Leitsatz (amtlich)
a) Die Unwirksamkeit der Entscheidung der Bevollmächtigtenversammlung über die Umwandlung einer kooperativen Einrichtung (KE) ohne entsprechenden Beschluß der LPG-Vollversammlung läßt die konstitutive Wirkung der Eintragung der neuen Rechtsform in das Register unberührt.
b) § 34 Abs. 1 LwAnpG 1990 findet auf die Umwandlung einer KE entsprechende Anwendung.
c) Saldenbestätigungen, die keine Gewinnanteile des Trägerbetriebs enthalten, scheiden im Falle der Umwandlung der KE in eine Genossenschaft als Grundlage für die Berechnung des Geschäftsguthabens aus.
d) Ob bei der Umwandlung einer KE in eine Genossenschaft die Identität des Beteiligungswerts bei Parität der Beteiligungsquote gewährleistet ist, ergibt ein Vergleich des Anteils am Fondsvermögen mit dem Geschäftsguthaben.
e) Der Wert der Beteiligung an dem Fondsvermögen der KE ist in der Regel anhand der Umwandlungsbilanz zu ermitteln.
f) Die Beschwerdefrist beginnt auch dann erst mit der Zustellung des angefochtenen Beschlusses zu laufen, wenn dieser verfahrensfehlerhaft nicht verkündet worden ist.
Normenkette
LwAnpG § 34 Abs. 1, § 37 Abs. 2 J.:1990, § 34 Abs. 3 J.: 1991; LwVG § 25
Verfahrensgang
OLG Dresden (Aktenzeichen WLw 401/98) |
AG Bautzen (Aktenzeichen 2 XV 44/97) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluß des Landwirtschaftssenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 14. Juli 1998 wird auf Kosten der Antragsgegnerin, die der Antragstellerin auch die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu erstatten hat, zurückgewiesen.
Der Geschäftswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 345.175,95 DM.
Gründe
I.
Die Rechtsvorgängerin der Antragstellerin, das volkseigene Gut (VEG) Tierproduktion D., gründete am 19. Dezember 1978 zusammen mit weiteren Trägerbetrieben die zwischenbetriebliche Einrichtung (ZBE) Mischfutterproduktion Do.. Das Gründungsstatut der ZBE enthielt in Übereinstimmung mit dem Musterstatut für kooperative Einrichtungen der LPG, VEG, GPG sowie der sozialistischen Betriebe der Nahrungsgüterwirtschaft des Handels (GBl. 1972 II, 781 f) unter anderem folgende Regelungen:
- „Die von den beteiligten LPG und VEG bereitgestellten materiellen und finanziellen Mittel sind durch die ZBE exakt zu erfassen und nachzuweisen. Sie werden sozialistisches Eigentum der ZBE …
- Die der ZBE übergebenen volkseigenen Grund- und Umlaufmittel einschließlich der Förderungsmittel für Investitionszuschüsse sind wertmäßig gesondert auszuweisen. Gewinne der ZBE sind entsprechend der Beteiligung des Volkseigentums am Gesamtvermögen der ZBE als Volkseigentum auszuweisen. …”
Am 28. Juni 1990 beschlossen die Vertreter der Trägerbetriebe der ZBE in einer Bevollmächtigtenversammlung einstimmig die Umwandlung der ZBE in die Antragsgegnerin. Der Umwandlungsbeschluß (Anlage 11 nach Bl. 39 dA) enthält u.a. folgende Regelungen:
„4.
Die Vermögensrechte der Mitglieder der ZBE am Vermögen der ZBE werden zum Zwecke der Privatisierung in Geschäftsanteile an der eingetragenen Genossenschaft umgewandelt. Jedes Mitglied der e.G. muß mit mindestens einem Geschäftsanteil beteiligt sein. Entsprechend der Satzung beträgt ein Geschäftsanteil 250,00 DM.”
Die Antragsgegnerin wurde am 10. Februar 1993 in das Genossenschaftsregister eingetragen. Nach § 34 Abs. 3 der Satzung bilden die auf den Geschäftsanteil geleisteten Einzahlungen zuzüglich sonstiger Gutschriften und abzüglich zur Verlustdeckung abgeschriebener Beträge das Geschäftsguthaben. Die gesetzliche Rücklage beträgt nach § 35 der Satzung 30 % der Bilanzsumme.
Die Rechtsvorgängerin der Antragstellerin war an der Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin mit einem Anteil von 19,55 % beteiligt. Diese Quote blieb bei der Umwandlung unverändert. Die seit Gründung der ZBE jährlich erstellten Saldenbestätigungen weisen die Beteiligung unverändert mit einem Betrag von 183.292 M/DDR aus. Die Summe der in den Saldenbestätigungen angegebenen Beteiligungen beläuft sich auf 952.816,36 M/DDR.
Mit Saldenbestätigung vom 22. Oktober 1990 teilte die ZBE dem VEG unter Bezugnahme auf einen Vorstandsbeschluß vom 11. Oktober 1990 mit, daß die Beteiligungen der Trägerbetriebe an der ZBE zum 1. Juli 1990 im Verhältnis 2:1 umgestellt worden seien und sich die Beteiligung des VEG zum 1. Juli 1990 mithin auf 91.646 DM belaufe. Auf dieser Grundlage erhielt die Antragstellerin im Zuge der Umwandlung 366 Geschäftsanteile zu jeweils 250 DM, insgesamt 91.500 DM zugewiesen. Den sich zur Saldenbestätigung vom 22. Oktober 1990 ergebenden Differenzbetrag von 146 DM zahlte die Antragsgegnerin am 15. März 1995 aus.
Die Abschlußbilanz der ZBE zum 30. Juni 1990 weist den Grundmittelfonds mit 834.000 M/DDR und den Umlaufmittelfonds mit 3.692.000 M/DDR aus, wovon 1.628.000 M/DDR auf eigene Mittel am Umlaufmittelfonds entfallen. Die Verbindlichkeiten aus Beteiligungen und Fonds für übergebene materielle und finanzielle Mittel sind mit 952.816,36 M/DDR angegeben, die „Eigendeckung” mit 2.600.000 M/DDR. Die DM-Eröffnungsbilanz zum 1. Juli 1990 weist ein Eigenkapital von insgesamt 2.295.110,45 DM aus. Hiervon entfallen auf die Geschäftsguthaben 476.410 DM. Dies entspricht dem Gesamtbetrag der durch die Saldenbestätigung vom 20. Oktober 1990 zum 1. Juli 1990 ausgewiesenen Beteiligungen der Trägerbetriebe an der ZBE. 1.804.009,10 DM sind als „ungeteiltes Eigenkapital” ausgewiesen, weitere 14.691,35 DM als Rücklage nach § 17 Abs. 4 DMBilG.
Die Antragstellerin befindet sich in Liquidation. Durch rechtskräftigen Prozeßvergleich vom 27. Mai 1997 verpflichtete sich die Antragsgegnerin zur Zahlung eines Auseinandersetzungsguthabens von 57.305 DM nebst Zinsen. Der Anspruch auf bare Zuzahlung wurde in der Vereinbarung ausdrücklich ausgenommen. Ihn verfolgt die Antragstellerin nunmehr in Höhe von 355.953,64 DM.
Das Landwirtschaftsgericht hat dem Antrag in Höhe von 345.175,95 DM nebst Zinsen stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin durch Beschluß vom 14. Juli 1998 (NL-BzAR 1998, 421) zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die – zugelassene – Rechtsbeschwerde.
II.
Das Beschwerdegericht geht davon aus, daß die Bevollmächtigtenversammlung der ZBE den Umwandlungsbeschluß unter der Rechtsbedingung des Inkrafttretens des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes gefaßt hat. Es vertritt die Auffassung, daß der Antragstellerin gemäß § 34 Abs. 1 LwAnpG 1990 ein Anspruch auf bare Zuzahlung zustehe und § 40 LwAnpG 1991 dies insoweit lediglich redaktionell klargestellt habe. Bei dem notwendigen Vergleich der wertmäßigen Beteiligung der Antragstellerin an dem alten und dem neuen Unternehmen sei zu berücksichtigen, daß die jährlichen Saldenbestätigungen der ZBE lediglich die eingebrachten Grund- und Umlaufmittel, nicht aber den prozentualen Anteil der Trägerbetriebe an den unteilbaren Fonds erfaßt habe. Sie gäben daher auch keinen Aufschluß über die tatsächliche Beteiligung der Trägerbetriebe am Wert des Unternehmens zum Zeitpunkt des Umwandlungsbeschlusses. Dieser betrage aufgrund der DM-Eröffnungsbilanz 2.280.419,10 DM. Hieran sei die Antragstellerin mit einer Quote von 19,55 %, d.h. in Höhe von 445.821,95 DM (richtig: 445.821,93 DM) beteiligt. In Höhe der Differenz zur Summe der Geschäftsanteile abzüglich des bereits ausgezahlten Betrages von 146 DM, also in Höhe von 354.175,93 DM, habe die Antragstellerin einen Anspruch auf bare Zuzahlung.
Dies hält der rechtlichen Prüfung stand.
III.
1. Ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerde geltend, die angefochtene Entscheidung sei verfahrensfehlerhaft verkündet worden. Allerdings trifft es zu, daß den Akten nicht zu entnehmen ist, ob und wann die Entscheidung verkündet wurde. In ihnen finden sich zwei Verkündungsprotokolle vom 14. Juli 1998. Nach dem einen ist ein Beschluß verkündet worden, wonach der Termin zur Verkündung einer Entscheidung vom 14. Juli 1998 auf den 21. Juli 1998 verlegt wurde. Nach dem anderen Protokoll ist die angefochtene Entscheidung am 14. Juli 1998 verkündet worden. Hiervon geht auch der Verkündungsvermerk auf der Entscheidung aus. Ein Verkündungsprotokoll vom 21. Juli 1998 befindet sich nicht bei den Akten. Ob die Entscheidung tatsächlich verkündet worden ist, bedarf jedoch keiner weiteren Klärung, weil eine Verkündung der Beschlüsse in streitigen Landwirtschaftssachen vom Gesetz auch dann nicht vorgeschrieben ist, wenn die Beschlüsse im Anschluß an eine mündliche Verhandlung ergehen. Es steht vielmehr im freien Ermessen des Gerichts, ob die Beschlüsse verkündet werden oder nicht (Barnstedt/Steffen, LwVG, 5. Aufl., § 21 Rdn. 30). Die Beschlüsse sind nach § 21 Abs. 2 Satz 1 LwVG auch dann zuzustellen, wenn sie verkündet worden sind. Die Rechtsmittelfrist beginnt selbst in diesem Fall erst mit der Zustellung. Ist der Beschluß, wie dies hier möglicherweise der Fall ist, trotz Anberaumung eines Verkündungstermins nicht verkündet, sondern nur zugestellt worden, gilt nichts anderes. Erst recht liegt nicht etwa nur ein Scheinbeschluß vor, sondern ein Verfahrensfehler, der aber nicht zur Aufhebung der Entscheidung führt, weil diese nicht auf ihm beruht.
2. Das Beschwerdegericht hat festgestellt, daß die Bevollmächtigtenversammlung den Umwandlungsbeschluß am 29. Juni 1990 in Kenntnis der Entwürfe und in Erwartung des Inkrafttretens des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes gefaßt hat. Es hält daher den Beschluß für zulässig und das Landwirtschaftsanpassungsgesetz 1990 für anwendbar. Dies entspricht der Rechtsprechung des Senats (vgl. Senatsbeschl. v. 3. Mai 1996, BLw 54/95, AgrarR 1996, 291, 292) und wird von der Rechtsbeschwerde auch nicht in Frage gestellt. Darauf, ob der Beschluß nicht auch ohne die Regelungen des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes zulässig gewesen wäre, kommt es daher nicht an.
3. Unerheblich ist die von der Antragsgegnerin erhobene Rüge, daß an der Abstimmung über die Umwandlung zwei Mitglieder der ZBE nicht teilgenommen haben. Hierauf kommt es für die Entscheidung nicht an. Allerdings sah das Musterstatut für kooperative Einrichtungen (MStKE) vom 8. Juni 1988 (GBl. 1988, Sonderdruck Nr. 1310), welches das MStKE vom 1. November 1972 ab 1. Juli 1989 außer Kraft gesetzt hat, in Ziff. 45 vor, daß die Beschlüsse der Bevollmächtigtenversammlung einstimmig gefaßt werden und bei Nichtteilnahme der Bevollmächtigten eines Trägerbetriebes an der Abstimmung die Zustimmung des Trägerbetriebes nachträglich noch eingeholt werden kann. Das Fehlen einer solchen Zustimmung macht die Umwandlung aber nicht unwirksam.
Dasselbe gilt für den von der Rechtsbeschwerde geltend gemachten Umstand, daß die Bevollmächtigten der LPG-Trägerbetriebe zur Beschlußfassung über die Umwandlung nicht ermächtigt waren, wie die Antragsgegnerin in den Tatsacheninstanzen unter Beweis gestellt hat. Allerdings ist der Rechtsbeschwerde zuzugeben, daß sowohl die Zustimmung des bei der Beschlußfassung fehlenden Trägerbetriebes als auch die Beschlußfassung der LPG-Vollversammlung über die Entscheidung der Bevollmächtigtenversammlung Wirksamkeitsvoraussetzung für den Beschluß der ZBE über die Umwandlung ist. Denn nach Ziff. 61 Abs. 2 lit. g MSt (P) und (T) obliegt der Vollversammlung der LPG die ausschließliche Zuständigkeit für die Beschlußfassung über die „Beteiligung an kooperativen Einrichtungen und die Mitwirkung in Kooperationsverbänden”. Zu Recht geht die Antragsgegnerin davon aus, daß die Bestimmung nach ihrem Sinn und Zweck auch auf die Entscheidung über die Umwandlung der KE bzw. ZBE anzuwenden ist. War aber die Vollversammlung der LPG zur Beschlußfassung über die Umwandlung ausschließlich zuständig, bedurfte die Entscheidung der Bevollmächtigtenversammlung eines entsprechenden Beschlusses der LPG-Vollversammlung (Ziff. 42 Abs. 2 MstKE 1988). Wurde hiergegen verstoßen, war die Entscheidung oder das Rechtsgeschäft unwirksam (vgl. Senatsbeschl. v. 21. April 1993, BLw 55/92, ZIP 1993, 870, 871; OLG Rostock, AgrarR 1994, 313, 314 f; Brandenburgisches OLG, VIZ 1995, 542; Heuer, LPGG (1964), § 26 Anm. IV; Krauß u.a., Kommentar zum MSt-LPG (T), 1981, Ziff. 70 Anm. 2; ders. Kommentar zum MSt-LPG (P), 1980, Ziff. 70 Anm. 2; Hähnert u.a., LPG-Recht (1976) S. 174; Arlt u.a., LPGG 1982 (1989), § 43 Anm. 3.1; Hähnert u.a., LPG-Recht 1984, S. 106).
Die Unwirksamkeit des Umwandlungsbeschlusses führt jedoch nicht zur Unwirksamkeit der Umwandlung. Nach der inzwischen gefestigten Rechtsprechung des Senats (Beschl. v. 3. Mai 1996, BLw 54/95, AgrarR 1996, 291 = WM 1996, 1221 = EWiR 1996, 711 (Lohlein); Urt. v. 7. November 1997, LwZR 1/97, NJW 1998, 229 = WM 1997, 2359 m. Bespr. K. Schmidt, ZIP 1998, 181 und Lohlein, EWiR 1998, 135; Beschl. v. 8. Mai 1998, BLw 18/97, WM 1998, 1643 = AgrarR 1998, 249 m. Anm. Lohlein, EWiR 1998, 659; Wenzel, AgrarR 1998, 139, 140 f.) läßt die Eintragung der neuen Rechtsform in das Register die Umwandlungswirkung immer dann eintreten, wenn ein Umwandlungsbeschluß vorliegt, der auf den Übergang des Vermögens im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf ein Unternehmen in gesetzlich zugelassener Rechtsform abzielt und allen Mitgliedern die Beteiligung an dem Nachfolgeunternehmen ermöglicht. Dies gilt unabhängig von der Art und Schwere etwaiger Mängel des Umwandlungsaktes, also auch bei Unwirksamkeit des Umwandlungsbeschlusses. Diese für die Umwandlung einer LPG entwickelten Grundsätze gelten auch für die Umwandlung einer kooperativen Einrichtung bzw. zwischenbetrieblichen Einrichtung. Auf sie findet § 37 Abs. 2 LwAnpG 1990 bzw. § 34 Abs. 3 LwAnpG 1991 ebenso entsprechende Anwendung wie auf die Teilung einer zusammengeschlossenen LPG (vgl. Senatsurt. v. 7. November 1997, LwZR 1/97, NJW 1998, 229 = WM 1997, 2359). Denn das Fehlen einer den genannten Vorschriften entsprechenden Bestimmung in dem Abschnitt über die Umwandlung kooperativer Einrichtungen stellt erkennbar eine analogiefähige Lücke dar, weil eine unterschiedliche Behandlung der Mängel der Strukturänderung von LPG und kooperativer Einrichtung sachlich nicht gerechtfertigt ist. Die von dem Senat aufgestellten Voraussetzungen für den Eintritt der Umwandlungswirkung sind hier gegeben. Ein Umwandlungsbeschluß liegt vor. Daß er unwirksam ist, berührt nicht die konstitutive Wirkung der Registereintragung.
4. Zu Recht hält das Beschwerdegericht auch einen Anspruch auf bare Zuzahlung für gegeben. Zwar ist in den Vorschriften des dritten Abschnitts des LwAnpG 1990 über die Umwandlung von kooperativen Einrichtungen § 34 LwAnpG 1990 nicht in Bezug genommen; jedoch ist diese Vorschrift entsprechend anzuwenden. Schon die Tatsache, daß der Gesetzgeber in der Novelle von 1991 in § 40 LwAnpG 1991 die entsprechende Anwendung der die bare Zuzahlung regelnden Bestimmung des § 28 Abs. 2 LwAnpG 1991 ausdrücklich angeordnet hat, zeigt, daß das Landwirtschaftsanpassungsgesetz 1990 insoweit eine Lücke enthält. Anhaltspunkte dafür, daß die DDR-Volkskammer einen Anspruch auf bare Zuzahlung bewußt ausschließen und der Bundesgesetzgeber diese Entscheidung bewußt korrigieren wollte, liegen nicht vor. Insbesondere rechtfertigt die Tatsache, daß die kooperativen Einrichtungen auf freiwilliger Basis gegründet wurden und den Zweck verfolgten, die wirtschaftliche Effektivität der Trägerbetriebe zu steigern, nicht die Annahme, der Gesetzgeber habe bei ungleicher Beteiligung der Trägerbetriebe an dem alten und an dem neuen Unternehmen einen Ausgleich verweigern wollen. Im Gegenteil spricht die Regelung des § 26 LwAnpG 1990 über die Nichtbeteiligung eines Trägerbetriebes an dem neuen Unternehmen dafür, daß der Wert der Beteiligung der Trägerbetriebe an der kooperativen Einrichtung durch die Umwandlung nicht geschmälert werden sollte. Nach dieser Vorschrift sind im Falle der Nichtbeteiligung eines Trägerbetriebes an dem neuen Unternehmen für die Auseinandersetzung die für die entsprechende Unternehmensform geltenden Rechtsvorschriften anzuwenden oder die Umwandlung durch Auflösung und Neubildung zu vollziehen. Im Falle der Auflösung der KE waren die materiellen und finanziellen Fonds der KE nach dem Verhältnis der ursprünglichen Anteile aufzuteilen bzw. zuzurechnen (Ziff. 56 Abs. 2 MstKE 1988; Hähnert u.a., LPG-Recht, Lehrbuch, 1984, S. 172; Arlt/Schramm, LwAnpG Rdn. 160; Dehne, AgrarR 1993, 165, 167). Die Aufteilung hatte mit Rücksicht auf den gesellschaftsähnlichen Charakter des Beteiligungsverhältnisses in entsprechender Anwendung der §§ 730 ff BGB zu erfolgen (BGH, Urt. v. 20. Januar 1997, II ZR 192/95, AgrarR 1997, 432, 433; v. 21. April 1997, II ZR 221/95, VIZ 1997, 548; a.A. Brandenburgisches OLG, OLG-NL 1996, 184, 186), so daß der Überschuß entsprechend den Anteilen zu verteilen war (§ 734 BGB). Wenn aber die Umwandlung auch über eine Realisierung des anteiligen Überschusses vollzogen werden konnte, liegt der Gedanke fern, die Trägerbetriebe müßten bei einer Umwandlung ohne Auflösung eine Verschlechterung ihres Beteiligungswerts ohne die Möglichkeit eines Ausgleichs hinnehmen.
5. Dem Beschwerdegericht ist ferner darin zu folgen, daß die für eine bare Zuzahlung vorausgesetzte Disparität der Beteiligungsverhältnisse an der ZBE und der Antragsgegnerin gegeben ist. Zwar ist die Parität der Beteiligungsquote gewahrt, nicht aber die Identität des Beteiligungswerts. Denn die finanzielle Beteiligung der Antragstellerin an der ZBE hat deren gesamtes Vermögen erfaßt, während die finanzielle Beteiligung an der Antragsgegnerin nunmehr auf das Geschäftsguthaben reduziert ist und einen anteiligen Anspruch auf die Rücklagen und das sonstige Vermögen nicht mehr einschließt.
a) Die Trägerbetriebe waren über ihre Anteile an den Fonds entsprechend der Entscheidung der Bevollmächtigtenversammlung am wirtschaftlichen Ergebnis der kooperativen Einrichtung beteiligt (Dehne, AgrarR 1993, 165, 168). Dies gilt insbesondere auch für die Rechtsvorgängerin der Antragstellerin als volkseigenes Gut (VEG). Das Volkseigentum war wertmäßig in dem gleichen Verhältnis „erweitert zu reproduzieren” wie das genossenschaftliche Eigentum der LPG (Krauß u. a., Kommentar zum MSt. (P), 1980, Ziff. 33 Anm. 2). Gewinne waren entsprechend der Beteiligung des Volkseigentums am Gesamtvermögen der KE als Volkseigentum auszuweisen (Ziff. 12 Abs. 1 MStKE 1972; Dehne, aaO S. 167). Die Anteile der übrigen Trägerbetriebe an den Fonds waren ebenfalls auszuweisen (Ziff. 10 Abs. 3 MStKE 1988). Dem haben die von der Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin erstellten jährlichen Saldenbestätigungen nicht entsprochen. Sie enthalten keine Gewinnanteile. Sie geben damit auch keinen Aufschluß über den Stand des Beteiligungskontos und scheiden als Grundlage für die Berechnung der Geschäftsguthaben in der Genossenschaft aus. Der Umwandlungsbeschluß und die Satzung der neuen e.G. können zwar Anzahl und Höhe der Geschäftsanteile autonom bestimmen, nicht aber den Beteiligungswert verringern. Insoweit besteht zwischen der Umwandlung einer KE bzw. ZBE und der Umwandlung einer LPG (vgl. hierzu Senatsbeschl. v. 29. November 1996, BLw 13/96, ZIP 1997, 298 m. Anm. Bayer, EWiR 1997, 375) kein Unterschied. Ob der Vermögenswert der Beteiligung an der KE und an der umgewandelten Genossenschaft gleich ist, ergibt ein Vergleich des auf den Trägerbetrieb entfallenden Anteils am Fondsvermögen der KE mit seinem Geschäftsguthaben. Denn das Geschäftsguthaben stellt den Vermögenswert der Mitgliedschaft in der Genossenschaft dar (Senatsbeschl. v. 29. November 1996, Blw 13/96, aaO), weil diese einen Anspruch auf den Anteil an den Rücklagen und an dem sonstigen Vermögen der Genossenschaft nicht mehr gewährt, der dem Anteilsinhaber als Trägerbetrieb noch zugestanden hat.
b) Den Wert der Beteiligung der Antragstellerin an dem Vermögen der ZBE hat das Beschwerdegericht fehlerfrei anhand der DM-Eröffnungsbilanz auf 445.821,95 DM (richtig: 445.821,93 DM) errechnet. Demgegenüber beläuft sich das Geschäftsguthaben der Antragstellerin im neuen Unternehmen lediglich auf 91.500 DM. Die Differenz ist daher durch bare Zuzahlung auszugleichen, weil ein Ausgleich auf andere Weise weder in dem Umwandlungsbeschluß noch in der Satzung vorgesehen ist.
Der Berechnung anhand der Bilanz ist in der Literatur von Drescher (NL-BzAR 1998, 389, 395) entgegengehalten worden, daß sie auf eine vollständige Zuordnung des Unternehmensvermögens hinauslaufe und dies dem Förderzweck der Genossenschaft widerspreche. Dies verkennt, daß es nicht um eine Zuordnung des Vermögens der KE bzw. ZBE entsprechend § 44 Abs. 1 LwAnpG 1991, sondern um die vollständige Erfassung des vorhandenen Vermögens geht, an dem die Trägerbetriebe in gesellschaftsähnlicher Verbundenheit beteiligt sind. Dies kann aber nur anhand der DM-Eröffnungsbilanz geschehen, die hier zugleich Umwandlungsbilanz ist. Denn diese Bilanz spiegelt ein realistisches Bild der Vermögens- und Finanzlage des Unternehmens wider (Senatsbeschl. v. 23. Oktober 1998, BLw 16/98, ZIP 1999, 107, 109), an der die Trägerbetriebe beteiligt sind. Eine Einschränkung dieser Beteiligung aus Anlaß der Umwandlung hat der Gesetzgeber nicht vorgesehen. Sie kann auch nicht aus Ziff. 56 Abs. 3 MStKE hergeleitet werden, wonach eine Ablösung der Anteile der Trägerbetriebe nicht zur Beeinträchtigung der Aufgaben oder des finanziellen Reproduktionsprozesses der KE führen darf (a.A. Drescher, aaO, S. 398). Denn es geht nicht um eine Ablösung der Anteile, sondern um die Bezifferung ihres Werts. Aus diesem Grund liegen auch alle Überlegungen neben der Sache, die bare Zuzahlung wie einen gesellschaftsrechtlichen Abfindungs- oder Entflechtungsanspruch zu behandeln und am Ertragswert des Unternehmens orientieren zu wollen (Drescher, aaO, S. 396 ff). Zu bestimmen ist nicht die Abfindung bei einem Ausscheiden aus dem Unternehmen, sondern der Wert der Beteiligung bei einem Verbleiben in dem Unternehmen. In Bezug auf diesen Wert hat aber der Gesetzgeber in Kenntnis des in § 1 Abs. 1 GenG enthaltenen Förderauftrags an dem Prinzip der Identität festgehalten. Das damit verbundene Risiko eines etwaigen Kapitalabflusses im Falle der Disparität der Beteiligungsverhältnisse durch bare Zuzahlungen kann durch die Zuweisung so vieler Geschäftsanteile vermieden werden, wie unter Anrechnung des „wahren” Beteiligungswerts als voll eingezahlt gelten. Schließlich scheidet auch eine entsprechende Anwendung der §§ 304, 305 AktG über die Abfindung von außenstehenden Aktionären bei Abschluß eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages (Drescher, aaO, S. 396) aus, weil die Regelungen über die bare Zuzahlung insoweit keine analogiefähige Lücke aufweisen. Eine andere Frage ist, ob der aus der Bilanz ersichtliche Überschuß der Bilanzposten der Aktivseite über die Posten der Passivseite notwendigerweise dem Gesamtbetrag der Geschäftsguthaben entsprechen muß oder in dem Umwandlungsbeschluß bzw. in der Satzung der Genossenschaft nicht von vorneherein eine gesetzliche Rücklage in begrenzter Höhe gebildet werden kann. Dies bedarf hier jedoch keiner Entscheidung, weil eine solche Regelung hier nicht beschlossen worden ist. Insbesondere kann die in dem Umwandlungsbeschluß enthaltene Klausel, wonach „die Vermögensrechte der Mitglieder der ZBE am Vermögen der ZBE … zum Zwecke der Privatisierung in Geschäftsanteile … umgewandelt” werden, entgegen der von dem Genossenschaftsverband vertretenen Ansicht nicht dahin ausgelegt werden, daß damit die in den Saldenbestätigungen ausgewiesenen „Geschäftsguthaben” gemeint sind. Das Statut der ZBE kennt keine „Geschäftsguthaben”, sondern nur „Beteiligungen” an den Fonds. Dementsprechend heißt es in dem Protokoll der Gründungsversammlung der Antragsgegnerin auch zu Punkt 1 d der Tagesordnung, daß „die Beteiligungen der Trägerbetriebe … in Anteile … umgewandelt” werden. Die Beteiligung ist aber nicht identisch mit dem Geschäftsguthaben eines Genossen. Das in der Bilanz ausgewiesene „ungeteilte” Eigenkapital kann auch nicht als gesetzliche Rücklage im Sinne von § 35 Abs. 1 der Satzung der Antragsgegnerin behandelt werden. Abgesehen davon, daß der Betrag die 30 %-Quote bei weitem übersteigt, geht die Satzung in § 35 Abs. 2 davon aus, daß die Rücklage bei Gründung noch nicht erbracht worden ist. Sie sieht nämlich vor, daß „bis zum Erreichen der genannten 30 % … jährlich 10 % vom Jahresüberschuß zuzüglich eines eventuellen Gewinnvortrags bzw. abzüglich eines eventuellen Verlustvortrags in die gesetzliche Rücklage eingestellt” werden.
6. Ohne Erfolg beruft sich die Rechtsbeschwerde schließlich auf Verwirkung oder Verzicht. Die Tatsache, daß die Antragstellerin dem Umwandlungsbeschluß, der Saldenbestätigung, der Festsetzung des Geschäftsguthabens, der Satzung und den späteren Satzungsänderungen sowie der Feststellung der Jahresabschlüsse mit Ausweis der Beteiligungshöhe und der gesetzlichen Rücklagen zugestimmt hat, rechtfertigt weder die Annahme der Verwirkung noch eines Verzichts. Die jeweils zustimmende Stimmabgabe ist ein organschaftlicher Akt, aus dem alleine noch nicht darauf geschlossen werden kann, daß die Antragstellerin auch auf den sich aus dieser Beschlußlage ergebenden individuellen Anspruch auf bare Zuzahlung verzichten wollte. Soweit die Antragsgegnerin mit der Rechtsbeschwerde geltend macht, die Antragstellerin habe ausdrücklich die Nichtgeltendmachung von Abfindungsansprüchen erklärt, handelt es sich um neuen Tatsachenvortrag, der im Rechtsbeschwerdeverfahren keine Berücksichtigung mehr finden kann. Eine Fallgestaltung, wie sie der Senatsentscheidung vom 23. Oktober 1998 (BLw 40/98, zur Veröffentlichung bestimmt) zugrunde liegt, ist nicht gegeben. Für die Annahme eines konkludenten Verzichts ist daher kein Raum. Auch rechtfertigt die Tatsache, daß die Antragstellerin erst in dem Rechtsstreit auf Abfindung aus dem Geschäftsguthaben den Anspruch auf bare Zuzahlung geltend gemacht hat, nicht den Einwand der Verwirkung. Soweit in der Literatur gefordert wird, das „Zeitmoment” bereits dann einsetzen zu lassen, wenn die in § 40 Abs. 1 LwAnpG 1990 für das Ausscheiden aus Anlaß der Umwandlung genannte Zweimonatsfrist nach Eintragung in das Register verstrichen war (Drescher, aaO, S. 399), wird die Unterschiedlichkeit der Ansprüche auf Barabfindung und bare Zuzahlung nicht genügend berücksichtigt. Der Anspruch auf bare Zuzahlung unterliegt keiner Ausschlußfrist, sondern nur der Verjährungsfrist des § 3 b LwAnpG (Senatsbeschl. v. 29. November 1996, BLw 13/96, WM 1997, 890, = AgrarR 1997, 48). Zwar kann Verwirkung schon vor Ablauf der Verjährungsfrist eintreten (MünchKomm-BGB/Roth, 3. Aufl., § 242 Rdn. 379). Ob deswegen das Zeitmoment erfüllt ist, kann aber dahingestellt bleiben, weil jedenfalls keine Umstände vorliegen, welche die verspätete Geltendmachung des Rechts als eine mit Treu und Glauben unvereinbare Härte erscheinen ließen. Sind die Beteiligungswerte bei der Umwandlung verringert worden, muß das Unternehmen mit einer Ausgleichsforderung grundsätzlich auch dann noch rechnen, wenn das Mitglied inzwischen ausgeschieden ist, es sei denn, dieses hätte hierauf ausdrücklich oder konkludent verzichtet.
Daß die Antragsgegnerin durch die bare Zuzahlung wirtschaftlich in eine Krise geraten könnte (vgl. Senatsbeschl. v. 29. November 1996, BLw 13/96, aaO), hat die Rechtsbeschwerde nicht gerügt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 44, 45 LwVG, die Festsetzung des Geschäftswerts auf §§ 33, 34 Abs. 2 LwVG, § 30 Abs. 1, 2 KostO.
Unterschriften
Wenzel, Vogt, Krüger
Fundstellen
Haufe-Index 539741 |
BGHR |
NZG 1999, 785 |
Nachschlagewerk BGH |
VIZ 1999, 629 |
WM 1999, 1120 |
AgrarR 1999, 293 |
AgrarR 1999, 319 |
NJ 1999, 592 |
OVS 1999, 224 |