Entscheidungsstichwort (Thema)
Unabhängigkeit der Verjährung von vertraglich geregelten Abfindungsansprüchen gegenüber den gesetzlichen Ansprüchen. Ausgleichsansprüche aus dem im Grundbuch von G. Band ... Blatt ... eingetragenen Hof
Normenkette
LwVG § 24 Abs. 2 Nr. 2; BGB § 225
Tenor
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des 7. Zivilsenats - Senat für Landwirtschaftssachen - des Oberlandesgerichts Celle vom 21. November 1994 wird auf Kosten des Antragsgegners, der den Antragstellern deren außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu erstatten hat, als unzulässig verworfen.
Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt 79.960 DM.
Gründe
I.
Die Antragsteller machen gegen den Antragsgegner Ausgleichsansprüche geltend. Alle Beteiligten sind eheliche Kinder des Landwirts Karl H., die Beteiligte zu 1 aus dessen erster Ehe, die weiteren Beteiligten aus dessen zweiter Ehe mit Bertha H. Karl und Bertha H. waren gemeinschaftliche Eigentümer eines Ehegattenhofes von 22.23.59 ha. Karl H. verstarb am 4. April 1959, Bertha H. war Hofvorerbin. Sie übertrug durch Übergabevertrag vom 18. Juni 1963 den Hof auf den Antragsgegner. Mit Änderungsvertrag vom 21. August 1963 traten die Antragsteller dem Übergabevertrag zustimmend bei, die Abfindungsregelung erhielt folgende neue Fassung:
"Zur Vermeidung von Streitigkeiten ... ist wie folgt zu verfahren:
Dem Annehmer bleibt es unbenommen, ob er aussiedelt oder, sei es ganz oder in Teilen, den bisherigen Hof verkauft und dafür ein anderes landwirtschaftliches Anwesen erwirbt. Soweit er jedoch hierbei durch Veräußerung von Teilen des Hofes als Bauland einen den heutigen Baulandpreisen entsprechenden Erlös erzielt, der ein Vielfaches des heute gültigen Ackerlandpreises betragen wird und sich Ersatzland von erheblich größerem Flächenumfang oder besserer Bodenwertzahl eintauscht, ist er verpflichtet, diesen Überhang (sei es Erlös zu guten Baupreisen oder mehr oder besseres Ersatzland) mit den weichenden Erben, nämlich seiner Halbschwester Emmi H. und seinem Bruder Elektro-Dipl.-Ing. Heinrich H., gleichmäßig zu teilen, wobei ihm die Kosten einer Aussiedlung vorweg allein zukommen sollen; er hat hierbei jedoch zuvor alle Möglichkeiten von öffentlichen Aussiedlungskrediten einschließlich Krediten für Aufstockung (im Rahmen des grünen Planes) in höchstzulässigem Maße auszuschöpfen.
Der Annehmer soll berechtigt sein, den ihm in Größe von 22.23.59 ha eingangs übergebenen Hof bis auf etwa 25 ha zu vergrößern. Was also nach Abzug der Aussiedlungskosten und dem Betrag für Ersatzland von dem Baulanderlös noch übrig bleibt, ist mit den Geschwistern zu dritteln. ..."
In dieser Fassung wurde der Übergabevertrag durch das Landwirtschaftsgericht genehmigt. In der Folgezeit wurden Flächen des Hofes, die im Bereich eines Bebauungsplanes lagen in ein Umlegungsverfahren einbezogen. Durch Umlegungsvereinbarung vom 8. Juni 1971 erhielt der Antragsgegner für 13.057 qm eingeworfene Ackerfläche 9.140 qm Bauland. Er hatte bereits mit Vertrag vom 29. April 1971 einer Wohnbaugesellschaft an diesen Flächen ein Erbbaurecht für 99 Jahre mit einem anzupassenden Erbbauzins von 60.000 DM jährlich (zahlbar in monatlichen Teilbeträgen von 5.000 DM) bestellt, wobei die Erbbauberechtigte zugleich ein unwiderrufliches Angebot zum Ankauf der Fläche machte. Der Antragsgegner erzielte Erbbauzinsen ohne Steuerabzug von 12.501 DM im Jahr 1971, 43.202 DM im Jahr 1972, ab 1973 60.000 DM und dann sich steigernd bis 83.045,90 DM im Jahre 1989.
Die Antragsteller haben u.a. beantragt den Antragsgegner zur Zahlung an die Beteiligten zu 1 und 2 jeweils folgender Teilbeträge zu verurteilen:
- 14.400 DM als Erbbauzinsanteil 1972 nebst 1.440 DM errechneter Zinsen
- 25.580 DM als Erbbauzinsanteil 1984 nebst 2.558 DM errechneter Zinsen
Das Landwirtschaftsgericht hat die Anträge durch Teilbeschluß abgewiesen. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsteller hat das Oberlandesgericht die geltend gemachten Ansprüche aus den vorgenannten Anträgen nebst 4 % Zinsen ab Rechtshängigkeit dem Grunde nach für berechtigt erklärt und den weitergehenden Zinsanspruch abgewiesen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde mit der der Antragsgegner seinen Abweisungsantrag weiterverfolgt.
II.
Das Beschwerdegericht hält einen Abfindungsanspruch der Antragsteller aus der vertraglichen Regelung für gegeben, weil es die Erbbaurechtsbestellung als Veräußerung im Sinne des Vertrages vom 21. August 1963 ansieht. Die Ansprüche der Antragsteller seien auch nicht verjährt, weil sie auf vertraglicher Regelung beruhten und damit die 30jährige Frist gelte (§ 195 BGB).
III.
Die Rechtsbeschwerde ist unzulässig. Da das Beschwerdegericht sie nicht zugelassen hat (§ 24 Abs. 1 LwVG) und auch ein Fall des § 24 Abs. 2 Nr. 2 LwVG nicht gegeben ist, wäre sie nur unter den Voraussetzungen des § 24 Abs. 2 Nr. 2 LwVG statthaft. Ein Abweichungsfall (vgl. dazu näher BGHZ 89, 149, 151 ff) liegt jedoch entgegen der Auffassung des Antragsgegners nicht vor. Die Rechtsbeschwerde sieht die Abweichung allein in den Ausführungen des Berufungsgerichts zur Verjährungsfrage und meint, dessen Auffassung verstoße "offensichtlich gegen § 225 BGB" und weiche damit auch von den Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 26. Oktober 1983, VIII ZR 132/82, NJW 1984, 289, 290 und vom 3. Dezember 1987, VII ZR 363/86, NJW 1988, 1259, 1260 ab. Ob die Rechtsbeschwerdebegründung den in BGHZ 89, 149, 151 aufgestellten formellen Anforderungen genügt, mag offen bleiben, denn das Beschwerdegericht weicht mit seinen Ausführungen ersichtlich nicht von den genannten Entscheidungen des Bundesgerichtshofes ab. Beide Urteile betreffen Vereinbarungen über die Erschwerung der Verjährung (Hinausschieben des Verjährungsbeginns bei Kfz-Miete) oder deren gänzlichen Ausschluß (für rechtzeitig mitgeteilte Werkvertragsmängel) und zwar in bezug auf die in den Vergleichsfällen streitgegenständlichen Ansprüche. Die Rechtsbeschwerde verkennt, daß die Beteiligten hier überhaupt kein Rechtsgeschäft zur Frage der Verjährung geschlossen haben, sondern im Vertrag vom 21. August 1963 die Abfindung der Antragsteller nach Grund und Höhe eigenständig - und wie das Beschwerdegericht auch ausgeführt hat - unabhängig von den gesetzlichen Ansprüchen (§§ 12, 13 HöfeO) geregelt haben. Es liegt also weder ein verjährungserschwerendes Rechtsgeschäft vor, noch hat die vertragliche Regelung irgendetwas mit der Verjährung der gesetzlichen Ansprüche (vgl. § 13 Abs. 4 HöfeO a.F.; § 13 Abs. 9 Satz 2 HöfeO n.F.) zu tun. Die Anspruchsgrundlage sieht das Berufungsgericht vielmehr in dem Vertrag vom 21. August 1963 und wendet darauf folgerichtig die allgemeine Verjährungsfrist (§ 195 BGB) an.
Selbst wenn man - was fern liegt - in dem Vertrag vom 21. August 1963 eine Regelung sähe, die eine Verlängerung der Verjährungsfrist nur mittelbar als Nebenfolge mit sich bringt, wäre das Verbot des § 225 BGB hierauf nicht anwendbar (BGHZ 93, 287, 292) und ein Abweichungsfall zu den von der Rechtsbeschwerde angeführten Entscheidungen des Bundesgerichtshofes nicht gegeben.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 44, 45 LwVG.
Unterschriften
Hagen
Vogt
Wenzel
Fundstellen