Verfahrensgang
LG Paderborn (Urteil vom 19.12.2005) |
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Paderborn vom 19. Dezember 2005 im Maßregelausspruch mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Raubes in Tateinheit mit Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt und seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er allgemein das Verfahren beanstandet und die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat zum Maßregelausspruch Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Rz. 2
1. Die Überprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung hat zum Schuld- und Strafausspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Insoweit verweist der Senat auf die zutreffenden Ausführungen in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 1. März 2006.
Rz. 3
2. Dagegen hält die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 StGB) der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Rz. 4
Allerdings begegnet das angefochtene Urteil keinen rechtlichen Bedenken, soweit das Landgericht – darin dem gehörten psychiatrischen Sachverständigen folgend – angenommen hat, dass der Angeklagte die Raubtat in einem durch eine schizoaffektive Psychose oder paranoid-halluzinatorische Schizophrenie bedingten, nicht nur vorübergehenden Zustand erheblich verminderter Steuerungsfähigkeit (§ 21 StGB) begangen hat. Weiter setzt die Unterbringungsanordnung nach der Rechtsprechung jedoch voraus, dass die Gefährlichkeit des Täters in einem symptomatischen, kausalen Zusammenhang mit dem die Anlasstat verursachenden oder mitverursachenden Defektzustand im Sinne der §§ 20, 21 StGB steht. Der gefährliche Zustand des Täters muss danach dergestalt in der Anlasstat seinen Ausdruck finden, dass auch die für die Zukunft zu erwartenden Taten sich als Folgewirkung eben dieses Zustandes darstellen, weil nur dann die Anlasstat Indizwirkung für die Gefährlichkeitsprognose entfalten kann (st. Rspr.; BGH NJW 1998, 2986; NStZ-RR 1998, 174; BGHR StGB § 63 Tat 4).
Rz. 5
Ein solcher kausaler, symptomatischer Zusammenhang zwischen der diagnostizierten Störung und der abgeurteilten Raubtat, bei der der Angeklagte dem geschädigten Juwelier unter Bedrohung mit einer mit Schalldämpferattrappe versehenen Spielzeugpistole und nach einem Faustschlag ins Gesicht einen wertvollen Ring entwendete, ist nach den bisher getroffenen Feststellungen nicht erkennbar. Das Landgericht ist dem Angeklagten zwar darin gefolgt, der eigentliche Grund, weshalb er am Tattag das Juweliergeschäft aufgesucht habe, sei gewesen, dass er „Stimmen” gehört habe, die ihm befohlen hätten zu verhindern, dass der Geschädigte ein in dem Laden befindliches Madonnenbild verkauft (UA 4). Dass diese „überwertige Idee” (UA 8) sich auf den Entschluss, den Ring zu rauben, ausgewirkt haben kann, ist jedoch nicht dargetan und versteht sich auch nicht von selbst.
Rz. 6
Über die Maßregelanordnung ist deshalb neu zu entscheiden. Dabei wird der neue Tatrichter, sofern er erneut zur Anordnung nach § 63 StGB gelangt, auch Gelegenheit haben, die im angefochtenen Urteil im Rahmen der Gefährlichkeitsprognose lediglich pauschal mitgeteilten „deutlichen fremdaggressiven Tendenzen”, die der Angeklagte gezeigt habe (UA 11), näher zu konkretisieren. Dessen hätte es hier schon deshalb bedurft, weil der Angeklagte bisher nicht durch Gewaltdelikte in Erscheinung getreten ist.
Rz. 7
Im Übrigen weist der Senat für das weitere Verfahren vorsorglich darauf hin, dass die gebotene Aufhebung der den Maßregelausspruch betreffenden „zugehörigen” Feststellungen auch die der Schuldfähigkeitsbeurteilung durch das Landgericht zu Grunde liegenden Feststellungen erfasst (vgl. Senatsbeschluss vom 8. Januar 2004 – 4 StR 539/03). Ungeachtet deren Doppelrelevanz bleibt der Schuld- und Strafausspruch des angefochtenen Urteils hiervon jedoch unberührt. Denn eine vollständige Aufhebung der Schuldfähigkeit scheidet hier von vornherein aus; durch die Annahme der Voraussetzungen des § 21 StGB ist der Angeklagte bei der Strafzumessung aber nicht beschwert (vgl. Senatsbeschluss aaO).
Unterschriften
Tepperwien, Maatz, Athing, Ernemann, Sost-Scheible
Fundstellen
Haufe-Index 2555376 |
StraFo 2006, 295 |