Entscheidungsstichwort (Thema)
Wert der Beschwer. Räumung und Herausgabe einer Wohnung. Nettokaltmiete
Leitsatz (redaktionell)
Zum Wert der Beschwer für die Einlegung der Berufung bei einer Klage auf Räumung und Herausgabe einer Wohnung.
Normenkette
ZPO §§ 8-9; EGZPO § 26 Nr. 8
Verfahrensgang
LG Berlin (Entscheidung vom 12.01.2006; Aktenzeichen 62 S 146/05) |
AG Berlin-Lichtenberg (Entscheidung vom 16.03.2005; Aktenzeichen 11 C 391/04) |
Gründe
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der Wert der von den Beklagten mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20.000 EUR nicht übersteigt (§ 26 Nr. 8 EGZPO).
Ist wie bei der vorliegenden Klage auf Räumung und Herausgabe der Wohnung die Dauer des Mietverhältnisses streitig, richtet sich der Wert der Beschwer nach § 8 ZPO. Zur Bestimmung der "streitigen Zeit" ist dabei auf den Zeitpunkt abzustellen, zu dem das Mietverhältnis jedenfalls geendet hätte. Lässt sich ein solcher Zeitpunkt - wie hier - nicht sicher feststellen, bemisst sich die Beschwer in entsprechender Anwendung von § 9 ZPO nach dem dreieinhalbfachen Wert der Jahresmiete (Senatsbeschluss vom 13. März 2007 - VIII ZR 189/06, NZM 2007, 355 = WuM 2007, 283 m.w.N.). Ausgehend von einer monatlichen Nettokaltmiete von 422,33 EUR zuzüglich 40 EUR für die Gartennutzung errechnet sich danach im Streitfall eine Rechtsmittelbeschwer von (462,33 EUR x 42 =) 19.417,86 EUR.
1. Soweit die Beklagten demgegenüber einen Wert der Beschwer von (564,59 EUR x 42 =) 23.712,78 EUR errechnen, indem sie die monatliche Betriebskostenvorauszahlung von 102,26 EUR als nicht gesondert abzurechnende Pauschale ansehen, ist dies unzutreffend. Gemäß § 3 Ziff. 1 des Mietvertrags ist ein "Betriebskostenvorschuss zzt." von 102,26 EUR vereinbart. Auch in der Anlage zum Mietvertrag (Anlage Seite 2 Mitte) wird auf die gegenwärtige Miete von 422,33 EUR zuzüglich "jeweiliger Betriebskostenvorschüsse" abgestellt. Nach dem eindeutigen Wortlaut ist daher davon auszugehen, dass es sich hinsichtlich der Zahlung auf die Betriebskosten um einen abzurechnenden Vorschuss und nicht um einen Pauschalbetrag handelt. Die monatliche für den Wert der Beschwer zugrunde zu legende Miete berechnet sich damit ohne die auf die Betriebskosten anfallenden Vorauszahlungen. Diesem Ergebnis steht nicht entgegen, dass in § 3 Ziff. 2 Satz 1 des Mietvertrags die Variante "in der Miete sind die nachfolgenden Betriebskosten gemäß § 27 der Zweiten Berechnungsverordnung ... enthalten" angekreuzt ist. Denn der nachfolgende Satz, wonach die Betriebskosten als Vorschuss vom Mieter zu zahlen sind und jährlich abgerechnet werden, ist nicht gestrichen.
2. Auch soweit die Beklagten meinen, zusätzlich zu der Miete sei der Wert der Aufwendungen von über 17.000 EUR zu berücksichtigen, die die Beklagten auf die Mietsache getätigt haben wollen, trifft dies nicht zu. Die Beklagten haben in den Vorinstanzen keine Gegenansprüche geltend gemacht. Außerdem haben die Mietvertragsparteien ein Quotenmodell vereinbart, wonach der Vermieter bei Beendigung des Mietverhältnisses vor Ablauf von fünf Jahren für jedes nicht abgewohnte Jahre 20 % der Renovierungskosten in Höhe von insgesamt 4.000 EUR erstattet. Zwar ist weiterhin vereinbart, dass die Miete in den ersten fünf Jahren nicht erhöht werden darf. Hieraus ergibt sich jedoch nicht, dass den Beklagten im Gegenzug für die von ihnen getätigten Aufwendungen auf die Mietsache eine besonders günstige Miete eingeräumt worden wäre. Die Aufwendungen der Beklagten für die Renovierungs- und Umbaumaßnahmen stellen daher keine Gegenleistung für die Gebrauchsüberlassung der Wohnung dar. Sie erhöhen nicht den Wert der Beschwer.
3. Auch im Übrigen ergibt sich kein die Wertgrenze von 20.000 EUR übersteigender Wert der Beschwer. Insoweit meinen die Beklagten, ihnen entgingen bei Wirksamkeit der Kündigung des Mietverhältnisses wirtschaftliche Vorteile im Wert von über 20.000 EUR aus der ihnen eingeräumten, vermeintlich "günstigen" Miete. Dies trifft jedoch ebenfalls nicht zu, auch nicht unter Berücksichtigung dessen, dass die Miete nur alle drei Jahre um jeweils 20 % erhöht werden kann und so über Jahre hinweg nicht das behauptete Niveau der für vergleichbare Wohnungen zu zahlenden Miete erreicht. Zwar war die Höhe der Miete für fünf Jahre garantiert, jedoch war eine Eigenbedarfskündigung nur für die gegenwärtigen Vermieter und nicht für künftige Erwerber ausgeschlossen. Die Möglichkeit einer Eigenbedarfskündigung durch den Erwerber wird von der Nichtzulassungsbeschwerde auch nicht angegriffen. Schließlich haben sich die Beklagten den Ausschluss der Mieterhöhung für fünf Jahre auch nicht durch ihre Aufwendungen auf die Wohnung "erkauft", sondern insoweit galt für einen Betrag von 4.000 EUR das zuvor bereits erwähnte Quotenmodell von 20 % für jedes nicht abgewohnte Jahr. Soweit die Beklagten mehr als diese 4.000 EUR zur Renovierung der Wohnung aufgewendet hätten, wäre dies entsprechend der Parteivereinbarung nicht ausgleichspflichtig und führt nicht zu einer Erhöhung der Beschwer über die zugrunde liegende Miete hinaus.
Fundstellen
AGS 2008, 401 |
NJW-Spezial 2008, 540 |
Rafa-Z 2008, 9 |