Verfahrensgang
LG Hamburg (Urteil vom 24.11.2017) |
Tenor
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 24. November 2017 aufgehoben
- im Schuldspruch betreffend die Tat 1 mit den zugehörigen Feststellungen; ausgenommen hiervon sind diejenigen zum objektiven Tatgeschehen, die aufrechterhalten bleiben,
- in den Aussprüchen über die Einzelstrafe für die Tat 1 und die Gesamtstrafe sowie
- im Ausspruch über die Wertersatzeinziehung.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts Hamburg zurückverwiesen.
Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen besonders schweren Raubes in zwei Fällen, davon in einem Fall tateinheitlich mit gefährlicher Körperverletzung (Tat 1 der Urteilsgründe) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt und Einziehungsanordnungen getroffen. Die auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg.
Rz. 2
1. Nach den Feststellungen der Strafkammer zu Tat 1 überfiel der Angeklagte mit seinen Mittätern H. und M. kurz vor Ladenschluss einen Supermarkt in Hamburg. Gemeinsam mit M. bedrohte H. zwei Angestellte mit einer Schusswaffe und forderte sie auf, in die Büroräume des Supermarktes zu gehen. Obwohl die Zeugen keinen Widerstand leisteten, gab H. einen Schuss ab, der den Zeugen Ha. am Unterarm traf und eine heftig blutende Verletzung verursachte. Währenddessen überwältigte der Angeklagte die Kassiererin, die bei Ertönen des Schusses vor Schreck zusammenbrach und vom Angeklagten ebenfalls zu den Büroräumen gezerrt wurde. Die beiden Mittäter leerten den Tresor, in dem sich die Wocheneinnahmen in Höhe von mehr als 42.000 Euro befanden. Der Angeklagte öffnete derweil die Kasse, aus der er und der kurz darauf hinzugekommene M. die Tageseinnahmen von knapp 4.000 Euro entnahmen. Die Täter flüchteten, nachdem sie die Angestellten in dem Büroraum eingeschlossen hatten. Das entwendete Geld konnte nicht sichergestellt werden.
Rz. 3
2. Die tateinheitliche Verurteilung des Angeklagten betreffend Tat 1 wegen gefährlicher Körperverletzung begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
Rz. 4
Die Strafkammer ist davon ausgegangen, dass der Angeklagte „spätestens nach Abgabe des Schusses der Existenz der Schusswaffe gewahr wurde und – die fortgesetzte Verwendung der Waffe billigend in Kauf nehmend – mit der Umsetzung des weiteren Tatplans nichtsdestotrotz voranschritt” (UA S. 29).
Rz. 5
Insoweit hat der Generalbundesanwalt wie folgt Stellung genommen:
„Voraussetzung für eine strafbare Verantwortung im Wege der – hier allein in Betracht kommenden – sukzessiven Mittäterschaft ist, dass jemand in Kenntnis und Billigung des von einem anderen begonnenen Handelns in das tatbestandsmäßige Geschehen als Mittäter eingreift und er sich – auch stillschweigend – mit dem anderen vor Beendigung der Tat zu gemeinschaftlicher weiterer Ausführung verbindet (vgl. Senat, Beschluss vom 10. Januar 2011 – 5 StR 515/10 –, NStZ-RR 2011, 111, 112). Daran fehlt es, wenn für die Herbeiführung des tatbestandsmäßigen Erfolgs bereits alles getan (vgl. BGH, Urteil vom 17. Oktober 1996 – 4 StR 343/96 –, NStZ 1997, 82) oder das Geschehen vollständig abgeschlossen ist, selbst wenn die hinzutretende Person dessen Folgen kennt, billigt und ausnutzt (vgl. Senat, Urteil vom 25. April 2017 – 5 StR 433/16 –, NStZ-RR 2017, 221, 222; BGH, Beschluss vom 7. März 2016 – 2 StR 123/15 –, NStZ 2016, 524, 525). Daran gemessen ist das Landgericht zwar zu Recht davon ausgegangen, dass die getroffenen Feststellungen zur Zurechnung der Gewaltandrohung und der fortgesetzten Verwendung der Schusswaffe im Hinblick auf die noch nicht vollendete Wegnahme der von den Tätern erstrebten Tageseinnahmen und damit zur Verurteilung des Angeklagten wegen besonders schweren Raubes führen (vgl. UA S. 29). Für die Annahme sukzessiver Mittäterschaft in Bezug auf den Tatbestand der gefährlichen Körperverletzung bleibt indessen kein Raum. Als der Angeklagte den spontanen Schusswaffeneinsatz bemerkte, war die Körperverletzung zum Nachteil des Zeugen Ha. bereits beendet. Zuverlässige Feststellungen, dass er den Einsatz der Waffe schon vorher, das heißt vor erfolgreicher Schussabgabe, gemerkt und gebilligt haben könnte, hat das Landgericht ersichtlich nicht treffen können. Kommt insoweit aber die Annahme sukzessiver Tatbegehung nicht in Betracht, scheidet eine Strafbarkeit des Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung aus.”
Rz. 6
Dem verschließt sich der Senat nicht. Er kann allerdings nicht ausschließen, dass ein neu mit der Sache befasstes Tatgericht ergänzende Feststellungen zu treffen vermag, die die Annahme eines Vorsatzes des Angeklagten jedenfalls bezogen auf die Verwirklichung der Tatbestandsvariante der §§ 223, 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB – bei Vorliegen einer unerheblichen Abweichung vom Kausalverlauf – rechtfertigt. Er hebt daher den Schuldspruch betreffend die Tat 1 auf. Die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen können bestehen bleiben.
Rz. 7
3. Die Aufhebung des Schuldspruchs für Tat 1 bedingt den Wegfall der für sich genommen nicht überhöhten Einzelstrafe sowie der Gesamtfreiheitsstrafe und der Einziehungsanordnung. Hinsichtlich letzterer verweist der Senat auf sein Urteil vom 24. Mai 2018 (5 StR 623/17 und 624/17).
Unterschriften
Mutzbauer, Sander, Schneider, König, RiBGH Berger ist wegen Sonderurlaubs ortsabwesend und daher an der Unterschrift gehindert. Mutzbauer
Fundstellen
Dokument-Index HI11799324 |