Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Entscheidung vom 05.03.2024; Aktenzeichen 4 KLs 21/23) |
Tenor
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass er des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit bewaffnetem Handeltreiben mit Cannabis und mit Besitz eines verbotenen Gegenstands schuldig ist;
b) im Strafausspruch aufgehoben; jedoch haben die zugehörigen Feststellungen Bestand.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Besitz eines verbotenen Gegenstands zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und elf Monaten verurteilt. Seine auf die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts gestützte Revision hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Rz. 2
1. Nach den Feststellungen verwahrte der Angeklagte in seiner Wohnung einen Betäubungsmittelvorrat aus 8,22 Gramm Kokain (7,22 Gramm CHC), 23,79 Gramm Haschisch (6,2 Gramm THC) sowie 70,63 Gramm Cannabisblüten (8,6 Gramm THC) und 45,4 Gramm Cannabiskraut (4,6 Gramm THC) zum gewinnbringenden Weiterverkauf. Auf einem Fensterbrett lag griffbereit ein Schlagring, den der Angeklagte zur Verteidigung seines Vorrats bestimmt hatte.
Rz. 3
2. Die auf die Sachrüge veranlasste umfassende materiellrechtliche Nachprüfung des Urteils führt zu einer Schuldspruchänderung sowie zur Aufhebung des Strafausspruchs.
Rz. 4
a) Der Schuldspruch hat keinen Bestand, weil das Landgericht den Angeklagten entsprechend der zum Urteilszeitpunkt geltenden Rechtslage für seinen Umgang mit Marihuana und Haschisch nach dem Betäubungsmittelgesetz verurteilt hat. Am 1. April 2024 ist jedoch das Gesetz zum Umgang mit Konsumcannabis in Kraft getreten (KCanG; BGBl. I 2024 Nr. 109). Diese Rechtsänderung hat der Senat gemäß § 2 Abs. 3 StGB in Verbindung mit § 354a StPO hier zu berücksichtigen. Nach ihr unterfällt Cannabis nicht mehr dem Betäubungsmittelgesetz, sondern bestimmt sich die Strafbarkeit der hier zu beurteilenden Taten nach dem Konsumcannabisgesetz. Die neue Rechtslage erweist sich als Ergebnis des nach § 2 Abs. 3 StGB gebotenen Gesamtvergleichs im Einzelfall (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 8. August 2022 - 5 StR 372/21, BGHSt 67, 130, 132 mwN; Schönke/Schröder/Hecker, StGB, 30. Aufl., § 2 Rn. 28 ff. mwN; Patzak/Möllinger, NStZ 2024, 321) als milder.
Rz. 5
aa) Zwar bleibt es bei einer Strafbarkeit nach § 30a Abs. 2 Nr. 1 BtMG. Denn der Wirkstoffanteil des zum Verkauf bestimmten Kokains überschritt den Grenzwert der nicht geringen Menge. Hinzu tritt das bewaffnete Handeltreiben mit Cannabis (§ 34 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, Abs. 4 KCanG). Obgleich diese Straftatbestände und das ebenfalls verwirklichte Waffendelikt zueinander in Tateinheit stehen und die Strafe dem Strafrahmen des § 30a Abs. 1 und 2 BtMG und nicht dem nach § 34 Abs. 1 oder 3 KCanG eröffneten Strafrahmen zu entnehmen ist (§ 52 Abs. 2 Satz 1 StGB), erweist sich die neue Rechtslage auch hier als milder. Denn die Herausnahme von Marihuana und Haschisch aus der Strafbarkeit wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und die gesonderte Erfassung des Cannabis durch eine (tateinheitliche) Bestrafung wegen Handeltreibens mit Cannabis nach § 34 KCanG lässt aufgrund des geringeren Schuldgehalts von Taten nach dem Konsumcannabisgesetz grundsätzlich Raum für eine mildere Bestrafung (vgl. BGH, Beschlüsse vom 11. Juni 2024 - 3 StR 159/24; vom 29. Mai 2024 - 3 StR 142/24, Rn. 7; vom 21. August 2024 - 6 StR 374/24).
Rz. 6
bb) Der Senat ändert den Schuldspruch in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO wie aus der Beschlussformel ersichtlich. Die Regelung des § 265 StPO steht der Schuldspruchänderung nicht entgegen, weil sich der Angeklagte nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.
Rz. 7
b) Dies führt zur Aufhebung des Strafausspruchs. Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Landgericht bei Anwendung des neuen Rechts eine geringere Strafe verhängt hätte. Einer Aufhebung der jeweils zugehörigen Feststellungen bedarf es nicht (§ 353 Abs. 2 StPO).
Feilcke |
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Wenske |
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Fritsche |
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RiBGH Arnoldi ist urlaubsbedingt an der Unterschriftsleistung gehindert. Feilcke |
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Gödicke |
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Fundstellen
Dokument-Index HI16652896 |