Entscheidungsstichwort (Thema)
Patent 38 07 140
Leitsatz (amtlich)
a) Für eine wirksame Teilung genügt es nicht, daß der abgetrennte Gegenstand und das zu teilende Patent lediglich merkmalsmäßige Überschneidungen aufweisen; erforderlich ist vielmehr, daß die Trennanmeldung einen Gegenstand umfaßt, der Gegenstand der – sinnvoll verstandenen – Patentansprüche des erteilten Patents ist.
b) Keine Teilung liegt vor, wenn der Gegenstand der Trennanmeldung zwar im Patent enthalten ist, das erteilte Patent aber hinsichtlich seines in den Patentansprüchen formulierten Gegenstandes nicht um den abgetrennten Teil vermindert werden soll, auch nicht in der – an sich ausreichenden – Form der Abtrennung eines Unteranspruchs.
Normenkette
PatG 1981 § 60
Verfahrensgang
BPatG (Aktenzeichen 4 W (pat) 18/96) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde der Patentinhaberin gegen den Beschluß des 4. Senats (Juristischen Beschwerdesenats) des Bundespatentgerichts vom 16. Juni 1997 wird zurückgewiesen.
Der Wert des Gegenstandes der Rechtsbeschwerde wird auf 50.000,– DM festgesetzt.
Gründe
I. Auf die Anmeldung vom 4. März 1988 wurde der Rechtsbeschwerdeführerin das Patent 38 07 140 erteilt, das eine Kupplungsvorrichtung zwischen einem Werkstück- oder Werkzeugträgerteil und einer dafür vorgesehenen Handhabungseinrichtung betrifft. Gegen das Patent wurden Einsprüche erhoben. Im Einspruchsverfahren vor dem Deutschen Patentamt hat die Patentinhaberin mit Schriftsatz vom 21. Oktober 1992 erklärt, daß sie das Patent „im Umfang der eingereichten Unterlagen” teile. Beigefügt war ein Satz Patentansprüche nebst Beschreibung und Zeichnungen. Änderungen am Stammpatent nahm sie nicht vor.
Mit Beschluß vom 31. Mai 1994 hat die Patentabteilung 14 des Deutschen Patentamts das Patent in vollem Umfang aufrechterhalten und in Ziffer 2 des Beschlußtenors festgestellt, daß die Teilungserklärung vom 21. Oktober 1992 unwirksam sei. Zur Begründung führte sie aus, daß mit der Erklärung vom 21. Oktober 1992 der gesamte Gegenstand des Patents abgeteilt werden sollte.
Mit ihrer Beschwerde hat die Patentinhaberin nur diese Feststellung angegriffen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundespatentgericht überreichte sie einen Patentanspruch 1 und erklärte insoweit erneut die Teilung des Patents. Hilfsweise für den Fall, daß das Bundespatentgericht diese zweite Teilungserklärung für unwirksam halte, beantragte sie, den Beschluß des Deutschen Patentamts vom 31. Mai 1994 in Ziffer 2 aufzuheben und die Teilungserklärung vom 21. Oktober 1992 für wirksam zu erklären. Das Stammpatent blieb wiederum unverändert. Hierzu erklärte die Patentinhaberin unter anderem, eine Minderung des Stammpatents um den abgetrennten Teil könne nicht erfolgen, weil dieser auch ein Element von Kombinationen des Stammpatents sei, die dann mit der Entnahme des für die Teilanmeldung bestimmten Teils entfielen.
Das Bundespatentgericht hat festgestellt, daß die zweite Teilungserklärung unwirksam sei, und auch die Beschwerde zurückgewiesen (BPatGE 38, 201 = GRUR 1998, 139). Mit ihrer – zugelassenen – Rechtsbeschwerde wendet sich die Patentinhaberin nur gegen die Zurückweisung ihrer Beschwerde gegen den Beschluß der Patentabteilung vom 31. Mai 1994, soweit darin die Teilungserklärung vom 21. Oktober 1992 für unwirksam erklärt worden war. Sie beantragt insoweit, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Bundespatentgericht zurückzuverweisen.
Während des Rechtsbeschwerdeverfahrens haben die Einsprechenden ihre Einsprüche zurückgenommen.
II. Die Rechtsbeschwerde ist kraft Zulassung statthaft und auch im übrigen zulässig. In der Sache muß ihr der Erfolg jedoch versagt bleiben.
1. Das Bundespatentgericht hat dahinstehen lassen, ob sich – wie die Patentinhaberin geltend gemacht hat – der mit der Teilungserklärung vom 21. Oktober 1992 eingereichte Patentanspruch 1 in wenigstens einem Merkmal von dem Patentanspruch 1 des aufrechterhaltenen Stammpatents unterscheide. Ferner hat es offengelassen, ob der Gegenstand der Trennanmeldung von den Patentansprüchen des Stammpatents umfaßt sei. Die Teilungserklärung vom 21. Oktober 1992 sei jedenfalls deswegen unwirksam, weil das Stammpatent unverändert bleiben, insbesondere nicht (zumindest) um den abgetrennten Teil gemindert werden sollte. Dies sei mit dem in § 60 PatG verankerten Begriff der Teilung unvereinbar. Die Patentinhaberin hätte durch Änderung der Patentunterlagen das Stammpatent zu einem Restpatent ohne den abgetrennten Teil formen müssen. Auf dieses Erfordernis könne nicht deshalb verzichtet werden, weil die Patentinhaberin sich nicht in der Lage gesehen habe, eine entsprechende Fassung zu finden. Eine eindeutige Bestimmung des Schutzbegehrens könne nicht nur erreicht werden durch die Verwendung positiver Angaben der zur Erfindung gehörenden Merkmale, sondern notfalls auch durch die Verwendung negativer Angaben von Merkmalen, auf die sich das Schutzbegehren nicht erstrecke.
2. Die Rechtsbeschwerde macht geltend, daß das Bundespatentgericht von einem zu engen Teilungsbegriff ausgegangen sei. Nach der Rechtsprechung des Senats (BGHZ 115, 234 - Straßenkehrmaschine) könne mit der Trennanmeldung der gesamte Offenbarungsgehalt der ursprünglichen Anmeldung, auch über den Schutzbereich des erteilten Stammpatents hinaus, ausgeschöpft werden. Dem müsse durch ein weites Verständnis des Teilungsbegriffs Rechnung getragen werden. Auf der Grundlage eines solchen weiten Teilungsbegriffs könne nicht gefordert werden, daß das Stammpatent zu einem um den abgetrennten Teil verminderten Restpatent geformt werde. Die Verminderung des Stammpatents zu einem Restpatent ergebe sich bei unveränderten Ansprüchen des Stammpatents automatisch aus dem Verbot der Doppelpatentierung. Das Stammpatent dürfe nicht mehr auf den Gegenstand des abgeteilten Patents eingeschränkt werden, da dieser Teil durch die Teilung aus dem Stammpatent entfernt sei. Insoweit handele es sich um eine gesetzliche Folge der Teilung.
3. Diesen Angriffen der Rechtsbeschwerde hält der angefochtene Beschluß stand.
a) Das Bundespatentgericht ist – ohne nähere Erörterung – davon ausgegangen, daß die allein gegen die Feststellung der Unwirksamkeit der Teilungserklärung vom 21. Oktober 1992 gerichtete Beschwerde der Patentinhaberin zulässig sei. Das wird von der Rechtsbeschwerde – als ihr günstig – nicht gerügt und erweist sich im Ergebnis als zutreffend.
b) Auch in der Sache läßt die angefochtene Entscheidung einen Rechtsfehler nicht erkennen.
aa) Nach der Rechtsprechung des Senats, von der das Bundespatentgericht ausgegangen ist, setzt eine Teilung des Patents nach § 60 PatG schon begrifflich voraus, daß das Patent gegenständlich in mindestens zwei Teile aufgespalten wird. Der eine dieser Teile (Stamm- oder Restpatent) verbleibt im Einspruchsverfahren und ist dort, soweit das Vorbringen des Einsprechenden hierzu Anlaß gibt, auf das Vorliegen eines gesetzlichen Widerrufsgrundes zu prüfen. Der abgetrennte Teil dagegen fällt nach § 60 Abs. 1 Satz 2 PatG in das Prüfungsverfahren zurück; die Wirkungen des Patents gelten als von Anfang an nicht eingetreten (§ 60 Abs. 1 Satz 4 PatG). Insoweit ist das Patent nach § 21 Abs. 3 Satz 2, 2. Halbs. PatG wegen der Teilung zu widerrufen (Sen.Beschl. v. 5.3.1996 - X ZB 13/92, GRUR 1996, 747, 749 - Lichtbogen-Plasma-Beschichtungssystem; BGHZ 133, 18, 21 ff. - Informationssignal). Liegt eine Teilung in diesem Sinne vor, d.h. wird mit der Teilungserklärung tatsächlich ein Teil des einspruchsbefangenen Patents abgespalten, dann kann mit der Trennanmeldung im übrigen der gesamte Offenbarungsgehalt der ursprünglichen Gesamtanmeldung – auch über den abgetrennten Gegenstand hinaus – ausgeschöpft werden, mit Ausnahme des Teils, der Gegenstand des Stammpatents – d.h. seiner Patentansprüche – geblieben ist (Sen.Beschl. v. 22.4.1998 - X ZB 19/97, Mitt. 1998, 422, 424 - Informationsträger; BGHZ 115, 234 ff. - Straßenkehrmaschine).
Danach trifft es nicht zu, daß aus den Grundsätzen der Senatsentscheidung „Straßenkehrmaschine” ein weiterer Teilungsbegriff abgeleitet werden könnte, als ihn das Bundespatentgericht zugrunde gelegt hat. Vielmehr sind die tatbestandlichen Voraussetzungen einer materiell-rechtlich wirksamen Teilung von ihrer Rechtsfolge, wonach in der Trennanmeldung der gesamte Offenbarungsgehalt der ursprünglichen Gesamtanmeldung ausgeschöpft werden kann, streng zu unterscheiden (BGHZ 133, 18, 24 - Informationssignal). Für eine wirksame Teilung genügt es somit nicht, daß der abgetrennte Gegenstand und das zu teilende Patent lediglich merkmalsmäßige Überschneidungen, etwa im Oberbegriff, aufweisen. Erforderlich ist vielmehr, daß die Trennanmeldung – zumindest auch – einen Gegenstand umfaßt, der Gegenstand der – sinnvoll verstandenen – Patentansprüche des erteilten Patents ist und von diesem abgetrennt wird.
bb) Nach diesen Grundsätzen liegt eine Teilung zum einen dann nicht vor, wenn der gesamte Gegenstand des Patents in eine Trennanmeldung überführt werden soll. Es reicht jedoch aus, wenn ein Teil des patentierten Gegenstandes verbleibt. In diesem Zusammenhang hat der Senat ausgesprochen, daß es genügt, wenn sich der abgetrennte und der verbleibende Teil wenigstens durch ein Anspruchsmerkmal voneinander unterscheiden (BGH, aaO S. 750 - Lichtbogen-Plasma-Beschichtungssystem). Daraus kann aber nicht, wie die Patentinhaberin im Verfahren vor dem Bundespatentgericht gemeint hat, im Gegenschluß gefolgert werden, daß eine Teilung immer dann zulässig ist, wenn sich die Gegenstände der Trennanmeldung und des Stammpatents in einem Anspruchsmerkmal voneinander unterscheiden. Daher kann die Rechtsbeschwerde nicht schon deswegen Erfolg haben, weil der Senat unterstellen muß, daß sich die Gegenstände der Trennanmeldung und des Stammpatents in wenigstens einem Merkmal unterscheiden, nachdem das Bundespatentgericht dies offengelassen hat.
cc) Eine wirksame Teilung liegt nämlich auch dann nicht vor, wenn vom erteilten Patent nichts abgetrennt wird. So liegt es, wie der Senat entschieden hat, beispielsweise, wenn der Gegenstand der Trennanmeldung nicht im Patent enthalten ist (BGHZ 133, 18 ff. - Informationssignal). Daraus kann aber wiederum nicht der Gegenschluß gezogen werden, daß eine Teilung stets für wirksam zu erachten ist, wenn der abgetrennte Gegenstand vom erteilten Patent miterfaßt wird. Der Rechtsbeschwerde kann es daher ebenfalls nicht zum Erfolg verhelfen, daß das Bundespatentgericht auch diese Frage offengelassen hat.
Maßgeblich ist vielmehr, ob das Patent in zwei Teile aufgespalten wird. Daran fehlt es auch dann, wenn, wie hier zu unterstellen ist, der Gegenstand der Trennanmeldung zwar im Patent enthalten ist, aber das erteilte Patent – hinsichtlich seines in den Patentansprüchen formulierten Gegenstandes – nicht um den abgetrennten Teil vermindert werden soll. So liegt es hier. Es ist weder eine Einschränkung des Hauptanspruchs noch – was genügen würde – die Abtrennung eines Unteranspruchs vorgenommen worden.
Die Erklärungen der Patentinhaberin sind, wie auch die Rechtsbeschwerde nicht in Zweifel zieht, eindeutig. Mit ihrer Beschwerde hat die Patentinhaberin nur die Feststellung der Unwirksamkeit der Teilungserklärung vom 21. Oktober 1992 angegriffen, nicht auch die volle Aufrechterhaltung des einspruchsbefangenen Patents. Im Verfahren vor dem Bundespatentgericht hat sie darüber hinaus ausdrücklich erklärt, daß das Patent nicht um den Gegenstand der Trennanmeldung vermindert werden soll. Schließlich hat sie die Zulassung der Rechtsbeschwerde zu der Frage angeregt, ob eine Teilungserklärung wirksam ist, wenn das Patent zum einen im Umfang eines der Teilungserklärung beigefügten Patentanspruchs 1 geteilt wird, der sich vom Hauptanspruch des Restpatents teilweise durch verallgemeinerte Merkmale, teilweise durch aus der Patentschrift genommene konkretisierende Merkmale unterscheidet, und zum anderen das Restpatent unverändert bleibt. Danach steht fest, daß die Patentinhaberin mit der Erklärung vom 21. Oktober 1992 zwar den darin bezeichneten und – wie zu unterstellen ist – vom Patent umfaßten Gegenstand in eine Trennanmeldung überführen, den Gegenstand des Patents aber nicht um den entsprechenden Teil vermindern wollte. Die gesetzlichen Voraussetzungen einer Teilung sind damit nicht erfüllt.
dd) Der Rechtsbeschwerde kann auch darin nicht gefolgt werden, daß sich in einem solchen Fall eine Verminderung des erteilten Patents zu einem Restpatent als gesetzliche Folge der Teilung in der Weise ergebe, daß das Stammpatent nicht mehr auf den Teil eingeschränkt werden könne, der Gegenstand der Trennanmeldung geworden sei (vgl. BPatGE 37, 91, 93 f.). Auch eine solche „indirekte” Verminderung des Patents genügt nicht den Voraussetzungen, unter denen nach § 60 PatG eine Teilung des Patents anzunehmen ist. Sie würde die Wirkungen des Patents entgegen § 60 Abs. 1 Satz 4 PatG unberührt lassen. Zudem käme sie allenfalls im weiteren Verlauf des Einspruchs- oder eines späteren Nichtigkeitsverfahrens zum Tragen. § 60 Abs. 1 Satz 4 PatG verlangt jedoch, daß das Patent bereits mit der Teilungserklärung um den abgetrennten Teil vermindert wird.
ee) Auf die vom Bundespatentgericht bejahte Frage, ob die Patentinhaberin gehalten war, das Stammpatent zu einem Restpatent umzuformen, kommt es demnach im vorliegenden Fall nicht an.
III. Eine mündliche Verhandlung hat der Senat nicht für erforderlich gehalten (§ 107 Abs. 1 PatG).
Unterschriften
Rogge, Jestaedt, Melullis, Scharen, Keukenschrijver
Fundstellen
Haufe-Index 539404 |
NJW 1999, 1552 |
Nachschlagewerk BGH |
Mitt. 1999, 154 |