Leitsatz (amtlich)
›1. Sind nach einem ausländischen Urteil Zuschläge (insbesondere für Währungsverfall oder gesetzliche Zinsen) zur ausgeurteilten Hauptsumme zu zahlen und verweist es zu deren Berechnung auf ausländische Gesetze oder statistische Unterlagen, so hat der um die Vollstreckbarerklärung ersuchte deutsche Richter auf einen Antrag hinzuwirken, der den deutschen Bestimmtheitsanforderungen genügt; einen nicht hinreichend konkretisierten Titel darf er nicht für vollstreckbar erklären.
2. Das schließt es nicht aus, daß insbesondere Zuschläge, die nach der inländischen Vollstreckbarerklärung anfallen, von den deutschen Vollstreckungsorganen mit beigetrieben werden, wenn die Grundlagen für die Berechnung allgemein zugänglich sowie leicht und sicher feststellbar sind.‹
Tatbestand
I. Die Gläubigerin erwirkte ein Urteil des Landgerichts Genua/Italien vom 8. September 1990 (Nr. 2665, Reg.Nr. 3069, Aktenzeichen 4382/81 R.G.). Danach wurde die Schuldnerin u.a. verurteilt, an die Gläubigerin "Lit. 21. 880.767 zu bezahlen, wobei die Aufwertungen der Währung gemäß der Angaben von ISTAT ab 15. März 1980 und die gesetzlichen Zinsen bezüglich des aufgewerteten Betrags ab 19. 5. 81 zu berücksichtigen sind".
Der Vorsitzende einer Zivilkammer ordnete an, den italienischen Schuldtitel mit der Vollstreckungsklausel zu versehen. Soweit die Vollstreckung auch hinsichtlich der Aufwertungs- und Zinsbeträge zugelassen wurde, hat die Schuldnerin Beschwerde eingelegt. Das Oberlandesgericht hat das Rechtsmittel zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt die Schuldnerin ihr zweitinstanzliches Begehren weiter.
II. Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.
1. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt: Das italienische Urteil sei nach Art. 31 EGÜbk für vollstreckbar zu erklären. Es verstoße auch insoweit nicht gegen die deutsche öffentliche Ordnung (Art. 27 Nr. 1 EGÜbk), als es die Anpassung der Hauptforderung an die Geldentwertung sowie nicht bezifferte Zinsen zulasse.
Dagegen rügt die Rechtsbeschwerde: Die von der Antragstellerin im Vollstreckungsverfahren berechnete Gesamtforderung - von Lit. 88. 810. 817 (zum 31. Dezember 1990) - mache mehr als das Vierfache der ursprünglichen Hauptforderung aus. Daraus errechne sich eine sittenwidrige Verzinsung von mehr als 30 % im Jahr. Diese werde auch nicht durch einen sinkenden Wechselkurs der italienischen Lira gegenüber der Deutschen Mark gerechtfertigt. Zudem stelle die Zinspflicht auf die aufgewerteten Beträge eine Art Zinseszins dar.
Damit dringt die Rechtsbeschwerde nicht durch.
a) Gemäß Art. 27 Nr. 1 EGÜbk wird eine ausländische Entscheidung nicht anerkannt - und somit nach Art. 34 Abs. 2 EGÜbk auch nicht für vollstreckbar erklärt -, wenn die Anerkennung der öffentlichen Ordnung des Staates, in dem sie geltend gemacht wird, widersprechen würde. Der Inhalt eines ausländischen Urteils verletzt die deutsche öffentliche Ordnung nur, wenn das Ergebnis der Anwendung des ausländischen Rechts zu den Grundgedanken der deutschen Regelungen und der in ihnen enthaltenen Gerechtigkeitsvorstellungen in so starkem Widerspruch steht, daß es nach inländischen Vorstellungen untragbar erscheint (BGHZ 75, 167, 171 f; 88, 17, 25 f; Senatsurt. v. 4. Juni 1992 - IX ZR 149/91, WM 1992, 1451, 1458 f, z.V.b. in BGHZ).
Der Senat hat dies für den Fall einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung im Sinne von § 826 BGB durch Urteilserschleichung angenommen (Beschl. v. 10. Juli 1986 - IX ZB 27/86, WM 1986, 1370, 1371). Umstände von solchem Gewicht hat die Schuldnerin hier nicht dargetan.
b) Das italienische Urteil enthält zwei Umstände, die den Betrag der Verurteilung zeitlich steigern.
Zum einen spricht es gesetzliche Zinsen für die Zeit seit 15. März 1980, nämlich ab Rechtshängigkeit, zu. Dies entspricht genau der in § 291 BGB enthaltenen deutschen Regelung, wenn man davon absieht, daß der gesetzliche Zinssatz in Italien - nach der Berechnung der Gläubigerin - 5 % betragen soll. Hiergegen ist auch unter dem Gesichtspunkt des § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB und § 352 HGB aus deutscher Sicht nichts einzuwenden.
In erster Linie führt die im italienischen Urteil vorgesehene Währungsaufwertung für die Zeit ab Rechtshängigkeit zu einem Anwachsen der Hauptsumme und der Zinsen. Die Schuldnerin, die dies für wucherisch hält, hat jedoch nichts für ein auffälliges Mißverhältnis zwischen ihrer ursprünglichen Hauptschuld und der währungsangepaßten jetzigen Schuld dargetan, sondern sich lediglich darauf beschränkt, den heutigen Nennwert der Gesamtschuld in italienischen Lire dem anfänglichen Betrag der reinen Hauptschuld gegenüberzustellen. Das ist nichtssagend. Entgegen ihrer Ansicht schließt die Zugehörigkeit Italiens zum Europäischen Währungssystem allein nicht aus, daß der Wert der italienischen Lira gegenüber der Deutschen Mark seit 1980 gesunken ist. Gemäß der Berechnung der Gläubigerin soll der Wert der ausgeurteilten Hauptsumme nach dem Wechselkurs im Jahre 1979 49384, 89 DM betragen haben, während der Wert der aufgewerteten Summe einschließlich Zinsen nach dem Wechselkurs am 31. Dezember 1990 rund 99468 DM ergeben hätte. Das Gegenteil hätte die Schuldnerin dartun müssen, um den Wuchereinwand belegen zu können. Ein Anwachsen der Forderung, bemessen in Deutscher Mark, in dem von der Gläubigerin eingeräumten Umfange von 101, 5 % in fast elf Jahren rechtfertigt den Vorwurf der Sittenwidrigkeit nicht. Es ergibt rechnerisch einen linearen Anstieg der Gesamtsumme von rund 9, 5 % pro Jahr.
c) Die im italienischen Urteil angeordnete Währungsaufwertung verstößt auch nicht im Hinblick auf § 3 WährG gegen die deutsche öffentliche Ordnung. Diese Vorschrift beschränkt sich auf Vereinbarungen; sie gilt nicht für Währungsanpassungen, die durch Urteil auferlegt sind (Staudinger/K. Schmidt, BGB 12. Aufl. Vorbem. D 201 vor § 244). Diese werden von § 32 AWG erfaßt, der jedoch nicht für ausländische Gerichte gilt. Darüber hinaus entfällt § 3 Satz 1 WährG, wenn der Gläubiger - wie hier - im Ausland ansässig ist (§§ 49 Abs. 1, 4 Abs. 1 Nr. 3 AWG). § 3 Satz 2 WährG andererseits setzt gemäß seinem Schutzzweck eine in Deutscher Mark ausgedrückte Geldschuld voraus und erstreckt sich daher nicht auf - wertgesicherte - Fremdwährungsschulden (Staudinger/K. Schmidt aaO Vorbem. D 212 vor § 244 und § 244 Rdn. 42; Dürkes, Wertsicherungsklauseln Anm. B 22, C 213 a und C 218; Stürner/Münch JZ 1987, 178, 181).
2. Das Beschwerdegericht hat weiter ausgeführt: Die italienische Verurteilung erfülle nicht das deutsche vollstreckungsrechtliche Bestimmtheitsgebot. Es liege nahe, eine konkretisierende Ergänzung im inländischen Verfahren auf Vollstreckbarerklärung vorzunehmen. Wenn das Landgericht dies hier unterlassen habe, so benachteilige das jedenfalls nicht die Schuldnerin, weil sie keinen Anspruch darauf habe, daß die Zwangsvollstreckung gegen sie selbst zügig durchgeführt werden könne.
Demgegenüber rügt die Rechtsbeschwerde zutreffend die fehlende Konkretisierung des zu vollstreckenden Titels.
a) Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts kommt es nicht entscheidend darauf an, ob die Schuldnerin durch eine erschwerte Vollstreckungsmöglichkeit gegen sie benachteiligt wird. Ihre Verfahrensrechte werden schon dadurch verletzt, daß überhaupt eine Entscheidung gegen sie ergeht, die in der gewählten Form unzulässig ist.
b) Das trifft für die Anordnung des Landgerichts zu. Sie enthält hinsichtlich des italienischen Währungsausgleichs und der gesetzlichen Zinsen keinen Ausspruch, der den Bestimmtheitsanforderungen für inländische Erkenntnisse genügt. Zwar gestattet das deutsche Recht den Zwangsvollstreckungsorganen, gewisse Unklarheiten im Vollstreckungstitel durch eigene Auslegung auszuräumen und künftig eintretende Veränderungen - etwa das Auflaufen weiterer Zinsen - selbst zu berücksichtigen. Diese Möglichkeit ist aber nach der Aufgabenverteilung im deutschen System der zivilprozessualen Rechtsverwirklichung als Ausnahme gedacht. Danach obliegt es in erster Linie dem erkennenden Gericht oder derjenigen Stelle, die den Vollstreckungstitel schafft, dessen Inhalt und Grenzen eindeutig zu bezeichnen (vgl. §§ 794 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1, 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO und dazu BGHZ 22, 54, 57 ff; Stein/Jonas/Münzberg, ZPO 20. Aufl. Rdn. 25 vor § 704; MünchKomm-ZPO/Krüger § 704 Rdn. 8; Stürner/Münch aaO S. 181 f m.w.N.). Nur wo das versehentlich unterblieben oder im Hinblick auf künftige Entwicklungen nicht in vollem Umfange durchzuführen ist, ist das jeweilige Vollstreckungsorgan gefordert und berechtigt, die nötige Bestimmung selbst vorzunehmen, soweit dies aus dem Titel einschließlich etwaiger Entscheidungsgründe selbst oder aufgrund allgemein zugänglicher, leicht und sicher feststellbarer anderer Urkunden, auf die der Titel verweist, möglich ist (Stein/Jonas/Münzberg aaO Rdn. 153 vor § 704; Stürner/Münch aaO S. 182 f m.w.N.). Damit soll das Erfordernis eines erneuten Erkenntnisverfahrens tunlichst vermieden werden. Hingegen ist es grundsätzlich unzulässig, mit Rücksicht auf die Befugnisse der Vollstreckungsorgane von vornherein die angeordneten Rechtsfolgen nicht so bestimmt auszusprechen, wie das die Umstände gestatten. Auch die Möglichkeiten, im Klauselverfahren einen Titel zu ergänzen oder gar abzuändern (§§ 726 ff ZPO), sind abschließend auf vollstreckungsfähige Titel begrenzt (Stürner/Münch aaO S. 185).
Diese Aufgabenverteilung gilt zugleich für die Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Titels. Nicht dieser, sondern allein die inländische Entscheidung über die Vollstreckbarerklärung ist maßgebliche Grundlage für die Zwangsvollstreckung in Deutschland (BGH, Urt. v. 6. November 1985 - IVb ZR 73/84, NJW 1986, 1440, 1441 mit zustimmender Anmerkung von M. Wolff RIW 1986, 728, 729; Zöller/Geimer, ZPO 17. Aufl. § 722 Rdn. 56; Stein/Jonas/Münzberg, ZPO 20. Aufl. § 722 Rdn. 23 m.w.N.; Kropholler, Europäisches Zivilprozeßrecht 3. Aufl. Art. 31 EGÜbk Rdn. 13). Sie hat daher grundsätzlich den inländischen Bestimmtheitsanforderungen zu entsprechen (Kropholler aaO Rdn. 12; Schack, Internationales Zivilverfahrensrecht Rdn. 938 f).
aa) Dies rechtfertigt es einerseits nicht, ausländische Entscheidungen, die nicht so bestimmt gefaßt sind, allein deswegen nicht anzuerkennen; Art. 43 EGÜbk betrifft insoweit nur einen Sonderfall, in dem das Gericht des Vollstreckungsstaates unmöglich in der Lage wäre, von sich aus eine Konkretisierung vorzunehmen. Statt dessen hat in solchen Fällen allgemein das um die Vollstreckbarerklärung ersuchte deutsche Gericht darauf hinzuwirken, daß der fremde Ausspruch möglichst im Anerkennungsverfahren konkretisiert wird (vgl. OLG Saarbrücken NJW 1988, 3100, 3101). Es darf zwar nicht von Amts wegen vom Antrag (§ 3 Abs. 1 bis 3 AVAG) abweichen, hat aber gemäß § 139 Abs. 1 Satz 1 ZPO auf sachdienliche Anträge zu achten. Ihm obliegt die Feststellung (§ 293 ZPO) und Anwendung ausländischen Rechts. Dazu kann es gemäß den allgemeinen Regeln die Mitwirkung der ausländischen Partei in Anspruch nehmen (vgl. MünchKomm-ZPO/Gottwald § 722 Rdn. 15 a.E.). Nur wenn eine hinreichend genaue Fassung - insbesondere am Verbot der Überprüfung der Gesetzmäßigkeit der ausländischen Entscheidung (§ 723 Abs. 1 ZPO, Art. 34 Abs. 3 EGÜbk) - im Einzelfall scheitert, darf das Gesuch zurückgewiesen werden, weil es der deutschen öffentlichen Ordnung (§ 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO; Art. 27 Nr. 1 EGÜbk) widersprechen würde, eine zu vollstreckende Anordnung zu erlassen, die von den Vollstreckungsorganen unmöglich sinngerecht ausgeführt werden könnte (vgl. Münch RIW 1989, 18, 20). Dazu braucht das Gericht, das um die Vollstreckbarerklärung ersucht wird, es nicht sehenden Auges kommen zu lassen. Dann ist die Zwangsvollstreckung vielmehr aus Gründen, die außerhalb des Anwendungsbereichs des Brüsseler Abkommens von 1968 liegen, nicht mehr möglich (vgl. hierzu EuGH NJW 1989, 663, 664 unter 18). In allen anderen Fällen dagegen ist das Gericht - erst recht im Anwendungsbereich des Europäischen zivilprozessualen Anerkennungs- und Vollstreckungsabkommens von 1968, das die grenzüberschreitende Anerkennung von Urteilen fördern soll (vgl. EuGH NJW 1989, 663, 664 unter 10) - gehalten, den Gläubiger auf das Erfordernis eines ausreichend bestimmten Antrages hinzuweisen.
Dementsprechend hat der Bundesgerichtshof in der zitierten Entscheidung vom 6. November 1985 (IVb ZR 73/84, aaO) für einen ausländischen indexierten Unterhaltstitel ausgesprochen, daß die zur Konkretisierung erforderlichen Feststellungen im Verfahren der Vollstreckbarerklärung zu treffen sind (zustimmend Dopffel IPRax 1986, 277, 281 f; M. Wolff aaO). Hinsichtlich der auf einem italienischen Urteil vermerkten Registrierungsgebühr hat er angeordnet, daß das deutsche Gericht im Verfahren der Vollstreckbarerklärung aufkommende Zweifel über die Vollstreckungsfähigkeit aufzuklären versuchen muß (Beschl. v. 13. April 1983 - VIII ZB 38/82, WM 1983, 655, 657 mit insoweit zustimmender Anmerkung von Prütting IPRax 1985, 137, 139). Der erkennende Senat hat es für zulässig gehalten, daß eine ausländische Entscheidung, die zur Zahlung der "gesetzlichen Zinsen" verurteilt, im Verfahren der Vollstreckbarerklärung konkretisiert wird (Beschl. v. 5. April 1990 - IX ZB 68/89, WM 1990, 1122, 1124 mit zustimmender Anmerkung von Thode WuB VII B 1. Art. 31 EuGVÜ 1. 90; Baumbach/Lauterbach/Albers, ZPO 51. Aufl. Art. 31 EuGVÜ Rdn. 1 a.E.). Auch ein Währungsausgleich, der nach ausländischem Recht automatisch, also nicht erst im Wege nachträglicher gerichtlicher Ergänzung eintritt, ist in gleicher Weise zu berücksichtigen.
Art. 34 Abs. 1 EGÜbk steht einer solchen Konkretisierung des Antrags nicht entgegen. Wenn danach die Entscheidung "unverzüglich" ergehen soll, so schließt das nicht aus, jedem Gläubiger diejenige Zeit zu gewähren, die erforderlich ist, einen zulässigen Antrag auf Vollstreckbarerklärung zu stellen. Dem ausländischen Gläubiger wird hierdurch nichts zugemutet, was er nicht im Rahmen von Vollstreckungsaufträgen gegenüber dem jeweils zuständigen Vollstreckungsorgan ohnehin erbringen müßte. Darüber hinaus kommt es in geeigneten Fällen in Betracht, einen Titel wegen der zweifelsfrei feststehenden Beträge schon vorab wenigstens teilweise für vollstreckbar zu erklären (Art. 42 EGÜbk).
bb) Andererseits darf die erforderliche Konkretisierung eines ausländischen Titels wegen der aufgezeigten Aufgabenverteilung zwischen erkennendem Gericht und den für die Klauselerteilung oder die Zwangsvollstreckung zuständigen Organen nicht regelmäßig diesen auferlegt werden. Mit der Ermittlung ausländischen Rechts und der Bewertung ergänzender ausländischer Urkunden würden sie in der dafür jeweils maßgeblichen, nicht auf Verhandlungen angelegten Verfahrensart außergewöhnlich belastet. Zudem begründet ein abschließendes sowie verbindliches, aber nicht eindeutig konkretisiertes Vollstreckungsurteil die Gefahr unterschiedlicher Auslegung durch die - gemäß § 764 Abs. 2 ZPO jeweils zuständigen - Vollstreckungsgerichte (vgl. LG Landau RIW 1984, 995 f). Ob ein solches Urteil, wenn es versehentlich erlassen würde, nichtig oder noch vollstreckungsfähig wäre, braucht hier nicht entschieden zu werden. Jedenfalls ist es prozeßordnungswidrig und damit anfechtbar.
cc) Das ausländische Erkenntnis ist deshalb, wenn es für vollstreckbar erklärt wird, so genau zu fassen, daß es die gleichen Wirkungen wie ein entsprechender deutscher Titel äußern kann (vgl. Geimer, Internationales Zivilprozeßrecht Rdn. 2341; MünchKomm-ZPO/Gottwald, Art. 31 EuGVÜ Rdn. 7). Insoweit drückt Art. 12 des deutsch-griechischen Vertrages vom 4. November 1961 über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen, Vergleichen und öffentlichen Urkunden in Zivil- und Handelssachen (BGBl 1963 II S. 110, 113) einen allgemeinen Rechtsgedanken aus, der in gleicher Weise für § 7 Satz 2 AVAG zutrifft wie für § 723 ZPO.
Hierfür kommt vorzugsweise in Betracht, daß die im Zeitpunkt der deutschen Anerkennungsentscheidung bezifferbaren beizutreibenden Beträge ausgewiesen werden. Mindestens sollten aber - und dies gilt insbesondere für zukünftig anfallende Zinsen oder sonstige Zuschläge - die Berechnungsgrundlagen im Entscheidungssatz so genau bezeichnet werden, daß das jeweilige Vollstreckungsorgan sie sicher feststellen und zuverlässig anwenden kann.
c) Demgegenüber wird die Ansicht vertreten, es sei allgemein zu unterscheiden zwischen offenen Vollstreckungstiteln einerseits, die im Vollstreckbarerklärungsverfahren abschließend zu bestimmen seien, sowie dynamisierten Vollstreckungstiteln andererseits: Letztere seien erst im spätest-möglichen Zeitpunkt, nämlich dem der Zwangsvollstreckung, durch die hierfür zuständigen Organe zu konkretisieren, um allzu häufige nachträgliche Änderungsverfahren zu vermeiden (Münch RIW 1989, 18, 21; vgl. auch OLG Stuttgart JZ 1987, 579 f; Stürner/Münch aaO S. 185 f - a.M. Roth IPRax 1989, 14, 16; MünchKomm-ZPO/Gottwald Art. 31 EuGVÜ Rdn. 7). Jedoch schließt die Konkretisierung schon im Verfahren auf Vollstreckbarerklärung zu dem dafür maßgeblichen Zeitpunkt eine Berücksichtigung nachträglicher Veränderungen im Vollstreckungsverfahren gemäß den hierfür geltenden allgemeinen Regeln nicht aus: Die Entscheidung des deutschen Gerichts, welche die Vollstreckbarerklärung anordnet, unterliegt den normalen inländischen Vorschriften über Vollstreckungstitel. So ist insbesondere der Zinslauf nach der Vollstreckbarerklärung gemäß einhelliger Ansicht vom Vollstreckungsorgan auch dann zu berechnen, wenn er - nur - auf der Grundlage des Diskontsatzes der Bundesbank bestimmt ist (vgl. BGHZ 22, 54, 61). Hierfür wie für einen Währungsausgleich nach ausländischem Recht stellt sich lediglich unverändert die Frage, ob die dazu erforderlichen ausländischen Daten aufgrund des Vollstreckungstitels in der erforderlichen Weise eindeutig und sicher festzustellen sind. Das erkennende Gericht wird sie, bei Vorliegen eines entsprechenden Sachantrags, in seine Entscheidungsgründe einfließen lassen. In jedem Falle verbessert sich die Möglichkeit zu ihrer Berücksichtigung, wenn das Gericht im Verfahren auf Vollstreckbarerklärung bereits eine entsprechende Berechnung für einen früheren Zeitpunkt vorgenommen hat. Denn soweit es dazu ausländische Unterlagen bezeichnet und Berechnungsmethoden rechtskräftig anerkannt hat, werden diese für die Folgezeit auch den Vollstreckungsorgangen leichter zugänglich sein.
Mit dieser Entscheidung weicht der Senat nicht von dem bezeichneten Urteil des Bundesgerichtshofs vom 6. November 1985 (IVb ZR 73/84, aaO) ab. Im Ergebnis stimmen beide Entscheidungen überein, nämlich hinsichtlich der im Verfahren auf Vollstreckbarerklärung erforderlichen Konkretisierung des ausländischen Titels. Zwar ist in dem genannten Urteil - nur - zur Begründung dieses Erfordernisses beiläufig erwähnt, die Ergänzung sei im späteren Vollstreckungsverfahren nicht mehr möglich. Damit war aber ersichtlich allein die allgemeine Aufgabenverteilung zwischen erkennendem Gericht und Vollstreckungsorganen (oben b mit bb) kurz umschrieben. Hingegen sollten erkennbar nicht die allgemeinen gesetzlichen Befugnisse der Vollstreckungsorgane zur Auslegung von Vollstreckungstiteln eingeschränkt werden, soweit sie etwa auch in BGHZ 22, 54 ff anerkannt sind.
d) Eine Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs zu dieser Frage kommt nicht in Betracht, weil sie nicht die Auslegung des Brüsseler Abkommens von 1968 selbst betrifft, sondern allein dessen innerstaatliche prozessuale Umsetzung durch die deutschen Gerichte.
e) Das Fehlen der nach alledem erforderlichen Bestimmtheit des Vollstreckungsausspruchs führt allerdings - entgegen der Meinung der Schuldnerin - nicht zur Zurückweisung des Antrags, sondern zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht. Dieses hat, wie ausgeführt (oben b aa), auf die erforderliche Ergänzung des Antrags hinzuwirken.
Fundstellen
Haufe-Index 2993188 |
BGHZ 122, 16 |
NJW 1993, 1801 |
WM 1993, 1012 |
ZIP 1993, 834 |
MDR 1993, 904 |
IPRspr. 1993, 171 |