Verfahrensgang
LG Bonn (Urteil vom 18.11.2019; Aktenzeichen 668 Js 84/9 21 KLs 14/19) |
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bonn vom 18. November 2019, soweit es ihn betrifft und er verurteilt ist, aufgehoben in den Aussprüchen über
- die Einzelstrafen in den Fällen II.2.d) (Fall 3) und II.2.e) (Fall 4) der Urteilsgründe sowie
- die Gesamtstrafe.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freispruch im Übrigen wegen „Einbruchdiebstahls in eine dauerhaft genutzte Privatwohnung” in zwei Fällen, davon in einem Fall versucht, jeweils in Tateinheit mit Sachbeschädigung, versuchten Diebstahls sowie wegen Betrugs in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Die hiergegen gerichtete, auf die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg. Im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Rz. 2
1. Die Revision des Angeklagten führt auf die Sachrüge zur Aufhebung im Strafausspruch zu den Einzelstrafen in den beiden in der Beschlussformel genannten Fällen. Das Landgericht hat die Voraussetzung des Strafmilderungsgrundes der Aufklärungshilfe nach § 46b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB nicht geprüft, obwohl nach den Urteilsgründen dazu Anlass bestand.
Rz. 3
Das Landgericht hat bei der Strafzumessung ausgeführt, der Angeklagte habe frühzeitig im Haftprüfungstermin vom 11. Juni 2019 die Tat im Fall 3 voll umfänglich und im Fall 4 im Wesentlichen eingestanden, „wobei er damals wie heute den Mitangeklagten als Mittäter entsprechend den Feststellungen der Kammer bezeichnet” habe. Auch im Rahmen der Beweiswürdigung hat die Strafkammer als Beleg für den jeweils festgestellten Tatbeitrag des Mitangeklagten F. J. maßgeblich auf die Angaben des Angeklagten abgestellt.
Rz. 4
2. Da der dargestellte Haftprüfungstermin vor dem Eröffnungsbeschluss vom 29. Juli 2019 stattfand, hätte das Landgericht bereits bei der Bestimmung des Strafrahmens erörtern müssen, ob die Aufklärungshilfe des Angeklagten eine im Ermessen des Tatgerichts stehende Strafrahmenverschiebung nach § 46b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB i.V.m. § 100a Abs. 2 Nr. 1 Buchst. j) StPO als vertypter Strafmilderungsgrund ermöglicht (vgl. BGH, Beschlüsse vom 30. Januar 2020 – 1 StR 467/19, juris Rn. 6; vom 14. November 2019 – 5 StR 525/19, juris Rn. 4; vom 16. November 2017 – 3 StR 460/17, juris Rn. 18).
Rz. 5
Der Erörterungsmangel führt zur Aufhebung dieser beiden Einzelstrafen. Der Senat kann nicht ausschließen, dass sich der aufgezeigte Rechtsfehler auf die Strafzumessung bei diesen ausgewirkt hat. Ihr Wegfall entzieht der Gesamtstrafe die Grundlage.
Rz. 6
Der Rechtsfehler betrifft nur die in den Fällen 3 und 4 verhängten Einzelstrafen sowie die Gesamtstrafe. Die – gewerbsmäßigen – Betrugstaten des Angeklagten (Fälle 1 und 2) sowie der versuchte „Einbruchdiebstahl” (Fall 5) weisen als weitere Anlasstaten nicht den erforderlichen Zusammenhang zu den Fällen 3 und 4 auf. Es fehlt an einem kriminellen Gesamtgeschehen, bei dem ein inhaltlicher Bezug zwischen den offenbarten Katalog- und den weiteren Anlasstaten besteht (vgl. BGH, Beschlüsse vom 12. Oktober 2017 – 1 StR 15/17, juris Rn. 4; vom 3. März 2015 – 3 StR 595/14, juris Rn. 9; vom 25. November 2014 – 5 StR 527/14, juris Rn. 5; SSW-StGB/Eschelbach, 4. Aufl., § 46b Rn. 22; Matt/Renzikowski/Bußmann, StGB, 2. Aufl., § 46b Rn. 4; Schönke/Schröder/Kinzig, StGB, 30. Aufl., § 46b Rn. 7b; BT-Drucks. 17/9695 S. 8 f. mwN). Auch der lose Zusammenschluss von latent tatgeneigten Personen in den Fällen 3 und 4 bzw. 5 genügt dem Zusammenhangserfordernis in § 46b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB nicht (vgl. BGH, Beschluss vom 25. November 2014 – 5 StR 527/14, juris Rn. 5).
Rz. 7
3. Die Feststellungen haben Bestand, weil es sich bei dem zur Aufhebung führenden Rechtsfehler um einen reinen Wertungsfehler handelt und die Feststellungen hiervon nicht berührt sind (vgl. § 353 Abs. 2 StPO); sie können um solche ergänzt werden, die den bisherigen nicht widersprechen.
Unterschriften
Franke, Krehl, Zeng, Schmidt, Wenske
Fundstellen
Dokument-Index HI13965836 |