Leitsatz (amtlich)
›Auch bei grundsätzlicher Anerkennung des Auslandskonkurses im Inland (BGHZ 95, 256, 269) hat aus - im Verfahrensrecht im Vordergrund stehenden - Gründen der Rechtssicherheit die Eröffnung eines Konkursverfahrens im Ausland nicht die Unterbrechung eines im Inland gegen den Gemeinschuldner geführten Prozesses zur Folge.‹
Verfahrensgang
OLG Karlsruhe |
LG Freiburg i. Br. |
Gründe
I. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten gegen ein Urteil des Landgerichts Freiburg als unzulässig verworfen, weil die Beklagte diese nicht rechtzeitig begründet habe. Es hat hierzu ausgeführt, daß durch die Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der Beklagten an ihrem Sitz in Frankreich das Verfahren nach § 240 ZPO nicht unterbrochen worden sei, so daß die Frist zur Begründung der Berufung nicht gewahrt sei.
II. Die dagegen in zulässiger Weise, § 519 b Abs. 2, § 547 ZPO, eingelegte sofortige Beschwerde hat keinen Erfolg. Durch die Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der Beklagten in Frankreich ist das Verfahren nicht nach § 240 ZPO unterbrochen worden.
In der Rechtsprechung ist wiederholt entschieden worden, daß ein im Ausland eröffnetes Konkursverfahren einen im Inland anhängigen Prozeß für oder gegen den Gemeinschuldner nicht nach § 240 ZPO unterbricht. Dabei ist regelmäßig als Begründung ausgeführt worden, daß der Auslandskonkurs keine Inlandswirkung habe (so die BGH-Urteile vom 30.5.1962 - VIII ZR 39/61, NJW 1962, 1511; v. 23.9.1975 - KZR 11/74, GRUR 1976, 204; v. 28.4.1977 - II ZR 26/76, WM 1977, 785, 786; v. 20.6.1979 - VIII ZR 228/76, NJW 1979, 2477, 2478; Bundesfinanzhof, BFHE 123, 406).
Nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs BGHZ 95, 256, 269 kann das in dieser Allgemeinheit nicht mehr gesagt werden; denn - wie im einzelnen in dieser Entscheidung ausgeführt worden ist - erfaßt der Auslandskonkurs auch das Inlandsvermögen. Doch ist bereits in dieser Entscheidung hinsichtlich der Auswirkungen des Auslandskonkurses im Inland differenziert worden (vgl. aaO S. 269, 27O, 273). Die Reichweite der Auswirkungen des Auslandskonkurses im Inland läßt sich nicht einheitlich für alle mit einem Konkursverfahren zusammenhängenden Rechtsfolgen bestimmen (vgl. auch Lüke, KTS 1986, 1, 10 ff, 12).
Das gilt insbesondere für die - hier in Rede stehende - verfahrensrechtliche Frage der Unterbrechung eines gegen einen ausländischen Gemeinschuldner im Inland geführten Prozesses. Die für eine Einbeziehung des Gesamtvermögens also des Inlands- und Auslandsvermögens, sprechenden Gründe der gleichmäßigen Befriedigung aller Gläubiger können für die Beurteilung der verfahrensrechtlichen Frage der Unterbrechung eines (Passiv-)Prozesses nicht ohne weiteres herangezogen werden. Hier stehen Gründe der Rechtssicherheit im Vordergrund. Die Unterbrechung mit ihren weitreichenden Folgen für den weiteren Verlauf des anhängigen Verfahrens (vgl. § 249 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO) tritt automatisch ein. Die Parteien und das Gericht müssen daher frühzeitig und zuverlässig Kenntnis von der Konkurseröffnung erhalten, um diese bei der Fortführung des Verfahrens berücksichtigen zu können. Das ist bei einem Auslandskonkurs schon im Blick auf die verschiedenen Möglichkeiten der Ausgestaltung des Konkursverfahrens nicht gewährleistet.
Eine Unterbrechung ist im Streitfall auch nicht deshalb eingetreten, weil der Status der Beklagten als juristischer Person nach ihrem Heimatrecht erloschen wäre (vgl. dazu Kuhn, MDR 1960, 579). Die Eröffnung des Konkursverfahrens in Frankreich hat das nicht zur Folge (vgl. dazu Gröniger, Das französische Insolvenzsystem nach der Reform von 1967 im Vergleich zum deutschen Recht, 1984, S. 24 ff; Arnold, ZIP 1982, 793, 800; Balz, ZIP 1983, 1153).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Fundstellen
Haufe-Index 2992947 |
NJW 1988, 3096 |
BGHR ZPO § 240 Auslandskonkurs 1 |
DRsp IV(412)201d |
WM 1988, 1458 |
ZIP 1988, 1200 |
JZ 1988, 1138 |
JuS 1989, 577 |
MDR 1989, 41 |
VersR 1988, 1161 |
IPRspr. 1988, 229 |