Verfahrensgang
LG Potsdam (Urteil vom 16.03.2011) |
Tenor
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 16. März 2011 werden nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
Ergänzend zur Stellungnahme des Generalbundesanwalts bemerkt der Senat:
1. Die Verfahrensrügen der Angeklagten H. und W. wegen „Verletzung der §§ 46, 257c, 265 IV StPO, Art. 103 I GG; Art. 6 I EMRK i.V.m. § 337 StPO” (Rügen Nr. 2) sind schon deshalb unbegründet, weil seitens des Landgerichts – entgegen den Revisionsvorbringen – kein Vorschlag hinsichtlich der Festlegung von Mindeststrafen oder eines Strafrahmens erfolgt ist. Nach der dienstlichen Erklärung des Vorsitzenden zum Ablauf der Prozessverständigung hat lediglich der Sitzungsstaatsanwalt seine Vorstellungen über die Höhe der möglichen Mindestfreiheitsstrafen in das Gespräch eingeführt. Nachdem die Verteidiger den Vorschlag der Staatsanwaltschaft abgelehnt hatten, hat der Vorsitzende das von der Verteidigung bekundete Interesse an „bewährungsfähigen Strafen” in Übereinstimmung mit den beteiligten Richtern abschlägig beantwortet. Ein von den Revisionen behauptetes Drohen mit einer „Sanktionsschere” ist bei diesem Verfahrensablauf nicht zu erkennen.
2. Die inhaltsgleiche Befangenheitsrüge der Angeklagten H. und W. (§ 338 Nr. 3 StPO; Rügen Nr. 7) gegen die Berufsrichter ist jeweils unzulässig erhoben. Die Beschwerdeführer sind nach § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO verpflichtet, die den Verfahrensmangel begründenden Tatsachen so genau anzugeben, dass das Revisionsgericht allein aufgrund der Begründungsschriften prüfen kann, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, wenn das tatsächliche Vorbringen der Revisionen zutrifft. Dies gilt auch für Befangenheitsrügen, über deren Begründetheit nach Beschwerdegrundsätzen zu entscheiden ist. An einem solchen Tatsachenvortrag fehlt es teilweise:
Die Befangenheitsrüge hat die Ablehnung eines zuvor gestellten Beweisantrags der Angeklagten auf erneute Vernehmung eines Polizeibeamten durch die Strafkammer wegen „verspäteter” Antragstellung und nicht „erforderlicher” Aufklärungspflicht zum Gegenstand. Die Revisionsbegründungen nehmen zur Sachdarstellung insoweit auf die „unter 6. gerügte Ablehnung eines Beweisantrags wegen Verschleppungsabsicht” Bezug. Diese Beweisantragsrüge ist – wie der Generalbundesanwalt ausgeführt hat – nicht zulässig erhoben (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO), weil die Revisionsführer nicht den Inhalt der im Beweisantrag zum Beleg ihrer Argumentation angeführten polizeilichen Beschuldigtenvernehmung des Angeklagten H. vom 12. April 2011 mitteilt.
Auch für die Prüfung der Befangenheitsrüge kann die Erforderlichkeit der erneuten Vernehmung des Polizeibeamten von Belang sein, weil sich nur dadurch beurteilen lässt, ob und gegebenenfalls welche Höhe der den Angeklagten vorgeworfenen Erpressungssumme Gesprächs- bzw. Vernehmungsinhalt geworden sein könnte. Nur damit wird dem Revisionsgericht die Prüfung ermöglicht, ob die Ablehnungsgründe der Strafkammer rechtsfehlerhaft sind. Die Bezugnahme auf diese nicht formgerecht erhobene Beweisantragsrüge führt hier im Rahmen der Befangenheitsrüge auch zu deren Unzulässigkeit. Ohne entsprechenden Tatsachenvortrag lässt sich nicht beurteilen, ob die Strafkammer den Befangenheitsantrag zu Recht wegen Verschleppungsabsicht (§ 26a Abs. 1 Nr. 3 StPO) abgelehnt hat. Die Zurückweisung des Befangenheitsantrages stützt sie nämlich maßgeblich darauf, dass die Ablehnung der erneuten Zeugeneinvernahme des Polizeibeamten deshalb erfolgt sei, weil er zum Sachverhalt bereits umfangreiche Angaben gemacht hatte, worauf die Revisionsführer, die ausschließlich die Ablehnung des Beweisantrags wegen Verschleppungsabsicht zur Begründung des Befangenheitsgesuchs anführen, nicht eingehen.
Unterschriften
Raum, Brause, Schaal, König, Bellay
Fundstellen
Haufe-Index 2923265 |
StV 2012, 587 |