Entscheidungsstichwort (Thema)
Abfindung ehemaliger LPG-Mitglieder
Leitsatz (amtlich)
a) Ein nichtiger Umwandlungsbeschluß kann nicht in den Beschluß über eine die Anwendung des § 419 BGB eröffnende „auflösende Übertragung” des LPG-Vermögens umgedeutet werden.
b) Kommt der Eintragung eines neuen Unternehmens materiellrechtlich keine Umwandlungswirkung zu, befindet sich die LPG seit 1. Januar 1992 – unerkannt – in Liquidation.
c) Die Bestimmung in einem Umwandlungsbeschluß, daß Mitglied des Nachfolgeunternehmens nur werde, wer die Satzung unterschrieben habe, ist zwar nichtig, berührt aber nach der Registereintragung nicht die Wirksamkeit der Umwandlung.
d) Enthält der Umwandlungsbeschluß Bestimmungen, die den Ausschluß von Mitgliedern bezwecken, entfaltet die Registereintragung keine Umwandlungswirkung.
e) Der für das abfindungsrelevante Eigenkapital maßgebliche „wahre Wert” des Unternehmens wird bestimmt durch den Verkehrswert aller Vermögensgegenstände.
f) Der Verkehrswert ist im allgemeinen am ehesten im Wege der Zerlegungstaxe zu ermitteln, sofern sich im Wege der Gesamttaxe kein höherer Wert ergibt.
g) Für die Bewertung kommen in der Regel nicht nur das Vergleichswert- und Ertragswertverfahren, sondern auch das Sachwertverfahren in Betracht, nicht dagegen das fiktive Liquidationsverfahren.
h) Die Auswahl der Bewertungsmethode ist Aufgabe des Tatrichters. Seine Entscheidung kann im Rechtsbeschwerdeverfahren nur darauf überprüft werden, ob sie die rechtlichen Vorgaben und sämtliche bewertungsrelevanten Umstände berücksichtigt, gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt oder sonst auf rechtsfehlerhaften Erwägungen beruht.
i) Ist die maßgebliche Bilanz vorschriftsmäßig erstellt, ist das ausgewiesene Kapital in der Regel das Mindesteigenkapital.
j) Den Anschein, daß das Fondsvermögen der LPG Typ I nicht durch konkrete staatliche Maßnahmen gefördert worden ist, kann die LPG erschüttern.
Normenkette
LwAnpG § 34 Abs. 1 F: 3. Juli 1991, § 44 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 6 F: 3. Juli 1991
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin wird unter deren Zurückweisung im übrigen der Beschluß des Landwirtschaftssenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 30. April 1997 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Antragsgegnerin verpflichtet worden ist, an die Antragsteller mehr als 15.259,62 DM nebst 3 % Zinsen seit 25. Februar 1993 zu zahlen.
Im übrigen wird der Antrag unter Zurückweisung der weitergehenden sofortigen Beschwerde der Antragsteller abgewiesen.
Die Gerichtskosten des Verfahrens haben die Antragsgegnerin in I. Instanz zu 7,72 %, in II. Instanz zu 8,24 %, im Rechtsbeschwerdeverfahren zu 23,09 % und im übrigen die Antragsteller zu tragen. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt 66.080,68 DM.
Gründe
I.
Die Antragsteller waren Mitglieder der LPG Typ I „Br.” B., in die sie ihren, landwirtschaftlichen Betrieb mit einer Nutzfläche von 22,30 ha eingebracht haben. Während die Nutzflächen ab 1. Januar 1975 der KAP V. G. und der hieraus hervorgegangenen LPG (P) G. zur Bewirtschaftung überlassen wurden, ging der Betrieb im übrigen später in den Typ III-Teil der LPG „Br.” über. Der aus diesem Anlaß fällige Pflichtinventarbeitrag von 16.725 Mark/DDR und Fondsausgleich von 18.955 Mark/DDR wurde gemäß Nachtrag vom 31. Oktober 1985 zum Übergabeprotokoll vom 1. Januar 1978 an die LPG „Br.” entrichtet. Diese schloß sich zum 1. Mai 1985 mit der LPG (T) B.-O., der Rechtsvorgängerin der Beklagten, zusammen. Laut Übergabebilanz belief sich das übernommene Fondsvermögen auf 1.056.406,24 Mark/DDR abzüglich eines an das Finanzamt abgeführten Umbewertungsanteils von 57.475,11 Mark/DDR. Es setzte sich u.a. aus Inventarbeiträgen in Höhe von 202.575 Mark/DDR zusammen.
Am 18. Dezember 1990 beschloß die Mitgliederversammlung der LPG (T) B.-O., mehrheitlich ihre Umwandlung in die Antragsgegnerin. In dem Beschluß heißt es u.a.: „Jedes Mitglied der LPG wird Mitglied der eingetragenen Genossenschaft, sofern es dazu seine Bereitschaft mit Unterschriftsleistung unter der Satzung erklärt”. Die Antragsgegnerin wurde am 15. Januar 1992 in das Genossenschaftsregister eingetragen.
Mit Schreiben vom 1. Dezember 1990 kündigten die Antragsteller ihre Mitgliedschaft zum 1. Mai 1991. Sie erhielten von der Antragsgegnerin als Abfindung Sach- und Geldleistungen in Höhe von insgesamt 74.706 DM. Ihre Bilanz zum 31. Dezember 1991 weist ein Eigenkapital von 1.508.627,99 DM aus. Ein von ihr eingeholtes Privatgutachten des Sachverständigen Prof. H. beziffert das Eigenkapital auf 4,46 Millionen DM. Die Antragsteller gehen von einem Eigenkapital von über 10 Millionen DM aus und haben eine weitere Abfindung geltend gemacht.
Das Landwirtschaftsgericht hat den auf Zahlung von 197.662 DM gerichteten Antrag unter Zugrundelegung eines Eigenkapitals von 10,37 Millionen DM abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat dem in Höhe von 185.179 DM weiterverfolgten Antrag ausgehend von einem nach Einholung eines Sachverständigengutachtens angenommenen Eigenkapital von 8,644 Millionen DM in Höhe von 66.080,68 DM nebst Zinsen entsprochen. Hiergegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin.
II.
Die Rechtsbeschwerde hat teilweise Erfolg.
1. Die Antragsgegnerin ist passivlegitimiert. Allerdings hat das Beschwerdegericht offengelassen, ob die Umwandlung der LPG (T) B.-O. in die Antragsgegnerin rechtswirksam war, weil diese jedenfalls gemäß § 419 BGB für die geltend gemachten Ansprüche einzustehen habe. Diese Überlegung ist nicht frei von Rechtsirrtum.
a) Für das Gesellschaftsrecht hat der Bundesgerichtshof entschieden, daß eine nichtige Verschmelzung sich nicht in eine Vermögensübertragung nach § 419 BGB umdeuten lasse, weil den Beteiligten nicht der Wille unterstellt werden könne, sich im Falle eines Scheiterns der Verschmelzung mit einer bloßen Vermögensübernahme zu begnügen (BGH, Urt. v. 18. Dezember 1995, II ZR 294/93, NJW 1996, 659, 660). Entsprechendes muß für eine gescheiterte Umwandlung nach dem LwAnpG gelten, zumal ihr noch nicht einmal ein Vertrag zugrunde liegt, der einer ergänzenden Auslegung zugänglich wäre. Eine Umdeutung des – nichtigen – Umwandlungsbeschlusses in eine die Anwendung des § 419 BGB eröffnende „übertragende Auflösung”, wie sie in der Literatur von Hommelhoff/Schubel (ZIP 1998, 537, 547) vertreten wird, kommt ebenfalls nicht in Betracht, weil eine derartige Einzelrechtsnachfolge nach dem LwAnpG nicht zulässig ist, wie der Senat mit Beschluß vom heutigen Tag (BLw 39/97) entschieden hat. Die Passivlegitimation der Antragsgegnerin hängt deshalb davon ab, ob ihre Eintragung in das Register die Wirkung der Umwandlung hat eintreten lassen.
b) Nach der inzwischen gefestigten Rechtsprechung des Senats (Beschluß vom 3. Mai 1996, BLw 54/95, AgrarR 1996, 291 = WM 1996, 1221 = EWiR 1996, 711 [Lohlein]; Urteil vom 7. November 1997, LwZR 1/97, NJW 1998, 229 = WM 1997, 2359 = ZIP 1997, 2134 m. Bespr. K. Schmidt ZIP 1998, 181 und Lohlein EWiR 1998, 135) läßt die Eintragung der neuen Rechtsform in das Register die Umwandlungswirkung dann eintreten, wenn ein Umwandlungsbeschluß vorliegt, der auf den Übergang des LPG-Vermögens im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf ein Unternehmen in gesetzlich zugelassener Rechtsform abzielt und allen Mitgliedern die Beteiligung an dem Nachfolgeunternehmen ermöglicht. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, hat die Eintragung der neuen Rechtsform unabhängig von der Art und Schwere etwaiger Mängel des Umwandlungsaktes die – konstitutive – Wirkung, daß die LPG in der neuen Rechtsform weiterbesteht. Liegen sie nicht vor, ist die Umwandlung gescheitert. Die Eintragung des Nachfolgeunternehmens entfaltet nicht die ihr sonst zukommende Transportfunktion. Die Umwandlung erweist sich in Wahrheit als eine steckengebliebene Sachgründung. Die LPG befindet sich kraft Gesetzes in – unerkannter – Liquidation (Wenzel, Der Bestandsschutz fehlerhaft umgewandelter LPG-Unternehmen, AgrarR 1998, 139, 142). Hieran wird trotz der Kritik von K. Schmidt (ZIP 1998, 181 ff) festgehalten. Das Ergebnis folgt schon im Wege „klassischer” Auslegung unmittelbar aus der Systematik des § 37 LwAnpG 1990 bzw. § 34 LwAnpG 1991 (Hagen, „Heilung” durch Eintragung – zur Folgenbegrenzung bei fehlerhaften gesellschaftsrechtlichen Umwandlungsakten, Festschrift 200 Jahre Rheinisches Notariat im Jahre 1998, S. 257, 264) und aus dem „zwingenden Charakter der Umwandlungsvorschriften” (K. Schmidt aaO S. 185). Daß die Umwandlungswirkung von dem Bestehen eines Umwandlungsbeschlusses und der Wahl einer zulässigen Rechtsform abhängt, entspricht zudem anerkannten Grundsätzen des Gesellschaftsrechts; daß darüber hinaus die Kontinuität der Mitgliedschaft sichergestellt sein muß, trägt auch den Besonderheiten Rechnung, die sich aus der Umgestaltung des Zwangsverbandes LPG ergeben (Wenzel aaO S. 140 f). Die fehlende Umwandlungswirkung wird durch den Ablauf der Frist des § 242 Abs. 2 AktG nicht „geheilt”, weil die § 37 Abs. 2 LwAnpG 1990 bzw. § 34 Abs. 3 LwAnpG 1991 als Spezialregelung vorgehen (vgl. Hüffer, AktG, 3. Aufl. § 242 Rdn. 1; K. Schmidt in GroßKomm AktG § 242 Rdn. 1) und weil der Nichteintritt der Umwandlungswirkung nicht auf der Nichtigkeit des Umwandlungsbeschlusses, sondern auf seinem Inhalt beruht.
c) Vorliegend ist für das Rechtsbeschwerdeverfahren davon auszugehen, daß die Voraussetzungen für den Eintritt der Umwandlungswirkung vorliegen, weil die Rechtsbeschwerdeführerin ihre Passivlegitimation nicht in Zweifel zieht und die getroffenen Feststellungen Bedenken nicht aufkommen lassen. Es liegt ein Umwandlungsbeschluß vor, der für das Unternehmen eine zulässige Rechtsform vorsieht und allen Mitgliedern die Beteiligung am Nachfolgeunternehmen ermöglicht. Die in dem Umwandlungsbeschluß enthaltene Beschränkung der Mitgliedschaft auf solche Mitglieder, welche die Satzung unterzeichnet haben, steht im Ergebnis nicht entgegen. Die Klausel verstößt gegen das in § 37 Abs. 1 Nr. 2 LwAnpG zum Ausdruck kommende allgemeine Prinzip des Umwandlungsrechts, daß die Mitgliedschaft durch den Formwechsel des Unternehmens nicht untergeht. Hieran hat der in der Bestimmung enthaltene Hinweis auf § 15 a GenG nichts geändert (Wenzel aaO S. 141). Wenn sich aber die Mitgliedschaft von Gesetzes wegen automatisch fortsetzt, ist in Abweichung von der für die Neugründung einer Genossenschaft geltenden Regelung (vgl. Lang/Weidmüller/Metz/Schaffland, GenG, 33. Aufl., § 11 Rdn. 8, 11) auch derjenige weiter Mitglied des in eine Genossenschaft gewandelten Unternehmens, der weder die Satzung unterzeichnet noch förmlich seinen Beitritt erklärt hat. Bestimmt ein (nur) mehrheitlich gefaßter Umwandlungsbeschluß etwas anderes, ist er nichtig. Die Nichtigkeit beschränkt sich im vorliegenden Fall jedoch auf die entsprechende Regelung unter 1 b des Beschlusses, weil anzunehmen ist, daß die LPG den Umwandlungsbeschluß in Kenntnis der Teilnichtigkeit ohne die Bestimmung gefaßt hätte (§ 139 BGB). Denn die Bestimmung soll zwar den Ausschluß desjenigen zur Folge haben, der die Satzung nicht unterschreibt, will aber die Möglichkeit hierzu niemandem verschließen. Nur wenn die Regelung nach ihrem Sinn und Zweck darauf hinausliefe, einer Minderheit die Fortsetzung der Mitgliedschaft in dem formgewandelten Unternehmen von vornherein tatsächlich oder rechtlich zu verweigern, erfaßte die Teilnichtigkeit den ganzen Beschluß, weil nicht angenommen werden könnte, daß die beschließende Mehrheit die Umwandlung auch ohne den von ihr gewollten Ausschluß einer Minderheit beschlossen hätte. Darüber hinaus könnte eine gleichwohl erfolgte Registereintragung nicht die ihr zugedachte Umwandlungswirkung entfalten. Die – gegenteilige – Ansicht von K. Schmidt (ZIP 1998, 181, 186) widerspricht § 37 Abs. 1 Nr. 2 LwAnpG 1990 bzw. § 34 Abs. 1 Nr. 2 LwAnpG 1991. Wenn nämlich die Mitglieder der LPG an dem formgewandelten Unternehmen „nach Maßgabe des Umwandlungsbeschlusses” beteiligt sind, setzt dies voraus, daß der Beschluß diese Beteiligung auch zuläßt und nicht verwehrt. Darüber hinaus wäre es nicht gerechtfertigt, den Schutz der Minderheit vor dem Gestaltungsmißbrauch der Mehrheit in eine Last der Minderheit umschlagen zu lassen, die Beteiligung an dem neuen Unternehmen ständig gegen den erklärten Willen der Mehrheit einzufordern, und das gesetzwidrige Verhalten der Mehrheit mit dem Eingreifenlassen der Umwandlungswirkung zu „belohnen” (Wenzel aaO S. 141).
2. Zutreffend hat das Beschwerdegericht weiterhin für Recht erkannt, daß die Antragsteller neben der Erstattung ihrer Inventar- und Fondsausgleichsbeträge auch die Rückzahlung des auf sie entfallenden anteiligen Fondsvermögens der LPG „Br.” B. beanspruchen können. Die Berechnung dieses Anteils ist jedoch nicht frei von Rechtsfehlern. Das Beschwerdegericht hat nicht bedacht, daß der geleistete Pflichtinventarbeitrag und der Fondsausgleich noch in den von der Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin übernommenen Fonds der LPG „Br.” eingeflossen sind und deswegen bei der Berechnung des den Antragstellern zustehenden Anteils nicht noch einmal in Ansatz kommen dürfen.
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (BGHZ 120, 349, 351; 123, 23, 24 f) steht dem Inventarbeitrag der beim Anschluß der LPG Typ I an die LPG Typ III von dieser übernommene Anteil des Mitglieds am Fondsvermögen der LPG Typ I gleich. Den Grund hierfür hat der Senat im wesentlichen darin gesehen, daß der Fonds der LPG Typ I anders als der Fonds der LPG Typ III weder durch staatliche Mittel in nennenswertem Umfang noch durch Inventar von Betrieben gespeist wurde, die der Rat des Kreises den LPGen zur Bewirtschaftung zugeführt hat. Demgegenüber hatte die LPG Typ III nur 9,6 % der für erforderlich gehaltenen Investitionskosten aus Eigenmitteln zu erbringen; mehr als 50 % wurden über staatlich geförderte Kredite und knapp 40 % als staatliche Investitionen bzw. Beteiligungen finanziert (Krebs in: „Landwirtschaft im Wandel”, Schriftenreihe der Forschungsgesellschaft für Agrarpolitik und Agrarsoziologie e.V., Bonn 1988, S. 73). Der Senat hat es deshalb als ein Gebot der Gerechtigkeit angesehen, das von der LPG Typ III übernommene Vermögen einer LPG Typ I im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung nach dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz anders zu behandeln als das Fondsvermögen der LPG Typ III. Auch die hieran in neuerer Zeit wiederholte Kritik (vgl. Böhme, NL-BzAR 1997, 306 ff; Felgentreff, NL-BzAR 1997, 338, 344; ders. NJ 1998, 120, 122) weist keine entgegenstehenden Rechtstatsachen auf, die ein Abgehen von der inzwischen gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung rechtfertigen könnten (vgl. BGHZ 85, 64, 66).
b) Noch nicht entschieden hat der Senat bisher allerdings die Frage, ob die von ihm entwickelten Grundsätze auch auf die Übernahme des Vermögens einer LPG Typ I mit einem Typ III-Teil Anwendung finden, also auf eine LPG Typ I, die in Vorbereitung des allmählichen systematischen Übergangs zur LPG Typ III entsprechend dem Musterstatut Typ I 1959 Nr. 11 Abs. 2 bereits mit dem Aufbau einer genossenschaftlichen Viehwirtschaft begonnen hatte. Die ihm bisher unterbreiteten Sachverhalte haben hierzu keinen Anlaß gegeben. Das Beschwerdegericht hat die Frage im Grundsatz zu Recht bejaht, weil es für die Behandlung des Fondsvermögens als Privatvermögen der Genossenschaftsbauern allein darauf ankommt, ob die LPG Typ I im Zeitpunkt des Anschlusses oder Zusammenschlusses mit einer LPG Typ III den Schritt des Übergangs zur Wirtschaftsform einer LPG Typ III selbst noch nicht vollendet hatte. Dies war hier der Fall. Dann spricht aber zunächst der Anschein dafür, daß das übernommene Vermögen der LPG Typ I nach wie vor ganz überwiegend oder im wesentlichen auf den Einsatz privaten Vermögens zurückgeht und staatliche Zuschüsse in nennenswertem Umfang nicht gezahlt worden sind. Diesen Anschein kann die LPG jedoch erschüttern. An der gegenteiligen Auffassung in dem Beschluß vom 1. Juli 1994 (BLw 46/94, AgrarR 1994, 367 = WM 1994, 1772) hält der Senat nicht fest.
c) Die Antragsgegnerin hat den Anschein erschüttert. Sie hat – unbestritten – geltend gemacht, die LPG Typ I habe in den 19 Jahren vor ihrer Übernahme staatliche Zuschüsse in Höhe von mindestens 114.837,67 Mark/DDR erhalten. Dies entspricht zwar nur 1/10 des 1985 ausweislich der Übergabebilanz vorhandenen Fondsvermögens, kann aber gleichwohl nicht unberücksichtigt bleiben. Der geringe Umfang rechtfertigt allerdings nicht, dem Fondsvermögen insgesamt die Anerkennung als eine dem Inventarbeitrag gleichstehende Leistung zu versagen, wohl aber einen entsprechenden Abschlag. Auch wenn sich nicht konkret feststellen läßt, in welchem Umfang die staatlichen Zuschüsse die Vermögensbildung beeinflußt haben, so ist mangels entgegenstehender Tatsachen davon auszugehen, daß sich diese Mittel auf das übernommene Vermögen wertsteigernd ausgewirkt haben und damit nicht als Sach- oder Geldleistungen aus dem Privatvermögen der Genossenschaftsbauern behandelt werden können. Folglich verringert sich das verteilungsfähige Fondsvermögen entsprechend.
3. Die Gleichstellung des so reduzierten Vermögens mit den Inventarbeiträgen darf allerdings nicht dazu führen, daß den Antragstellern ihre Inventarbeiträge und Fondsausgleichsleistungen in doppelter Weise gutgebracht werden.
Die von den Antragstellern aus Anlaß der Übernahme ihres Betriebs in den Typ III-Teil der LPG „Br.” B. erbrachten Leistungen wurden Bestandteil des von der Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin übernommenen Fonds I-Vermögens. Sie können daher bei der Zuordnung dieses Vermögens nicht noch einmal anteilig zugunsten der Antragsteller angesetzt werden. Sie sind entweder vom Fondsvermögen abzuziehen oder – was rechnerisch zu demselben Ergebnis führt – außerhalb des in vollem Umfang zugrunde gelegten Fondsvermögens mit Null anzusetzen. In jedem Fall berechnet sich der den Antragstellern zustehende Anspruch wie folgt:
Fondsvermögen 998.931,13 – 114.837,67 |
= |
884.093,46 M |
./. |
Inventarbeiträge |
(270,10 LN × 750 M) |
|
202.575,00 M |
./. |
Fondsausgleich |
(270,10 LN × 850 M) |
|
229.585,00 M |
|
|
„Netto”-Fonds |
= |
451.933,46 M |
|
|
je ha LN |
= |
1.673,21 M |
Anteil der Antragsteller (× 22, 30) |
= |
37.312,54 M |
+ |
Inventarbeiträge |
|
|
16.725,00 M |
+ |
Fondsausgleich |
|
|
18.955,00 M |
|
|
|
|
72.992,54 M |
III.
Zu Recht hat das Beschwerdegericht den Antragstellern weiterhin einen Anspruch nach § 44 Abs. 1 Nr. 2 LwAnpG zuerkannt. Die Angriffe der Rechtsbeschwerde gegen die dabei zugrunde gelegte Bewertung des abfindungsrelevanten Eigenkapitals sind unbegründet.
1. Das für die Bemessung der Abfindung gemäß § 44 Abs. 1 LwAnpG, der Barabfindung gemäß § 36 Abs. 1 LwAnpG (BGHZ 131, 260) und die Berechnung einer baren Zuzahlung gemäß § 28 Abs. 2 LwAnpG (Senatsbeschl. v. 29. November 1996, BLw 13/96, AgrarR 1997, 48 = WM 1997, 890) maßgebende Eigenkapital ist gemäß § 44 Abs. 6 Satz 1 LwAnpG aufgrund der Bilanz zu ermitteln, die nach Beendigung der Mitgliedschaft als ordentliche Bilanz aufzustellen ist. Da die Antragsteller im Laufe des Jahres 1991 ausgeschieden sind und die Antragsgegnerin zum Ende des betreffenden Geschäftsjahres zum 31. Dezember 1991 eine Abschlußbilanz erstellt hat, ist diese maßgebend. Das in ihr ausgewiesene Kapital ist jedoch nicht das abfindungsrelevante Eigenkapital. Dies folgt schon aus dem Gesetzeswortlaut, wonach das Eigenkapital „auf Grund der Bilanz” zu ermitteln ist, aber auch aus dem Begriff „Eigenkapital”. Unter Eigenkapital werden im allgemeinen „die einer Unternehmung von ihrem Eigentümer bzw. ihren Anteilseignern üblicherweise langfristig zur Verfügung gestellten finanziellen Mittel” verstanden. Es dokumentiert den Anspruch der Eigentümer am Vermögen der Gesellschaft und dient zugleich als Haftungsbasis (Vahlens Großes Wirtschaftslexikon, 2. Aufl. unter „Eigenkapital”). Es ergibt sich rechnerisch aus der Differenz von Gesamtvermögen und Gesamtschulden. Diese Differenz ist nicht mit dem in der maßgeblichen Bilanz ausgewiesenen Kapital identisch, weil die Bilanz sehr wenig Informationen über einen wichtigen Bestandteil des Eigenkapitals enthält, nämlich die stillen Rücklagen. Da die Mitglieder der LPG nach dem Willen des Gesetzgebers aber – von den in § 44 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 6 genannten Ausnahmen abgesehen – an dem gesamten Vermögen der LPG beteiligt werden sollen und dieses Ziel nur erreicht wird, wenn seine Bewertung nicht zur Bildung stiller Reserven für die Verbleibenden führt (Grundmann, ZGR Sonderheft 14, S. 71, 100 f), hat der Senat weder den „betriebswirtschaftlich zu ermittelnden Ertragswert” des Unternehmens noch seinen „bilanzpolitisch gestaltbaren Buchwert” für maßgeblich erachtet, sondern den „tatsächlichen Wert”, der sich aus dem „Verkehrswert aller Vermögensgegenstände” (BGHZ 124, 199, 203; 131, 260, 265) abzüglich der Verbindlichkeiten ergibt. Hieran wird festgehalten.
2. Nach § 44 Abs. 6 LwAnpG 1991 ist der Verkehrswert des LPG-Vermögens auf der Grundlage der maßgeblichen Bilanz zu ermitteln. Da in der Bilanz sämtliche Vermögensgegenstände, Gebäude und Anlagen in Fortschreibung der DM-Eröffnungsbilanz (§ 6 Abs. 2 DMBilG) und unter Berücksichtigung nachträglicher Berichtigungen (§ 36 DMBilG) mit ihren aktuellen Verkehrswerten anzusetzen sind, ist das richtig ausgewiesene Kapital in der Regel das Mindesteigenkapital, zu dem noch etwaige stille Reserven hinzuzuzählen sind (vgl. Kuchs, AgrarR 1998, 52, 53; Strobel AgrarR 1997, 7, 9). Dies gilt unabhängig davon, ob die Bilanz in der vorgeschriebenen Form geprüft und festgestellt worden ist (a.A. Strobel, AgrarR 1997, 1, 2).
3. Ob die bilanzierten Werte tatsächlich den zum Bewertungsstichtag aktuellen Verkehrswert der Vermögensgegenstände widerspiegeln, muß ebenso wie die Frage, ob stille Reserven vorhanden sind, im Streitfall unter Heranziehung eines landwirtschaftlichen Sachverständigen und/oder eines Wirtschaftsprüfers geklärt werden. Dabei geht es nicht darum, ob die – bereits geprüfte und festgestellte – Bilanz nachträglich zu berichtigen ist, sondern ob die darin enthaltenen Wertansätze für die Feststellung des Eigenkapitals übernommen werden können (Lohlein, ZGR Sonderheft 14 (1998), S. 147, 155).
4. Die Methode zur Ermittlung des Verkehrswerts des LPG-Vermögens ist vom Gesetz nicht vorgegeben. Ihre Auswahl liegt nicht, wie die Rechtsbeschwerde irrtümlich meint, im – gerichtlich nur beschränkt nachprüfbaren – Ermessen der LPG bzw. des Nachfolgeunternehmens, sondern ist im Streitfall – wie auch sonst, wenn das Gesetz ein bestimmtes Verfahren nicht vorschreibt (BGH, Urt. vom 23. Oktober 1985, IVb ZR 62/84, FamRZ 1986, 37, 39 m.w.N.; BGHZ 116, 359, 371; Henze, Handbuch zum GmbH-Recht, 2. Aufl., Rdn. 813) – Aufgabe des Tatrichters. Das Gericht wird die Auswahl jedoch dem von ihm in aller Regel hinzuzuziehenden Sachverständigen überlassen, muß aber von der Richtigkeit des erstellten Gutachtens überzeugt sein. Die Entscheidung des Gerichts kann im Rechtsbeschwerdeverfahren nur darauf überprüft werden, ob sie die rechtlichen Vorgaben und sämtliche bewertungsrelevanten tatsächlichen Umstände berücksichtigt, gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt oder sonst auf rechtsfehlerhaften Erwägungen beruht. Das ist vorliegend nicht der Fall.
a) Zu Unrecht meint die Rechtsbeschwerde – in Übereinstimmung mit einer in der Literatur verbreiteten Auffassung (Heller, NL-BzAR 1997, 2, 3; ders. NL-BzAR 1998, 6; ders. AgrarR 1998, 50; Löhr, NL-BzAR 1997, 351, 355 f; Pflug, AgrarR 1997, 109, 110) –, aus dem „Verkehrswertbeschluß” des Senats vom 8. Dezember 1995 (BGHZ 131, 260, 266) herleiten zu können, daß das Eigenkapital nach den Grundsätzen der Unternehmensbewertung zu berechnen und mit dem Ertragswert, d.h. dem „Verkaufswert des Unternehmens als Ganzes” (Löhr aaO S. 356) anzusetzen sei, das vom Sachverständigen mit herangezogene Sachwertverfahren also ausscheide. Derartiges hat der Senat nicht entschieden und kann auch nicht aus der in BGHZ 131, 260, 266 zur Begriffsbestimmung der angemessenen Barabfindung erfolgten Bezugnahme auf das Urteil des II. Zivilsenats vom 30. März 1967 (II ZR 141/64, NJW 1967, 1464 = WM 1967, 479) hergeleitet werden.
b) Allgemein wird der Verkehrswert landwirtschaftlicher Betriebe im Wege der Gesamttaxe oder Zerlegungstaxe ermittelt (Köhne, Landwirtschaftliche Taxationslehre, 1993, 270 ff, 276 ff; Karg, NL-BzAR 1997, 393, 397). Für die Gesamttaxe wird in der Regel nur das Ertragswertverfahren herangezogen, weil die Anwendung des Vergleichswertverfahrens meist an der Verfügbarkeit geeigneter Vergleichspreise scheitert (Bewer, WF 1997, 134, 136; Karg aaO). Das Sachwertverfahren (Substanzwertverfahren) wird, sofern Sach- und Ertragswert methodisch nicht als einander entsprechende Größen behandelt werden (Bewer aaO S. 141), ebenfalls als unzulänglich angesehen, weil die „schwer greifbaren” immateriellen Werte des Unternehmens nicht erfaßt sind, also z.B. die Qualität der Geschäftsführung oder des Personals, die Marktstellung, die Geschäftsverbindungen oder das Know-how (Piltz, Die Unternehmensbewertung in der Rechtsprechung, 3. Aufl. S. 203). Hinzu kommt, daß bei einer Fortführung des Unternehmens im allgemeinen weniger sein Substanzwert als vielmehr sein zukünftiger Nutzen von Interesse ist (Großfeld, Unternehmens- und Anteilsbewertung im Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., S. 21). Dem trägt das Ertragswertverfahren Rechnung. Es hat sich in der Unternehmensbewertung grundsätzlich durchgesetzt (vgl. z.B. BGH, Urt. v. 24. September 1984, II ZR 256/83, NJW 1985, 192, 193; OLG Düsseldorf, WM 1984, 732; Emmerich/Sonnenschein, Konzernrecht, 5. Aufl., S. 328 f m.w.N.; Großfeld, aaO, S. 23 m.w.N.; IdW Stellungnahme HFA 2/1983, WPg 1983, 468, 469; Seetzen, WM 1994, 45, 46). Nach dieser Methode kommt dem Substanzwert (= Sachwert, Köhne, Landwirtschaftliche Taxationslehre, 1993, S. 18), und den in den bilanziellen Buchwerten steckenden stillen Reserven im Regelfall nur noch mittelbare Bedeutung zu (BGH aaO; Pflug, AgrarR 1997, 109, 110).
c) Diese für die Unternehmensbewertung anerkannten Grundsätze können jedoch nicht unbesehen auf die Ermittlung des Eigenkapitals übertragen werden. Der Ertragswert des Unternehmens ist für die Bestimmung des Eigenkapitals nicht allein maßgebend. Vielmehr kommt bei der Bewertung des Vermögens der LPG dem Substanzwert der einzelnen Vermögensgegenstände eine weit größere Bedeutung zu als bei der Bewertung industrieller Wirtschaftsunternehmen. Im Wertdenken der Landwirte stehen Sachwerte im Vordergrund (Bewer, WF 1997, 134, 142). Solange Sachwerte und Ertragswerte methodisch nicht angenähert sind, wie dies in der Literatur für richtig gehalten wird (Bewer aaO S. 141 f), wird der Ertragswert den Sachwert bei gewerblichen Unternehmen in der Regel übersteigen (Neixler/Schramm/Behr, AgrarR 1993, 65, 69), bei landwirtschaftlichen Betrieben dagegen unterschreiten (Piltz, aaO, S. 266; ders., WF 1997, 11; Kronthaler, Landgut, Ertragswert und Bewertung im Bürgerlichen Recht, 1991, S. 26). Das von der Antragsgegnerin vorgelegte Privatgutachten bestätigt dies im Ergebnis.
Hinzu kommt, daß der für eine Ertragswertberechnung maßgebliche Zukunftserfolg („Zukunftserwartungswert”) anhand der Vergangenheitsergebnisse – schon wegen der weggefallenen Preisregulierung – nicht hinreichend sicher ermittelt werden kann (Gschwendtner, AgrarR 1998, 33, 45; Karg aaO S. 399; Köhne, NL-BzAR 1997, 386, 389) und die spätere tatsächliche Entwicklung nach der sog. Wurzeltheorie nur berücksichtigt werden darf, sofern sie in ihren Ursprüngen bereits am Stichtag angelegt und erkennbar war (BGH, Urt. v. 17. Januar 1973, IV ZR 142/70, NJW 1973, 509, 511; Seetzen, WM 1994, 45, 46).
d) Entscheidend gegen die Bestimmung des Eigenkapitals allein nach der erwarteten tatsächlichen Ertragskraft des Unternehmens (Köhne, NL-BzAR 1997, 386, 388) als dem investitionstheoretischen Kalkül eines renditeorientierten Unternehmers (Gschwendtner, aaO S. 46) spricht jedoch, daß der Gesetzgeber die Zuordnung des infolge der Zwangskollektivierung angesammelten Vermögens anders als z.B. die familienrechtliche oder erbrechtliche Abfindung eines „weichenden Beteiligten” vom Hofe (vgl. dazu Piltz WF 1997, 11, 12 ff) nicht allgemein zugunsten der Wirtschafts- und Ertragskraft des Unternehmens privilegiert hat. Der Erhalt und die Schaffung wettbewerbsfähiger Wirtschaftseinheiten waren für den Gesetzgeber vielmehr nur nachgeordnete Sekundärziele (Hommelhoff/Schubel, ZIP 1998, 537, 539). Dies ergibt sich nicht nur aus den Gesetzesmaterialien (Hommelhoff/Schubel aaO), sondern auch aus den der Sicherung der Wirtschafts- und Ertragskraft des Unternehmens dienenden Einzelvorschriften. Hierzu zählen namentlich § 44 Abs. 1 Nr. 3 (verteilungsfestes Restkapital), § 44 Abs. 6 (Kürzung um nicht bilanzierte Beträge) und § 49 LwAnpG (Fälligkeit des Anspruchs). Diesen Bestimmungen wäre durch eine Ermittlung des verteilungsfähigen Eigenkapitals allein unter kapitalerhaltenden Gesichtspunkten weitgehend der Boden entzogen.
e) Aus all diesen Gründen kann der zukünftige Ertragswert zumindest dann nicht ausschlaggebend sein, wenn die ihm zugrunde liegende Prognose des Zukunftserfolges des Unternehmens als Einheit bezogen auf den Bewertungsstichtag (Pflug, AgrarR 1997, 109, 110) unter der Summe der tatsächlichen Werte der einzelnen Vermögensgegenstände liegt. In diesem Fall verlangt die vom Gesetz angeordnete wertmäßige Aufteilung des tatsächlich vorhandenen LPG-Vermögens, den höheren Wert zugrunde zu legen. Dem Risiko, daß die daraus abgeleiteten Abfindungsansprüche die Wirtschaftskraft des Unternehmens beeinträchtigen könnten, hat das Gesetz durch den in § 49 Abs. 3 LwAnpG normierten Anspruch auf Ratenzahlungen abschließend Rechnung getragen.
5. Als unterster Wert wird in der Literatur überwiegend der Liquidationswert genannt (Felgentreff, NL-BzAR 1997, 338, 349; ders. NJ 1998, 120, 125; Köhne aaO S. 388; Lohlein, AgrarR 1994, 177, 179 anders ZGR Sonderheft 14 (1998) S. 147, 153; Neixler/Schramm/Behr, AgrarR 1993, 65, 69; Piltz, Unternehmensbewertung in der Rechtsprechung, 3. Aufl., S. 31; Schwalm, NL-BzAR 1996, 282, 288). Er ist im allgemeinen durch den Barwert der Einnahmeüberschüsse aus der – fiktiven – Liquidation (Piltz, Die Unternehmensbewertung in der Rechtsprechung, 3. Aufl. S. 32), d.h. durch die – fiktiven – Nettoerlöse abzüglich der angenommenen Liquidationskosten, bestimmt (Lohlein, AgrarR 1994, 177, 179). Er ist ein hypothetischer Verkaufswert und wird auch als eine Art Ertragswert bezeichnet, weil er aus dem Ertrag bei – gedachter – Einzelveräußerung resultiert im Gegensatz zum Ertrag bei Fortführung (Piltz aaO S. 32). Die Anrechnung fiktiver Liquidationskosten, zu denen u.a. die Geschäftsführungs-, die Veräußerungs-, Herauslösungs-, Ausbau-, Rückbau-, Rekultivierungs-, Dekontaminierungs- und Abbruchkosten einschließlich Steuern gerechnet werden (Bellinger/Vahl, Unternehmensbewertung in Theorie und Praxis 2. Aufl., S. 324), ist im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung jedoch nur dann sachgerecht, wenn mit den Kosten am Bewertungsstichtag tatsächlich in greifbarer Nähe zu rechnen war, ihr Anfall also den aktuellen Verkehrswert bereits spürbar gemindert hat. War mit einer Liquidation in nächster Zeit dagegen nicht zu rechnen, ist das fiktive Liquidationsverfahren zur Bestimmung des Verkehrswerts aller Vermögensgegenstände in der Regel nicht geeignet, weil sonst über die fiktiven Liquidationskosten die ausscheidenden Mitglieder gegenüber den im Unternehmen verbliebenen erheblich benachteiligt würden (im Ergebnis übereinstimmend Karg aaO S. 400). Hier ist es vom Zweck der Bewertung her vielmehr geboten, den Unternehmens- bzw. Betriebswert nicht mit dem Liquidationswert anzusetzen, sondern mit dem höheren Verkehrswert der einzelnen Wirtschaftsgüter, der sich bei einem planvollem Weiterbetrieb des Unternehmens auf Zeit ergibt (vgl. Pflug, AgrarR 1997, 109, 111).
6. Dieser Wert läßt sich im allgemeinen am ehesten im Wege der von Karg (NL-BzAR 1997, 393, 399 ff) entwickelten modifizierten Zerlegungstaxe ermitteln, die das Unternehmen fiktiv in „marktgängige” Teilobjekte zerlegt und den Verkehrswert für jedes Teilobjekt mit dem im Einzelfall unter dem Gesichtspunkt bestmöglicher Verwertung zweckmäßigen Verfahren ermittelt. Dabei kommen insbesondere das Vergleichswert-, Ertragswert- und (modifizierte) Sachwertverfahren in Betracht. Die Wahl ist zu begründen (vgl. § 7 Abs. 2 WertV). Ergeben sich hierbei für ein Teilobjekt unterschiedliche Werte, ist der Verkehrswert aus den Ergebnissen der angewandten Verfahren unter Würdigung ihrer Aussagefähigkeit in bezug auf die Verhältnisse auf dem Markt zu bemessen. Ergibt dagegen die Gesamttaxe einen höheren Verkehrswert als die modifizierte Zerlegungstaxe, ist dieser maßgebend.
IV.
Die vorstehenden Grundsätze sind vorliegend gewahrt. Das Beschwerdegericht hat seiner Entscheidung das Gutachten des von ihm hinzugezogenen Sachverständigen zugrunde gelegt. Dieser hat das abfindungsrelevante Eigenkapital der Antragsgegnerin nach Überprüfung aller Bilanzposten unter Gegenüberstellung der überprüften Vermögenswerte und Schulden ermittelt. Er hat die auf eine Stellungnahme des Genossenschaftsverbandes S. gestützte Auffassung, daß der in der vorgelegten Bilanz für die erhaltenen Kohleersatzzuschüsse ausgewiesene „Sonderposten für Investitionszuschüsse” in Höhe von 4.689.988,00 DM nicht dem Eigenkapital hinzugerechnet werden könne, zu Recht als rechtsirrig erachtet und die zur Rückführung von Baukrediten verwandten Zuschüsse beim Wertansatz für die Gebäude berücksichtigt. Er hat die Gebäude und baulichen Anlagen vornehmlich nach dem Sachwertverfahren und den Bodenwert nach dem Vergleichswertverfahren bewertet. Ertragswerte hat er nur in den Fällen angesetzt, in denen der Ertrag als wertbestimmende Größe anzusehen ist (Milchviehanlagen, City- und Lidl-Markt, vermietete Mehrfamilienhäuser). Sowohl die entsprechend dem Erfordernis des § 7 Abs. 2 WertV begründete Wahl des Verfahrens als auch die Wertermittlung selbst lassen keinen Rechtsfehler erkennen. Dasselbe gilt für die Bewertung der übrigen Vermögenswerte und Passiva. Mit dem von der Antragsgegnerin vorgelegten Privatgutachten zum Ertragswert des Unternehmens hat sich der gerichtlich beauftragte Sachverständige auseinandergesetzt. Einer eigenen Gesamttaxe im Ertragswertverfahren bedurfte es daher nicht. Im übrigen bestünde für eine solche Bewertung nur dann Anlaß, wenn Anhaltspunkte dafür vorlägen, daß sie zu einem höheren Eigenkapital führen könnte. Durch ihr Fehlen ist die Antragsgegnerin mithin nicht beschwert.
Auch die von der Rechtsbeschwerde gegen einzelne Wertansätze erhobenen Rügen sind unbegründet.
1. Insbesondere ist nicht zu beanstanden, daß das Beschwerdegericht einen Teil der betriebsnotwendigen Objekte (Lagerhallen 1, 2 und 3 KEJ, Schafstall B. sowie weitere fünf Gebäude des Stützpunktes B. lfd. Nr. 1, 2, 7 und 11 des Hauptgutachtens E.) nach der Sachwertmethode bewertet hat. Eine Differenzierung zwischen betriebsnotwendigem und betriebsneutralem Vermögen, wie sie im Ertragswertverfahren für richtig gehalten wird (Piltz, Unternehmensbewertung, S. 164 f), ist bei Anwendung des Sachwertverfahrens nicht vorgegeben. Der Sachverständige ist andererseits nicht gehindert, einzelne Vermögensgegenstände nach ihrem Ertragswert zu berechnen. Das gilt namentlich dann, wenn der Verkehrswert eines Vermögensteils weniger durch seine Substanz als vielmehr durch den Ertrag bestimmt wird. Voraussetzung dafür ist, daß das betreffende Objekt überhaupt einen meßbaren Ertrag abwirft (Bewer, aaO, S. 137). Das hat der Sachverständige E. für die eigengenutzten Wirtschaftsgebäude wie Lager- und Traktorenhallen, Werkstätten und Bergeräumen rechtsfehlerfrei verneint. Auch für die Ställe, deren Nutzung die Antragsgegnerin in zeitlicher Nähe zum Bewertungsstichtag aufgegeben hat, war deren Ertrag nach seiner Beurteilung nicht (mehr) wertbestimmend. Dies und die darauf beruhende tatrichterliche Auswahl des Sachwertverfahrens für die Bewertung der betriebsnotwendigen, relativ neuen Wirtschaftsgebäude der Antragsgegnerin läßt Rechtsfehler nicht erkennen.
2. Die unterschiedlichen Wertansätze bezüglich der von der Antragsgegnerin inzwischen veräußerten Gebäude betreffen im wesentlichen die Mehrfamilienhäuser in B. und P. (lfd. Nr. 13 und 14 des Hauptgutachtens). Auf die Werthaltigkeit dieser Objekte zum Stichtag 31. Dezember 1991 lassen die im Jahre 1995 erzielten Kaufpreise keine sicheren Rückschlüsse zu. Das Beschwerdegericht hat mit dem Sachverständigen E. fehlerfrei auf den an Mietpreisen ausgerichteten Ertragswert abgestellt. Die Differenz von 5.000 DM hinsichtlich des Einfamilienhauses in O. (lfd. Nr. 19) hält sich im Rahmen der zu tolerierenden Bewertungsspanne. Der Erlös aus dem Verkauf der beiden Bungalows in G. (lfd. Nr. 15) deckt sich mit der Schätzung des Sachverständigen. Für den Bremsenprüfstand in J. (lfd. Nr. 3) und die Garagen in H. (lfd. Nr. 20) wurde ein Mehrerlös von 9.000 DM erzielt und vom Gutachter berücksichtigt.
3. Rechtsfehlerfrei ist auch die Bewertung der nicht veräußerten, nicht betriebsnotwendigen Gebäude (Ersatzteillager J. lfd. Nr. 4; Jungviehstall E. in B. 1 lfd. Nr. 6; Kälberstall Poststraße in O. lfd. Nr. 17; Sauenzuchtanlage O. 1 lfd. Nr. 18). Dem Einwand der Antragsgegnerin, die Objekte seien unverkäuflich und abzureißen, hat der Gutachter unwidersprochen entgegengehalten, sämtliche Gebäude seien 1991 noch belegt und produktionswirksam gewesen. Die Sauenzuchtamlage O. sei auch Anfang 1997 noch gewerblich vermietet gewesen.
4. Der Wertansatz für den Rest-Bergeraum der Milchviehanlage (MVA) B. (lfd. Nr. 12) ist im Hinblick auf die vom Gutachter bejahte Vermietbarkeit dieses Objekts nicht zu beanstanden.
5. Als rechtsfehlerfrei erweist sich ferner die nach dem Ertragswertverfahren vorgenommene Wertermittlung bezüglich der MVA H. (lfd. Nr. 16) und die Nichtberücksichtigung des von der Antragsgegnerin im Jahre 1994 erzielten Kaufpreises.
6. Aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden ist auch, daß das Beschwerdegericht für das Mehrzweckgebäude (Sozialgebäude) der MVA H. (lfd. Nr. 16) unter Außerachtlassung des späteren Erlöses einen gesonderten Sachwert angesetzt und es abgelehnt hat, für die – Anfang 1997 noch vermietete – Sauenzuchtanlage in O. (lfd. Nr. 18) sowie für die MVA B. (lfd. Nr. 12) Abrißkosten zu berücksichtigen.
7. Bei der Bewertung des Tierbestandes ist das Beschwerdegericht den gutachterlichen Ausführungen des Sachverständigen A. in seinem Hauptgutachten (S. 14 f), das die Richtigkeit des Privatgutachtens der Antragsgegnerin bestätigt hat, gefolgt.
8. Aus der Beteiligung an der Kooperativen Einrichtung Jungrinderproduktion „Z. V.” (im folgenden: KE Jungrinder) sind der Antragsgegnerin keine Verpflichtungen erwachsen, die in die Berechnung des Eigenkapitals als Passiva. einzustellen wären. Eine Rückstellung im Hinblick auf Verlustausgleichsverpflichtungen wäre nur dann gerechtfertigt, wenn die Antragsgegnerin am Bewertungsstichtag (31. Dezember 1991) für etwaige Schulden aus der Geschäftstätigkeit der KE Jungrinder hätte einstehen müssen. Das ist nicht der Fall.
Die KE Jungrinder hatte spätestens seit dem 18. Juli 1989 den Status einer juristischen Person. Aufgrund der bei gezogenen Registerakten des Amtsgerichts D. hat das Beschwerdegericht festgestellt, daß die beiden verbliebenen Trägerbetriebe am 1. Juli 1989 ein neues Statut der KE Jungrinder beschlossen haben und daß die KE und ihr Statut am 18. Juli 1989 registriert wurden. Damit erlangte die KE schon kraft Gesetzes Rechtsfähigkeit (§ 13 Abs. 3 LPGG 1982). Darüber hinaus war dies auch in Abschnitt IX Nr. 52 des Statuts ausdrücklich so vorgesehen. Daß das Beschwerdegericht diese Feststellung fehlerhaft getroffen hätte, hat die Rechtsbeschwerde nicht dargelegt. Die von ihr eingereichte Fassung des Statuts, in der dieser Passus fehlt, befindet sich nicht bei den von dem Beschwerdegericht beigezogenen Akten und läßt schon aus diesem Grund die getroffene Feststellung nicht als fehlerhaft erscheinen. Aber auch ohne die streitige Klausel ist die KE Jungrinder spätestens mit der Registrierung am 18. Juli 1989 rechtsfähig geworden. Darauf, ob sie ursprünglich – wie die meisten Kooperativen Einrichtungen (vgl. Schweizer, AgrarR 1996, 209) – ohne den Status einer juristischen Person gebildet worden ist, kommt es nicht an. Das Beschwerdegericht hat zu Recht darauf hingewiesen, daß die Rechtsform jederzeit geändert werden konnte, wenn dies zweckmäßig erschien (Kommentar zum LPG-Recht, 1984, § 13 Anm. 1). Davon ist vorliegend auszugehen. Daß die Antragsgegnerin nunmehr mit Schreiben vom 16. Februar 1998 eine Löschung der RegiListereintragung der KE Jungrinder von Amts wegen angeregt hat, ist unbeachtlich, könnte als neue Tatsache im Rechtsbeschwerdeverfahren aber auch keine Berücksichtigung finden (§ 27 Abs. 2 LwVG, § 561 ZPO).
Rückstellungen für Verluste der KE Jungrinder dürfen, soweit sie nicht durch Aktiva ausgeglichen werden, bei der Berechnung des abfindungsrelevanten Eigenkapitals nur berücksichtigt werden, soweit sie auf Verbindlichkeiten aus der Zeit vor dem 18. Juli 1989 zurückgehen. Es ist nicht ersichtlich, daß die von der Antragsgegnerin angeführten Verpflichtungen der KE Jungrinder in Höhe von 742.000 DM diese Voraussetzungen erfüllen. Nach den Feststellungen des Sachverständigen A. (S. 13 f des Hauptgutachtens) sind nämlich allein im verlängerten Geschäftsjahr vom 1. Juli 1990 bis 31. Dezember 1991 Verluste von 1.831.000 DM aufgelaufen. Hierfür war eine Haftung der Antragsgegnerin am 31. Dezember 1991 nicht begründet. Die von ihr später – durch notarielle Vereinbarung vom 24. Februar 1992 – erklärte Übernahme des Vermögens der KE Jungrinder kann daher allenfalls eineneue Verbindlichkeit begründet haben. Das ändert aber nichts daran, daß diese am Bewertungsstichtag (31. Dezember 1991) nicht bestand. Bei der Berechnung des Eigenkapitals war sie deshalb nicht als Passiva zu berücksichtigen.
Für die Berechnung der Ansprüche auf Boden- und Inventarverzinsung (§ 44 Abs. 1 Nr. 2 LwAnpG) hat das Beschwerdegericht die von der Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 14. Februar 1992 eingereichte Aufstellung zugrunde gelegt. Darin ist als Wert aller „Inventar- u. Fondsbeiträge, Typ I-Fonds” einschließlich des Feldinventars mit einem Betrag von 4.157.839,56 DM angegeben. Daß in dieser Summe die in das Fonds I-Vermögen geflossenen Inventar- und Fondsausgleichsbeiträgen doppelt enthalten wären, nämlich sowohl als Beiträge als auch als Fonds I-Vermögen, ist nicht erkennbar und von den Antragstellern auch nicht geltend gemacht worden.
Die Ansprüche der Antragsteller stellen sich demnach wie folgt dar:
1. |
§ 44 Abs. 1 Nr. 1 LwAnpG (vgl. unter 1 b) Inventarbeitrag, Fondsausgleichsbetrag und Anteil am Fondsvermögen |
72.992,54 DM |
2. |
§ 44 Abs. 1 Nr. 2 LwAnpG |
|
|
a) |
Bodenverzinsung wie zuerkannt |
7.825,29 DM |
|
b) |
Inventarverzinsung |
|
|
|
72.992,54 DM × 3 % × 5 Jahre = 10.948,88 DM, hiervon 83,55 % |
9.147,79 DM |
|
|
89.965,62 DM |
|
abzüglich zurückgezahlter Inventarbeiträge und Sachabfindungen |
74.706,00 DM |
|
Restlicher Anspruch: |
15.259,62 DM. |
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 44, 45 LwVG, die Festsetzung des Geschäftswertes auf § 34 LwVG, § 18 KostO.
Fundstellen
Haufe-Index 609930 |
BGHZ, 371 |
NJW 1999, 496 |
NZG 1998, 644 |
VIZ 1998, 466 |
WM 1998, 1643 |
WuB 1998, 921 |
ZAP-Ost 1998, 521 |
ZIP 1998, 1161 |
AgrarR 1998, 249 |
NJ 1998, 482 |
OVS 1998, 335 |