Entscheidungsstichwort (Thema)
schwere räuberische Erpressung
Tenor
Der Antrag des Antragstellers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Einlegung der Revision gegen das Urteil des Landgerichts Passau vom 10. November 1995 wird verworfen.
Gründe
Das Landgericht hat den Antragsteller am 10. November 1995 wegen schwerer räuberischer Erpressung in zwei Fällen zur Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren und neun Monaten verurteilt. Dieser hat auf Rechtsmittel hiergegen verzichtet; das Urteil wurde am Tage der Verkündung rechtskräftig. Am 14. Juni 2000 hat der Antragsteller zu Protokoll der Geschäftsstelle des Amtsgerichts Straubing Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Revision beantragt.
Der Antragsteller macht geltend, er sei zum Rechtsmittelverzicht durch Täuschung bestimmt worden. Sein damaliger Verteidiger habe ihm nach Rücksprache mit dem Vorsitzenden der Strafkammer und der Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft gesagt, er könne „auf sicher” davon ausgehen, daß „bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen im üblichen Rahmen während des Strafvollzuges § 456a StPO zum Halbstrafenzeitpunkt zur Anwendung komme, wenn er auf Rechtsmittel verzichte”. Von der Nichteinhaltung des von ihm darin gesehenen Versprechens will er erst durch Zustellung eines Beschlusses des Oberlandesgerichts München vom 19. Mai 2000 erfahren haben. Dieser ist in einem Verfahren nach den §§ 23 ff. EGGVG ergangen, in welchem der Antragsteller die Ablehnung der Staatsanwaltschaft angegriffen hatte, von der weiteren Strafvollstreckung gegen ihn nach § 456a StPO abzusehen.
Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist unbegründet. Der Antragsteller hat die Revisionseinlegungsfrist nicht unverschuldet versäumt (vgl. § 44 StPO). Vielmehr hat er durch den erklärten Rechtsmittelverzicht die Rechtskraft des ihn verurteilenden Erkenntnisses herbeigeführt. Dieser Rechtsmittelverzicht ist wirksam. Die dahingehende Erklärung ist grundsätzlich unwiderruflich und unanfechtbar (vgl. zuletzt Senat, StV 2000, 542, 543 m.w.N.). Ein Fall der unzulässigen Willensbeeinflussung des Erklärenden, die ausnahmsweise anderes bewirken kann (vgl. BGH aaO), liegt nach dem eigenen Sachvortrag des Antragstellers nicht vor. Danach soll die ihm durch seinen Verteidiger übermittelte Erklärung des Vorsitzenden der Strafkammer und der Vertreterin der Staatsanwaltschaft den Vorbehalt enthalten haben, „bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen” komme „im üblichen Rahmen” § 456a StPO zum Halbstrafenzeitpunkt zur Anwendung. Der Antragsteller behauptet mithin keine feste Zusage; es ging vielmehr um eine Einschätzung. Aus enttäuschten Erwartungen kann die Unwirksamkeit eines Rechtsmittelverzichts indessen nicht hergeleitet werden (BGH StV 1994, 64; NStZ-RR 1997, 173 f.; StV 2000, 542, 543).
Nach allem bedarf nicht der Klärung, ob der Vorsitzende der Strafkammer und die Vertreterin der Staatsanwaltschaft die behaupteten Äußerungen tatsächlich abgegeben haben. Dagegen dürfte hier schon sprechen, daß der Antragsteller seine dahingehende Darstellung weder in seiner Beschwerde gegen den Ablehnungsbescheid der Staatsanwaltschaft noch in seinem Antrag im Verfahren nach den §§ 23 ff. EGGVG vorgetragen hatte.
Der Senat bemerkt weiter, daß der Beschluß des Oberlandesgerichts München vom 19. Mai 2000 – 3 VAs 16/00 –, der im Verfahren nach den §§ 23 ff. EGGVG ergangen ist, und demzufolge auch die Entschließung der Staatsanwaltschaft zu einem etwaigen Absehen von der weiteren Vollstreckung der Strafe bei Auslieferung und Ausweisung (gemäß § 456a StPO) nicht der Nachprüfung durch den Bundesgerichtshof unterliegen. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts ist insoweit endgültig (§ 29 Abs. 1 Satz 1 EGGVG).
Unterschriften
Schäfer, Nack, Schluckebier, Kolz, Schaal
Fundstellen
Haufe-Index 511568 |
NStZ 2001, 220 |