Tenor
Der Antrag der Beklagten auf Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Sprungrevision gegen das Urteil des Landgerichts Ansbach vom 30. August 1999 wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Beklagte hat gegen das ihr am 2. September 1999 zugestellte Urteil des Landgerichts Ansbach vom 30. August 1999 mit am 4. Oktober 1999, einem Montag, beim Bundesgerichtshof eingegangener Schrift Sprungrevision mit Zustimmung der Klägerin eingelegt und diese am 13. Dezember 1999 gegenüber dem Bundesgerichtshof begründet. Auf den Hinweis des Senatsvorsitzenden vom 13. Januar 2000, zugestellt am 14. Januar 2000, daß die Sprungrevision beim Bayerischen Obersten Landesgericht hätte eingelegt werden müssen und ihre Einlegung beim Bundesgerichtshof die Revisionsfrist nicht wahren konnte, hat die Beklagte mit am 19. Januar 2000 beim Bayerischen Obersten Landesgericht eingegangener Schrift erneut Sprungrevision eingelegt und zugleich beantragt, ihr gegen die Versäumung der Revisionsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen.
Zur Begründung ihres Wiedereinsetzungsgesuchs hat die Beklagte vorgetragen, die Einlegung der Revision zum Bundesgerichtshof beruhe auf einem Büroversehen ohne Anwaltsverschulden. Das im Büro ihrer Revisionsanwälte seit mehr als dreißig Jahren für die Fristen verantwortliche, außerordentlich zuverlässige Personal habe bisher ausnahmslos die Weisung befolgt, in jeder Revisionssache zu prüfen, ob das Urteil eines bayerischen Gerichts anzufechten sei, und gegebenenfalls auf der Vorderseite des Mandatsschreibens mit roter Tinte das Wort „München” einzutragen, es sei denn, daß die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen sei; im Falle des Vermerkes „München” richte die die Revisionsschrift ausfertigende Sekretärin dieselbe an das Bayerische Oberste Landesgericht. Im vorliegenden Fall hätten es die betreffenden Angestellten aus nicht mehr festzustellenden Gründen unterlassen, die Zuständigkeitsangabe „München” zu vermerken. Ein derartiges vereinzeltes Büroversehen könne der Beklagten und ihren Anwälten nicht angelastet werden.
II.
Der Beklagten kann die nachgesuchte Wiedereinsetzung nicht gewährt werden. Die hierfür nach § 233 ZPO erforderlichen Voraussetzungen sind nicht erfüllt.
1. Die Beklagte hat die Notfrist des § 552 ZPO versäumt. Die am letzten Tag der Revisionsfrist beim Bundesgerichtshof eingegangene Revisionsschrift war nicht zur Fristwahrung geeignet.
Gemäß § 7 Abs. 2 Satz 1 EGZPO ist die Revision in Zivilsachen gegen Urteile bayerischer Gerichte auch im hier vorliegenden Fall der Sprungrevision nach § 566 a ZPO beim Bayerischen Obersten Landesgericht einzulegen. Dies gilt ausnahmslos und unabhängig von der – von der Beklagten aufgeworfenen – Frage, ob das Oberlandesgericht, wäre die Sache im Berufungsverfahren zu ihm gelangt, gegebenenfalls die Revision gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 EGZPO zum Bundesgerichtshof hätte zulassen müssen. Die entgegen § 7 Abs. 2 Satz 1 EGZPO beim Bundesgerichtshof vorgenommene Revisionseinlegung ist unwirksam und wahrt die Revisionsfrist nicht (vgl. z.B. MünchKomm-ZPO/Wolf, § 7 EGZPO Rdn. 6; Zöller/Gummer, 21. Aufl., Rdn. 7 zu § 7 EGZPO). Dies entspricht dem allgemeinen Grundsatz, daß die durch das Verfahrensrecht vorgeschriebene Rechtsmittelfrist nur durch die Rechtsmitteleinlegung beim jeweils hierfür gesetzlich als zuständig bestimmten Gericht eingehalten werden kann (vgl. hierzu z.B. aus neuester Zeit BGH, Urteil vom 9. Dezember 1999 - III ZR 73/99 - WM 2000, 592, 594; BGH, Beschluß vom 29. November 1999 - NotZ 10/99 - NJW 2000, 737).
2. Die Beklagte war nicht ohne ihr Verschulden an der Einhaltung der Revisionsfrist verhindert. Auch unter Zugrundelegung des zur Begründung des Wiedereinsetzungsgesuchs gebrachten Vortrags ist von einem der Beklagten gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnenden Verschulden ihrer Prozeßbevollmächtigten in der Revisionsinstanz auszugehen.
Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen, es habe an einem Büroversehen der ansonsten stets zuverlässigen Kanzleiangestellten gelegen, daß die Revisionsschrift versehentlich nicht an das Bayerische Oberste Landesgericht gerichtet und entsprechend adressiert worden sei. Denn der Prozeßbevollmächtigte einer Partei trägt die persönliche Verantwortung dafür, daß das Rechtsmittel bei dem richtigen Gericht eingelegt wird und muß daher die Rechtsmittelschrift vor der Unterzeichnung auf die Vollständigkeit, darunter auch auf die richtige Bezeichnung des (Empfänger-)Gerichts, überprüfen (st. Rspr., vgl. z.B. Senatsbeschlüsse vom 8. Dezember 1992 - VI ZB 33/92, VersR 1993, 138 f. und vom 18. Februar 1997 - VI ZB 28/96, NJW-RR 1997, 892; BGH, Beschlüsse vom 12. November 1986 - IVb ZB 127/86, VersR 1987, 486 und vom 2. Mai 1990 - XII ZB 17/90, VersR 1990, 802). Lediglich hinsichtlich der richtigen postalischen Anschrift (etwa der Postleitzahl) darf er sich auf sein geschultes und erfahrenes Büropersonal verlassen, nicht hingegen hinsichtlich der Bezeichnung des für die Rechtsmitteleinlegung zuständigen Gerichts (vgl. insoweit z.B. BGH, Beschluß vom 23. März 1995 - VII ZB 19/94, NJW 1995, 2105, 2106 und Urteil vom 15. Oktober 1999 - V ZR 50/99, NJW 2000, 82). Die in der Begründung zum Wiedereinsetzungsgesuch geschilderte Verfahrensweise läßt nicht erkennen, daß eine demgemäß dem Prozeßbevollmächtigten selbst obliegende Überprüfung des Gerichts (Bundesgerichtshof oder Bayerisches Oberstes Landesgericht), an welches die Revisionsschrift zu richten war, sichergestellt war. Hätte der Prozeßbevollmächtigte bei Unterzeichnung der ersten, noch innerhalb der Revisionsfrist gefertigten Revisionsschrift das Empfängergericht pflichtgemäß überprüft, hätte ihm der Fehler, der zur Fristversäumung geführt hat, auffallen müssen.
Eine Wiedereinsetzung kann auch nicht unter dem Gesichtspunkt gewährt werden, daß ein für die Empfangnahme einer Rechtsmittelschrift unzuständiges Gericht zur rechtzeitigen Weiterleitung an das zuständige Gericht gehalten sein kann (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 1. Dezember 1997 - II ZR 85/97, NJW 1998, 908). Da die Revisionsschrift hier erst am letzten Tag der Revisionsfrist beim Bundesgerichtshof einging, kam eine fristwahrende Weiterleitung an das Bayerische Oberste Landesgericht im ordnungsgemäßen Geschäftsgang ohnehin nicht in Betracht.
3. Der Beklagten war daher die nachgesuchte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu versagen.
Unterschriften
Groß, Dr. v. Gerlach, Dr. Müller, Dr. Dressler, Wellner
Fundstellen
Haufe-Index 539011 |
BRAK-Mitt. 2000, 287 |