Leitsatz (amtlich)
Zur Frage, wann der Zusammenschluß von Zeitungsverlagen eine marktbeherrschende Stellung verstärkt.
Hält eine abhängige GmbH Anteile der sie beherrschenden Kommanditgesellschaft, so ist sie – anders als wenn sie Anteile einer sie beherrschenden Kapitalgesellschaft hielte – nicht von der Ausübung ihrer Rechte als Gesellschafterin ausgeschlossen.
Zur Frage der Meinungsbildung innerhalb eines Gesellschafterstammes, wenn der Gesellschaftsvertrag einer Kommanditgesellschaft vorsieht, daß die Mitglieder des Stammes ihre Gesellschafterrechte nur gemeinschaftlich ausüben dürfen.
Normenkette
GWB §§ 23-24; HGB § 119
Verfahrensgang
Tenor
Die Rechtsbeschwerden der Beschwerdeführer zu 1) bis 8) und des Bundeskartellamts gegen den Beschluß des Kartellsenats des Kammergerichts vom 13. Februar 1991 werden zurückgewiesen.
Die Kosten der Rechtsbeschwerden der Beschwerdeführer zu 1) bis 8) und des Bundeskartellamts werden gegeneinander aufgehoben. Das Bundeskartellamt hat die außergerichtlichen Kosten der Beschwerdeführerin zu 9) nach einem Verfahrenswert von 1 Mio DM zu erstatten.
Verfahrenswert im übrigen: 2 Mio DM.
Tatbestand
A.
Die Beschwerdeführerin zu 2), die A. B. Druckerei und Verlag GmbH & Co., verlegt die Tageszeitungen „Pinneberger Tageblatt” und „Wedel/Schulauer Tageblatt” sowie das Anzeigenblatt „Der Tip”. Alle Blätter werden im Landkreis Pinneberg vertrieben, die Tageszeitungen im Abonnement. Der Gesamtumsatz belief sich im Jahre 1988 auf 19,4 Mio DM, wovon 8,8 Mio DM auf Anzeigen, 3,8 Mio DM auf Vertrieb und 6,8 Mio DM auf Sonstiges entfielen. Die Tagesauflage des Pinneberger Tageblattes betrug 15.789, die des Wedel/Schulauer Tageblattes 4.215 Exemplare. Das entspricht einem Anteil am Lesermarkt von 35,1 %. Die Erlöse aus Anzeigen betrugen 29,3 % des Anzeigenmarktes.
Die Beschwerdeführerin zu 2) wurde 1937 von Andreas und Walter B. sowie Wanda K. gegründet; Andreas und Walter B. wurden persönlich haftende Gesellschafter, Wanda K. wurde Kommanditistin. Der Gesellschaftsvertrag sieht vor, daß beim Ableben eines Gesellschafters das Gesellschaftsverhältnis mit den Erben fortgesetzt wird, wobei mehrere Erben ihre Rechte nur gemeinschaftlich ausüben dürfen. Wanda K. verstarb 1977, ohne daß ihr jemand als Gesellschafter nachfolgte.
Anfang 1986 waren Rechtsnachfolger von Andreas B. der Beschwerdeführer zu 4) als persönlich haftender Gesellschafter und der Beschwerdeführer zu 5) als Kommanditist mit einer Einlage von 80.000 DM. Walter B. waren als Kommanditisten nachgefolgt die Beschwerdeführerin zu 9) mit einer Einlage von 80.000 DM, die Verfahrensbeteiligte zu 1) mit einer Einlage von 20.000 DM sowie die Verfahrensbeteiligten zu 2) bis 4) und Hans-Erdmann B. mit Einlagen in Höhe von je 15.000 DM.
Im März 1986 wechselte der Beschwerdeführer zu 4) aus der Stellung des persönlich haftenden Gesellschafters in die eines Kommanditisten mit einer Einlage von 80.000 DM. Persönlich haftende Gesellschafterin wurde die am 19. September 1985 gegründete und am 14. Oktober 1985 ins Handelsregister eingetragene Beschwerdeführerin zu 3), eine GmbH, deren Stammkapital in Höhe von 50.000 DM sowie das Amt des Geschäftsführers der Beschwerdeführer zu 4) übernahm.
Ebenfalls im Jahre 1986 trat Hans-Erdmann B. seinen Kommanditanteil an der Beschwerdeführerin zu 2) (15.000 DM) an deren 100 %ige Tochter, eine GmbH, Beschwerdeführerin zu 8), ab. Im Jahre 1989 übertrug der Beschwerdeführer zu 5) je 1/3 seines Kommanditanteils auf die Beschwerdeführer zu 6) und 7).
Die Beschwerdeführerin zu 1), die A. Verlag AG, erwarb durch Vertrag vom 30. Mai 1986 von der Beschwerdeführerin zu 9) die Hälfte von deren Kommanditanteil (= 40.000 DM) und durch Vertrag vom 5. Juni 1986 die Kommanditanteile der Verfahrensbeteiligten zu 1) und 2) in Höhe von insgesamt 35.000 DM.
Am 31. Juli 1989 traten die Beschwerdeführer zu 5) bis 7) ihre Kommanditanteile in Höhe von insgesamt 80.000 DM an die Beschwerdeführerin zu 1) unter der aufschiebenden Bedingung ab, daß der Erwerb nicht vom Bundeskartellamt untersagt wird. Ferner erwarb die Beschwerdeführerin zu 1) vom Stammkapital der Beschwerdeführerin zu 3), der Komplementär-GmbH, einen Anteil in Höhe von 12.000 DM.
Die Beschwerdeführerin zu 1) erzielte 1988 einen Gesamtumsatz von 2.842,5 Mio DM, wovon auf Anzeigenerlöse 1.282,2 Mio DM, auf Vertriebserlöse 1.221,5 Mio DM und auf Sonstiges 338,8 Mio DM entfielen.
Die Beschwerdeführerin zu 1) verlegt im Landkreis Pinneberg unter anderem die „Elmshorner Nachrichten” sowie als Unterausgabe der Tageszeitung „Hamburger Abendblatt” die „Pinneberger Zeitung”. Beide Zeitungen sind Abonnement-Zeitungen mit vorwiegend regionaler Berichterstattung. Die Beschwerdeführerin zu 1) verlegt ferner das in Teilen des Landkreises Pinneberg verbreitete Anzeigenblatt „Blickpunkt Elmshorn”.
Im Jahre 1988 betrug die Tagesauflage des „Hamburger Abendblatts” im Landkreis Pinneberg 16.011, die der „Elmshorner Nachrichten” 11.685 Exemplare. Das entspricht einem Anteil am Lesermarkt von 48,5 %. Die Erlöse der Beschwerdeführerin zu 1) aus Anzeigen betrugen 7,2 Mio DM und machten 24 % des Anzeigenmarktes aus.
Am 9. Juni 1986 teilte das Bundeskartellamt der Beschwerdeführerin zu 1) mit, daß nach Pressemitteilungen über den ersten Erwerbsvorgang geprüft werde, ob ein Zusammenschluß nach § 23 Abs. 2 Nr. 2 Satz 4 GWB verwirklicht worden sei, und bat unter Hinweis auf § 46 Abs. 1 GWB, die Gesellschaftsverträge der Beschwerdeführerinnen zu 2) und 3) einzureichen. Dieser Aufforderung kam die Beschwerdeführerin zu 1) am 20. Juni 1986 nach.
Am 28. Dezember 1989 zeigte die Beschwerdeführerin zu 1) dem Bundeskartellamt den Anteilserwerb vom 31. Juli 1989 als Zusammenschlußvorhaben an.
Durch Beschluß vom 25. April 1990 hat das Bundeskartellamt den Anteilserwerb der Jahre 1986 und 1989 untersagt. Nach Ansicht des Bundeskartellamtes hat die Beschwerdeführerin zu 1) durch den Erwerb aus dem Jahre 1986 bei der Beschwerdeführerin zu 2) eine Stellung erlangt, wie sie bei der Aktiengesellschaft ein Aktionär mit einer Beteiligung von mehr als 25 % des stimmberechtigten Kapitals hat; sie könne nämlich wegen des Einstimmigkeitserfordernisses im Personengesellschaftsrecht wesentliche Beschlüsse in der Kommanditgesellschaft verhindern. Diese marktbeherrschende Stellung sei durch den Anteilserwerb des Jahres 1989 noch verstärkt worden.
Auf die Beschwerden hat das Kammergericht diesen Beschluß aufgehoben, soweit der im Jahre 1986 vollzogene Erwerb untersagt worden ist; im übrigen hat es die Beschwerden zurückgewiesen. Mit den zugelassenen Rechtsbeschwerden verfolgt das Bundeskartellamt seinen Antrag weiter, die Beschwerden insgesamt zurückzuweisen, und verfolgen die Beschwerdeführer zu 1) bis 8) ihren Antrag weiter, die Untersagungsverfügung des Bundeskartellamtes insgesamt aufzuheben.
Entscheidungsgründe
B.
Die Rechtsbeschwerden haben keinen Erfolg.
I. Rechtsbeschwerde des Bundeskartellamts (Anteilserwerb des Jahres 1986)
1. Das Kammergericht läßt offen, ob der Anteilserwerb des Jahres 1986 einen Zusammenschluß im Sinne von § 23 Abs. 2 Satz 4 GWB darstellt. Nach seiner Ansicht hat das Bundeskartellamt den Erwerbsvorgang zu Unrecht untersagt, weil es die hierfür nach § 24 Abs. 2 Satz 2 GWB geltende Frist von einem Jahr nicht eingehalten habe. Zwar fehle die für den Beginn dieser Frist erforderliche vollständige Anzeige nach § 23 GWB. Die Jahresfrist beginne aber auch dann zu laufen, wenn das Bundeskartellamt den Beteiligten mitteile, daß es den Zusammenschluß prüfe, zu diesem Zweck die Gesellschaftsverträge anfordere und untätig bleibe, nachdem ihm diese übersandt und auf Wunsch weitere Informationen in Aussicht gestellt worden seien. Die Beteiligten könnten in dem Falle darauf vertrauen, daß das Bundeskartellamt aufgrund der vorgelegten Verträge keinen Grund zum Eingreifen sehe.
2. Diese Beurteilung greift das Bundeskartellamt mit der Rechtsbeschwerde an. Nach seiner Meinung kann aus Gründen der Rechtssicherheit die einjährige Untersagungsfrist des § 24 Abs. 2 Satz 2 GWB nur durch ein zeitlich genau und zweifelsfrei bestimmbares Ereignis, nämlich die vollständige Anzeige nach § 23 GWB in Lauf gesetzt werden, die hier fehle. Es greife auch kein Vertrauensschutztatbestand ein. Weder habe das Bundeskartellamt ein schützenswertes Vertrauen geweckt noch hätten die Beteiligten ein solches zum Anlaß genommen, sich durch Vorkehrungen und Maßnahmen auf das Unterbleiben der Untersagung in einer Weise einzurichten, daß ihnen durch diese unzumutbare Nachteile entstehen würden.
3. Ob diese Ausführungen des Bundeskartellamtes zutreffen, bedarf keiner Entscheidung. Denn es erweist sich aus einem anderen Grunde als richtig, daß das Kammergericht den Beschluß des Bundeskartellamtes aufgehoben hat, soweit darin der im Jahre 1986 vollzogene Erwerb der Kommanditanteile untersagt worden ist. Nach den im anderen Zusammenhang getroffenen tatsächlichen Feststellungen des Kammergerichts haben die Beteiligten im Jahre 1986 keinen Zusammenschluß im Sinne von § 23 Abs. 2 GWB vollzogen.
a) Die Beschwerdeführerin zu 1) hat im Jahre 1986 vom Gesamtkapital der Beschwerdeführerin zu 2) in Höhe von 320.000 DM lediglich Kommanditanteile im Nominalwert von 75.000 DM erworben, mithin lediglich 23,4 %. Damit ist der Schwellenwert von 25 v.H. des Kapitals (§ 23 Abs. 2 Nr. 2 a GWB) nicht erreicht. Das Bundeskartellamt hält einen Zusammenschlußtatbestand gleichwohl für gegeben. Es sieht die Voraussetzungen des § 23 Abs. 2 Satz 4 GWB als erfüllt an, wonach als Zusammenschluß auch der Erwerb von Anteilen gilt, der dem Erwerber aufgrund Gesellschaftsvertrags eine Rechtsstellung verschafft, die bei einer Aktiengesellschaft ein Aktionär mit mehr als 25 v.H. des stimmberechtigten Kapitals innehat.
Bei der Beurteilung dieser Frage lassen sich wegen der strukturellen Unterschiede der Gesellschaftsformen die Befugnisse des Aktionärs nicht schematisch auf die Rechte des Gesellschafters einer Kommanditgesellschaft übertragen; vielmehr ist wertend darauf abzustellen, ob dem Erwerber entsprechende wirtschaftliche Sperrmöglichkeiten eingeräumt sind. Das Bundeskartellamt ist zu Recht der Meinung, daß in diese Wertung das Einstimmigkeitserfordernis im Gesellschaftsvertrage der Kommanditgesellschaft, der Beschwerdeführerin zu 2), mit einzubeziehen ist (vgl. BGHZ 102, 180, 187 – Singener Wochenblatt). Ähnlich wie gegen die Stimmen eines Aktionärs, der mehr als 25 % des stimmberechtigten Kapitals vertritt, die Satzung der Aktiengesellschaft nicht geändert werden kann (§ 179 Abs. 2 AktG), kann wegen des Einstimmigkeitserfordernisses der Kommanditist die Änderung des Gesellschaftsvertrages verhindern. Ferner kann der Kommanditist seine gemäß § 164 HGB erforderliche Zustimmung zu Geschäftsführungsmaßnahmen versagen, die über den gewöhnlichen Betrieb des Handelsgewerbes der Gesellschaft hinausgehen. Dieser Einfluß des Kommanditisten auf die Geschäftsführung und die Grundlagen des Gesellschaftsverhältnisses ist – wie das Bundeskartellamt rechtlich fehlerfrei annimmt – mit demjenigen vergleichbar, den ein Aktionär hat, der mehr als 25 % des Aktienkapitals hält.
b) Das Bundeskartellamt hat jedoch bei seiner Beurteilung zu Unrecht den Regelungen in Kapitel II Nr. 57 des Gesellschaftsvertrages von 1937 keine Bedeutung beigemessen, wonach Erben eines Gesellschafters ihre Stimmrechte nur gemeinschaftlich ausüben können. Je nachdem, wie sich vor der Abstimmung innerhalb der Kommanditgesellschaft die Willensbildung innerhalb eines Gesellschafterstammes vollzieht, kann die Regelung dazu führen, daß die von einem Kommanditisten im Gegensatz zur Mehrheit des Stammes vertretene Meinung in der Gesellschafterversammlung nicht zum Tragen kommt.
c) Nach den Feststellungen des Kammergerichts gilt diese gesellschaftsvertragliche Regelung aus dem Jahre 1937 nach wie vor. Das Gesellschaftsverhältnis – so das Kammergericht – sei in diesem Punkt weder ausdrücklich noch durch schlüssiges Verhalten abgeändert worden. Wegen der erbrechtlichen Nachfolgeklausel sei die Gesellschaft nie aufgelöst, vielmehr jeweils mit den Erben fortgesetzt worden. Die Gesellschafter hätten in einer Nachfolgeregelung vom 25. Juni 1951 auf den Vertrag aus dem Jahre 1937 Bezug genommen und in den Jahren 1973 und 1987 die darin enthaltene Schiedsgerichtsabrede beachtet. Es möge sein, daß die Gesellschafter den Vertrag in einzelnen Punkten für erneuerungsbedürftig halten; er gelte aber, solange sie ihn nicht geändert hätten.
Diese Beurteilung greift das Bundeskartellamt ohne Erfolg an. Dem Bundeskartellamt ist zwar darin zu folgen, daß eine langjährige, vom Gesellschaftsvertrag abweichende Übung die tatsächliche Vermutung begründen kann, daß der Vertrag entsprechend geändert worden ist (vgl. BGH, Urt. v. 17. Januar 1966 – II ZR 8/64, WM 1966, 159; v. 19. Dezember 1977 – II ZR 10/76, WM 1978, 300, 301). Das Bundeskartellamt hat aber keine langjährige, vom Gesellschaftsvertrag abweichende Übung darzulegen vermocht. Die Tatsache, daß seit den 50er Jahren keine Gesellschafterversammlung stattgefunden hat, genügt diesen Anforderungen nicht. Denn aus dem Gesellschaftsvertrage ergibt sich nicht, daß Beschlüsse in ordnungsgemäß einberufenen Gesellschafterversammlungen zu fassen sind. Da auch das Gesetz für die Beschlußfassung keine Förmlichkeiten vorsieht, können die Gesellschafter ihr Stimmrecht in beliebiger Weise, sei es schriftlich oder mündlich, gleichzeitig oder nacheinander ausüben (vgl. BGH, Urt. v. 19. Februar 1990 – II ZR 42/89, WM 1990, 586, 588). Sind die Gesellschafter ausnahmslos für eine bestimmte Vertragsänderung, wie das der Fall gewesen sein muß, als der Beschwerdeführer zu 4) aus der Stellung als persönlich haftender Gesellschafter in die eines Kommanditisten wechselte und jener Platz von einer GmbH, der Beschwerdeführerin zu 3), eingenommen wurde, so stellt sich die Frage einer Willensbildung innerhalb eines Gesellschafterstammes gar nicht erst. Deshalb läßt sich einem solchen Verhalten nicht der schlüssig erklärte Wille aller Gesellschafter entnehmen, die Mitglieder eines Stammes sollten – abweichend von der bisherigen Regelung – nicht mehr für eine gleichlautende Stimmabgabe sorgen müssen, wenn sie die Beschlußgegenstände unterschiedlich beurteilen. Daß die Mitglieder eines Stammes sich jemals in einer solchen Lage befunden hätten und dann von allen Gesellschaftern ausdrücklich oder durch schlüssiges Verhalten vom Erfordernis, sich einigen zu müssen, für immer entbunden worden wären, hat keiner der Beteiligten vorgetragen und das Bundeskartellamt nicht darzulegen vermocht.
Nach Meinung des Kammergerichts gilt das Erfordernis, die Stimmrechte nur gemeinschaftlich auszuüben, auch für die rechtsgeschäftlichen Sondernachfolger der Erben. Gegen diese Feststellung ist aus Rechtsgründen ebenfalls nichts zu erinnern.
d) Die Bestimmung, daß die Erben eines Gesellschafters ihre Rechte nur gemeinschaftlich ausüben können, soll – ähnlich wie § 18 Abs. 1 GmbHG – die Gesellschaft und die übrigen Gesellschafter davor schützen, daß die mit wachsender Gesellschafterzahl steigende Anzahl unterschiedlicher Meinungen und Interessen die Meinungsbildung innerhalb der Gesellschaft erschwert (vgl. BGHZ 46, 291, 293 f). Nach Ansicht des Kammergerichts ist mit dem gesellschaftsvertraglichen Erfordernis gemeinschaftlicher Rechtsausübung zugleich angeordnet, daß die Willensbildung innerhalb des Stammes sich nach Gemeinschaftsrecht zu vollziehen hat. Damit setzt sich das Kammergericht in Gegensatz zu dem im Schrifttum vertretenen Standpunkt, wonach der Gesellschaftsvertrag nichts darüber aussagen kann, in welcher Weise sich die Meinungsbildung innerhalb eines Gesellschafterstammes zu vollziehen hat. Wie der Stamm sich im Inneren organisiert, soll ausschließlich in dessen Zuständigkeit fallen (vgl. Staub/Schilling, HGB, 4. Aufl., § 163 Rdnr. 17; Schlegelberger/Martens, HGB, 5. Aufl., § 161 Rdnr. 81; Karsten Schmidt, ZHR 146 (1982), 525, 542 f; Weipert im Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Bd. 2, § 9 Rdnr. 24). Welcher Ansicht zu folgen ist, bedarf keiner Entscheidung. Denn der Standpunkt des Kammergerichts, die Willensbildung erfolge nach Gemeinschaftsrecht, erweist sich aus einem anderen Grunde als richtig. Das Kammergericht hat nämlich für die Frage, ob die in die Gesellschafterstellung nachgefolgten Erben einstimmig oder mit Mehrheit darüber beschließen, wie in der Gesellschaft abzustimmen ist, auch an das Recht der Erbengemeinschaft angeknüpft. Ginge es um die erbrechtliche Nachfolge eines GmbH-Gesellschafters, so könnten die Miterben die ordnungsgemäße Verwaltung des zum Nachlaß gehörenden Geschäftsanteils gemäß § 2038 Abs. 2, § 745 BGB mehrheitlich regeln, bevor sie die Rechte gemäß § 18 Abs. 1 GmbHG ausüben (vgl. BGHZ 49, 183, 191 f; 56, 47, 49). Im Recht der Personengesellschaft gilt nur deshalb etwas anderes, weil nach ständiger Rechtsprechung eine Erbengemeinschaft nicht Mitglied einer solchen Gesellschaft sein kann (vgl. BGHZ 22, 186, 192; 68, 225, 237). Zwar vollzieht sich auch hier eine – im Gesellschaftsvertrage vorgesehene oder gemäß § 177 HGB eintretende – Nachfolge aufgrund Erbrechts. Der Anteil fällt den Erben aber außerhalb der Erbengemeinschaft an. Die Mitgliedschaft spaltet sich in der Weise, daß auf jeden nachfolgeberechtigten Miterben eine seiner Erbquote entsprechende Teil-Mitgliedschaft entfällt (vgl. BGHZ 22, 186, 191 ff; 55, 267, 269; 58, 316, 317; 68, 225, 237; 91, 132, 135; 98, 48, 50 f; 108, 187, 192). Der aus dieser Aufspaltung der Mitgliedschaftsrechte sich ergebenden Gefahr einer Zersplitterung bei der Meinungsbildung soll durch das gesellschaftsvertragliche Erfordernis gemeinschaftlicher Rechtsausübung begegnet werden. Da diesem Erfordernis – anders als bei Rechtsnachfolge in den Anteil – zwingendes Gesellschaftsrecht nicht entgegensteht, liegt es nahe, daß es insoweit bei der Anwendung von Gemeinschaftsrecht verbleibt, sofern die Mitglieder des Stammes nicht übereinkommen, ihre Willensbildung gesellschaftsrechtlich zu regeln (ebenso Staub/Schilling, HGB, 4. Aufl., § 163 Rdnr. 17; Karsten Schmidt, ZHR 146 (1982), 525, 541; a.M. Schlegelberger/Martens, HGB, 5. Aufl. § 161 Rdnr. 85; Weipert, aaO, § 9 Rdnr. 25). Da für eine ausdrücklich oder schlüssig vereinbarte gesellschaftsvertragliche Übereinkunft innerhalb des Stammes (vgl. hierzu BGHZ 46, 291, 295) nichts vorgetragen worden ist, wird entsprechend § 745 Abs. 1 BGB mehrheitlich nach der Größe der Anteile entschieden, in welcher Weise die Rechte aus den infolge Sondererbfolge auf die einzelnen entfallenen Kommanditanteile gemeinschaftlich auszuüben sind (vgl. BGH, Urt. v. 7. Dezember 1972 – II ZR 131/68, WM 1973, 990, 991). Begrenzt ist diese Mehrheitsentscheidung nur insofern, als sie weder in unverzichtbare noch in die Rechte eingreifen kann, die der Minderheit nur mit deren Zustimmung entzogen werden können, also zum sogenannten Kernbereich der Mitgliedschaft gehören. Soweit sonstige Änderungen des Gesellschaftsvertrages sowie außergewöhnliche Maßnahmen der Geschäftsführung Gegenstand einer Entschließung innerhalb des Gesellschafterstammes sind, kann die Beschwerdeführerin zu 1), die innerhalb des Stammes Walter B. nur über 46,9 % des Kapitals verfügt, überstimmt werden. Ihre Rechtsstellung entspricht somit nicht der eines Aktionärs mit mehr als 25 % des stimmberechtigten Kapitals.
4. Die Rechtslage ist auch dann keine andere, wenn man mit dem Bundeskartellamt annimmt, daß der Anteilserwerb der Beschwerdeführerin zu 1) vom 30. Mai und 5. Juni 1986 in so engem Zusammenhang mit dem Ausscheiden des Hans-Erdmann B. gestanden hat, daß von einem einheitlichen Vorgang auszugehen ist.
a) Hans-Erdmann B. aus dem Gesellschafterstamm Walter B. hat in der Zeit zwischen dem 5. Juni 1986 und 16. Januar 1987 (Vermerk im Handelsregister) seinen Kommanditanteil in Höhe von 15.000 DM an die Beschwerdeführerin zu 8), eine GmbH im alleinigen Anteilsbesitz der Beschwerdeführerin zu 2), übertragen. Nach Ansicht des Kammergerichts kann seitdem die Beschwerdeführerin zu 1) innerhalb des Gesellschafterstammes bestimmen, wie mehrheitlich beschlossen werden soll, weil das Stimmrecht der Beschwerdeführerin zu 8) ruhe. Der in §§ 71 b, 71 d AktG ausdrücklich niedergelegte Grundsatz, wonach einem abhängigen oder in Mehrheitsbesitz stehenden Unternehmen aus Aktien der Muttergesellschaft keine Rechte zustehen, soll für das gesamte Gesellschaftsrecht, mithin auch für das Recht der Personengesellschaften gelten. In diesem Punkt ist dem Kammergericht nicht zu folgen.
b) Das Ruhen des Stimmrechts aus Anteilen an einer Gesellschaft, die sich im Besitz eines Unternehmens befinden, das von dieser abhängig ist, ist gesetzlich nur für die Anteile von Kapitalgesellschaften angeordnet. Die Stimmrechte aus Anteilen einer Personengesellschaft ruhen nur, wenn der Gesellschaftsvertrag eine entsprechende Regelung enthält (vgl. Zöllner, Die Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht bei den privatrechtlichen Personenverbänden, S. 129 f).
Im Aktienrecht soll das Ruhen des Stimmrechts aus eigenen Aktien verhindern, daß die Verwaltung die Machtverhältnisse in der Hauptversammlung zu ihren Gunsten verändert und sich dadurch der Kontrolle durch die Aktionäre entzieht (vgl. Lutter in Kölner Kommentar zum Aktiengesetz, 2. Aufl. § 71 b Rdnr. 2; Hefermehl/Bungeroth in Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, § 71 Rdnr. 5; § 71 b Rdnr. 6; § 71 d Rdnr. 10). Aus demselben Grunde ruht auch innerhalb der GmbH das Stimmrecht aus eigenen Anteilen (vgl. Hachenburg/Hohner, GmbHG, 8. Aufl., § 33 Rdnr. 58; Hachenburg/Hüffer, GmbHG, 8. Aufl., § 47 Rdnr. 43; Scholz/Westermann, GmbHG, 7. Aufl., § 33 Rdnr. 37; Scholz/Karsten Schmidt, GmbHG, 7. Aufl., § 47 Rdnr. 24; Rowedder/Koppensteiner, GmbHG, 2. Aufl., § 47 Rdnr. 18; Zöllner, aaO, S. 142 f).
Das Personengesellschaftsrecht kennt keinen Erwerb eigener Anteile durch die offene Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft. Die Gesellschaft kann nicht Vertragspartner des ihre Grundlage bildenden Gesellschaftsvertrages sein. Anerkannt ist jedoch, daß Personengesellschaften sich aneinander wechselseitig beteiligen können (vgl. Staub/Ulmer, HGB, 4. Aufl., § 105 Rdnr. 95; Schlegelberger/Karsten Schmidt, HGB, 5. Aufl., § 105 Rdnr. 65) und daß auch eine GmbH, deren Anteile im Alleinbesitz einer Kommanditgesellschaft stehen, sich an dieser als Kommanditist in beteiligen kann. Es ist kein Grund ersichtlich, weshalb die GmbH ihr Stimmrecht innerhalb der Kommanditgesellschaft nicht sollte ausüben können. Innerhalb der Kapitalgesellschaften ruht das Stimmrecht aus eigenen Anteilen, damit die zwingende Verteilung der Zuständigkeiten zwischen Verwaltung und Gesellschafterversammlung nicht dadurch ausgehöhlt wird, daß erstere ihren Einfluß in der letzteren geltend macht. Das Personengesellschaftsrecht kennt diese zwingende Trennung der Zuständigkeiten nicht. Der persönlich haftende Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft ist nicht nur Träger der Verwaltung, sondern als Gesellschafter ohnehin an allen Maßnahmen beteiligt, die die Grundlagen des Gesellschaftsverhältnisses betreffen. Die gemäß § 37 Abs. 1 GmbHG seinen Weisungen unterliegende Geschäftsführung der abhängigen GmbH mag zwar gemäß § 164 HGB für eine außergewöhnliche Geschäftsführungsmaßnahme stimmen; solange sich die anderen Kommanditisten nicht anschließen, kann sich jedoch die GmbH mit ihrer Stimme nicht durchsetzen. Lediglich soweit innerhalb der Gesellschafterstämme Mehrheitsentscheidungen zulässig sind, kann die Geschäftsführung durch Ausübung der Kommanditistenrechte der einen oder anderen Seite zu einer Mehrheit innerhalb des Gesellschafterstammes verhelfen. Das Bundeskartellamt sieht hierin einen Eingriff in die Kompetenzverteilung der §§ 164, 116 Abs. 2 HGB, die nur durch das Ruhen des Stimmrechts verhindert werden könne. Dabei wird verkannt, daß diese dem Schutz der nicht geschäftsführenden Gesellschafter dienenden Vorschriften dispositiv sind. Der Gesellschaftsvertrag kann vorsehen, daß der persönlich haftende Gesellschafter auch für außergewöhnliche Geschäfte nicht der Zustimmung der Kommanditisten bedarf (vgl. Schlegelberger/Martens, HGB, 5. Aufl., § 116 Rdnr. 35; § 164 Rdnr. 23; Staub/Schilling, HGB, 4. Aufl., § 164 Rdnr. 7). Die Gesellschafter können der Geschäftsführung den Einfluß aber auch in der Weise einräumen, daß sie einer Tochtergesellschaft der Kommanditgesellschaft erlauben, deren Kommanditistin zu werden. Diese Zustimmung aller Gesellschafter muß vorgelegen haben, da ohne sie die Tochtergesellschaft den Kommanditanteil nicht hätte erwerben können.
Entgegen der Ansicht des Kammergerichts wird auch im Schrifttum das Ruhen des Stimmrechts im Personengesellschaftsrecht an keiner Stelle befürwortet. Fischer (in Großkommentar zum HGB, 3. Aufl., § 119 Anm. 22), auf den das Kammergericht sich bezieht, nimmt an der zitierten Stelle nicht zum Ruhen, sondern zum Ausschluß des Stimmrechts in Fällen Stellung, die in § 136 Abs. 1 AktG geregelt sind.
5. Das Kammergericht hat nach alledem den Beschluß im Ergebnis zu Recht aufgehoben, soweit der Zusammenschluß des Jahres 1986 untersagt worden ist.
II. Rechtsbeschwerden der Beschwerdeführer zu 1) bis 8) (Anteilserwerb des Jahres 1989)
1. Der am 31. Juli 1989 vereinbarte Erwerb der Kommanditanteile der Beschwerdeführer zu 5) bis 7) durch die Beschwerdeführerin zu 1) stellt nach Ansicht des Kammergerichts ein Zusammenschlußvorhaben im Sinne von § 23 Abs. 2 Nr. 2 a GWB in der Fassung vom 22. Dezember 1989 dar. Ungeachtet dessen, daß der Vertragsschluß früher liegt, hält das Kammergericht die Neufassung des Gesetzes für einschlägig, weil es sich um einen gegenwärtig noch nicht abgeschlossenen Sachverhalt handelt. Denn der Zusammenschluß sei von den Beteiligten nur unter der aufschiebenden Bedingung gewollt, daß er vom Bundeskartellamt nicht rechtskräftig untersagt wird. Da die Neufassung des Gesetzes für die Höhe der Beteiligung nicht mehr auf das stimmberechtigte Kapital abstelle, sondern das Kapital oder die Stimmrechte genügen lasse, reiche es aus, daß sich die Beteiligung der Beschwerdeführerin zu 1) am Kommanditkapital von bisher 23,44 % auf 48,44 % erhöht habe.
Diese Beurteilung läßt keinen Rechtsfehler erkennen. Es liegt ein Zusammenschluß im Sinne von § 23 Abs. 2 Nr. 2 a GWB in der Fassung vom 22. Dezember 1989 vor. Ob es nach früherem Recht anders wäre, braucht nicht entschieden zu werden. Denn der Zusammenschluß ist aufschiebend bedingt und die Bedingung bisher nicht eingetreten. Er ist deshalb anhand der Neufassung des Gesetzes zu beurteilen, für die es ausreicht, daß die Beschwerdeführerin zu 1) durch den Anteilserwerb aus 1989 in Höhe von 80.000 DM zusammen mit dem ihr bereits gehörenden Anteil in Höhe von 75.000 DM eine Beteiligung am Kapital der Beschwerdeführerin zu 2) (320.000 DM) erlangt, die sich auf 48,44 % und damit auf mehr als 25 % des Kapitals beläuft. Die Frage, ob dieser Zusammenschluß zu einer wesentlichen Verstärkung der bereits bestehenden Unternehmensverbindung im Sinne von § 23 Abs. 3 Satz 1 GWB führen würde, stellt sich nicht. Denn die bereits bestehende, aus 1986 stammende Unternehmensverbindung war keine im Sinne des § 23 Abs. 2 GWB, weil damals die Schwelle von 25 v.H. des Kapitals nicht erreicht wurde und es zudem – wie oben unter I 3 ausgeführt worden ist – an den Voraussetzungen des § 23 Abs. 2 Satz 4 GWB – an der einem Aktionär mit Schachtelbeteiligung vergleichbaren Stellung – fehlte. Der Anteilserwerb aus 1989 stellt einen Erstzusammenschluß dar, für den es auf den Anteil an den Stimmrechten nicht ankommt, es vielmehr ausreicht, daß der Anteil am Kapital 25 v.H. übersteigt.
2. a) Zu den Voraussetzungen des § 24 GWB hat das Kammergericht ausgeführt, der zusätzliche Anteilserwerb lasse erwarten, daß die marktbeherrschende Stellung der Beschwerdeführerin zu 1) auf dem Lesermarkt für Abonnement-Tageszeitungen im Landkreis Pinneberg verstärkt werde. Der sachliche Markt werde durch die von der Beschwerdeführerin zu 2) verlegten Abonnement-Tageszeitungen „Pinneberger Tageblatt” und „Wedel/Schulauer Tageblatt” bestimmt, deren Verbreitungsgebiet, der Landkreis Pinneberg, den Markt räumlich abgrenze. Sachlich seien diesem Markt die von der Beschwerdeführerin zu 1) herausgegebenen Zeitungen „Hamburger Abendblatt”, „Elmshorner Nachrichten”, „Barmstedter Zeitung” und „Uetersener Nachrichten” zuzurechnen. Von den auf diesem Markt im Jahre 1988 täglich erschienenen 57.042 Zeitungen, seien auf die Beschwerdeführerin zu 1) 27.696 und auf die Beschwerdeführerin zu 2) 20.004 Exemplare, mithin 48,5 % und 35,1 % des Lesermarktes entfallen. Auf dem Anzeigenmarkt, dem neben den regionalen Abonnement-Tageszeitungen die im Landkreis Pinneberg verbreiteten Anzeigenblätter zuzurechnen seien, habe bei einem Marktvolumen von 30 Mio DM im Jahre 1988 die Beschwerdeführerin zu 1) mit 7,2 Mio DM Erlösen Anteile von 24 % und die Beschwerdeführerin zu 2) mit 8,8 Mio DM Erlösen Anteile von 29,3 % erreicht. Die Beschwerdeführerinnen zu 1) und 2) überschritten mit ihren Anteilen am Lesermarkt jeweils die Vermutungsgrenze des § 22 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB und erfüllten zusammen die qualifizierte Oligopolvermutung des § 23 a Abs. 2 GWB. Seit dem Ausscheiden des Kommanditisten Hans-Erdmann B. besitze die Beschwerdeführerin zu 1) jedoch so starken Einfluß auf die Beschwerdeführerin zu 2), daß der Lesermarkt nicht mehr von beiden Unternehmen zusammen, sondern nur noch von der Beschwerdeführerin zu 1) beherrscht werde.
Durch das angemeldete Vorhaben, das den Anteil der Beschwerdeführerin zu 1) am Gesamtkapital der Beschwerdeführerin zu 2) von 23,44 % auf 48,44 % erhöhen solle, werde die marktbeherrschende Stellung der Beschwerdeführerin zu 1) wesentlich verstärkt. Maßgebend dafür sei die Erfahrung, daß Interesse und Einflußnahme mit steigender Kapitalbeteiligung größer werde. Da die Beschwerdeführerin zu 1) auf demselben sachlichen und örtlichen Markt tätig sei wie die Beschwerdeführerin zu 2) und sich an dieser von Anfang an unter unternehmerischen Gesichtspunkten beteiligt habe, liege eine intensivere Einflußnahme mit der Folge einer verstärkten Unternehmensverbindung nahe.
Die Beschwerdeführerin zu 1) sei auch rechtlich in der Lage, diesen Einfluß auszuüben. Sie könne wegen ihrer Beteiligung in Höhe von 50 % am Gesellschafterstamm Andreas B. in diesem Stamm eine mehrheitliche Meinungsbildung und damit Beschlüsse innerhalb der Gesellschaft verhindern, die von allen Gesellschaftern einstimmig gefaßt werden müßten. In allen Fällen, in denen nicht alle Kommanditisten zuzustimmen hätten, könne sie die Willensbildung der Beschwerdeführerin zu 2) allein bestimmen, weil sie mit ihrer Mehrheit im Gesellschafterstamm Walter B. beschließen könne, wie die Mitglieder dieses Stammes abzustimmen hätten.
b) Den Ausführungen des Kammergerichts kann nicht in allen Punkten gefolgt werden. Gleichwohl tragen die von ihm verfahrensfehlerfrei getroffenen Feststellungen das Ergebnis: es ist zu erwarten, daß durch den Zusammenschluß eine marktbeherrschende Stellung der Beschwerdeführerin zu 1) entsteht oder verstärkt wird (§ 24 Abs. 1 GWB).
aa) Die Marktabgrenzung und die Feststellung der Marktanteile, wie sie vom Kammergericht vorgenommen worden sind, begegnen keinen rechtlichen Bedenken. Die Rechtsbeschwerden machen solche auch nicht geltend.
bb) Die Ansicht des Kammergerichts, die Beschwerdeführerin zu 1) könne die Willensbildung der Beschwerdeführerin zu 2) allein bestimmen, ist aus zwei Gründen nicht richtig.
Einmal herrscht innerhalb der Beschwerdeführerin zu 2) das Einstimmigkeitsprinzip, so daß Änderungen des Gesellschaftsvertrages oder außergewöhnliche Geschäftsführungsmaßnahmen von vornherein nicht beschlossen werden können, ohne daß alle Gesellschafter mitwirken. Selbst wenn die Beschwerdeführerin zu 1) im Gesellschafterstamm Walter B. die Mehrheit der Stimmen hätte, hätte sie auf das Abstimmungsverhalten der Komplementär-GmbH, der Beschwerdeführerin zu 3), keinen Einfluß und könnte auch den Kommanditisten Dieter B., den Beschwerdeführer zu 4), der dem Stamm Walter B. nicht angehört, nicht zwingen, in einem bestimmten Sinne abzustimmen. Zum anderen jedoch hat die Beschwerdeführerin zu 1) im Stamme Walter B. nicht die Stimmenmehrheit, weil – wie oben unter I 4 ausgeführt worden ist – die Stimmen der Beschwerdeführerin zu 8), der Tochtergesellschaft der Beschwerdeführerin zu 2), nicht ruhen. Unbeantwortet bleiben kann die Frage, ob die Beschwerdeführerin zu 1) mit ihrer fünfzigprozentigen Beteiligung im Stamme Andreas B. eine Meinungsbildung, folglich eine Stimmabgabe des Beschwerdeführers zu 4) und damit einstimmige Entschließungen innerhalb der Beschwerdeführerin zu 2) verhindern kann oder ob die Beschwerdeführerin zu 1) – wie sie und die Beschwerdeführer zu 2) bis 8) meinen – auch nach dem zweiten Anteilserwerb allein so abzustimmen hat, wie es seit 1986 im Stamme Walter B. mehrheitlich beschlossen wird, daß sie mithin im Stamme Andreas B. entweder gleichlautend abstimmen muß oder von vornherein vom Stimmrecht ausgeschlossen ist. Denn auch ohne Rücksicht auf das rechnerische Verhältnis der Stimmanteile ist ein wirtschaftliches Zusammengehen der Beschwerdeführerinnen zu 1) und 2) auf Dauer gesichert (nachfolgend cc), und danach ist die Annahme rechtsbedenkenfrei, es sei zu erwarten, daß der Zusammenschluß eine marktbeherrschende Stellung der Beschwerdeführerin zu 1) verstärken oder entstehen lassen würde (dd).
cc) Die Rechtsbeschwerden wenden sich nicht gegen die Annahme des Kammergerichts, daß die Beschwerdeführerin zu 1) sich nicht aus Gründen der Geldanlage, sondern unternehmerisch an der als Wettbewerber auf demselben Markt tätigen Beschwerdeführerin zu 2) beteiligt hat. Da die Beschwerdeführerin zu 1) ihre unternehmerischen Interessen innerhalb der Beschwerdeführerin zu 2) nicht in Frontstellung zu den Mitgesellschaftern, insbesondere zu dem die Geschäfte führenden Beschwerdeführer zu 4), durchsetzen kann, muß Übereinstimmung darüber bestehen, daß es zu solchen Frontstellungen nicht kommt, daß vielmehr gleichgelagerte unternehmerische Interessen eine gemeinsame Unternehmenspolitik gewährleisten. Der Beschwerdeführer zu 4) muß die unternehmerischen Ziele, die die Beschwerdeführerin zu 1) mit ihrem Anteilserwerb verfolgt, gebilligt haben, da dieser anderenfalls nicht möglich gewesen wäre. Denn die Beschwerdeführerin zu 1) konnte nicht gegen den Willen des Beschwerdeführers zu 4), sondern wegen des Einstimmigkeitsprinzips – und deshalb anders als beim Erwerb nicht vinkulierter Anteile an einer Kapitalgesellschaft – nur mit dessen Zustimmung die Kommanditanteile erwerben. Sind die Beschwerdeführer zu 1) und 4) sich einig in der Verfolgung derselben unternehmerischen Ziele, so verfügen sie nicht nur über die Stimmen im Gesellschafterstamm Andreas B., vielmehr mit den Stimmen der Beschwerdeführerinnen zu 1) und 8) auch über die Mehrheit der Stimmen im Gesellschafterstamm Walter B.. Diese auf Dauer angelegte Interessengleichheit muß nicht notwendig rechtlich abgesichert sein; es genügt, wenn tatsächliche Umstände eine gleichbleibende einheitliche Willensbildung erwarten lassen.
Ein solcher Umstand ist darin zu sehen, daß die Beschwerdeführerin zu 1), falls sie ihre unternehmerischen Interessen nicht mehr gewahrt sieht, das Gesellschaftsverhältnis jederzeit kündigen kann und dann mit der Hälfte des Gesellschaftsvermögens abgefunden werden muß. Laut Gesellschaftsvertrag (Kap. II Nr. 60) hat jeder Gesellschafter das Recht, unter Einhaltung einer Frist von sechs Monaten zum Schluß eines Geschäftsjahres zu kündigen. Diese Kündigung führt nicht zur Auflösung der Gesellschaft, sondern zum Austritt des kündigenden Gesellschafters (vgl. Kap. II Nr. 57 des Gesellschaftsvertrages). Sie bedarf wegen dieser Rechtsfolge nicht der Mitwirkung der übrigen Gesellschafter eines Stammes. Nach Kap. II Nr. 59 des Gesellschaftsvertrages ist der Ausscheidende aufgrund einer Auseinandersetzungsbilanz abzufinden, in die alle Vermögenswerte und Verbindlichkeiten der Gesellschaft mit ihrem wirklichen Wert einzusetzen sind, wobei der Ansatz eines Geschäftswertes nicht ausgeschlossen ist. Hiernach wäre, weil der Kommanditanteil, den die Beschwerdeführerin zu 8) hält, der Beschwerdeführerin zu 1) im Verhältnis ihrer Beteiligung ebenfalls zuzurechnen ist, mehr als die Hälfte des Unternehmenswertes im Falle eines Ausscheidens an die Beschwerdeführerin zu 1) auszuzahlen. Da auf diese Weise die Wettbewerbsfähigkeit der Beschwerdeführerin zu 2) im Verhältnis zur Beschwerdeführerin zu 1), wenn nicht ganz beseitigt, so doch wesentlich geschwächt würde, muß der Beschwerdeführer zu 4) auf Dauer bemüht sein, die Geschäfte der Beschwerdeführerin zu 2) in Übereinstimmung mit den unternehmerischen Interessen der Beschwerdeführerin zu 1) zu führen.
dd) Auf der Grundlage, daß ein wirtschaftliches Zusammengehen der Beschwerdeführerinnen zu 1) und 2) auf Dauer gesichert ist, erweist sich die Annahme des Kammergerichts als rechtsfehlerfrei, es sei zu erwarten, daß der Zusammenschluß die in § 24 Abs. 1 GWB genannten Wirkungen haben werde. Die Untersagung des Zusammenschlusses soll einer weiteren Verkrustung der Märkte entgegenwirken und den auf den beherrschten Märkten noch vorhandenen aktuellen oder potentiellen Wettbewerb vor weiteren – durch den Zusammenschluß zu erwartenden – Beschränkungen schützen. Eine Verstärkung ist schon dann anzunehmen, wenn sich die Größen, die die Marktmacht bestimmen, derart verändern, daß die die Macht auf einem bestimmten Markt neutralisierende Wirkung des Wettbewerbs im Wege der Änderung von markt- und unternehmensbezogenen Strukturen in noch höherem Maße eingeschränkt wird, als dies vor dem Anteilserwerb der Fall war. Diese Veränderung ist durch einen Vergleich der den Wettbewerb auf dem relevanten Markt bestimmenden Kräfte vor und nach dem Zusammenschluß unter Einbeziehung der zu erwartenden Entwicklung festzustellen (vgl. BGHZ 71, 102, 115 ff – Kfz-Kupplungen; 76, 55, 73 – Springer-Elbe-Wochenblatt; 82, 1, 8 f – Zeitungsmarkt München).
Nach Ansicht des Kammergerichts würde der Zusammenschluß die marktbeherrschende Stellung verstärken, weil der Verhaltensspielraum der Beschwerdeführerin zu 1) noch größer und ihre Stellung am Markt weiter gefestigt würde. Der Abstand ihres sehr hohen Marktanteils auf dem Lesermarkt von nahezu 50 % gegenüber den verbliebenen Wettbewerbern, die insgesamt nur 16,4 % erreichen, würde noch bedeutsamer. Er verdeutliche im Zusammenhang mit der überlegenen Finanzkraft der Beschwerdeführerin zu 1) und den ihr zur Verfügung stehenden Ressourcen, daß dem Restwettbewerb keine wesentliche Funktion verbleibe. Der Erwerb der Anteile an der Beschwerdeführerin zu 2) würde im Zusammenhang mit der bereits vorhandenen Marktstellung der Beschwerdeführerin zu 1) zu einem Abschreckungs- und Entmutigungseffekt für die übrigen Mitbewerber führen, die angesichts dessen in ihrer Wettbewerbsbereitschaft erlahmen und die schon deswegen in ihrer Fähigkeit beeinträchtigt würden, den weiteren Verhaltensspielraum der Beschwerdeführerin zu 1) zu kontrollieren.
Diese Beurteilung ist rechtlich nicht zu beanstanden. Dabei kann dahinstehen, ob mit dem Kammergericht von einer auch ohne den beabsichtigten Zusammenschluß bereits bestehenden marktbeherrschenden Stellung der Beschwerdeführerin zu 1) auszugehen und demzufolge aufgrund der festgestellten Umstände eine Verstärkung dieser Stellung anzunehmen ist; besteht eine marktbeherrschende Stellung noch nicht, so rechtfertigen dieselben Umstände das Urteil, daß durch den Zusammenschluß eine marktbeherrschende Stellung entstehen würde.
Es entspricht der Lebenserfahrung, daß die Erhöhung der Beteiligung das wirtschaftliche Interesse des Teilhabers am Marktverhalten des Beteiligungsunternehmens steigert (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf zur 5. Kartellgesetznovelle, WuW 1990, 332, 343). Dieses Interesse rechtfertigt die Annahme, daß Wettbewerbshandlungen der zusammengeschlossenen Unternehmen gegeneinander unterbleiben und diese Unternehmen ihre einmal erlangte Marktstellung gegen nachstoßenden Wettbewerb verteidigen werden. Die Fähigkeit hierzu wird durch den Zuwachs an Finanzkraft gesteigert. Daß die Beschwerdeführerin zu 1) bei Bedarf die Mittel einsetzt, um ihre mit dem Zusammenschluß verfolgten unternehmerischen Ziele durchzusetzen, entspricht allgemeiner Erfahrung. Das Kammergericht hat deshalb wegen der überlegenen Finanzkraft der Beschwerdeführerin zu 1) dem Anteilserwerb – rechtlich einwandfrei – einen Abschreckungs- und Entmutigungseffekt beigemessen, der neue Wettbewerber von dem Eintritt in den Markt abhält und vorhandene Wettbewerber von einer aggressiven Wettbewerbspolitik abschreckt (vgl. hierzu BGHZ 71, 102, 115 ff – Kfz-Kupplungen; 73, 65, 75 – Erdgas Schwaben; 82, 1, 10 – Zeitungsmarkt München; BGH, Beschl. v. 28. September 1982 – KVR 8/81, WuW/E BGH 1954, 1958 – Springer-az Anzeigenblatt; v. 25. Juni 1985 – KVR 3/84, WuW/E BGH 2150, 2157 – Edelstahlbestecke; v. 27. Mai 1986 – KVR 7/84, WuW/E BGH 2276, 2283 – Süddeutscher Verlag – Donau-Kurier).
ee) Da eine Verbesserung der Wettbewerbsbedingungen aufgrund des Zusammenschlusses nicht dargetan ist, ist der Zusammenschluß aus dem Jahre 1989 somit zu Recht untersagt worden.
3. Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 77 Satz 2 GWB.
Unterschriften
Odersky, Brandes, Theune, Mees, v. Ungern-Sternberg
Fundstellen
BGHZ |
BGHZ, 346 |
NJW 1993, 1265 |
GRUR 1993, 141 |
Nachschlagewerk BGH |
ZIP 1992, 1771 |