Verfahrensgang

KG Berlin (Beschluss vom 01.04.1996; Aktenzeichen 18 U 594/96)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluß des 18. Zivilsenats des Kammergerichts vom 1. April 1996 – 18 U 594/96 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Streitwert: 98.388,28 DM

 

Gründe

Die nach §§ 519 b Abs. 2, 547, 577, 238 ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist nicht begründet.

Das Berufungsgericht hat zu Recht die Berufung des Beklagten verworfen und seinen Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen.

1. Der Beklagte hat gegen das ihm am 18. Dezember 1995 zugestellte Urteil des Landgerichts am 18. Januar 1996 Berufung eingelegt. Innerhalb der Monatsfrist des § 519 Abs. 2 Satz 2 ZPO hat er die Berufung nicht begründet. Dies ist erst, zusammen mit der Einreichung eines Wiedereinsetzungsantrags, am 1. März 1996 erfolgt.

2. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist hat das Berufungsgericht dem Beklagten mit Recht versagt.

Der Beklagte hat zwar rechtzeitig, innerhalb der Zwei-Wochen-Frist des § 234 Abs. 1 und 2 ZPO, Wiedereinsetzung beantragt. Dem Berufungsgericht ist jedoch darin beizutreten, daß die Fristversäumung auf einem dem Beklagten nach § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnenden Verschulden seiner Prozeßbevollmächtigten beruht.

a) Das Berufungsgericht hat es jedenfalls mit Recht als ein Organisationsverschulden der Prozeßbevollmächtigten des Beklagten angesehen, daß die im Zusammenhang mit der Einlegung der Berufung ermittelte Berufungsbegründungsfrist nach Einlegung der Berufung nicht auf ihre Richtigkeit überprüft worden ist.

Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, daß es zur ordnungsgemäßen Fristenbehandlung notwendig ist, daß der Rechtsanwalt durch büroorganisatorische Maßnahmen sicherstellt, daß das – tatsächliche – Ende der Berufungsbegründungsfrist nach Eingang der Berufung bei Gericht überprüft und erforderlichenfalls im Fristenkalender berichtigt wird. Dies kann entweder anhand der gerichtlichen Mitteilung über den Tag des Eingangs der Berufungsschrift erfolgen oder, wenn eine solche Mitteilung fehlt, durch (auch telefonische) Nachfrage bei Gericht (vgl. BGH, Beschlüsse vom 20. Mai 1992 – XII ZB 43/92 = FamRZ 1992, 1163; vom 6. Oktober 1993 – XII ZB 122/93 = FamRZ 1994, 437; vom 9. Dezember 1993 – IX ZB 70/93 = BGHR ZPO § 233 Fristenkontrolle 33 = VersR 1994, 1086 f – jeweils m.w.N.). Das Berufungsgericht ist insoweit mit Recht von der Möglichkeit eines für die Fristversäumung ursächlichen Verschuldens der Prozeßbevollmächtigten des Beklagten ausgegangen. Das schließt die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aus.

Etwas anderes ergibt sich nicht deshalb, wie die Beschwerdebegründung meint, weil der Lauf der Berufungsbegründungsfrist mit Einlegung der Berufung am letzten Tag der Berufungsfrist schon endgültig und unabänderlich festgestanden habe. Auch wenn der Rechtsanwalt die Anweisung erteilt, die Berufung am letzten Tag der Frist einzulegen, und die Einhaltung dieser Anweisung überprüft wird, wie der Beklagte geltend macht, darf von der genannten Kontrolle der Berufungsbegründungsfrist nach Eingang der Berufung nicht abgesehen werden (vgl. BGH, Beschlüsse vom 6. Oktober 1993 und vom 9. Dezember 1993, jeweils aaO). Auch wenn der Prozeßbevollmächtigte davon ausgehen darf, der Lauf der Begründungsfrist sei zuverlässig vorausberechnet worden, bleibt die Berechnung hypothetisch. Die Möglichkeit, daß im Fristenkalender (vorläufig) ein falsches Fristende eingetragen ist, kann erst dann vollständig ausgeschlossen werden, wenn die eingetragene Frist anhand der (schriftlichen oder telefonischen) Mitteilung des Gerichts über den (tatsächlichen) Eingang der Berufungsschrift überprüft und für richtig befunden wird (vgl. BGH aaO).

b) Soweit die Beschwerde weiter geltend macht, der die Sache bearbeitende Prozeßbevollmächtigte des Beklagten habe den (tatsächlichen) Eingang der Berufungsschrift selbst überprüft, fehlt es jedenfalls an der – wie ausgeführt, erforderlichen – Kontrolle der richtigen Eintragung des Endes der Berufungsbegründungsfrist im Fristenkalender. Ob das richtige Ende der Frist dem Mandanten mitgeteilt worden ist, worauf die Beschwerde hinweist, ist unerheblich. Eine solche Mitteilung kann die Kontrolle einer richtigen Eintragung im Fristenkalender nicht ersetzen, wie der vorliegende Fall zeigt. Im übrigen würde in der behaupteten Verfahrensweise ein eigenes (nicht als Organisationsverschulden anzusehendes) Verschulden des Anwalts liegen (vgl. BGH, Beschluß vom 11. Dezember 1991 – VIII ZB 38/91 = BGHR ZPO § 233 Fristenkontrolle 24).

 

Unterschriften

Rinne, Werp, Streck, Schlick, Ambrosius

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1102035

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