Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuständigkeit des Rechtspflegers für Erteilung der Vollstreckungsklausel. Bedingt geschlossener Vergleich
Leitsatz (amtlich)
Ist ein Vergleich unter Widerrufsvorbehalt geschlossen worden, ist der Rechtspfleger für die Erteilung der Vollstreckungsklausel zuständig (im Anschluss an BAG, Beschl. v. 5.11.2003 - 10 AZB 38/03, MDR 2004, 537 = NJW 2004, 701).
Normenkette
ZPO § 726 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Rechtsmittel werden die Beschlüsse der 13. Zivilkammer des LG München I v. 24.1.2005 und des AG München v. 5.10.2004 aufgehoben.
Die Zwangsvollstreckung der Gläubigerin aus der am 13.11.2003 erteilten vollstreckbaren Ausfertigung des gerichtlichen Vergleichs v. 27.10.2003 ist unzulässig.
Die Gläubigerin trägt die Kosten der Erinnerung und der Rechtsmittel.
Beschwerdewert: 1.300 EUR
Gründe
I.
Die Gläubigerin betreibt gegen die Schuldner die Zwangsvollstreckung aus einem gerichtlichen Vergleich v. 27.10.2003. Die Ziff. 1 und 2 des Vergleichs lauten:
"1. Die Beklagten verpflichten sich, samtverbindlich die Klageforderung i.H.v. 4.288,52 EUR nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 26.7.2002 zu bezahlen.
2. Soweit die Beklagten an die Klagepartei 3.300 EUR bis 8.12.2003 bezahlen, wird die Differenz zum Klagebetrag nachgelassen."
Von dem ihr in Ziff. 5 eingeräumten Widerrufsrecht hat die Gläubigerin keinen Gebrauch gemacht.
Am 13.11.2003 erteilte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle der Gläubigerin eine vollstreckbare Ausfertigung des Vergleichs. Der Schuldner zu 3) hat dagegen gem. § 732 ZPO Erinnerung eingelegt. Das AG - Vollstreckungsrichter - hat sie mit Beschluss v. 5.10.2004 zurückgewiesen. Das Beschwerdegericht hat die sofortige Beschwerde mit Beschluss v. 24.1.2005 zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist begründet.
1. Das Beschwerdegericht ist der Ansicht, der Vergleich habe einen vollstreckungsfähigen Inhalt, auch wenn in Ziff. 1 die Gläubigerin als Zahlungsempfängerin nicht genannt sei. Der Vergleich sei dahin auszulegen, dass die Schuldner die in Ziff. 1 genannte Summe an die Gläubigerin zu zahlen hätten. Die Vollstreckungsklausel v. 13.11.2003 sei auch von dem zuständigen Organ, der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle, erteilt worden, § 794 Abs. 1 Nr. 1, § 795, § 724 Abs. 2 ZPO. Zwar sei die Wirksamkeit des Vergleichs durch das Widerrufsrecht der Gläubigerin aufschiebend bedingt gewesen, so dass für die Erteilung der Vollstreckungsklausel § 726 ZPO maßgebend sei. Gleichwohl sei nicht der Rechtspfleger gem. § 20 Nr. 12 RPflG zuständig. Denn die Frage des Widerrufs des Vergleichs sei eine aktenkundige, leicht zu überprüfende Vollstreckungsvoraussetzung. Wegen der entgegenstehenden Rechtsprechung des BAG (BGH, Beschl. v. 5.11.2003 - 10 AZB 38/03, MDR 2004, 537 = NJW 2004, 701) werde die Rechtsbeschwerde zugelassen.
2. Die Zwangsvollstreckung aus der vollstreckbaren Ausfertigung v. 13.11.2003 war für unzulässig zu erklären.
a) Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde folgt die Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung allerdings nicht daraus, dass der Vergleich keinen vollstreckungsfähigen Inhalt hätte. Die Auslegung des Beschwerdegerichts, die Vergleichssumme nach Ziff. 1 des Vergleichs sei an die Gläubigerin zu zahlen, trifft zu.
b) Die Vollstreckungsklausel ist jedoch von der nicht zuständigen Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle erteilt worden. Ist ein Vergleich unter Widerrufsvorbehalt und damit unter einer Bedingung geschlossen worden, ist nach der Rechtsprechung des BAG (BAG, Beschl. v. 5.11.2003 - 10 AZB 38/03, MDR 2004, 537 = NJW 2004, 701) der Rechtspfleger für die Erteilung der Vollstreckungsklausel gem. § 726 Abs. 1 ZPO zuständig. Dem tritt der Senat bei.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
Fundstellen