Aussch.-Drucks. – Ausschuss für Familien, Senioren, Frauen und Jugend – 14/728, S. 3, so auch Lenckner/Perron in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 181 a Rdn. 18; Tröndle/Fischer, StGB 51. Aufl. § 181 a Rdn. 3).
Bestimmen im Sinne des § 181 a Abs. 1 Nr. 2 StGB kann deshalb bei bordellähnlichen Betrieben nicht schon bei Vorgabe von Arbeitszeiten, Arbeitsorten und einer festen Organisationsstruktur angenommen werden, wenn die Prostituierte unbeeinflußt und freiwillig den Arbeitsbedingungen zugestimmt hat. Ein Bestimmen im Sinne des § 181 a Abs. 1 Nr. 2 StGB liegt jedoch vor, wenn sich die Prostituierte den Weisungen aufgrund wirtschaftlicher oder persönlicher Abhängigkeit nicht entziehen kann. Anzeichen dafür können etwa unangemessene, die Prostituierte benachteiligende Arbeitsbedingungen, Beschränkungen der persönlichen Freiheit etwa durch Wegnahme von Personalpapieren, Ausgangsbeschränkungen, Verstrickung in Schulden usw. sein. Nicht vorgegeben werden dürfen die Art und das Ausmaß der Prostitutionsausübung. Die Prostituierte muß das Recht haben, jederzeit zu kündigen, sie muß berechtigt sein, sexuelle Handlungen abzulehnen und darf auch keinem Direktionsrecht in der Weise unterliegen, daß sie bestimmte Kunden annehmen muß (vgl. Das Deutsche Bundesrecht, Augstein, Einführung Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Prostituierten, S. 6).
b) Die bisher getroffenen Feststellungen belegen nicht, daß der Angeklagte einen in dieser Weise bestimmenden Einfluß ausgeübt hat. Zwar waren bestimmte Rahmenbedingungen – etwa die Preisgestaltung – ebenso wie der konkrete Auftrag vorgegeben. Ob die Prostituierten das Recht hatten, einen bestimmten Auftrag abzulehnen, welche Konsequenzen eine Ablehnung hatte, ist den Feststellungen aber nicht sicher zu entnehmen. Ein etwaiger Verdienstausfall bei Nichterfüllung eines Auftrags allein wäre nicht ausreichend, um eine den Angeklagten zuzurechnende wirtschaftliche Zwangssituation zu begründen, weil dieser Verdienstausfall die Konsequenz aus der Nichtausführung des Auftrags wäre, eine Folge, die auch in anderen Vertragsbeziehungen unter gleichberechtigten Vertragspartnern die Regel ist. Daß einige der Prostituierten in dieser Zeit gewechselt haben, aus Deutschland ausgereist waren oder von vornherein nur einige Tage tätig sein wollten, spricht eher gegen eine über ein normales Arbeitsverhältnis hinausgehende Abhängigkeit. Die Feststellungen verhalten sich auch nicht dazu, wie die Einsatzzeiten der Prostituierten geregelt waren und ob und wie eine etwaige Nichterreichbarkeit der Prostituierten sanktioniert wurde. Zwar könnte ein zeitweiliges Einsperren darauf hindeuten, daß die Prostituierten sich den Weisungen des Angeklagten M. kraft seiner überlegenen Stellung zu fügen hatten. Der verhängte Stubenarrest sollte hier aber nicht dazu dienen, die Prostituierten zu nachhaltigerer Prostitutionsausübung anzuhalten, sondern sie dazu bringen, sich in der Öffentlichkeit ordentlich zu verhalten, um polizeiliche Nachforschungen zu vermeiden, die weder im Interesse des Angeklagten noch der Prostituierten lagen. Insbesondere war es aber den Prostituierten auch freigestellt, die Arbeit bei dem Angeklagten aufzugeben und sich so der Disziplinarmaßnahme zu entziehen. Daß diese Wahl für sie mit besonderen Härten verbunden war, etwa weil sie dann mittellos, ohne Unterkunft und ohne Sprachkenntnisse auf der Straße gestanden hätten, ist den Feststellungen nicht zu entnehmen.
Eine tatsächlich überlegene Stellung des Angeklagten M., der sich die Prostituierten nicht ohne weiteres entziehen konnten, ergibt sich nicht – wie die Strafkammer meint – schon daraus, daß die Prostituierten sich in Deutschland illegal aufhielten oder jedenfalls keine Arbeitserlaubnis hatten. Die ausländerrechtliche Unsicherheit ihrer Lage bestand unabhängig von etwaigen Einwirkungen des Angeklagten. Daß er sie ausgenutzt hat, etwa durch Drohungen mit Anzeigen bei der Ausländerbehörde oder durch völlig unangemessene Arbeitsbedingungen, ist nach den Feststellungen nicht ersichtlich.
Eine von § 181 a Abs. 1 Nr. 2 StGB erfaßte Rechtsgutverletzung folgt schließlich auch nicht allein aus dem Umstand, daß das Arbeitsverhältnis der Prostituierten gegen sonstige Rechtsvorschriften verstieß.
Daß der Angeklagte mit der Beschäftigung der Prostituierten gegen Bestimmungen etwa steuerrechtlicher oder ausländerrechtlicher Art verstoßen hat, begründet für sich genommen nicht die Strafbarkeit nach §§ 180 a Abs. 1, 181 a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 StGB. Der Gesetzgeber hatte zwar bei der Neuregelung der Prostitutionsausübung das legale Arbeitsverhältnis vor Augen. Die Förderung der Prostitution sollte gerade deshalb straflos sein, um eine Legalisierung dieser Tätigkeit, insbesondere auch ihre sozialversicherungsrechtliche Absicherung zu erreichen (BT-Drucks. 14/5958 S. 4). Für die Strafbarkeit der Förderung der Prostitution nach §§ 180 a Abs. 1, 181 a Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 StGB hat der Gesetzgeber aber nicht an die fehlende Anmeldung zur Sozialversicherung etc. angeknüpft, sondern an Einschränkungen des Selbstbestimmungsrechts der Prostituierten, die über in einem normalen Arbeitsverhältnis übliche Weisungen hinausgehen. Solche Einschränkungen werden bei einem illegalen „Arbeitsverhältnis” zwar näher liegen. Daß dies hier konkret der Fall war, ist bisher – wie ausgeführt – nicht ausreichend dargetan.
2. Fälle 2 bis 14:
Soweit das Landgericht in den Fällen 2 bis 14 nicht eine dirigierende Zuhälterei nach § 181 a Abs. 1 Nr. 2 StGB, sondern eine fördernde (kupplerische) Zuhälterei nach § 181 a Abs. 2 StGB angenommen hat, hat das Landgericht das nach der Änderung des § 181 a Abs. 2 StGB zusätzliche Erfordernis der Beeinträchtigung der persönlichen oder wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit geprüft und bejaht. Auch insoweit ist jedoch nicht ausreichend dargetan, daß eine solche Beeinträchtigung der Prostituierten vorgelegen hat. Auf die Ausführungen zu 1. wird verwiesen. Wäre eine Beeinträchtigung der persönlichen oder wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit gegeben, wäre auch in diesen Fällen § 181 a Abs. 1 Nr. 2 StGB erfüllt, hinter dem § 181 a Abs. 2 StGB zurückträte (Tröndle/Fischer, StGB 51. Aufl. § 181 a Rdn. 20).
3. Der Senat kann nicht ausschließen, daß in einer neuen Hauptverhandlung – über die geständige Einlassung des Angeklagten und bisher vernommenen Zeugen hinaus – weitergehende Feststellungen getroffen werden können, die eine Verurteilung wegen § 181 a Abs. 1 Nr. 2 StGB rechtfertigen. Die Sache bedarf danach erneuter Prüfung. Die Aufhebung des Urteils ist gemäß § 357 StPO auch auf die wegen Beihilfe an den Taten des Angeklagten M. verurteilten Mitangeklagten zu erstrecken, die nicht revidiert haben.
4. Hinsichtlich der Konkurrenzen wird der neue Tatrichter zu beachten haben, daß Tateinheit wegen teilweiser Tatidentität dann anzunehmen ist, wenn sich die Maßnahmen nach § 181 a Abs. 1 Nr. 2 StGB gegen mehrere Frauen gleichzeitig richten (BGH, Beschl. vom 9. Oktober 2001 – 4 StR 395/01). Das kann auch der Fall sein, wenn mehrere Frauen sukzessiv betroffen sind.
Unterschriften
Rissing-van Saan, Detter, Bode, Otten, Fischer
Fundstellen
Haufe-Index 2558703 |
BGHSt 2004, 314 |
BGHSt |
NJW 2004, 81 |
NStZ 2004, 262 |
Nachschlagewerk BGH |
ZAP 2004, 67 |
NJ 2004, 86 |
StV 2004, 14 |
StraFo 2004, 28 |