Verfahrensgang

LG Kempten

 

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubter Abgabe und unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln zur Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt.

Die Annahme von Tatmehr heit begegnet durchgreifenden Bedenken. Nach den Feststellungen verkaufte der Angeklagte der Zeugin F. aufgrund Gesamtvorsatzes ein Jahr lang bis zu seiner Festnahme im Oktober 1987 in kleinen Teilmengen insgesamt 15 g Heroin. Bei seiner Festnahme war er im Besitz von nicht geringen Mengen verschiedener Drogen, auch von Heroin. Das Rauschgift stammte immer vom gleichen Lieferanten.

Das Landgericht hat nicht festgestellt, daß der Angeklagte seinen (Gesamt-) Vorsatz zur Abgabe an die Zeugin F. im Zeitpunkt der Festnahme bereits aufgegeben hatte. Es ist daher zumindest möglich, daß er die Zeugin entsprechend seinem Gesamtvorsatz weiterhin beliefern wollte. Andererseits wird nicht deutlich, seit wann der Angeklagte die vorgefundenen Drogen in seinem Besitz hatte. Seine Einlassung, er habe die Lieferung erst am Vorabend bekommen, hat das Landgericht nicht übernommen, aber auch sonst zur Besitzdauer keine Feststellungen getroffen. Danach ist nicht auszuschließen, daß die im Besitz des Angeklagten befindliche Menge ursprünglich größer war und daraus bereits Heroin an die Zeugin F. abgegeben wurde und/oder daß die vorgefundene Menge auch der weiteren Belieferung der Zeugin dienen sollte.

Grundsätzlich hat der Besitz von Betäubungsmitteln gegenüber Abgabe, Veräußerung, Handeltreiben keinen eigenen Unrechtsgehalt. Eine Bestrafung wegen Besitzes kommt nur in Betracht, wenn die anderen Begehungsweisen nicht nachgewiesen werden können (BGHSt 25, 290 ff.; 385; Körner BtMG 2. Aufl. § 29 Rdn. 464 m.z.Nachw). Geht der Besitz jedoch nicht vollständig in der anderen Begehungsform auf, weil eine Teilmenge zum Eigenverbrauch bestimmt ist oder das nicht widerlegt werden kann, besteht insoweit Tateinheit zwischen Abgabe (Veräußerung, Handeltreiben) und dem Besitz, nicht Tatmehrheit (vgl. BGH, Beschlüsse vom 20. September 1983 - 4 StR 486/83 - und vom 29. August 1984 - 2 StR 173/84 - je bei Schoreit NStZ 1985, 58).

Der neue Tatrichter wird zu beachten haben, daß der Verkauf von Betäubungsmitteln rechtlich als Veräußerung nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG zu werten ist. Wird der Kaufpreis mit Gegenansprüchen des Abnehmers vor, liegt keine kostenlose Abgabe vor.

Der Zeugin F. wurde geglaubt, daß sie 450 bis 500 DM pro Gramm Heroin an den Angeklagten bezahlte. Das könnte Anlaß zur Prüfung geben, ob der Angeklagt nicht eigennützig tätig wurde.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2992952

BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 3 - Konkurrenzen 3

NStE Nr. 46 zu § 29 BtMG

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge