Verfahrensgang
LG Osnabrück (Urteil vom 15.08.2002) |
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Osnabrück vom 15. August 2002 im Ausspruch über den Verfall mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit ein über 31.764,60 EUR hinausgehender Geldbetrag für verfallen erklärt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben mit diesen in neun Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt und den Verfall von 49.000 EUR als Wertersatz angeordnet.
1. Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung hat zum Schuld- und Strafausspruch keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Allerdings ist dem Revisionsführer zuzugeben, daß der Aufklärungserfolg im Sinne des § 31 Nr. 1 BtMG im Urteil wenigstens zusammenfassend dargelegt hätte werden müssen. Der bloß formelhafte Hinweis, daß der Angeklagte „Angaben über seine eigene Tatbeteiligung hinaus” gemacht hatte (UA S. 9), genügt dem nicht. Doch kann der Senat hier ausschließen, daß der Angeklagte durch diesen Rechtsfehler beschwert ist. Denn die Strafkammer hat den Strafrahmen des § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG nach § 31 Nr. 1 BtMG, § 49 Abs. 2 StGB gemildert und ist somit von einer Mindeststrafe in Höhe des gesetzlichen Mindestmaßes ausgegangen. Hätte sie stattdessen einen minder schweren Fall nach § 30 Abs. 2 BtMG angenommen, hätte die Mindeststrafe drei Monate Freiheitsstrafe betragen. Da sich die Strafkammer mit den für Fälle der Einfuhr und des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln im Zentnerbereich außergewöhnlich milden Einzelstrafen ersichtlich am unteren Ende des Strafrahmens orientiert hat, hat sich die höhere Höchststrafe des angewandten Strafrahmens nicht ausgewirkt.
2. Dagegen hat die Anordnung des Verfalls nur in Höhe von 31.764,60 EUR Bestand, da nur insoweit den auch hierzu sehr dürftigen Urteilsfeststellungen die gesetzlichen Voraussetzungen entnommen werden können.
a) Für den ausgesprochenen Verfallsbetrag von 49.000 EUR fehlt es bereits an einer nachvollziehbaren Berechnung. Selbst wenn man die auf UA S. 13 genannten Gesamterlösbeträge von 96.000 Holländischen Gulden und 14.400 DM nach den amtlichen Referenzkursen in Euro umrechnet, ergibt sich dieser Betrag nicht.
b) Rechtsfehlerfrei ist der Verfall von Wertersatz lediglich für die dem Angeklagten für die Begehung der abgeurteilten Taten zugeflossene Entlohnung von 70.000 Holländischen Gulden. Diese ergeben bei einem Unrechnungskurs von 0,45378 EUR einen Verfallbetrag von 31.764,60 EUR.
c) Dagegen kann die weitere Entlohnung für die abgeurteilten Taten in Höhe von 26.000 Holländischen Gulden, die der Mittäter … T. erhalten hatte, der gegen den Angeklagten gerichteten Verfallsanordnung nicht zugrundegelegt werden. Denn es ist nicht festgestellt, daß der Angeklagte auch diesen Geldbetrag im Rahmen einer Gesamtentlohnung ausgehändigt erhalten, damit im Sinne des § 73 Abs. 1 StGB erlangt und erst später an den Mittäter als Lohnanteil ausgezahlt hatte. Nur in einem solchen, hier den Urteilsgründen nicht zu entnehmenden Fall hätte nach dem Bruttoprinzip der Gesamtbetrag für verfallen erklärt werden können, wobei allerdings nach Auszahlung von Lohnanteilen an andere die Härteklausel des § 73 c Abs. 1 Satz 2 StGB zu prüfen gewesen wäre.
d) Auch die Anordnung des Verfalls von Wertersatz für den Erlös aus einer weiteren nach § 154 Abs. 2 StPO eingestellten Straftat, die der Angeklagte eingeräumt hatte, hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
aa) Voraussetzung für eine Anordnung nach §§ 73, 73 a StGB ist, daß eine von der Anklage erfaßte und vom Tatrichter festgestellte Tat vorliegt (BGHSt 28, 369). An einer ausreichenden Feststellung fehlt es jedoch, wie die Revision zutreffend rügt. Das angefochtene Urteil schildert den Inhalt und die Abwicklung dieser Tat nicht, von der lediglich vermutet werden kann, daß es sich um ein Betäubungsmittelgeschäft handelt.
bb) Hier ist zudem die Zulässigkeitsvoraussetzung einer Tat, die Gegenstand des Urteils sein kann, deswegen entfallen, weil das Gericht das Verfahren wegen dieser Tat im Laufe der Hauptverhandlung nach § 154 Abs. 2 StPO eingestellt hat. Damit ist das Verfahren hinsichtlich dieser Tat (vorläufig) beendet und die Verhängung von Rechtsfolgen im subjektiven Verfahren ohne Wiederaufnahme nach § 154 Abs. 3 StPO nicht mehr möglich. Ein Übergang in ein objektives Verfahren zur selbständigen Anordnung des Verfalls nach § 76 a Abs. 1, 3 StGB ist nicht erfolgt.
cc) Es kommt hier auch nicht in Betracht, die Verfallsanordnung wegen dieser eingestellten Tat auf § 73 d StGB (erweiterter Verfall) zu stützen. Denn vor der Anwendung des § 73 d StGB muß unter Ausschöpfung aller prozessual zulässigen Mittel ausgeschlossen werden, daß die Voraussetzungen der §§ 73, 73 a StGB erfüllt sind (BGH, Beschl. vom 2. Oktober 2002 – 2 StR 294/02 m. w. N.). Im übrigen hätte eine solche Anordnung die Feststellung erfordert, daß bestimmte Gegenstände oder Rechte bei Begehung der Anknüpfungstaten noch vorhanden waren, für die nunmehr der Verfall von Wertersatz angeordnet wird (vgl. BGHR StGB § 73 d Gegenstände 4).
Unterschriften
Tolksdorf, Miebach, Winkler, RiBGH von Lienen ist wegen Erkrankung an der Unterzeichnung gehindert. Tolksdorf, Becker
Fundstellen
Haufe-Index 2558955 |
NStZ 2003, 422 |
NPA 2003, 0 |