Leitsatz (amtlich)
Erschleicht sich der Käufer einer Ware einen Rabatt, liegt ein Betrug nur dann vor, wenn festgestellt werden kann, daß die Ware zu einem höheren Preis anderweitig ohne einen gleichzeitig höheren Kostenaufwand hätte verkauft werden können (im Anschluß an BGH NStZ 1991, 488).
Normenkette
StPO § 263
Verfahrensgang
LG Stuttgart (Urteil vom 11.08.2003) |
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten S wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 11. August 2003 – gemäß § 357 StPO unter Erstreckung auf den Mitangeklagten T. – nach § 349 Abs. 4 StPO aufgehoben,
- soweit die Angeklagten wegen Betrugs in drei Fällen verurteilt wurden; vom Vorwurf des Betrugs in drei Fällen werden die Angeklagten auf Kosten der Staatskasse freigesprochen, die auch die hierauf entfallenden notwendigen Auslagen der Angeklagten zu tragen hat;
- im Ausspruch über die Gesamtstrafen.
2. Die weitergehende Revision des Angeklagten S. wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die verbleibenden Kosten des Revisionsverfahrens, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Tatbestand
Das Landgericht hat die beiden Angeklagten jeweils wegen Betrugs in drei Fällen und Umsatzsteuerhinterziehung in acht Fällen schuldig gesprochen. Den Angeklagten S hat es zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und den – nicht revidierenden – Angeklagten T zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Die Revision des Angeklagten S. führt zum Freispruch der beiden Angeklagten vom Vorwurf des Betrugs und zur Aufhebung der Gesamtstrafen. Im übrigen ist die Revision des Angeklagten S unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
I.
Nach den Feststellungen des Landgerichts beherrschte der Angeklagte S mehrere – überwiegend in der Rechtsform einer GmbH errichtete – Gesellschaften, die zur sogenannten „S.-Gruppe” zusammengefaßt waren, die jedoch nur über insgesamt 14 Mitarbeiter verfügte. Für vier dieser Gesellschaften erwarb der Angeklagte S unter Mitwirkung des nicht revidierenden Angeklagten T. in den Jahren 1999, 2000 und 2001 von der D AG rund 1800 fabrikneue Fahrzeuge mit erheblichen Mengenrabatten. Der Angeklagte erzielte um 2 bis 9 % höhere Rabatte, als seinerzeit von der D AG üblicherweise Kunden eingeräumt wurden. In den mit der D AG getroffenen Vereinbarungen verpflichtete sich der Angeklagte, die erworbenen Autos nicht vor Ablauf einer Haltezeit von sechs Monaten weiterzuverkaufen. Die Verträge wurden durch das Autohaus G, einen autorisierten Mercedes-Händler vermittelt, der hierfür auch Provisionen erhielt. Diese Halteverpflichtung beachtete der Angeklagte nicht, sondern veräußerte die Fahrzeuge, die etwa zu einem Drittel aus Lagerbeständen kamen, teilweise aber auch als Individualanfertigungen eine Zusatzausstattung für den Verkauf nach Fernost aufwiesen, unter Verletzung der Haltevereinbarung umgehend weiter.
Nach Auffassung des Landgerichts erlitt die D. AG hierdurch einen Schaden in Höhe von 4,14 Mio. DM, weil die Fahrzeuge anderweitig hätten teurer verkauft werden können. Hierin sieht das Landgericht, das die auf der Grundlage jährlich abgeschlossener Mengenrabattabkommen getätigten Bestellungen eines Kalenderjahres zu selbständigen Taten zusammenfaßt, für die Jahre 1999, 2000 und 2001 jeweils einen Betrug zu Lasten der D. AG.
Entscheidungsgründe
II.
Die Verurteilungen wegen Betrugs in drei Fällen begegnen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Dies führt insoweit zur Aufhebung des landgerichtlichen Urteils und zum Freispruch der Angeklagten.
1. Der Senat kann dabei dahinstehen lassen, ob die von den Angeklagten eingegangene Verpflichtung, die Autos nicht vor Ablauf einer Frist von sechs Monaten zu veräußern, möglicherweise unter dem Gesichtspunkt des Art. 81 Abs. 2 EGV unwirksam war. Eine ausdrückliche Freistellung dieser für den Erwerber wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarung enthält weder die GVO 1475/95 (VO [EG] Nr. 1475/05 der Kommission vom 28. Juni 1995, ABl. L 145/25 vom 29. Juni 1995) noch ihre Nachfolgeregelung (VO [EG] Nr. 1400/2002 der Kommission vom 31. Juli 2002, ABl. L 203/30 vom 1. August 2002). Allerdings werden in beiden Verordnungen selektive Vertriebsbindungen als grundsätzlich sachgerecht angesehen (vgl. Erwägungsgrund 4 – GVO 1995; Erwägungsgrund 5 – VO 2002). Dies könnte für die Wirksamkeit der durch entsprechende Haltevereinbarungen bewirkten Begrenzung des Händlernetzes sprechen. Letztlich kann diese Frage aber ebenso offen bleiben, wie die Frage einer Wirksamkeit der „Übergrenzprovisionen” und ihrer etwaigen Fehlerfolge auch im Blick auf das Vertragsverhältnis zwischen der D. AG und der Firmengruppe des Angeklagten S. (vgl. Art. 6 Nr. 7 GVO 1995; Art. 5 Abs. 2 lit. b VO 2002). Für solche Ausgleichszahlungen zugunsten der örtlichen Vertragshändler der D. AG wurde der Angeklagte S. in Anspruch genommen und hat diese teilweise auch erbracht.
2. Die Verurteilungen wegen Betrugs können jedenfalls deshalb keinen Bestand haben, weil das Landgericht zu Unrecht einen Vermögensschaden im Sinne des § 263 StGB angenommen hat.
a) Das Landgericht hat festgestellt, daß die der „S.-Gruppe” überlassenen Fahrzeuge mit einem höheren Rabatt als für Einzelkunden üblich verkauft wurden. Aus der Differenz zwischen dem durchschnittlichen Rabatt für Einzelkunden und den der „S.-Gruppe” eingeräumten Rabatten errechnet das Landgericht den Schaden, wobei es von dieser Summe 10 % abzieht, weil in dieser Größenordnung Fahrzeuge auch an andere Mengenrabattkunden geliefert worden wären. Der so vom Landgericht ermittelte Schaden beträgt 4,14 Mio. DM. Es nimmt dabei – gestützt auf Einschätzungen von zwei als Zeugen gehörten leitenden Mitarbeitern des Verkaufs der D. AG – an, daß die an die „S.-Gruppe” verkauften Autos mit aller Wahrscheinlichkeit auch an Einzelkunden in Deutschland hätten veräußert werden können.
b) Damit bestimmt das Landgericht den Vermögensschaden im Sinne des § 263 StGB nicht rechtsfehlerfrei.
aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erleidet der Verkäufer, der aufgrund einer Täuschung einen Sonderrabatt einräumt, nicht ohne weiteres in Höhe des erschlichenen Rabatts einen Schaden (BGH NJW 1993, 2992 f.; NStZ 1991, 488; MDR (H) 1981, 100). Da der Rabatt regelmäßig lediglich die Gewinnmarge aus dem Geschäft vermindern wird, bedingt die Rabattgewährung grundsätzlich nur eine reduzierte Vermögensvermehrung. Die bloße Vereitelung einer Vermögensvermehrung begründet aber keinen Betrug im Sinne des § 263 StGB (BGHR StGB § 263 Abs. 1 Vermögensschaden 8; vgl. auch schon RGSt 41, 373, 375; 64, 181 f.). Entscheidend ist für die Tatbestandserfüllung beim (Eingehungs-)Betrug nämlich, daß der Verfügende aus dem Bestand seines Vermögens aufgrund der Täuschung mehr weggibt als zurückerhält (BGHSt 16, 220, 223 im Anschluß an RGSt 9, 362).
Etwas anderes gilt aber dann, wenn die unterlassene Vermögensmehrung sich nicht nur auf eine tatsächliche Erwerbs- oder Gewinnaussicht bezieht, sondern bereits so verdichtet ist, daß ihr der Geschäftsverkehr deswegen bereits wirtschaftlichen Wert beimißt, weil sie mit Wahrscheinlichkeit einen Vermögenszuwachs erwarten läßt (BGHSt 17, 147, 148; vgl. auch BGHSt 20, 143, 145; 31, 232, 234 zur Untreue). Dann erstarkt nämlich die Geschäftschance selbst zum Vermögenswert, welcher dann – und hierin liegt der Vermögensschaden im Sinne des § 263 StGB – durch die Täuschungshandlung beeinträchtigt wird.
Ob ein Vermögensschaden im Falle einer Täuschungshandlung, die zur Einräumung eines Sonderrabatts geführt hat, eingetreten ist, muß durch einen Vergleich der Vermögenslage vor und nach Abschluß des Vertrages bestimmt werden. Dabei sind die beiderseitigen Vertragsverpflichtungen zu vergleichen. Nur wenn der Wert des Anspruchs auf die Leistung des Täuschenden (hier: der vom Angeklagten zu entrichtende Kaufpreis) hinter dem Wert der Verpflichtung zur Gegenleistung des Getäuschten (hier: der Wert der gelieferten Autos) zurückbleibt, ist der Getäuschte geschädigt (BGH NStZ 1991, 488).
Entscheidend ist dabei die Bestimmung des Werts der Fahrzeuge. Dieser ist grundsätzlich anhand des Verkaufspreises der betreffenden Umsatzstufe am Markt zu ermitteln (so BGH aaO), wobei allerdings nur solche (hypothetischen) Umsatzerlöse zu berücksichtigen sind, die bei einem anderweitigen Verkauf wahrscheinlich zu realisieren gewesen wären. Wird der Verkaufspreis einer nachgelagerten Handelsstufe – wie hier: derjenige an den Einzelkäufer – dazu in Bezug gesetzt, muß einmal eine Wahrscheinlichkeit dafür bestehen, daß eine entsprechende Anzahl von Einzelkäufern tatsächlich die Autos zu dem höheren Preis abnehmen. Es muß aber weiterhin, weil die Schadensbestimmung beim Betrug einen Gesamtvermögensvergleich voraussetzt (vgl. Cramer in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 263 Rdn. 99 f. m.w.N.), auch der zusätzliche Kostenaufwand mit berücksichtigt werden, der durch den Vertrieb in der nachgelagerten Handelsstufe entsteht (Inseratskosten, erhöhte Vorhaltekosten im Ladenlokal, Vertriebskosten).
bb) Diesen Maßstäben genügt das landgerichtliche Urteil schon deshalb nicht, weil es die einzelnen Handelsstufen nicht abschichtet. Die Firmengruppe des Angeklagten kann als Abnehmer einer erheblichen Zahl von Fahrzeugen (insgesamt etwa 1800), die letztlich – ungeachtet der Halteverpflichtung von sechs Monaten – dem Weiterverkauf zugeführt werden sollten, nicht einem Einzelkäufer gleichgestellt werden und wurde dies – wie die Aushandlung der Verträge mit der D Vertriebsorganisation Deutschland (DCVD) zeigt – auch tatsächlich nicht. Dann aber hätten die Ersparnisse im vertrieblichen Aufwand, die mit dem Geschäftsabschluß mit solchen Mengenkunden verbunden sind, bei der Schadensbestimmung gegengerechnet werden müssen. Dies hat das Landgericht unterlassen.
Im übrigen kann auch die Beweiswürdigung des Landgerichts zum Vermögensschaden keinen Bestand haben, weil das Landgericht seine Folgerung, die Fahrzeuge hätten auch an Einzelkunden mit geringeren Rabatten verkauft werden können, nicht belegt hat. Letztlich übernimmt das Landgericht dabei nur Behauptungen der als Zeugen einvernommenen Mitarbeiter der DCVD. Tatsachen, die diese Hypothese hätten stützen können, werden nicht mitgeteilt. Soweit das Landgericht auf die Rabattpraxis gegenüber den bisherigen Einzelkunden verweist, ist dieser Vergleich nicht aussagekräftig. Der Kundenkreis für entsprechend hochpreisige Autos ist zwangsläufig endlich. Dies impliziert aber gleichzeitig, daß nicht ohne weiteres unterstellt werden kann, weitere Kunden würden zusätzliche Autos zu gleichen Rabattkonditionen kaufen. Einen Nachfrageüberhang, der möglicherweise eine solche Einschätzung rechtfertigen könnte, hat das Landgericht nicht festgestellt. Insoweit fehlen auch sämtliche Anhaltspunkte. Die vom Landgericht angenommene Absatzfähigkeit der Autos erweist sich damit nicht als tragfähige Schlußfolgerung, sondern als bloße Vermutung ohne den notwendigen Beleg durch Tatsachen. Hierauf kann eine Verurteilung nicht gestützt werden (BGHR StPO § 261 Überzeugungsbildung 26).
3. Der Senat sieht insoweit von einer Zurückverweisung der Sache an das Landgericht ab und spricht die Angeklagten vom Vorwurf des Betrugs frei, weil angesichts der Besonderheiten des vorliegenden Falls nicht zu erwarten ist, daß noch Feststellungen getroffen werden können, die eine Verurteilung wegen Betrugs tragen würden.
a) Es ist nicht ersichtlich, wie ein neuer Tatrichter unter Berücksichtigung des Zweifelssatzes wird feststellen können, daß für die an die Firmengruppe S verkauften Fahrzeuge zusätzliche Kunden hätten gefunden werden können, die diese Autos auch zu dem für andere Kunden üblichen Preis abgenommen hätten. Der neue Tatrichter müßte sich dabei in einem völlig spekulativen Umfeld bewegen, weil diese „Kunden” in ihrer Individualität überhaupt nicht feststellbar sind und auch die Marktverhältnisse nicht ohne weiteres den Schluß zulassen, die Autos hätten anderweitig verkauft werden können. Insoweit unterscheidet sich die hier gegebene Sachverhaltskonstellation von der Fallgestaltung, die der Entscheidung des Senats vom 23. September 1980 zugrunde lag (BGH MDR(H) 1981, 100). Dort hatte der Angeklagte zum Zweck des Exports Medikamente mit 50 % Rabatt vom Hersteller angekauft, diese dann aber im Inland bei Großhändlern abgesetzt. Für die Besonderheit des jedenfalls auf kürzere Zeit starren Arzneimittelmarkts, der durch einen konstanten Bedarf für bestimmte Produkte gekennzeichnet ist, hat der Bundesgerichtshof eine solche konkrete – zu einem Vermögenswert erstarkte – Gewinnerwartung gesehen, die Medikamente an den Großhandel zu den gewöhnlichen Preisen abzusetzen. Solche Spezifika weist der Automobilmarkt jedoch nicht auf. Zum einen sind schon die Produkte austauschbar, weil der Kunde regelmäßig auch auf vergleichbare Konkurrenzprodukte ausweichen kann. Zum anderen wird der Kunde häufig auch seine Kaufabsicht zurückstellen können. Eine nur annähernd sichere Prognose dahingehend, es hätten sich noch weitere Kunden finden lassen, die solche Autos zu den sonst üblichen Rabattkonditionen erworben hätten, wird sich deshalb nicht treffen lassen. Es wird sich auch nicht klären lassen, ob die D. AG den Kundenkreis des Angeklagten unmittelbar und ohne nennenswerten Aufwand selbst hätte erreichen können.
Es mag einen betriebswirtschaftlichen Erfahrungssatz geben, daß grundsätzlich durch Rabattaktionen der Absatz gesteigert werden kann. Möglicherweise hätte sich zu einem höheren Rabatt, als bislang durchschnittlich gewährt wurde – der aber immer noch unter dem der „S.-Gruppe” eingeräumten läge – eine größere Anzahl an Fahrzeugen verkaufen lassen. Aber auch dieser Ansatz ist spekulativ und im Blick auf den Zweifelssatz für das Strafverfahren ohne Erkenntniswert. Es läßt sich nämlich schon nicht feststellen, ob D. aus unternehmenspolitischen Erwägungen überhaupt zu einer solchen Maßnahme gegriffen hätte. Ebenso wenig würden sich der Kostenaufwand und der Ertrag einer solchen fiktiven Aktion sicher einschätzen lassen. Damit wäre eine Beweisführung, die auf einem derartigen Erfahrungssatz aufbaute, ohne Aussicht auf Erfolg. Vielmehr dürfte ein betriebswirtschaftlicher Erfahrungssatz mit umgekehrter Zielrichtung bestehen. Danach ist nämlich zu vermuten, daß ein Hersteller seine Marktchancen optimal wird nutzen wollen. Dies beinhaltet auch, daß er Mengenrabatte nur dann geben wird, wenn sich das für ihn als lohnend darstellt. Schon dieser Gedanke spricht dafür, daß die D. AG nicht über zusätzliche Kunden verfügt hat, die einen sicheren (und gleichermaßen kostengünstigen) Absatz an Einzelkunden ermöglicht hätten.
b) Dies belegt auch folgende Überlegung: Hätte der Angeklagte mit seiner Firmengruppe die Halteverpflichtung erfüllt, wäre die Gesamtsituation für die D. AG nicht wesentlich anders gewesen. Die – im übrigen für den tatsächlichen Betrieb im Straßenverkehr gar nicht versicherten –Fahrzeuge wären nämlich alsbald ohnehin auf den Markt gelangt, wenn auch mit höheren Vorhaltekosten belastet. Aus wirtschaftlicher Sicht liegt deshalb der für die D AG eingetretene Schaden nicht in einem nicht näher feststellbaren Rabattverlust, sondern in einer Beeinträchtigung ihres selektiven Vertriebssystems. Ein solcher Schaden ist aber in dem für die Erfüllung des Betrugstatbestandes notwendigen Umfang nicht quantifizierbar (vgl. hierzu Tiedemann in LK 11. Aufl. § 263 Rdn. 159; Tröndle/Fischer, StGB 51. Aufl. § 263 Rdn. 72 m.w.N.). Zudem wäre ein entsprechender Vorteil des Angeklagten hierzu nicht stoffgleich (vgl. BGHSt 34, 379, 391 f.), weil der Angeklagte aus den eingeräumten Rabatten, nicht aber aus der Beeinträchtigung des selektiven Vertriebssystems profitierte, welches durch die Kontrollierbarkeit der Absatzkanäle und ihre Verläßlichkeit für die regionalen Verkaufsniederlassungen geprägt ist.
c) Durchgreifende Zweifel an einer Nachweisbarkeit der Betrugstaten könnten sich zudem im Hinblick auf die Kenntnis der Bevollmächtigten der D. AG über die Weiterverkaufsabsichten des Angeklagten ergeben. In einer neuen Hauptverhandlung müßte nämlich gleichfalls neu beurteilt werden, ob sich dann ein stillschweigendes Einverständnis zwischen Verantwortlichen der D. AG und dem Angeklagten ausschließen ließe. Dies müßte der neue Tatrichter aufgrund einer – vom Landgericht nur unzureichend durchgeführten – Gesamtwürdigung sämtlicher Umstände prüfen. Auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen könnten für eine Kenntnis von Bevollmächtigten der D. AG von den Verletzungen der Haltevereinbarung folgende Gesichtspunkte sprechen: Der erhebliche Umfang der Bestellungen mag schon aus Gründen der Kundenpflege nahegelegt haben, nähere Informationen über die „S.-Gruppe” einzuholen, die unschwer die Unmöglichkeit einer auch nur befristeten Eigennutzung durch deren Mitarbeiter erbracht hätte. Weiterhin könnte auf eine entsprechende Kenntnis hindeuten, daß die von Mitarbeitern des Autohauses G. vorgenommenen Neuzulassungen aufgrund eines Versicherungsvertrages erfolgten, der einen vom Fahrzeugtyp unabhängigen Pauschalbetrag vorsah und der von der beiderseitigen Geschäftsgrundlage ausging, die Fahrzeuge nicht am öffentlichen Straßenverkehr teilnehmen zu lassen. Es müßte weiterhin bedacht werden, daß die Autos teilweise mit einer sogenannten „Fernost-Ausstattung” versehen waren, was einen alsbaldigen Weiterverkauf nach Asien aufdrängte. Hierfür könnte auch ein Vermerk schon aus dem Jahr 1998 sprechen, der die Zustimmung des Gebietsmanagers der DCVD zum Export eines Fahrzeuges nach Japan dokumentierte. Schließlich hätte bedacht und in die Gesamtwürdigung eingestellt werden müssen, daß sich ab dem Jahre 2000 die Fälle häuften, in denen sogenannte Übergrenzprovisionen vor allem aus fernöstlichen Ländern für die Exporte dorthin außerhalb des vorgesehenen Vertriebswegs geltend gemacht wurden (bis Ende 2000: 14; bis Ende Juni 2001: weitere 47); dennoch kam es bis Ende Oktober 2001 zu Fahrzeuglieferungen an den Angeklagten, obwohl das Phänomen derartiger Parallelexporte der D AG bereits bekannt war. Könnte ein neuer Tatrichter unter Würdigung dieser Umstände eine jedenfalls stillschweigende Übereinkunft zwischen dem Angeklagten und dem mit ihm verhandelnden Bevollmächtigten von D nicht ausschließen, würde es nicht nur an einem Vermögensschaden, sondern schon an einer Irrtumserregung im Sinne des § 263 StGB fehlen.
4. Der Teilfreispruch führt zu einer Aufhebung der Gesamtstrafe. Die übrigen Einzelstrafen wegen Umsatzsteuerhinterziehung, die von dem vorgenannten Mangel nicht beeinflußt sind, können bestehen bleiben.
III.
Der Teilfreispruch war gemäß § 357 StPO auf den nicht revidierenden Mitangeklagten T zu erstrecken, weil der die Aufhebung begründende Rechtsfehler diesen in gleicher Weise betraf. Da der Nichtrevident hierdurch im Vergleich zu der von ihm nicht angefochtenen Verurteilung unmittelbar besser gestellt wird und als Ergebnis einer neuen Hauptverhandlung eine beträchtliche Reduzierung der gegen ihn verhängten Gesamtstrafe sicher zu erwarten hat, bedurfte es seiner Anhörung vor der Entscheidung nach § 357 StPO hier nicht.
Unterschriften
Harms, Basdorf, Raum, RiBGH Dr. Brause ist wegen urlaubsbedingter Abwesenheit an der Unterschrift gehindert. Harms, Schaal
Fundstellen
Haufe-Index 2558282 |
NJW 2004, 2603 |
NStZ 2004, 557 |
Nachschlagewerk BGH |
ZAP 2004, 1089 |
wistra 2004, 384 |
JuS 2005, 81 |
NJW-Spezial 2004, 232 |
NPA 2005, 0 |
RÜ 2004, 484 |
StV 2004, 539 |
StraFo 2004, 323 |
LL 2004, 681 |