Entscheidungsstichwort (Thema)
schwere räuberische Erpressung
Tenor
Der Senat hält an seinem Beschluß vom 17. Juni 1998 - 1 StR 270/98 - (StV 1998, 487) fest.
Gründe
I. Der anfragende Senat beabsichtigt zu entscheiden, der Begriff des „Verwendens” im Sinne von § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB in der Fassung des Sechsten Gesetzes zur Reform des Strafrechts (6. StrRG) vom 26. Januar 1998 (BGBl. I S. 164) sei nicht erfüllt, wenn nach den konkreten Umständen der Tatsituation – in der Sparkasse befand sich die einzig anwesende Person hinter schußsicherem Glas – die Bedrohung mit einer geladenen Gaspistole keine Gefahr einer Verletzung anderer Personen bedeute. Der Begriff „Verwenden” lasse zwar die Auslegung zu, daß jedes Gebrauchmachen über das bloße „Beisichführen” hinaus genüge, also auch jeder Einsatz einer Waffe als Mittel der Drohung. Es bestehe aber aus der Systematik, der Entstehungsgeschichte und dem Sinn und Zweck der Vorschrift die Notwendigkeit einer restriktiven Auslegung. Nach den konkreten Umständen verbiete sich im zu entscheidenden Fall bei wertender Betrachtung die Annahme eines (vollendeten) schweren Raubes nach § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB nF mangels einer Tathandlung, die unter das Tatbestandsmerkmal „verwenden” subsumiert werden könne. Der 4. Strafsenat sieht sich in seiner Entscheidung gehindert durch den Beschluß des 1. Strafsenats vom 17. Juni 1998 - 1 StR 270/98 - (StV 1998, 487).
II. Der vom 4. Strafsenat beabsichtigten Auslegung des Verwendungsbegriffs vermag der Senat nicht zu folgen.
1. Das „Verwenden” iSv § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB nF stellt keine eigenständige Tathandlung dar, die einer gesonderten – sei es einengenden, sei es erweiternden – Auslegung zugänglich ist. Denn nach der gesetzgeberischen Konzeption der Raubdelikte bezieht sich das „Verwenden” auf den Einsatz der Tatmittel im Grundtatbestand (§ 249 Abs. 1 StGB). Das bedeutet, daß immer dann ein „Verwenden” als Qualifikation vorliegt, wenn der Täter zur Wegnahme einer fremden beweglichen Sache eine „Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug” gerade als Mittel der „Gewalt gegen eine Person” gebraucht oder als Mittel der „Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben” benutzt.
2. Eine einengende Auslegung des Begriffs „Verwenden” läßt sich auch nicht aus der Entstehungsgeschichte des § 250 StGB nF herleiten. In der Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung vom 25. September 1997 (BTDrucks. 13/8587 S. 45) wird – im Einklang mit dem eben Gesagten – zur Abgrenzung zum „Beisichführen” einer Waffe auf die bisherige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hingewiesen: „Der Entwurf geht davon aus, daß der Täter die Schußwaffe schon dann ‚bei der Ta’ verwendet, wenn er sie zur Drohung mit Gewalt einsetzt (vgl. BGHSt 26, 176, 180 zu § 113 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1)”.
3. Nach diesen Maßstäben hat der Senat das bewußte Tragen eines mitgeführten Messers dergestalt, daß es für das Opfer durch eine Ausbeulung unter dem Hemd dem Geschädigten erkennbar sein sollte, als Drohung mit gegenwärtiger Gefahr unter „Verwenden” einer objektiv gefährlichen Waffe im Sinne von § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB nF angesehen (Beschl. v. 17. Juni 1998 - 1 StR 270/98 - [StV 1998, 487]). An dieser Entscheidung hält der Senat fest. Dafür spricht auch, daß die vom anfragenden Senat beabsichtigte Auslegung nicht praktikabel erscheint. Zu den ohnehin bestehenden Beweisschwierigkeiten zur Gefährlichkeit der eingesetzten Tatmittel würden den Tatgerichten – dies verkennt der anfragende Senat selbst nicht – zusätzliche Feststellungen auferlegt, beispielsweise über die genauen Örtlichkeiten einschließlich ggf. vorhandener Sicherungsvorkehrungen des Opfers, die Wirkungsweise der eingesetzten Waffe sowie den daraus sich ergebenden konkreten Grad der Gefährdung von Personen.
Unterschriften
Schäfer, Ulsamer, Granderath, Wahl, Boetticher
Fundstellen