Entscheidungsstichwort (Thema)
Zahlung einer Abfindung nach dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz
Leitsatz (amtlich)
Der Abfindungsanspruch eines Erbenmitglieds gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 1 LwAnpG 1991 richtet sich gegen diejenige LPG, in deren Vermögen die Leistung gelangt ist, auch wenn der Betrieb nach seinem Ausscheiden einem anderen Erbenmitglied in einer anderen LPG zugeschrieben wurde.
Normenkette
LwAnpG 1991 § 44 Abs. 1 J: 1991
Verfahrensgang
Tenor
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des Landwirtschaftssenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 25. November 1997 wird auf Kosten der Antragsgegnerin, welche dem Antragsteller auch die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu erstatten hat, zurückgewiesen.
Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt 38.871 DM.
Gründe
I.
Der Antragsteller ist Mitglied der Erbengemeinschaft nach seinem 1945 verstorbenen Vater, R. H.. Zur Erbengemeinschaft gehört auch seine Mutter, G. H.. Der Antragsteller trat 1960 in die LPG „G.” W. ein und bewirtschaftete den ehemals väterlichen Betrieb mit einer Bodenfläche von 18,51 ha. Zum 1. Januar 1976 brachte er den Betrieb in die Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin ein und leistete laut Übernahmeprotokoll einen Inventarbeitrag von 14.808 Mark/DDR sowie einen Investbeitrag von 31.467 Mark/DDR durch Geldzahlung und Übergabe von Obst. Er beendete seine landwirtschaftliche Tätigkeit und schied aus der LPG aus. Im Jahr 1978 entstand aus der ehemaligen kooperativen Abteilung Pflanzenproduktion (KAP) die LPG Pflanzenproduktion „W. P.” G. deren Rechtsnachfolgerin die G. A. e.G. ist. Die LPG „M.” G. bestand als LPG (T) „M.” G. fort und befindet sich seit 1. Januar 1992, in Liquidation. Beide LPGen schlossen am 9. Februar 1978 eine Vereinbarung, wonach die LPG (P) „W. P.” von der LPG „M.” G. die Mitgliedschaft aller Mitglieder sowie die Arbeiter aufgrund der bisherigen Delegierung übernimmt. Zu den in einer Anlage dieser Vereinbarung namentlich aufgeführten Mitgliedern gehört auch die Mutter des Antragstellers.
In einem unter dem Aktenzeichen XV…/92 vor dem Landwirtschaftsgericht Döbeln geführten Verfahren haben zuletzt alle Mitglieder der Erbengemeinschaft von der G. A. e.G. die Zahlung einer Bodennutzungsvergütung von 32.207,40 DM verlangt, der Antragsteller darüber hinaus die Zahlung von 25.798,31 DM für Inventar- und Investbeiträge. Mit Schriftsatz vom 10. Februar 1993 haben sie der jetzigen Antragsgegnerin den Streit verkündet. Das Landwirtschaftsgericht hat den Antrag mit Beschluß vom 7. Juli 1993 zurückgewiesen. Die Rechtsbeschwerde der damaligen Antragsteller und der jetzigen Antragsgegnerin, die dem Verfahren auf seiten der Antragsteller als Streithelferin beigetreten war, hat der Senat mit Beschluß vom 22. Februar 1994 (BLw 74/93, AgrarR 1994, 199) zurückgewiesen. Zur Begründung hat der Senat ausgeführt, daß die übrigen Mitglieder der Erbengemeinschaft nach dem vorgetragenen Sachverhalt nie Mitglieder einer LPG gewesen seien. Soweit dies erstmals in der Rechtsbeschwerde behauptet worden sei, handele es sich um einen neuen Tatsachenvortrag, der nicht mehr berücksichtigt werden könne. Was den Antragsteller anbelange, könne offenbleiben, ob er weiter Mitglied der LPG „. M.” geblieben sei; jedenfalls stehe fest, daß er Mitglied der LPG „. M.” war und wegen zwischenzeitlicher Aufgabe seiner landwirtschaftlichen Tätigkeit nicht Gründungsmitglied der LPG „W. P.” sein konnte. Abfindungsansprüche bestünden daher allenfalls gegen die LPG (T) „. M.”.
Der Antragsteller hat nunmehr von der Antragsgegnerin die Zahlung einer Abfindung in Höhe des Inventar- und Investbeitrages von insgesamt 46.275 DM abzüglich bereits zurückgezahlter 7.404 DM, d.h. von insgesamt 38.871- DM nebst Zinsen verlangt. Das Landwirtschaftsgericht hat dem Antrag stattgegeben. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin ist erfolglos geblieben. Hiergegen richtet sich die – zugelassene – Rechtsbeschwerde.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg.
1. Zu Recht hält das Beschwerdegericht den Antragsteller für aktivlegitimiert. Daß der Antragsteller Mitglied der früheren LPG „. M. „war, steht allerdings nicht schon aufgrund der Nebeninterventionswirkung der in Landwirtschaftssachen grundsätzlich zulässigen (Senatsbeschl. v. 22. Februar 1994, BLw 74/93, AgrarR 1994, 199) Streitverkündung im Vorverfahren fest. Denn die entsprechende Feststellung im Senatsbeschluß vom 22. Februar 1994 gehört nicht zu den die Entscheidung tragenden Gründen. Maßgebend war vielmehr nur, daß der Antragsteller nicht Gründungsmitglied der LPG (P) „W. P.” sein konnte, weil er seine landwirtschaftliche Tätigkeit inzwischen aufgegeben hatte. Daß der Antragsteller den ehemals väterlichen Betrieb als Mitglied in die LPG „. M.” einbrachte, hat das Beschwerdegericht jedoch verfahrensfehlerfrei aus dem Übergabeprotokoll vom 1. Januar 1976 hergeleitet. Abgesehen davon, daß ein landwirtschaftlicher Betrieb nur von einem Mitglied eingebracht werden konnte, ist der Antragsteller in dem Protokoll auch ausdrücklich als „übergebendes Genossenschaftsmitglied” aufgeführt. Dies begründet nach der Rechtsprechung des Senats (Beschl. v. 24. November 1993, BLw 63/93, AgrarR 1994, 162) zumindest eine tatsächliche Vermutung im Sinne des Indizienbeweises, daß der Antragsteller den Betrieb als Mitglied eingebracht hat. Dieser Beweis wird nicht dadurch erschüttert, daß das Protokoll offensichtlich rückdatiert wurde, weil es auf spätere Vorgänge am 26. Januar 1976 und am 20. Mai 1976 Bezug nimmt.
2. Das Beschwerdegericht hat weiterhin festgestellt, daß der Antragsteller den Inventarbeitrag von 14.808 Mark/DDR und den Investbeitrag in Höhe von 31.467 Mark/DDR geleistet hat. Diese Feststellung läßt ebenfalls keinen Verfahrensfehler erkennen. Aus welchen Mitteln der Antragsteller die Beiträge aufgebracht hat, ist im Verhältnis zur Antragsgegnerin unerheblich, weil die Leistung in das Vermögen der LPG gelangt ist. Der Abfindungsanspruch ist, entgegen der von der Rechtsbeschwerde vertretenen Auffassung, auch nicht auf seine Mutter, Frau G. H. übergegangen. Daß sie Gründungsmitglied der LPG (P) „W. P.” war und von dieser als Landeinbringerin angesehen wurde, steht der Aktivlegitimation des Antragstellers nicht entgegen, weil sie selbst keinen Inventar- und Fondsausgleichsbetrag geleistet hat. Denn abfindungsberechtigt ist nur das Mitglied, das die Beiträge tatsächlich geleistet hat. Insofern unterscheidet sich das Einrücken in die Rechtsstellung eines ausscheidenden – noch lebenden – Erbenmitglieds von dem Einrücken in die Rechtsstellung des Erblassers, bei dem die Abfindung dem einrückenden Erben zusteht (BGHZ 127, 32-7, 333). Ob und inwieweit das abfindungsberechtigte landeinbringende Mitglied sich allerdings etwaige Rückzahlungen auf den Inventarbeitrag an seinen „Rechtsnachfolger” in der LPG anrechnen lassen muß, kann hier offenbleiben, weil der Antragsteller sie in Abzug gebracht hat.
3. Dem Beschwerdegericht ist weiterhin darin zu folgen, daß die Antragsgegnerin passivlegitimiert ist. § 44 Abs. 1 LwAnpG knüpft die Abfindungsberechtigung an die Mitgliedschaft. Dabei macht das Gesetz keinen Unterschied, ob die Mitgliedschaft in der bei Inkrafttreten des Gesetzes existierenden LPG oder in einer ihrer Rechtsvorgängerinnen bestanden hat. Es geht vielmehr davon aus, daß die auf der Zwangskollektivierung beruhenden Leistungen von Mitgliedern, die mit zur Vermögensbildung der bestehenden LPG beigetragen haben, auszugleichen sind, und zwar unabhängig davon, ob sie gegenüber der LPG oder einer ihrer Rechtsvorgängerinnen erbracht wurden. Es macht den Zeitpunkt der Beendigung der Mitgliedschaft nur zum Kriterium für den Umfang des Anspruchs (Senatsbeschl. v. 8. Dezember 1995, BLw 32/95, AgrarR 1996, 53 WM 1996, 743). Da der Antragsteller vor dem 16. März 1990 aus der Antragsgegnerin ausgeschieden ist, steht ihm gemäß § 51 a Abs. 2 i.V.m. § 44 Abs. 1 Nr. 1 LwAnpG eine Abfindung in Höhe des Werts der gezahlten Inventarbeiträge zu. Der Anspruch richtet sich gegen die Antragsgegnerin als der nach der organisatorischen Trennung von Pflanzen- und Tierproduktion verbliebenen Stamm-LPG (Senatsbeschl. v. 29. November 1996, BLw 30/96, AgrarR 1997, 50 = WM 1997, 888), in der der Antragsteller Mitglied war. Da diese Verpflichtung erst mit Inkrafttreten des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes entstanden ist, kann sie von der LPG (P) „W. P.” nicht im Zuge der Umstrukturierung übernommen worden sein. Sie war nicht Gegenstand der Vereinbarung vom 9. Februar 1978. Etwas anderes hätte nur dann zu gelten, wenn der Antragsteller damals noch LPG-Mitglied gewesen wäre und die Mitgliedschaft auf die LPG (P) „W. P.” übergegangen wäre. Das ist aber nicht der Fall. Dies führt zwar dazu, daß die Antragsgegnerin eine Abfindung für eine Leistung zu gewähren hat, die sich nicht mehr in ihrem Vermögen befindet, ist aber die Folge daraus, daß das Gesetz die Abfindung als Wertbeteiligung ausgestaltet und diese an die Mitgliedschaft und nicht daran geknüpft hat, ob sich die erbrachte Leistung noch in dem Vermögen der LPG befindet.
Einer Zahlungspflicht der Antragsgegnerin steht schließlich nicht entgegen, daß das Liquidationsverfahren noch nicht abgeschlossen ist. Der Hinweis der Rechtsbeschwerde auf § 90 GenG (vgl. dazu Senatsbeschl. v. 1. Juli 1994, BLw 103/93, WM 1994, 1765) verfängt nicht, weil der Antragsteller im Zeitpunkt des Eintritts der Liquidation nicht mehr Mitglied der Antragsgegnerin war. Weitere Einwände werden nicht erhoben.
Nach alledem ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 44, 45 LwVG.
Fundstellen
Haufe-Index 609926 |
FamRZ 1998, 1104 |
VIZ 1998, 529 |
WM 1998, 1655 |
ZAP-Ost 1998, 429 |
ZIP 1998, 1241 |
AgrarR 1998, 348 |
NJ 1998, 540 |
RdL 1998, 244 |
OVS 1998, 319 |