Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten wird der Beschluß des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Rostock vom 7. Dezember 2000 aufgehoben.
Dem Beklagten wird wegen der Versäumung der Berufungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.
Beschwerdewert: 20.167,06 DM.
Gründe
1. Der Beklagte hat am 12. September 2000 gegen das am 24. Juli 2000 zugestellte Urteil des Landgerichts Sch. beim Oberlandesgericht R. Berufung eingelegt. Er hat Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mit der Begründung beantragt, sein Prozeßbevollmächtigter habe die unterzeichnete Berufungsschrift am 18. August 2000 der zuverlässigen Rechtsanwaltsangestellten D. übergeben. Diese habe den Schriftsatz postfertig gemacht, jedoch versehentlich nicht in den Postausgang, sondern in die Akte gelegt. Danach habe sie die Berufungsfrist im Fristenkalender gelöscht und auf den 12. September 2000 eine Vorfrist für die Berufungsbegründung eingetragen. An diesem Tag sei der nicht abgesandte Brief entdeckt worden. Die Ausgangskontrolle sei derart organisiert, daß die im Kalender vermerkten Fristen erst dann gelöscht würden, wenn der Schriftsatz gefertigt und abgesandt worden sei.
2. Das Berufungsgericht hat die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand versagt und die Berufung als unzulässig verworfen. Die Beförderung der ausgehenden fristwahrenden Post müsse organisatorisch so weit vorbereitet sein, daß sie durch Versehen, welche die eigentliche Beförderung nicht beträfen, nicht mehr verhindert werden könnten. Der Prozeßbevollmächtigte müsse durch Anordnungen gewährleisten, daß die Erledigung der fristgebundenen Sachen am Abend eines jeden Arbeitstages anhand des Fristenkalenders durch Kontrolle der hinausgehenden Schriftstücke von einer dazu beauftragten Bürokraft überprüft würden. Dazu habe der Beklagte nichts vorgetragen.
3. Das hält der Überprüfung nicht stand. Dem Beklagten ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gehört es zu den Aufgaben des Prozeßbevollmächtigten dafür zu sorgen, daß ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig hergestellt wird und innerhalb der Frist bei dem zuständigen Gericht eingeht. Zu diesem Zweck muß er eine zuverlässige Fristenkontrolle organisieren und insbesondere einen Fristenkalender führen. Die Fristenkontrolle muß gewährleisten, daß der fristwahrende Schriftsatz rechtzeitig hergestellt und postfertig gemacht wird. Ist dies geschehen und ist die weitere Beförderung der ausgehenden Post organisatorisch zuverlässig vorbereitet, so darf die fristwahrende Maßnahme im Kalender als erledigt gekennzeichnet werden (BGH, Beschluß vom 13. Oktober 1995 – XII ZB 48/93 = NJW-RR 1994, 565, 566; Beschluß vom 27. November 1996 – XII ZB 177/96 = NJW 1997, 1312, 1313; Beschluß vom 9. September 1997 – IX ZB 80/97 = NJW 1997, 3446, 3447; Beschluß vom 15. Juli 1998 – IV ZB 8/98 = NJW-RR 1998, 1443, 1444). Das ist im allgemeinen anzunehmen, wenn der fristwahrende Schriftsatz in ein Postausgangsfach des Rechtsanwalts eingelegt wird und die abgehende Post von dort unmittelbar zum Briefkasten gebracht wird, das Postausgangsfach also „letzte Station” auf dem Weg zum Adressaten ist (BGH, Urteil vom 11. Januar 2001 – III ZR 148/00).
b) Auf dieser Grundlage hat der Beklagte glaubhaft gemacht, daß ihn oder seinen Prozeßbevollmächtigten kein Verschulden an der Versäumung der Berufungsfrist trifft. Nach seiner Darstellung sind die Anforderungen an eine sorgfältige Ausgangskontrolle erfüllt. Er hat in der Beschwerdeschrift zulässig erläutert, daß die Post von der Bürokraft versandfertig gemacht und sodann in das Postausgangsfach gelegt wird. Diesem wird sie kurz vor der Briefkastenentleerung bzw. vor Büroschluß entnommen und zum nahe gelegenen Briefkasten gebracht. Die Kontrolle der Berufungsfrist war organisatorisch dadurch gewährleistet, daß sie im Fristenkalender erst gestrichen werden durfte, wenn die Post in das Postausgangsfach gelegt worden war. Dieser Sachverhalt ist durch die eidesstattliche Versicherung der Büroangestellten D. glaubhaft gemacht. Eine zusätzliche Überwachung der abgehenden Post, wie sie vom Berufungsgericht als zusätzliche Ausgangskontrolle zum Büroschluß gefordert wird, war nicht erforderlich (vgl. BGH, Beschluß vom 27. November 1996 aaO; Urteil vom 11. Januar 2001 – III ZR 148/00). Der vom Berufungsgericht zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs (Beschluß vom 26. Februar 1996 – II ZB 7/95 = NJW 1996, 1540) liegt ein anderer Sachverhalt zugrunde.
Die Streichung der Frist beruhte nicht auf einem Organisationsfehler im Büro des Prozeßbevollmächtigten des Beklagten, sondern auf dem Versehen der ansonsten zuverlässigen und regelmäßig überwachten Bürokraft. Deren Verschulden muß sich der Beklagte nicht zurechnen lassen.
Unterschriften
Ullmann, Hausmann, Kuffer, Kniffka, Wendt
Fundstellen