Leitsatz (amtlich)
›Zum Wert des Beschwerdegegenstandes einer Berufung des Beklagten, der zur Erteilung einer Auskunft verurteilt worden ist.‹
Verfahrensgang
Gründe
I. Die Parteien waren Eheleute. Sie lebten im Güterstand der Gütergemeinschaft. Dem Beklagten war erlaubt, Grundstücke sowie Eigentumswohnungen und dingliche Rechte als Vorbehaltsgut zu erwerben.
Während des Ehescheidungsverfahrens hat die Klägerin Stufenklage gegen den Beklagten erhoben und beantragt, ihn zu verurteilen,
1. ihr Auskunft über die Finanzierung seines Vorbehaltseigentums, des Wohngrundstücks W, B-Weg 19, zu erteilen,
2. ihr Auskunft über den Bestand sämtlicher auf seinen Namen lautender Sparbücher und Bankkonten zu erteilen,
3. den Geldwert des von ihm zur Finanzierung des Vorbehaltseigentums verwendeten Gesamtgutes sowie die aus Mitteln des Gesamtgutes bestehenden Bankguthaben im Wege des vorzeitigen Ausgleichs an die Gütergemeinschaft zu zahlen.
Sie hat geltend gemacht, der Beklagte habe Erwerb und Bebauung des Grundstücks im wesentlichen aus seinem Lehrergehalt und damit aus dem Gesamtgut bestritten. Auch die Einzahlungen auf die Spar- und sonstigen Bankkonten stammten aus dem Gesamtgut.
Das Amtsgericht - Familiengericht - hat durch Teilurteil den Beklagten verurteilt, "der Klägerin vollständige Auskunft unter Vorlage ausreichender geeigneter Belege darüber zu erteilen, ob und ggf. welche Beträge im einzelnen aus dem Gemeinschaftsgut oder woraus im einzelnen sonst er zur Finanzierung seines Vorbehaltseigentums Wohngrundstück W, B-Weg 19, verwendet hat, und ... dazu auch im einzelnen Auskunft über den Bestand sämtlicher auf seinen Namen lautender Spar- und sonstigen Bankkonten zu erteilen".
Dagegen hat der Beklagte Berufung eingelegt, mit der er eine Auskunftspflicht geleugnet und in verfahrensrechtlicher Hinsicht im wesentlichen ausgeführt hat: Die Klageanträge sowie die obendrein unter Verstoß gegen § 308 Abs. 1 ZPO ergangene Verurteilung ermangelten der erforderlichen Bestimmtheit. Das Urteil sei nicht vollstreckungsfähig. Sofern die Erteilung der Auskünfte, zu denen das Amtsgericht ihn verurteilt habe, überhaupt möglich sei, würde allein die Zusammenstellung sämtlicher Beträge unter Vorlage ausreichender geeigneter (welcher?) Belege Tage in Anspruch nehmen, wobei er zur Beantwortung der Frage, welche Belege "ausreichend geeignet" seien, anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen müsse. Das rechtfertige zumindest eine deutliche Anhebung des erstinstanzlich mit 1.000 DM festgesetzten Streitwerts für das Auskunftsverlangen.
Das Oberlandesgericht hat den Wert des Beschwerdegegenstandes (§ 511a Abs. 1 ZPO) auf 500 DM festgesetzt; eine Gegenvorstellung hat es zurückgewiesen. Mit Beschluß vom 4. November 1987 hat es sodann die Berufung als unzulässig verworfen, weil die Berufungssumme nicht erreicht sei. Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Beklagten.
II. Das Rechtsmittel hat Erfolg.
1. Für die Bemessung des Wertes des Beschwerdegegenstandes, den das Gericht bei einem Rechtsstreit wegen der Erteilung einer Auskunft gemäß §§ 2 und 3 ZPO nach freiem Ermessen festzusetzen hat, ist das Interesse des Rechtsmittelklägers maßgebend. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß sich der Beschwerdewert bei einem Rechtsmittel des Beklagten gegen seine Verurteilung zur Auskunft an seinem Interesse ausrichtet, die Auskunft nicht erteilen zu müssen. Sein Interesse, die von der klagenden Partei letztlich angestrebte Leistung nicht erbringen zu müssen, bleibt bei der Wertbemessung außer Betracht, weil es durch die Verurteilung zur Auskunft, die für den Grund des Hauptanspruchs keine Rechtskraft schafft, nicht berührt wird. Als Posten für die Bewertung des Abwehrinteresses verbleiben deshalb nur der für die Auskunft notwendige Zeit- und Arbeitsaufwand sowie ein ausnahmsweise bestehendes Geheimhaltungsinteresse (ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs; vgl. Senatsbeschlüsse vom 27. März 1985 - IVb ZB 121/84 - FamRZ 1986, 796, 797 und vom 8. Juli 1987 - IVb ZB 3/87 - BGHR ZPO § 2 Beschwerdegegenstand 3, jeweils m.w.N.). Ein Geheimhaltungsinteresse ist hier weder geltend gemacht noch ersichtlich. Deshalb kommt es für die Bewertung des Abwehrinteresses allein auf den für die Auskunft erforderlichen Zeit- und Arbeitsaufwand an.
2. Das Oberlandesgericht hat diesen Aufwand mit nur 500 DM bewertet und deshalb die Berufung als unzulässig verworfen (§§ 511a, 519b ZPO). Es hat gemeint, es sei nichts dafür ersichtlich, daß die Auskunft nach anwaltlicher Beratung erteilt werden müsse oder der Beklagte sie ohne solchen Rat nicht erteilen könne.
3. Auf die sofortige Beschwerde ist zu prüfen, ob das Berufungsgericht bei der Bemessung des Wertes des Beschwerdegegenstandes von seinem Ermessen einen ungesetzlichen Gebrauch gemacht hat (s. Senatsbeschluß vom 27. März 1985 aaO. S. 797). Das ist hier der Fall, denn bei der Ermessensausübung haben ersichtlich nicht alle wesentlichen Umstände des Falles Beachtung gefunden. Der Beklagte hat im Verfahren vor dem Berufungsgericht darauf hingewiesen, daß die Auskunft, bei der umfangreiche, jahrelang zurückliegende wirtschaftliche Vorgänge aufzuschlüsseln sind, nämlich die Finanzierung des Grundstückskaufs sowie insbesondere der gesamten Grundstücksbebauung, einen hohen Aufwand an Zeit und Arbeit erfordert. Dieser Aufwand liegt offensichtlich erheblich über demjenigen, den etwa die zur Vorbereitung von Unterhaltsansprüchen verlangten Auskünfte über Einkommen und Belastungen verursachen. Bereits die Vernachlässigung dieses tatsächlichen Umstandes führt dazu, daß die Ermessensausübung durch das Oberlandesgericht nicht dem Gesetz entspricht.
Zudem hat das Berufungsgericht auch den weiteren Vortrag des Beklagten nicht hinreichend gewürdigt, daß er ohne fachkundige Hilfe nicht entscheiden könne, welche Belege er nach dem Teilurteil des Amtsgerichts als "ausreichend geeignet" zu seinen Verwendungen auf sein Vorbehaltseigentum vorzulegen habe. Der Klageantrag, der solche Belege, sofern ihre Vorlage begehrt werden sollte, gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO hätte bezeichnen müssen (vgl. Senatsurteil vom 26. Januar 198 - IVb ZR 355/81 - FamRZ 1983, 454, 455), kennzeichnet sie nicht; in ihm sind vorzulegende Belege nicht einmal erwähnt. Welcher Art die nach dem Teilurteil vorzulegenden Belege sein sollen, wird auch deshalb jedenfalls für einen Laien nicht deutlich. Hätte der Beklagte dem Teilurteil nachzukommen, so könnte ihm daher nicht verwehrt sein, sich - nach der Aufklärung des offensichtlich komplexen Sachverhalts der Finanzierung im übrigen - kundigen Rates zu bedienen, um dem Urteil zu genügen und Zwangsmaßnahmen, sollten diese trotz der Bedenken gegen die Vollstreckungsfähigkeit des Titels ergriffen werden, vermeiden. Das würde zusätzliche Kosten verursachen.
Fundstellen
Haufe-Index 2992927 |
NJW 1988, 1795 |
BGHR ZPO § 2 Beschwerdegegenstand 7 |
BGHR ZPO § 3 Rechtsmittelinteresse 4 |
BGHR ZPO § 511a, Wertberechnung 4 |
MDR 1988, 568 |