Leitsatz (amtlich)
Die Zurechnungsklausel des § 23 Abs. 2 Satz 2 GWB wirkt nur zu Lasten, nicht zugunsten des erwerbenden Unternehmens. Einem Anteilserwerb, der einen Schwellenwert des § 23 Abs. 2 Satz 1 GWB erreicht, ist die Eigenschaft als Zusammenschluß nicht deshalb abzusprechen, weil mit Zurechnung der Anteile verbundener Unternehmen der betreffende Schwellenwert schon vor dem Erwerb erreicht war. Das gilt auch bei Anteilsübertragungen innerhalb der verbundenen Unternehmen. Ein solcher Anteilserwerb ist allerdings gemäß § 23 Abs. 3 Satz 1 GWB nicht als Zusammenschluß zu behandeln, wenn er den bereits bestehenden Zusammenschluß nicht wesentlich verstärkt.
Normenkette
GWB § 23 Abs. 2, 3 S. 1
Verfahrensgang
Tenor
Die Rechtsbeschwerden gegen den Beschluß des Kartellsenats des Kammergerichts vom 12. Juni 1991 werden auf Kosten der Beschwerdeführerinnen zurückgewiesen.
Verfahrenswert: 1.500.000 DM.
Tatbestand
A.
Die Beschwerdeführerin zu 2) verlegt die regionale Abonnement-Tageszeitung „I K. und Z.”, die im wesentlichen in den Orten Iserlohn, Hemer und Letmathe im Märkischen Kreis des Landes Nordrhein-Westfalen verbreitet wird. Im Jahre 1988 erzielte die Beschwerdeführerin zu 2) mit 24.600 Exemplaren einen Vertriebserlös von 4,29 Mio DM und erreichte einen Anteil am Lesermarkt von 76,4 %. In dem genannten Verbreitungsgebiet vertreibt die Beschwerdeführerin zu 2) auch ihr Anzeigenblatt „M. Anzeiger”. Mit der Tageszeitung und dem Anzeigenblatt erzielte die Beschwerdeführerin zu 2) im Jahre 1988 Anzeigenerlöse in Höhe von 9,58 Mio und 664.000 DM und erreichte damit einen Anteil am Anzeigenmarkt von 63,4 %.
Die Beschwerdeführerin zu 1), Obergesellschaft eines Konzerns (W.-Unternehmensgruppe), verlegt die regionalen Abonnement-Tageszeitungen „Westdeutsche Allgemeine Zeitung”, „Neue Ruhr Zeitung”, „Westfalenpost” und „Westfälische Rundschau”. Im Verbreitungsgebiet der Zeitung der Beschwerdeführerin zu 2) ist die Beschwerdeführerin zu 1) mit der „Westfälischen Rundschau” (Auflage 1988: 1.907 Exemplare je Tag), war sie bis 30. September 1989 außerdem mit der „Westfalenpost” (Auflage 1988: 5.703 Exemplare je Tag) vertreten. Ferner erscheint in dem genannten Gebiet wöchentlich das Anzeigenblatt „Stadtspiegel” der Beschwerdeführerin zu 1) mit einer Auflage von etwa 78.000 Exemplaren. Der Umsatz des Konzerns mit Tageszeitungen wird auf 700 Mio DM geschätzt.
An der Beschwerdeführerin zu 2), einer GmbH & Co. KG. ist die Beschwerdeführerin zu 3), eine GmbH, als persönlich haftende Gesellschafterin, sind die Verfahrensbeteiligten zu 2) – 5) als Kommanditisten beteiligt; zwischen den Gesellschaftern ist allerdings streitig, ob die Verfahrensbeteiligte zu 4) durch Beschluß vom 5. Dezember 1989 wirksam aus der Beschwerdeführerin zu 2) ausgeschlossen worden ist.
Am 4. Januar 1983 beteiligte sich die Beschwerdeführerin zu 1) am Kommanditkapital der Beschwerdeführerin zu 2) (400.000 DM) mit 99.200 DM und am Stammkapital der persönlich haftenden Gesellschafterin, der Beschwerdeführerin zu 3), (50.000 DM) mit 12.400 DM, also mit Anteilen von jeweils 24,8 %. Im Zusammenhang mit diesem Erwerb waren Gesellschaftsvertrag und Satzung der Beschwerdeführerinnen zu 2) und 3) dahin geändert worden, daß eine Reihe von Geschäftsführungsmaßnahmen von der Zustimmung der Gesellschafter abhängig gemacht wurden und deren Beschlüsse hierzu sowie zu im einzelnen aufgeführten Grundlagenschäften nur mit einer Mehrheit von 76 % gefaßt werden konnten. Nach Ansicht des Bundeskartellamtes erlangte die Beschwerdeführerin zu 1) infolge dieser Vertragsänderung mit ihrem Anteilserwerb eine Rechtsstellung, die bei einer Aktiengesellschaft ein Aktionär mit mehr als 25 % des stimmberechtigten Kapitals innehat. Nachdem das Bundeskartellamt darauf hingewiesen hatte, daß es die Untersagungsvoraussetzungen des § 24 Abs. 1 GWB für erfüllt halte, wurden im September 1983 Gesellschaftsvertrag und Satzung abermals geändert, wurde insbesondere das Mehrheitserfordernis von 76 % fallengelassen.
Am Kommanditkapital der Beschwerdeführerin zu 1) sowie am Stammkapital ihrer Komplementär-GmbH sind beteiligt: Erich B. zu 50 % sowie in der Nachfolge des verstorbenen, ebenfalls zu 50 % beteiligt gewesenen Jakob F. dessen Töchter Gisela H., Renate S. (früher H.) Petra G. (früher W.) – und zwar mit jeweils 16,66 %, nachdem die Tochter Ute F. als Gesellschafterin ausgeschieden ist.
Am 8. August 1989 trat die Beschwerdeführerin zu 1) die Gesellschaftsanteile, die sie an den Beschwerdeführerinnen zu 2) und 3) hielt, an die Verfahrensbeteiligte zu 1) ab, die am 25. Januar 1988 als GmbH & Co. gegründet worden war. Kommanditistinnen dieser Gesellschaft wurden zu je 50 % Anneliese B., die Ehefrau des Gesellschafters der Beschwerdeführerin zu 1) Erich B. und Petra G. Kommanditist in der Beschwerdeführerin zu 1) und Tochter des verstorbenen Gesellschafters der Beschwerdeführerin zu 1) F.. Beide Kommanditisten wurde mit gleich hohen Anteilen auch Gesellschafter der am 30. Dezember 1987 gegründeten Komplementär-GmbH. Aufgrund einer Vereinbarung vom 28. Dezember 1987 hielt Petra G. die Gesellschaftsanteile treuhänderisch für Frank H., Florian H., Niklas W. und José Gabriel F., die Söhne der (ursprünglich vier) Kommanditist innen der Beschwerdeführerin zu 1). Das Treuhandverhältnis ist beendet; die Treugeber sind mit Anteilen von je 12,5 % als Kommanditisten und Gesellschafter der Komplementär-GmbH an die Stelle von Petra G. getreten.
Die Gesellschafter der Beschwerdeführerinnen zu 2) und 3) genehmigten am 8. August 1989 nicht nur den Erwerb der Gesellschaftsanteile durch die Verfahrensbeteiligte zu 1), sondern änderten auch zusammen mit dieser Satzung und Gesellschaftsvertrag der Beschwerdeführerinnen zu 2) und 3). Hiernach bedürfen Beschlüsse in beiden Gesellschaften anstelle der bis dahin erforderlichen einfachen Mehrheit einer solchen von 76 % der auf das Gesellschaftskapital entfallenden Stimmen in folgenden Fällen:
- (nur für die GmbH) Aufgabe der Stellung als persönlich haftende Gesellschafterin der Beschwerdeführerin zu 2);
- Änderung des Gesellschaftsvertrages;
- Aufnahme eines neuen Gesellschafters;
- Gründung und Aufgabe von Tochtergesellschaften; Erwerb und Veräußerung von Unternehmen oder von Anteilen an anderen Unternehmen; Fusion mit anderen Unternehmen; (nur für die GmbH) Erwerb und Veräußerung von Anteilen der Gesellschaft;
- Erhöhung der Kapitaleinlagen und Auflösung der Gesellschaft;
- Auflösung von Rücklagen;
- Veräußerung des Anlagevermögens im ganzen;
- (nur für die GmbH) Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern sowie Abschluß, Änderung und Beendigung von Anstellungsverträgen mit ihnen;
- (nur für die KG) Abberufung der Komplementärin und Erteilung von Genehmigungen zur Verfügung über Anteile an der Gesellschaft;
- Erteilung von Generalvollmachten;
- Herausgabe und Einstellung von Verlagsobjekten;
- Verträge über die Übernähme von Auflagen anderer Verlage; Abschluß von Konkurrenzabkommen;
- Verwaltung, insbesondere Beschlußfassungen in Beteiligungsgesellschaften (z.B. Betriebsgesellschaften im Hörfunkbereich).
Die Verfahrensbeteiligte zu 1) ist auf dem Markt nicht tätig. In den Jahren 1988 und 1989 hatte sie nur Erträge aus Beteiligungen.
Am 13. September 1989 trafen die Beschwerdeführerin zu 2) und Unternehmen der W.-Gruppe eine Reihe von Kooperationsvereinbarungen:
- Die W. A. Z. GmbH & Co. Zeitschriften- und Beteiligungs KG (W. ZB) stellte zum 1. Oktober 1989 gegen ein Entgelt von 1 Mio DM von seiten der Beschwerdeführerin zu 2) die Ausgaben Iserlohn, Hemer und Letmathe der von ihr verlegten Abonnement-Tageszeitung „Westfalenpost” ein. Die Abonnenten dieser Zeitung erhielten ab 1. Oktober 1989 die „Iserlohner Kreisanzeiger und Zeitung”.
- Die Beschwerdeführerin zu 1) verpflichtete sich und die mit ihr verbundenen Unternehmen, mit Wirkung bis zum 31. Dezember 1993 gegen ein Entgelt von 400.000 DM der Beschwerdeführerin zu 2) bei Verlagserzeugnissen, insbesondere Tageszeitungen, keinen Wettbewerb zu machen, wobei allerdings die Tageszeitung „Westfälische Rundschau” und die Anzeigenblätter ausgenommen wurden.
- Die Zeitungsverlag W. GmbH & Co. KG und die Beschwerdeführerin zu 2) gründeten mit Anteilen von 24,8 % bzw. 72,2 % die I.-A.- und V. mbH (IKZ-AV) zu dem Zweck, die Anzeigen- und Vertriebsgeschäfte der Tageszeitung „I. K. und Z.” und „W. R.” in Iserlohn, Letmathe und Hemer zu besorgen. Geschäftsführer dieser Gesellschaft ist der Verfahrensbeteiligte zu 3).
- Für das Verbreitungsgebiet der „I. Kr. und Z.” wurde zwischen dieser Tageszeitung und der „W. R.” eine Anzeigentarifgemeinschaft geschaffen. Danach werden beide Zeitungen nur noch gemeinsam belegt. Die IKZ-AV wickelt das Anzeigengeschäft ab und besorgt den Vertrieb der Zeitungen der Beschwerdeführerin zu 2) und der W.-Gruppe in diesem Gebiet.
- In einem Mantellieferungsvertrag überließ die W.-Z. der „I. K. und Z.” gegen ein Entgelt ihren Zeitungshauptteil.
- Die Beschwerdeführerin zu 2) übertrug in einem Druckvertrag der D. und V.-Z. GmbH & Co. KG die technische Herstellung ihrer Tageszeitung.
Mit Beschluß vom 9. August 1990 hat das Bundeskartellamt den Erwerb der Gesellschaftsanteile an den Beschwerdeführerinnen zu 2) und 3) durch die Verfahrensbeteiligte zu 1) untersagt, weil er die marktbeherrschende Stellung der Beschwerdeführerin zu 2) auf dem Lesermarkt für regionale Abonnement-Tageszeitungen und auf dem Anzeigenmarkt in den Vertriebsgebieten ihrer Verlagsobjekte verstärke. Nach Ansicht des Bundeskartellamtes hat die Verfahrensbeteiligte zu 1) durch den Erwerb der Anteile in Verbindung mit der Änderung von Gesellschaftsvertrag und Satzung eine Rechtsstellung erlangt, wie sie bei einer Aktiengesellschaft ein Aktionär mit mehr als 25 % des stimmberechtigten Kapitals innehat. Der Verfahrensbeteiligten zu 1) – so das Bundeskartellamt – seien die Umsätze des Konzerns der Beschwerdeführerin zu 1) zuzurechnen, weil beide Gesellschaften unter einheitlicher Leitung zusammengefaßt seien und deshalb einen Gleichordnungskonzern im Sinne von § 18 Abs. 2 AktG bildeten.
Das Kammergericht hat die Beschwerden gegen den Beschluß des Bundeskartellamts zurückgewiesen. Mit den zugelassenen Rechtsbeschwerden verfolgen die Beschwerdeführerinnen ihren Antrag weiter, die Untersagungsverfügung des Bundeskartellamtes aufzuheben.
Entscheidungsgründe
B.
Die Rechtsbeschwerden haben keinen Erfolg.
I.
Nach den Ausführungen des Kammergerichts hat das Bundeskartellamt den Erwerb der Gesellschaftsanteile an den Beschwerdeführerinnen zu 2) und 3) durch die Verfahrensbeteiligte zu 1) mit Recht gemäß § 24 Abs. 1 und 2 Satz 1 GWB untersagt. Zwar hätten die Beschwerdeführerinnen zu 2) und 3) sowie die Verfahrensbeteiligte zu 1) im letzten vor dem Zusammenschluß abgelaufenen Geschäftsjahr 1988 – selbst unter Berücksichtigung der Presseklausel des § 23 Abs. 1 Satz 7 GWB – insgesamt Umsatzerlöse im Sinne von § 277 Abs. 1 HGB von weniger als 500 Mio DM gehabt. Gleichwohl greife die Ausnahme des § 24 Abs. 8 Nr. 1 GWB vom Untersagungsgebot nicht ein. Denn für die Berechnung der Umsatzerlöse komme es nicht nur auf die Umsätze der beteiligten Unternehmen, vielmehr gemäß § 24 Abs. 8 Satz 2 GWB auch auf die Umsätze der Unternehmen an, mit denen jene im Sinne von § 23 Abs. 1 Satz 2 GWB verbunden seien und ein einheitliches Unternehmen bildeten. Die Beschwerdeführerin zu 1) und die Verfahrensbeteiligte zu 1) seien verbundene Unternehmen, so daß dieser die gesamten Umsatzerlöse der Beschwerdeführerin zu 1) zuzurechnen seien. Da die Beschwerdeführerin zu 1) sich die gesamten Umsätze der W.-Unternehmensgruppe zurechne, die das Kammergericht – von den Rechtsbeschwerden unangefochten – auf 700 Mio DM schätzt, sei – bereits ohne Anwendung der Presseklausel des § 23 Abs. 1 Satz 7 GWB – die Untersagungsschwelle des § 23 Abs. 8 Satz 1 Nr. 1 GWB überschritten.
Der Erwerb der Beteiligungen an den Beschwerdeführerinnen zu 2) und 3) in Höhe von jeweils 24,8 % durch die Verfahrensbeteiligte zu 1) stelle einen Zusammenschluß nach § 23 Abs. 2 Nr. 2 Satz 4 GWB dar, weil der Verfahrensbeteiligten zu 1) eine Rechtsstellung verschafft worden sei, wie sie ein Aktionär mit mehr als 25 % des stimmberechtigten Kapitals innehabe. Durch diesen Zusammenschluß, insbesondere durch den vereinbarten Ausschluß des Wettbewerbs zwischen der W.-Unternehmensgruppe und der Beschwerdeführerin zu 2) sei deren beherrschende Stellung auf dem regionalen Abonnement-Zeitungs- und Anzeigenmarkt verstärkt worden.
Diese Beurteilung greifen die Rechtsbeschwerden im Ergebnis ohne Erfolg an.
II.
1. Im Ergebnis zu Recht hat das Kammergericht der Verfahrensbeteiligten zu 1) die Umsatzerlöse der W.-Unternehmensgruppe gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 GWB zugerechnet und die Ausnahmevorschrift des § 24 Abs. 8 Nr. 1 GWB nicht eingreifen lassen.
a) Nach Ansicht des Kammergerichts unterliegt die Verfahrensbeteiligte zu 1) ebenso wie die Konzernunternehmen der W.-Gruppe dem gemeinsam beherrschenden Einfluß (§ 17 Abs. 1 AktG) der Gesellschafterstämme B. und F. und bildet deshalb zusammen mit den Gliedern der Gruppe, also auch mit der Beschwerdeführerin zu 1), einen Unterordnungskonzern (§ 18 Abs. 1 AktG), folglich zugleich ein einheitliches Unternehmen im Sinne von § 23 Abs. 1 Satz 2 GWB. Daß die den Gesellschafterstämmen innerhalb der Verfahrensbeteiligten zu 1) angehörenden Gesellschafter nicht mit denen identisch seien, die den übrigen Konzernunternehmen der W.-Gruppe angehörten, falle nicht ins Gewicht. Denn die Stimmmbildung innerhalb der Familienstämme, die in der Verfahrensbeteiligten zu 1) jeweils nur durch einen Vertreter mit einer Stimme abstimmen könnten, werde durch die Zugehörigkeit zu den jeweiligen Stämmen beeinflußt und spiegele das in jedem Stamm verfolgte gemeinsame Interesse aller Angehörigen wider. Die von der Beschwerdeführerin zu 1) im Zusammenhang mit den geplanten Kooperationsverträgen angeregte Erweiterung von Sperr- und Einflußrechten innerhalb der Beschwerdeführerinnen zu 2) und 3) zugunsten der Verfahrensbeteiligten zu 1), habe sicherstellen sollen, daß die Interessen der W.-Gruppe gewahrt blieben, und als selbstverständlich vorausgesetzt, daß in diesem Sinne von den Gesellschafterstämmen B. und F. innerhalb der Beschwerdeführerinnen zu 2) und 3) abgestimmt werden würde.
b) Die Rechtsbeschwerden wenden sich allerdings mit Recht gegen die Ansicht des Kammergerichts, wonach „die Familienstämme” B. und F. nicht nur die Gesellschaften der W.-Unternehmensgruppe, vielmehr auch die Verfahrensbeteiligte zu 1) mit der Folge beherrschen, daß diese als abhängige Gesellschaft in den W.-Konzern einbezogen sei. Das Kammergericht sieht zwar, daß an der Verfahrensbeteiligten zu 1) und deren Komplementär-GmbH andere Personen beteiligt sind als an den Gesellschaften der W.-Gruppe. Es glaubt aber diesen Umstand vernachlässigen zu können, weil es hierin nur eine unterschiedliche Zusammensetzung von in der Verfahrensbeteiligten zu 1) und der W.-Gruppe identischen Gesellschaftern sieht. Für das Kammergericht sind Gesellschafter die Familienstämme B. und F. und nicht deren Mitglieder. Diese Ansicht ist rechtlich nicht haltbar.
Gesellschafter einer GmbH und einer Kommanditgesellschaft können natürliche und juristische Personen sowie bestimmte Gesamthandsgemeinschaften, kann aber nicht eine Familiengemeinschaft sein, die ohne zusätzliche gesellschaftsrechtliche Abreden ausschließlich durch Eheschließung oder dadurch zusammengehalten wird, daß die Mitglieder voneinander abstammen. Es bestehen in tatsächlicher Hinsicht auch keine Anhaltspunkte dafür, daß die allein an der Verfahrensbeteiligten zu 1) und deren Komplementär-GmbH Beteiligten, Anneliese B. und die Enkel Jakob F., die Anteile treuhänderisch für Rechnung eines Mitglieds der W.-Gruppe oder der diese beherrschenden Erich B. und Töchter Jakob F. halten. Da dieser Personenkreis also weder unmittelbar noch mittelbar an der Verfahrensbeteiligten zu 1) beteiligt ist, ist unter gesellschaftsrechtlichen Gesichtspunkten für die Annahme kein Platz, diese sei von jenem abhängig. Denn ein beherrschender Einfluß im Sinne von § 17 AktG muß gesellschaftsrechtlich bedingt oder vermittelt sein; nicht gesellschaftsrechtliche Einflüsse können allenfalls in Verbindung mit der Ausübung von Beteiligungsrechten, nicht jedoch losgelöst von diesen, also allein einen beherrschenden Einfluß im Sinne von § 17 AktG begründen (vgl. BGHZ 90, 381, 395; Ulmer, ZGR 1978, 457 ff; derselbe in Staub, HGB, 4. Aufl., Anh. § 105 Rdn. 25; Karsten Schmidt, ZGR 1980, 277, 284 f; Koppensteiner, Festschrift für Stimpel, S. 811 ff; derselbe in KK z. AktG, 2. Aufl., § 17 Rdn. 50; Schlegelberge/Martens, HGB, 5. Aufl., Anh. § 105 Rdn. 9). Das – ebenso wie in den Gesellschaftsverträgen der W.-Unternehmensgruppe – in dem Gesellschaftsvertrage der Verfahrensbeteiligten zu 1) und der Satzung ihrer Komplementär-GmbH für beide Gesellschafterstämme bestehende Erfordernis, zu einheitlicher Stimmabgabe einen gemeinsamen Vertreter zu bestellen, vermittelt keine gesellschaftsrechtliche Abhängigkeit; denn Adressat dieser Regelung sind nur die Familienmitglieder, die an der Verfahrensbeteiligten zu 1) beteiligt sind und die sich – wenn sie wollten – durchaus anders entscheiden könnten als die an der W.-Gruppe beteiligten Familienmitglieder.
Für die Fusionskontrolle soll allerdings ein Abhängigkeitsbegriff gelten, der weiter ist als der des § 17 AktG (Koppensteiner in KK z. AktG, 2. Aufl., Vorb. § 15 Rdn. 31; Immenga/Mestmäcker, GWB, 2. Aufl., § 23 Rdn. 40). Ausgehend von dem Grundsatz, daß alle, auch rein tatsächliche Umstände eine Abhängigkeit begründen können, soll nicht nur auf gesellschaftsrechtlich geprägte Beziehungen, vielmehr im Rahmen einer Gesamtwertung auf alle Instrumente abzustellen sein, die Herrschaft begründen können (vgl. Immenga/Mestmäcker, GWB, 2. Aufl., § 23 Rdn. 44 f; Kleinmann/Bechtold, Kommentar zur Fusionskontrolle, 2. Aufl., § 23 Rdn. 181, 354). Ob dieser Ansicht zu folgen ist, bedarf keiner Entscheidung. Denn Herrschaft setzt voraus, daß das abhängige Unternehmen sich dem Einfluß nicht entziehen kann, den ein anderes auf seine Geschäfts- und Personalpolitik auszuüben vermag (vgl. Koppensteiner in KK z. AktG, 2. Aufl., § 17 Rdn. 18). Es ist nicht ersichtlich, wer die Gesellschafter der Verfahrensbeteiligten zu 1) daran hindern sollte, eine andere Geschäftspolitik zu verfolgen, als die in der W.-Gruppe beteiligten Familienmitglieder für richtig halten. Die Familienzugehörigkeit vermag eine einheitliche Willensbildung bis in die Verfahrensbeteiligte zu 1) hinein nicht zu erzwingen. Daß deren Gesellschafter durch schuldrechtliche Absprachen, insbesondere Treuhandbindungen, oder sonst aus – rechtlich nicht abgesicherten – tatsächlichen, insbesondere wirtschaftlichen Gründen gezwungen wären, die Geschäftspolitik der Verfahrensbeteiligten zu 1) an der W.-Gruppe auszurichten, ist nicht festgestellt und dem Vortrag der Verfahrensbeteiligten auch nicht zu entnehmen.
c) Gleichwohl ist es rechtlich nicht zu beanstanden, daß das Kammergericht die Verfahrensbeteiligte zu 1) und die Unternehmen der W.-Gruppe als einheitliches Unternehmen im Sinne von § 23 Abs. 1 Satz 2 GWB angesehen und deshalb deren Umsatzerlöse auch der Verfahrensbeteiligten zu 1) zugerechnet hat. Denn die Verfahrensbeteiligte zu 1) ist mit den Gesellschaften der W.-Gruppe unter einheitlicher Leitung zusammengefaßt und bildet mit ihnen einen Gleichordnungskonzern im Sinne von § 18 Abs. 2 AktG. Dieser Beurteilung steht nicht entgegen, daß die einheitliche Leitung nicht durch gemeinschaftliche Leitungsorgane, vielmehr unter Ausschluß der Gesellschafter und Geschäftsführer der Verfahrensbeteiligten zu 1) von der Konzernspitze oder einer der Gesellschaften der W.-Gruppe – namentlich der Beschwerdeführerin zu 1) – ausgeübt wird. Eine solche Zusammenfassung setzt nicht notwendig einen Beherrschungsvertrag im Sinne von § 291 Abs. 1 Satz 1 AktG voraus; es gibt auch den auf keinen vertraglichen Absprachen beruhenden faktischen Gleichordnungskonzern (vgl. Krieger, Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Bd. 4, Rdn. 82; Geßler in Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, § 18 Rdn. 74; Würdinger in GroßKz AktG, 3. Aufl., § 18 Anm. 13; Gromann, Die Gleichordnungskonzerne im Konzern- und Wettbewerbsrecht, S. 4).
Nach den Feststellungen des Kammergerichts haben sich die Gesellschafter und die Geschäftsführer der Verfahrensbeteiligten zu 1) auf Dauer der Leitung der Konzernspitze der W.-Unternehmensgruppe zumindest insoweit unterstellt, als es um wettbewerbsbezogene Unternehmensentscheidungen durch Ausübung der Gesellschafterrechte innerhalb der Beschwerdeführerinnen zu 2) und 3) geht. Dies ergibt sich aus folgendem:
Schon der Beschwerdeführerin zu 1) ist, als sie im Jahre 1983 die Gesellschaftsanteile an den Beschwerdeführerinnen zu 2) und 3) erwarb, in deren Satzung und Gesellschaftsvertrag – wie nunmehr der Verfahrensbeteiligten zu 1) – für grundlegende Beschlußgegenstände eine Sperrminorität eingeräumt worden. Diese Sperrminorität wurde fallengelassen, als das Bundeskartellamt drohte, ihretwegen den Zusammenschluß zu untersagen. Gleichwohl haben die Geschäftsführer der Beschwerdeführerin zu 1) daran festgehalten, daß es ohne diese Sperrminorität keine Zusammenarbeit zwischen der W.-Unternehmensgruppe und den Beschwerdeführerinnen zu 2) und 3) geben werde. Denn in der Gesellschafterversammlung der Beschwerdeführerin zu 2) haben sie am 8. Dezember 1988 erklärt, „daß die Kooperation eine Änderung des bestehenden KG-Vertrages auf den Zustand vor Änderungen durch das Kartellamt zur Voraussetzung habe”. Nachdem die Beschwerdeführerin zu 1) am 8. August 1989 ihre Gesellschaftsanteile an den Beschwerdeführerinnen zu 2) und 3) auf die Verfahrensbeteiligte zu 1) übertragen hatte, wurden am selben Tage Satzung und Gesellschaftsvertrag der Beschwerdeführerinnen zu 2) und 3) in dem gewünschten Sinne geändert und am 13. September 1989 dann die Kooperationsverträge zwischen Unternehmen der W.-Gruppe und der Beschwerdeführerin zu 2) abgeschlossen. Angesichts der Vorgeschichte ist das Kammergericht – in rechtlich nicht zu beanstandender Weise – zu der Überzeugung gelangt, daß die im Zusammenhang mit dem Abschluß der Kooperationsverträge beschlossene erneute Einführung der Sperrminorität auf den Einfluß der Beschwerdeführerin zu 1) zurückzuführen und zugleich gewährleistet ist, daß die Verfahrensbeteiligte zu 1) ihre Stimmrechte in den Gesellschafterversammlungen der Beschwerdeführerinnen zu 2) und 3) im Interesse der Beschwerdeführerin zu 1) und der übrigen Mitglieder der W.-Unternehmensgruppe ausüben wird; denn anderenfalls hätte die Schaffung der Sperrminorität als Voraussetzung der Kooperation mit der W.-Gruppe keinen Sinn gehabt. Hätte die Verfahrensbeteiligte zu 1) – wie die Beschwerdeführerinnen es hinstellen – die Gesellschaftsanteile wegen des Bestrebens ihrer Gesellschafter erworben, eigene unternehmerische Interessen u.U. auch im Widerspruch zu denen der W.-Gruppe zu verfolgen, hätten die Gesellschafter der Beschwerdeführerinnen zu 2) und 3) keinen Grund gehabt, auf die bis dahin bestehende Möglichkeit, Beschlüsse mit einfacher Mehrheit zu fassen, zu verzichten und der Verfahrensbeteiligten zu 1) die Sperrminorität einzuräumen. Einen derartigen Einfluß auf die Geschäftsführung und die Grundlagen der Gesellschaftsverhältnisse pflegen die Gesellschafter einem Mitgesellschafter, der mit weniger als 25 % am Gesellschaftskapital beteiligt ist, nur einzuräumen, wenn dessen Beteiligung für das Gesellschaftsunternehmen über die geleistete Einlage hinaus von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung ist. Die Beschwerdeführerinnen haben nicht aufgezeigt, daß die Verfahrensbeteiligte zu 1) – losgelöst von der W.-Unternehmensgruppe – den Beschwerdeführerinnen zu 2) und 3) irgendwelche Vorteile zu bieten vermochte, die für jene Anlaß hätten sein können, ihr ein derart weitgehendes Vetorecht einzuräumen.
Auch die gesellschaftsrechtliche Ausgestaltung der Verfahrensbeteiligten zu 1) läßt erkennen, daß diese ein freiwilliges Werkzeug der W.-Gruppe zur Durchsetzung ihrer Interessen innerhalb der Beschwerdeführerinnen zu 2) und 3) ist. Die unternehmerische Tätigkeit der zu Anfang 1988 gegründeten Verfahrensbeteiligten zu 1) beschränkt sich darauf, Gesellschaftsanteile außer an den Beschwerdeführerinnen zu 2) und 3) an den Borbecker Nachrichten und Werdener Nachrichten zu halten, deren Erwerb das Bundeskartellamt der W.-Gruppe durch Beschluß vom 19. Mai 1989 untersagt hatte und die daraufhin an die Verfahrensbeteiligte zu 1) weiterübertragen worden waren. Das Kammergericht sieht in der Gründung der Verfahrensbeteiligten zu 1) und dem Erwerb der Gesellschaftsanteile durch sie eine gemeinsame einheitliche Wettbewerbsstrategie der Gesellschafter der Verfahrensbeteiligten zu 1) und der W.-Unternehmensgruppe. Auch diese Feststellung ist rechtlich nicht zu beanstanden. Wäre es – wie die Beschwerdeführerinnen einwenden – nur um die Auflösung des vom Bundeskartellamt untersagten Unternehmenszusammenschlusses durch Übertragung der Anteile auf die – jeweils eigene unternehmerische Interessen verfolgenden – Enkel des Gesellschafters F. und der Ehefrau des Gesellschafters B. gegangen, hätte es nahegelegen, die Gesellschaftsanteile unter den Familien aufzuteilen und den Mitgliedern der beiden Gesellschafterstämme jeweils die Hälfte zu übertragen. Das ist nicht geschehen. Vielmehr haben die Mitglieder der Familien B. und F. die Verfahrensbeteiligte zu 1) und ihre Komplementär-GmbH gegründet und sich innerhalb dieser genauso streng paritätisch mit dem jeweiligen Sonderrecht, einen Geschäftsführer zu bestellen, zusammengeschlossen, wie das bei den Gesellschaften der W.-Unternehmensgruppe der Fall ist. Hierdurch ist ausgeschlossen, daß die Mitglieder der Familien B. und F. mit den Anteilen an den Beschwerdeführerinnen zu 2) und 3) innerhalb der Verfahrensbeteiligten zu 1) jeweils Sonderinteressen verfolgen, ist vielmehr eine gemeinsame Unternehmenspolitik der Angehörigen beider Familien gewährleistet. Daß diese Unternehmenspolitik mit der der W.-Gruppe identisch ist, folgt daraus, daß die Verfahrensbeteiligte zu 1) von der – nur deshalb von den Gesellschaftern der Beschwerdeführerinnen zu 2) und 3) zugestandenen, weil von der W.-Gruppe gewünschten – Sperrminorität im Interesse der W.-Gruppe Gebrauch machen und auf diese Weise insbesondere verhindern soll, daß andere Zeitungsverlage an den Beschwerdeführerinnen zu 2) und 3) beteiligt werden oder diese die Zusammenarbeit mit jenen aufnehmen. Daß die Verfahrensbeteiligte zu 1) sich in dieser Weise der Leitung der Beschwerdeführerin zu 1) unterstellt, ist gewissermaßen die Geschäftsgrundlage der Anteilsübertragung.
d) Für diesen Befund ist ohne Bedeutung, daß eine Tochter Jakob Funkes, nämlich Ute F., als Gesellschafterin der Beschwerdeführerin zu 1) ausgeschieden ist, während ihr Sohn der Verfahrensbeteiligten zu 1) noch angehört. Die Gesellschafterrechte der Verfahrensbeteiligten zu 1) in den Gesellschafterversammlungen der Beschwerdeführerinnen zu 2) und 3) werden von den Geschäftsführern und nicht von den Gesellschaftern ausgeübt. Der Gesellschaftsvertrag der Verfahrensbeteiligten zu 1) sieht auch nicht vor, daß die Gesellschafter der Verfahrensbeteiligten zu 1) zuvor beschließen müssen, wie die Geschäftsführer abzustimmen haben. Der Gesellschafter F. hätte mithin, selbst wenn er aus der geschlossenen Front der Gesellschafter auszuscheren gedächte, keinen Einfluß darauf wie die Verfahrensbeteiligte zu 1) die Gesellschafterrechte ausübt. Im übrigen stimmt der Gesellschafter F. in der Gesellschafterversammlung der Verfahrensbeteiligten zu 1) nicht selbst, sondern – im Interesse einheitlicher Stimmabgabe – ein gemeinsamer Vertreter der Gesellschaftergruppe F. ab. Wie die Mitglieder einer Gruppe, wenn sie in dieser Hinsicht nichts geregelt haben, die gemeinsame Willensbildung vollziehen, ist umstritten. Die Anwendung von Gesellschaftsrecht innerhalb der Gruppe würde voraussetzen, daß die Mitglieder ausdrücklich oder durch schlüssiges Verhalten übereinstimmend eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts gegründet haben (vgl. BGHZ 46, 291, 295). Hiervon kann nicht ausgegangen werden, da selbst die Rechtsbeschwerden darauf abstellen, daß die Gesellschafter insoweit nichts vereinbart haben. Im Schrifttum wird der Standpunkt vertreten, daß in den Fällen, in denen nichts vereinbart ist, entweder das Abstimmungsprinzip der jeweiligen Gesellschaft gilt (vgl. Wiedemann, Die Übertragung und Vererbung von Mitgliedschaftsrechten bei Handelsgesellschaften, S. 393; ähnlich, allerdings ohne auf das Problem näher einzugehen, BGH, Urt. v. 7. Dezember 1972 – II ZR 131/68, WM 1973, 990, 991 unter 2 c; ferner für den Fall der Bestellung des Geschäftsführers einer GmbH durch einen Gesellschafterstamm, BGH, Urt. v. 25. September 1989 – II ZR 304/88, WM 1989, 1809) oder § 745 Abs. 1 BGB wegen der Zusammenfassung mehrerer Anteile zu einer Gruppe auf dieses gemeinschaftsähnliche Verhältnis entsprechend anzuwenden ist (vgl. Karsten Schmidt, ZHR 146 (1982), S. 525, 545, 549; Staub/Schilling, HGB, 4. Aufl., § 163 Rdn. 17). Welche Auffassung den Vorzug verdient, bedarf keiner Entscheidung; denn in jedem Falle hätte die Willensbildung mehrheitlich zu erfolgen. Denn innerhalb der Verfahrensbeteiligten zu 1) und ihrer Komplementär-GmbH werden Gesellschafterbeschlüsse mit einfacher Mehrheit der auf das Gesellschaftskapital entfallenden Stimmen gefaßt. F. kann demnach innerhalb seiner Gruppe jederzeit überstimmt werden.
e) Da die unternehmerische Tätigkeit der Verfahrensbeteiligten zu 1) sich darin erschöpft, die ihr von der Beschwerdeführerin zu 1) übertragenen Gesellschaftsanteile zu verwalten, reicht es im Rahmen der Fusionskontrolle für die Annahme einheitlicher Leitung aus, daß die Verfahrensbeteiligte zu 1) ihr wettbewerbsbezogenes Abstimmungsverhalten in den Gesellschafterversammlungen der Beschwerdeführerinnen zu 2) und 3) dem Willen der Beschwerdeführerin zu 1) unterstellt. Nicht erforderlich ist, daß sich die Leitung auf Maßnahmen erstreckt, mit denen die Verfahrensbeteiligte zu 1) ihre finanziellen Interessen innerhalb der Beschwerdeführerin zu 2) wahrt.
2. a) Der Erwerb der Gesellschaftsanteile an den Beschwerdeführerinnen zu 2) und 3) durch die Verfahrensbeteiligte zu 1) stellt einen Zusammenschluß im Sinne von § 23 Abs. 2 Nr. 2 Satz 4 GWB dar. Die Verfahrensbeteiligte zu 1) hat zwar nur Anteile in Höhe von je 24,8 % erworben, sie hat aber durch Änderung von Gesellschaftsvertrag und Satzung der Beschwerdeführerinnen zu 2) und 3) eine Rechtsstellung erlangt, die bei einer Aktiengesellschaft ein Aktionär mit mehr als 25 % des stimmberechtigten Kapitals innehat. Gesellschaftsvertrag und Satzung der Beschwerdeführerinnen zu 2) und 3) sehen jeweils im § 5 Abs. 8 vor, daß bestimmte Beschlußgegenstände einer Mehrheit von 76 % der vorhandenen Stimmen bedürfen. Zu diesen Gegenständen gehören Änderungen von Satzung und Gesellschaftsvertrag, Kapitalerhöhungen, die Auflösung der Gesellschaft, die Fusion mit anderen Unternehmen, die Zustimmung zu Maßnahmen der Geschäftsführung etc. – alles Maßnahmen, über die auch in der Aktiengesellschaft die Hauptversammlung entscheidet und die ein über die Sperrminorität verfügender Aktionär dadurch verhindern könnte, daß er nicht zustimmt.
b) Die Rechtsbeschwerden gehen ebenfalls davon aus, daß die Verfahrensbeteiligte zu 1) aufgrund ihrer Sperrminorität in Satzung und Gesellschaftsvertrag eine Stellung erlangt hat, die der eines Aktionärs mit einem Anteil von mehr als 25 % des stimmberechtigten Kapitals vergleichbar ist. Sie sind nur der Meinung, die Verfahrensbeteiligte zu 1) habe diese Stellung nicht durch den Erwerb der Gesellschaftsanteile erlangt. Als dieser Erwerb vollzogen worden sei, hätten Satzung und Gesellschaftsvertrag das Mehrheitserfordernis von 76 % noch nicht enthalten. Die zeitlich nach dem Anteilserwerb erfolgte Änderung von Satzung und Gesellschaftsvertrag stelle einen selbständigen Zusammenschlußtatbestand dar, der aber gesetzlich nicht geregelt sei, insbesondere nicht von § 23 Abs. 2 Nr. 2 Satz 4 GWB erfaßt werde.
Es bedarf keiner Entscheidung, ob § 23 Abs. 2 Nr. 2 Satz 4 GWB einen selbständigen, von § 23 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 Buchst. a GWB und damit vom Erwerb eines Anteils unabhängigen Zusammenschlußtatbestand regelt – wie das Bundeskartellamt meint –. Denn im vorliegenden Falle hat die Verfahrensbeteiligte zu 1) ihre Rechtsposition innerhalb der Beschwerdeführerinnen zu 2) und 3) nicht ohne Anteile erworben. Das Kammergericht hat ohne Rechtsfehler festgestellt, daß die Übertragung der Anteile auf die Verfahrensbeteiligte zu 1) nach dem Willen aller Beteiligten davon abhängig war, daß Satzung und Gesellschaftsvertrag der Beschwerdeführerinnen zu 2) und 3) um eine Sperrminorität zugunsten der Verfahrensbeteiligten zu 1) ergänzt wurden; die Ergänzung sei bereits beim Erwerb der Anteile vorgesehen und eingeleitet gewesen. Satzung und Gesellschaftsvertrag lagen in der geänderten Fassung als Entwurf bereits vor, als die Gesellschafter der Beschwerdeführerinnen zu 2) und 3) die Anteilsübertragung genehmigten, so daß gleich im Anschluß an diese Genehmigung die Neufassungen – nunmehr unter Beteiligung der Verfahrensbeteiligten zu 1) – beschlossen werden konnten. Durch diese subjektive Verknüpfung von Anteilserwerb und Vertragsänderung ist die Einheitlichkeit des Erwerbs hergestellt.
c) Nach Ansicht des Kammergerichts entfällt ein Zusammenschluß im Sinne von § 23 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 GWB nicht deshalb, weil die Beschwerdeführerin zu 1) und die Verfahrensbeteiligte zu 1) unter einheitlicher Leitung zusammengefaßt sind und der Anteilserwerb folglich innerhalb eines Konzerns vollzogen worden ist. Zwar rechneten gemäß § 23 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 GWB zu den Anteilen, die dem Unternehmen bereits gehören, auch Anteile, die Unternehmen halten, mit denen es im Sinne von § 23 Abs. 1 Satz 2 GWB verbunden ist. Diese Vorschrift solle aber nur verhindern, daß ein Anteilserwerb der Fusionskontrolle entzogen wird, der nicht allein, sondern erst zusammen mit den vom verbundenen Unternehmen gehaltenen Anteilen die Schwellenwerte des § 23 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 GWB erreicht. Aus ihr ergebe sich nicht, daß ein Zusammenschluß im Sinne des Gesetzes von vornherein nicht vorliege, wenn mit dem Erwerb eines Anteils zwar ein Schwellenwert erreicht werde, der Anteil aber mit dem des verbundenen Unternehmens identisch sei. Vielmehr sei für diesen Sachverhalt § 23 Abs. 3 Satz 1 GWB einschlägig, wonach ein Zusammenschluß auch dann anzunehmen ist, wenn die beteiligten Unternehmen bereits vorher im Sinne von § 23 Abs. 2 GWB zusammengeschlossen waren – vorausgesetzt, der Zusammenschluß hat die bereits bestehende Unternehmens Verbindung wesentlich verstärkt. Die Voraussetzungen des § 23 Abs. 3 Satz 1 GWB lägen allerdings hier nicht vor; denn vor dem Anteilserwerb durch die Verfahrensbeteiligte zu 1) sei die Beschwerdeführerin zu 1) nicht mit den Beschwerdeführerinnen zu 2) und 3) im Sinne von § 23 Abs. 2 GWB zusammengeschlossen gewesen. Der Anteilserwerb durch die Verfahrensbeteiligte zu 1) sei also ein Ersterwerb; die Erreichung des Schwellenwertes reiche aus und es komme nicht auf die wesentliche Verstärkung an; im übrigen läge auch diese vor.
Diese Beurteilung ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die Rechtsbeschwerden gehen auf sie nicht näher ein, weil sie eine konzernmäßige Verflechtung von Beschwerdeführerin zu 1) und Verfahrensbeteiligter zu 1) von vornherein ausschließen und in der Änderung von Satzung und Gesellschaftsvertrag einen dem Anteilserwerb nachfolgenden, allerdings gesetzlich nicht geregelten eigenständigen Zusammenschlußtatbestand sehen. Im Schrifttum wird der Standpunkt vertreten, daß ein Anteilserwerb, der als solcher einen der Tatbestände des § 23 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 GWB verwirklicht, dann keinen Zusammenschluß im Sinne des Gesetzes darstellt, wenn bei Berücksichtigung der Anteile, die dem Erwerber und den mit ihm verbundenen Unternehmen bereits gehören, die Schwellenwerte nicht ein weiteres Mal erreicht werden. In einem solchen Falle wirke die Zurechnungsklausel des § 23 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 GWB auch zugunsten des erwerbenden Unternehmens (vgl. Lutter, NJW 1974, 1270 ff; Kleinmann/Bechtold, a.a.O., § 23 Rdn. 113; Sonnenschein, ZGR 1977, 35, 58 ff). Dieser Ansicht ist nicht zu folgen.
Die Zurechnungsklausel des § 23 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 GWB soll den Zusammenschlußbegriff des § 23 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 GWB erweitern. Nach ihr liegt ein Unternehmens Zusammenschluß i.S. von § 23 Abs. 2 GWB (Zusammenschluß des anteilerwerbenden Unternehmens mit einem anderen, dritten Unternehmen) auch dann vor, wenn der Anteilserwerb die dort genannten Schwellenwerte erst dadurch erreicht, daß zu den Anteilen des erwerbenden Unternehmens diejenigen hinzugerechnet werden, die einem mit ihm i.S. von § 23 Abs. 1 Satz 2 GWB verbundenen Unternehmen gehören. Das heißt aber nicht, daß einem Anteilserwerb, der ohne die Zurechnung i.S. von § 23 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 GWB einen der Schwellenwerte erreicht, die Eigenschaft als Unternehmens Zusammenschluß deshalb abzusprechen ist, weil mit Zurechnung der Anteile verbundener Unternehmen der betreffende Schwellenwert schon vor dem Erwerb erreicht war. Das gilt auch bei Anteilsübertragungen innerhalb der verbundenen Unternehmen. Lag schon vor dem jetzt zu beurteilenden Erwerb von Anteilen an dem dritten Unternehmen ein Zusammenschluß eines der verbundenen Unternehmen mit dem dritten Unternehmen vor (Erstzusammenschluß), so ist der jetzt zu beurteilende Anteilserwerb nach § 23 Abs. 3 Satz 1 als Zweitzusammenschluß zu behandeln. Das heißt, er ist grundsätzlich als Zusammenschluß anzusehen, es sei denn, er führt nicht zu einer wesentlichen Verstärkung des bereits bestehenden Zusammenschlusses.
Diese Auslegung wird dem Zweck der genannten Vorschriften besser gerecht als die entgegengesetzte Auffassung. Auch Veränderungen innerhalb einer Gruppe verbundener Unternehmen können eine schon bestehende Verbindung zwischen Unternehmen dieser Gruppe und einem dritten Unternehmen wesentlich verstärken. Es widerspräche deshalb dem Zweck der Vorschriften, für solche Veränderungen den Tatbestand des § 23 Abs. 2 GWB zu verneinen und sie damit von vornherein aus der Fusionskontrolle herauszunehmen (vgl. Immenga/Mestmäcker, GWB, 2. Aufl., § 23 Rdn. 178). Vielmehr bildet nach Bejahung dieses Tatbestandes die Anwendung des § 23 Abs. 3 Satz 1 GWB das sachgerechte Regulativ: es ist im Einzelfall zu prüfen, ob die Veränderung die ggfls. bereits bestehende Unternehmensverbindung wesentlich verstärkt. Damit wird zugleich erreicht, daß bloße konzerninterne Umstrukturierungen (ohne wesentliche Verstärkung des bestehenden Zusammenschlusses) nicht die Rechtsfolgen des Zusammenschlusses auslösen (vgl. Reg. Entw. zur 2. GWB-Novelle, BT-Drucks. VI/2520 S. 28; v. Gamm, Kartellrecht, 2. Aufl., § 23 Rdn. 37; Emmerich, Kartellrecht, 6. Aufl., S. 377).
Im vorliegenden Fall hat das Kammergericht § 23 Abs. 3 Satz 1 GWB zutreffend nicht eingreifen lassen, weil die Beschwerdeführerin zu 1) nicht im Sinne von § 23 Abs. 2 GWB mit den Beschwerdeführerinnen zu 2) und 3) zusammengeschlossen war, als die Verfahrensbeteiligte zu 1) die Anteile erwarb. Dieser Erwerb stellte einen Erstzusammenschluß im Sinne von § 23 Abs. 2 Nr. 2 Satz 4 GWB dar. Überdies hat das Kammergericht ohne Rechtsfehler festgestellt, daß der Zusammenschluß die bereits bestehende Verbindung wesentlich verstärkt hat.
3. Nach Ansicht des Kammergerichts hat der Zusammenschluß die marktbeherrschende Stellung der Beschwerdeführerin zu 2) auf dem Lesermarkt für regionale Abonnement-Tageszeitungen im Verbreitungsgebiet der „I. K. und Z.” und auf dem Anzeigenmarkt im Verbreitungsgebiet ihrer Anzeigenträger im Sinne von § 24 Abs. 1 GWB verstärkt. Das Kammergericht hat – von den Rechtsbeschwerden nicht angegriffen – festgestellt, daß die Beschwerdeführerin zu 2) 1988 mit einer Auflage von 24.600 Exemplaren am Markt für regionale Abonnement-Tageszeitungen einen Anteil von 76,4 % sowie am Anzeigenmarkt einen Anteil von 63,4 % hatte und daß die Beschwerdeführerin zu 2) deshalb beide Märkte beherrscht. Diese marktbeherrschenden Stellungen seien durch den Anteilserwerb in Verbindung mit dem rechtlich abgesicherten Einfluß, den die Verfahrensbeteiligte zu 1) und die mit ihr verbundene W.-Gruppe innerhalb der Beschwerdeführerinnen zu 2) und 3) ausüben, verstärkt worden. Da diese Einflußmöglichkeiten als Voraussetzung und zur Absicherung der in Aussicht genommenen Kooperationen gefordert worden sei, lasse sie eine größere und dauerhafte Bereitschaft zur marktwirksamen Unterstützung der Beschwerdeführerin zu 2) durch die ressourcenstarke W.-Unternehmensgruppe erwarten. Die unter Mitwirkung der Verfahrensbeteiligten zu 1) zustandegekommenen Vereinbarungen mit Unternehmen der W.-Gruppe seien das Ergebnis dieser Bereitschaft. In dem für alle Unternehmen der Gruppe geltenden Wettbewerbsverzicht finde sie ihren stärksten Ausdruck und werde die Veränderung der Wettbewerbsvoraussetzungen zugunsten der Beschwerdeführerin zu 2) besonders deutlich. Diese Feststellungen lassen keinen Rechtsfehler erkennen. Sie werden von den Rechtsbeschwerden auch nur insoweit angegriffen, als sie die unternehmerische Einheit zwischen der Beschwerdeführerin zu 1) und der Verfahrensbeteiligten zu 1) verneinen.
4. Da eine Verbesserung der Wettbewerbsbedingungen aufgrund des Zusammenschlusses nicht dargetan ist, ist der Zusammenschluß somit zu Recht untersagt worden.
Unterschriften
Odersky, Brandes, v. Ungern-Sternberg, Melullis, Greger
Fundstellen
Haufe-Index 682254 |
BGHZ |
BGHZ, 137 |
BB 1993, 879 |
NJW 1993, 2114 |
GRUR 1993, 587 |
Nachschlagewerk BGH |
ZIP 1993, 858 |