Verfahrensgang
LG Stuttgart (Urteil vom 06.11.2006) |
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 6. November 2006
- im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des versuchten gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in Tateinheit mit versuchter gefährlicher Körperverletzung schuldig ist,
- im gesamten Strafausspruch mit den Feststellungen – ausgenommen die Feststellungen zur Schuldfähigkeit, die bestehen bleiben – aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine allgemeine Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in Tateinheit mit versuchter gefährlicher Körperverletzung unter Einbeziehung der Freiheitsstrafe von drei Jahren aus dem Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 4. Februar 2005 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Rz. 2
1. Die Überprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung hat zum Schuldspruch einen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten nur insoweit ergeben, als das Landgericht ihn – neben versuchter gefährlicher Körperverletzung – nach dem verkündeten Urteilstenor des [vollendeten] gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr gemäß § 315 b Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 i.V.m. § 315 Abs. 3 (Nr. 1) StGB für schuldig befunden hat. Wie das Landgericht im Rahmen der rechtlichen Würdigung selbst erkannt hat, ergeben die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen insoweit lediglich eine Strafbarkeit wegen Versuchs dieses Verbrechens, da der tatbestandliche Erfolg, nämlich eine konkrete Gefährdung nicht eingetreten ist. Der Angeklagte hatte die Radmuttern an drei Rädern des Pkw der Geschädigten in der Absicht gelockert, dass sie deshalb auf der Fahrt von ihrer Arbeitsstelle verunglückte. Sie bemerkte jedoch alsbald nach Fahrtbeginn verdächtige Geräusche und hielt bereits nach 900 Metern an, ohne dass es bis dahin zu einer kritischen Situation gekommen war. Ein von ihr herbeigerufener Bekannter stellte sodann die Manipulationen an den Rädern fest. Bei dieser Sachlage ist es nach der neueren Rechtsprechung des Senats (BGH NJW 1996, 329 unter Aufgabe von BGH NStZ 1985, 263; vgl. weiter Barnickel in MüKo § 315 b Rdn. 26) bei einem Versuch des Verbrechens nach § 315 b Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 i.V.m. § 315 Abs. 3 Nr. 1 StGB geblieben.
Rz. 3
Der Senat kann den Schuldspruch von sich aus ändern. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, denn der Angeklagte hätte sich gegen den geänderten Schuldspruch nicht wirksamer als geschehen verteidigen können.
Rz. 4
2. Die Änderung des Schuldspruchs führt hier zur Aufhebung des Strafausspruchs. Anders verhielte es sich dann, wenn der – verkündete – Schuldspruch wegen [vollendeten] gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr lediglich auf einem Fassungsversehen beruhte. Davon kann hier der Senat indes nicht ohne Weiteres ausgehen, zumal auch die Urteilsgründe nicht erkennbar machen, worauf der Widerspruch zwischen dem (verkündeten) Schuldspruch und der rechtlichen Würdigung beruht (vgl. Kuckein in KK StPO 5. Aufl. § 354 Rdn. 20 mit Rechtsprechungsnachweisen). Hinzu kommt, dass – wie der Senat im Rahmen der Prüfung der Verfahrensvoraussetzungen zur Kenntnis genommen hat – im gesamten Verfahren von der ursprünglich zum Amtsgericht Esslingen erhobenen und unverändert zugelassenen Anklage an – nämlich auch im Urteil des Amtsgerichts vom 27. Juni 2005, im Beschluss, durch den die Berufungskammer des Landgerichts das Verfahren gemäß § 225 a StPO der Schwurgerichtskammer vorgelegt hat, und im Übernahmebeschluss der Schwurgerichtskammer – bis zu der Verkündung der Urteilsformel in Bezug auf § 315 b StGB stets von einem gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr, d.h. von einem vollendeten Delikt, ausgegangen worden ist. Auch das Hauptverhandlungsprotokoll weist aus, dass zwar rechtliche Hinweise erteilt worden sind (ProtBd. Bl. 34), die jedoch nicht eine in Betracht gezogene Strafbarkeit wegen versuchten gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr betreffen.
Rz. 5
Die Strafe muss deshalb neu zugemessen werden. Von dem aufgezeigten Rechtsfehler sind die Feststellungen zur – vollständig erhalten gebliebenen – Schuldfähigkeit des Angeklagten nicht berührt; diese können deshalb bestehen bleiben.
Rz. 6
3. Der Senat weist die Sache an eine allgemeine Strafkammer des Landgerichts zurück, da nach dem rechtskräftig gewordenen Schuldspruch eine Zuständigkeit der Schwurgerichtskammer nicht mehr begründet ist.
Unterschriften
Tepperwien, Maatz, Kuckein, Solin-Stojanović, Sost-Scheible
Fundstellen
Haufe-Index 2553255 |
StRR 2007, 269 |
VRA 2007, 127 |
VRR 2007, 313 |