Entscheidungsstichwort (Thema)
gefährliche Körperverletzung
Tenor
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Ravensburg vom 13. Oktober 1999, soweit es sie betrifft, im Strafausspruch mit den Feststellungen zum Nachtatverhalten aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten dieser Rechtsmittel, an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.
Gründe
Wegen gefährlicher Körperverletzung in fünf tateinheitlich zusammentreffenden Fällen, gemeinschaftlich begangen mit den Mitangeklagten D. und I. Y., hat das Landgericht den Angeklagten W. (unter Einbeziehung der Urteile des Jugendschöffengerichts Hechingen vom 29. Oktober 1996 und vom 22. Juli 1997) zu einer Jugendstrafe von sechs Jahren, den Angeklagten C. Y. zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Mit ihren Revisionen rügen die genannten Angeklagten die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Die Rechtsmittel führen auf Grund einer Verfahrensrüge zur Aufhebung des Strafausspruchs mit den Feststellungen zum Nachtatverhalten.
Zum Schuldspruch hat die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigungen keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben.
Zu zwei von beiden Revisionen erhobenen Verfahrensrügen bemerkt der Senat:
1. Die Rüge, die Zeugin T. sei entgegen der Vorschrift des § 59 StPO nicht vereidigt worden, greift nicht durch. Soweit das Protokoll über die Hauptverhandlung vom 7. Oktober 1999 lediglich vermerkt, daß diese Zeugin erschienen war und Angaben zur Sache machte, aber nichts zur Frage ihrer Vereidigung und zu ihrer Entlassung mitteilt, weist es einen offensichtlichen Mangel auf, der die in § 274 Satz 1 StPO geregelte Beweiskraft entfallen läßt. In einem solchen Fall kann und muß das Revisionsgericht im Freibeweis klären, wie der Verfahrensablauf wirklich war (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO 44. Aufl. § 274 Rdn. 17, 18 m. w. Nachw.). Aus einer – unbestritten gebliebenen – dienstlichen Äußerung des Vorsitzenden der Jugendkammer ergibt sich, daß nach allseitigem Verzicht auf die Vereidigung der Zeugin nach § 61 Nr. 5 StPO verfahren und diese sodann entlassen worden ist.
2. Zu Recht machen die Revisionen geltend, daß nach § 60 Nr. 2 StPO die Zeugin E. nicht hätte vereidigt werden dürfen, weil sie, wie die Urteilsgründe ausweisen, bei ihrer polizeilichen Vernehmung am 1. Februar 1999 für den Angeklagten W. ein falsches Alibi angegeben hatte und damit zumindest der versuchten Strafvereitelung gemäß § 258 StGB verdächtig war. Ein strafbefreiender Rücktritt, der darin liegt, daß die Zeugin ihre Angaben alsbald richtiggestellt hat, läßt dieses Vereidigungsverbot nicht entfallen (vgl. BGH NStZ-RR 1998, 335 m. w. Nachw.).
a) Auf diesem Verstoß kann aber bei keinem der Angeklagten der Schuldspruch beruhen, weil sich das Urteil insoweit nicht auf die Vereidigung der Zeugin stützt, sondern auf die Schlüssigkeit ihrer Angaben, ihr Aussageverhalten in der Hauptverhandlung sowie die Bestätigung ihrer Angaben durch eine anderweitige Zeugenaussage und zusätzliche Sachbeweise (vgl. dazu Senge in KK 4. Aufl. § 60 Rdn. 42 mit Rechtsprechungsnachweisen).
b) Hingegen vermag der Senat nicht auszuschließen, daß sich der Verfahrensfehler bei beiden Angeklagten auf die Bemessung der Strafe ausgewirkt hat. Sowohl bei W. als auch bei C. Y. berücksichtigt das Urteil strafschärfend, sie hätten sich über den Vorfall noch lustig gemacht. Es handelt sich um ein Nachtatverhalten, zu dem kein anderes Beweismittel als die Aussage der Zeugin E. zur Verfügung steht. Hierauf haben die Verteidiger zutreffend hingewiesen.
Abgesehen von diesem Nachtatverhalten der Angeklagten, können die zum Strafausspruch getroffenen Feststellungen bestehen bleiben. Ergänzungen sind zulässig.
Unterschriften
Schäfer, Maul, Granderath, Nack, Wahl
Fundstellen
Haufe-Index 540154 |
NStZ 2000, 546 |
StV 2001, 219 |