Tenor
Die Beschwerde des Angeklagten gegen die Verfügung des Oberlandesgerichts Dresden vom 13. Juni 2022 wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
Rz. 1
1. Bei dem Oberlandesgericht Dresden ist gegen den Beschwerdeführer ein Strafverfahren unter anderem wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung anhängig. Am 13. Juni 2022 hat der Vorsitzende des mit der Sache befassten Staatsschutzsenates dem Vertreter eines Nebenklägers Einsicht in Teile der Sachakten durch Überlassung eines elektronischen Speichermediums gewährt. Mit seiner hiergegen gerichteten Beschwerde hat der Angeklagte beanstandet, entgegen § 33 StPO sei ihm zuvor kein rechtliches Gehör gewährt worden und es hätte nur eine in großen Teilen beschränkte Akteneinsicht bewilligt werden dürfen. Der Vorsitzende hat dem Rechtsmittel teilweise abgeholfen, indem er näher bezeichnete Passagen der Akten von der Einsichtnahme ausgenommen und das dem Nebenklagevertreter überlassene Speichermedium gegen Herausgabe eines der geänderten Bewilligung entsprechenden zurückverlangt hat.
Rz. 2
2. Das vom Angeklagten weiter verfolgte Rechtsmittel, mit dem er nunmehr allein die Feststellung der Rechtswidrigkeit der ursprünglich vollumfänglich gewährten Akteneinsicht begehrt, ist nicht statthaft und damit unzulässig. Denn § 304 Abs. 4 Satz 2 Nr. 4 StPO eröffnet die Beschwerde gegen von einem erstinstanzlich tätigen Oberlandesgericht erlassene Beschlüsse und Verfügungen betreffend die Akteneinsicht nur insoweit, als einem Verfahrensbeteiligten durch deren (teilweise) Versagung die sachgerechte Interessenwahrnehmung in dem Strafverfahren erschwert wird (s. BGH, Beschluss vom 18. Februar 2014 - KRB 12/13, BGHSt 59, 183 Rn. 5). Grund hierfür ist, dass sich die Aufnahme von Entscheidungen über die Gewährung von Akteneinsicht in den Katalog des § 304 Abs. 4 Satz 2 StPO nur aus der besonderen Bedeutung rechtfertigt, welche die Aktenkenntnis für die Verfahrensbeteiligten hat. Bei der notwendigen restriktiven Auslegung der Vorschrift (st. Rspr.; s. etwa BGH, Beschluss vom 25. Januar 1973 - StB 76/72, BGHSt 25, 120, 121) verbietet es sich daher, die Beschwerde auch in solchen Fällen als statthaft anzusehen, bei denen - wie hier - die sachgerechte Verteidigung oder Mitwirkung des Rechtsmittelführers im anhängigen Strafverfahren nicht in Frage steht (vgl. BGH, Beschlüsse vom 19. Dezember 1989 - KRB 4/89, BGHSt 36, 338, 339; vom 18. Januar 2005 - StB 6/04, BGHR StPO § 304 Abs. 4 Akteneinsicht 3). Weder hat der Angeklagte geltend gemacht, durch den Umfang der Akteneinsicht der Nebenklage drohten ihm Nachteile im Sinne einer Einschränkung der Verteidigungsmöglichkeiten, noch ist dies sonst ersichtlich (vgl. - für den Betroffenen im Kartellbußgeldverfahren - BGH, Beschluss vom 18. Februar 2014 - KRB 12/13, aaO, Rn. 6).
Rz. 3
Vor diesem Hintergrund kommt es für die Entscheidung des Senats nicht darauf an, dass die Bewilligung von Akteneinsicht schon für sich genommen einen Verfahrensfehler darstellen kann, wenn sie ohne vorherige Anhörung des von dem Einsichtsersuchen Betroffenen verfügt wird (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 30. Oktober 2016 - 1 BvR 1766/14, juris Rn. 5; vom 8. Oktober 2021 - 1 BvR 2192/21, NJW 2021, 3654 Rn. 13). Deshalb kann dahinstehen, ob - was allerdings naheliegt - dem Rechtsschutzinteresse des Beschwerdeführers bereits durch die Darlegungen in der Abhilfeentscheidung ausreichend Rechnung getragen wird. Dort ist ausgeführt, dem Angeklagten sei "kein rechtliches Gehör gewährt" worden; für den Vorsitzenden bestehe - dem Rechtsgedanken des § 33a StPO entsprechend - "schon im Hinblick darauf... die Möglichkeit, die getroffene Entscheidung umfassend zu prüfen und abzuändern".
Berg Hohoff Kreicker
Fundstellen
Haufe-Index 15462219 |
NStZ-RR 2023, 25 |