Entscheidungsstichwort (Thema)
Abfindungsanspruch. Zuordnung. LPG. Nachfolgeunternehmen. Teilung. Teilungsplan. Zuweisung. Verbindlichkeiten. Vermögenswerte. Aufteilung. Gesamtschuldner
Leitsatz (amtlich)
Die aus einer Teilung einer LPG hervorgegangenen neuen Unternehmen haften nach § 11 Abs. 2 S. 2 LwAnpG gesamtschuldnerisch für Verbindlichkeiten der LPG aus Abfindungsansprüchen nach § 44 LwAnpG, wenn der Teilungsplan keine ausdrückliche Regelung über die Zuweisung dieser Verpflichtungen enthält und eine solche Zuweisung auch nicht durch Auslegung bestimmt werden kann.
Normenkette
LwAnpG § 5 Abs. 1, § 11 Abs. 2 S. 2, § 44
Verfahrensgang
Brandenburgisches OLG (Beschluss vom 27.01.2005; Aktenzeichen 5 W(Lw) 21/03) |
AG Königs Wusterhausen (Beschluss vom 20.05.2003; Aktenzeichen 5 Lw 12/93) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Landwirtschaftssenats des OLG Brandenburg v. 27.1.2005 wird auf Kosten der Antragsgegnerin zu 1), die den Antragstellern auch die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu erstatten hat, zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 80.720,81 EUR.
Gründe
I.
Die Antragsteller machen ggü. den Antragsgegnerinnen Abfindungsansprüche nach dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz geltend. Sie sind die Erben des am 8.6.2004 verstorbenen P. H. (nachfolgend: Erblasser)
Der Erblasser brachte mit Wirkung zum 1.1.1960 seinen Betrieb und einen Inventarbeitrag in eine LPG ein. Nach der Trennung der Tier- und der Pflanzenproduktion war der Erblasser Mitglied in der LPG (P) W. .
Die Umwandlung der LPG in die Rechtsform der eingetragenen Genossenschaft sollte in Stufen erfolgen. Am 23.11.1990 einigten sich die Vorstände der LPG (T) W., der LPG (T) S. und der LPG (P) W. dahin, dass die Tier- und die Pflanzenproduktion wieder zusammengeführt, die durch den Zusammenschluss entstandene LPG danach in zwei örtlich getrennte LPGen aufgeteilt und diese anschließend in die Form eingetragener Genossenschaften umgewandelt werden sollten.
Am 19.12.1990 vormittags fanden drei Mitglieder-versammlungen der sich zusammenschließenden LPGen statt, in denen der Zusammenschluss beschlossen wurde. Am späten Nachmittag desselben Tages beschloss die Mitgliederversammlung der zusammengeschlossen LPG die Teilung in die LPG S. und die LPG W. . Nach dem Protokoll wurden der Teilungsplan und der Bericht zur Teilung vor der Abstimmung verlesen. Der Teilungsplan enthält u.a. folgende Bestimmungen:
"2) Die Übertragung der Teile des Vermögens der übertragenden LPG geschieht wie folgt:
Die bisherigen Mitglieder der LPG W./S. üben das Wahlrecht aus, ob sie sich der LPG W. oder der LPG S. anschließen. Hierüber verhält sich die als Anlage ... beigefügte Erklärung der Mitglieder. Mit Ausübung des Wahlrechts ist das Vermögen der übertragenden LPG jeweils als Gesamtheit entsprechend der Entscheidung der Mitglieder auf die LPG W. oder die LPG S. übergegangen. In Anbetracht der gleichzeitigen Umwandlung der LPG W. und S. in zwei eingetragene Genossenschaften mbh ist der Erwerb der Mitgliedschaften in § 3 der Statuten der neuen eGmbH geregelt.
3) Der Erwerb der Anteile an den neuen LPG'en geschieht automatisch durch Ausübung des Wahlrechts. Eine weitere Möglichkeit Mitglied an den neuen LPG'en zu werden, ist nicht vorgesehen. In Anbetracht der gleichzeitig vorgenommenen Umwandlung der LPG'en in eGmbH's verhält sich über den Erwerb der Mitgliedschaft § 3 des beigefügten Statuts. Mitglied werden danach diejenigen Mitglieder der LPG'en, welche umgewandelt werden sowie diejenigen, die ihren Beitritt gesondert erklärt haben. Den Beitritt hat der Vorstand mit Beschluss zuzulassen.
Wird das Wahlrecht nicht ausgeübt, ergibt sich die Zuordnung vorbehaltlich einer Kündigung, durch das Wohnortprinzip entsprechend beigefügter Anlage ... und den dort schraffierten Flächen.... .
6) Die Beschreibung und Aufteilung der Gegenstände des Aktiv- und Passivvermögens der LPG W./S. auf die LPG'en W. und S. ist der diesem Teilungsplan beigefügten Anlage ... zu entnehmen.
7) Die Aufteilung der Anteile und Mitgliedschaftsrechte der Mitglieder auf die LPG'en W. und S. ergibt sich aus der Anlage ... zu diesem Teilungsplan.
... ."
Am späten Abend beschlossen die Mitgliederversammlungen der beiden LPGen entsprechend einem vorgelegten Satzungsentwurf die Umwandlung in die Rechtsform der eingetragenen Genossenschaft. Am 29.7.1993 wurden die Antragsgegnerinnen in das Genossenschaftsregister eingetragen.
Der Erblasser schied nach Kündigung im Einvernehmen mit dem Vorstand mit Wirkung zum 31.12.1990 aus der LPG aus.
Die Mitgliederversammlung der Antragsgegnerin zu 2) beschloss am 1.11.2002 die Liquidation.
Das Landwirtschaftsgericht hat den Antrag auf Zahlung von 80.721,80 EUR nebst Zinsen zurückgewiesen. Das OLG - Landwirtschafts-senat - hat den Antragstellern gegen beide Antragsgegnerinnen einen Anspruch auf Abfindung nach dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz dem Grunde nach zuerkannt.
Mit der - zugelassenen - Rechtsbeschwerde erstrebt die Antragstellerin zu 1) die Wiederherstellung der Entscheidung des Landwirtschaftsgerichts.
II.
Das Beschwerdegericht hält die Umwandlung nicht für gescheitert, da die Beschlüsse der Mitgliederversammlungen v. 18. und 19.12.1990 auf eine nach § 22 LwAnpG zulässige Strukturänderung von LPGen durch Zusammenschluss, Teilung und Formwechsel gerichtet gewesen seien. Die Beschlüsse hätten auch keine Mitgliederverdrängung herbeigeführt, da jedem Mitglied die Fortsetzung der Beteiligung in einem der Nachfolgeunternehmen nach seiner Wahl frei gestanden habe.
Die Antragsgegnerinnen hafteten als Gesamtschuldner für die Abfindungsansprüche ausgeschiedener Mitglieder, da sich eine Zuweisung dieser Ansprüche auf jeweils eine der beiden Rechtsnachfolgerinnen durch Auslegung des Teilungsplanes nicht ermitteln lasse. Eine solche Zuweisung ergebe sich auch nicht aus dem Territorialprinzip. Zwar seien die Ansprüche der Mitglieder für die Vermögensauseinandersetzung nach dem Territorialprinzip ermittelt worden. Jedoch sei die Zuordnung der Vermögenswerte nicht danach erfolgt.
III.
Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung stand.
1. Zutreffend - und von der Rechtsbeschwerde auch nicht angegriffen - ist das Beschwerdegericht davon ausgegangen, dass die Beschwerdeführerin aus einer mehrstufigen Umwandlung nach den Vorschriften des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes auch aus der LPG (P) W. hervorgegangen ist, in der der Erblasser jedenfalls bis zu den Beschlüssen v. 19.12.1990 Mitglied war.
Die Umwandlung ist mit den Eintragungen der Antragsgegnerinnen in das Genossenschaftsregister entsprechend § 37 Abs. 3 LwAnpG (BGH v. 7.11.1997 - LwZR 1/97, BGHZ 137, 134 [140]) wirksam geworden. Nicht zu beanstanden ist die Auslegung der Beschlüsse v. 19.12.1990 durch das Beschwerdegericht, die von dem Rechtsbeschwerdegericht nur auf Rechtsfehler geprüft werden kann (BGH v. 3.5.1996 - BLw 54/95, BGHZ 132, 353 [357] = MDR 1996, 863), dahin, dass diese im zweiten und dritten Schritt die Teilung der Gesamt-LPG zur Schaffung kleinerer Unternehmen sowie deren Umwandlung in eingetragene Genossenschaften zum Ziel hatten. Die beschlossene Teilung entsprach § 4 LwAnpG, deren wesentliches Merkmal die Aufteilung des Vermögens einer LPG und i.d.R. auch des Mitgliederbestands auf zwei oder mehrere neu errichtete Unternehmen im Wege partieller Gesamtrechtsnachfolge ist (BGH, Beschl. v. 26.10.1999 - BLw 20/99, WM 2000, 259 [260]; K. Schmidt, ZIP 1998, 181 [183]). Die von dem Landwirtschaftsgericht festgestellte Unvollständigkeit der Teilungspläne führte zwar zu erheblichen Mängeln des Umwandlungsakts, ließ jedoch die konstitutive Wirkung der Eintragung im öffentlichen Register unberührt.
2. Ohne Erfolg wendet sich die Rechtsbeschwerde gegen ihre Inanspruchnahme als Gesamtschuldnerin neben der anderen aus der Teilung hervorgegangenen Agrargenossenschaft. Die Entscheidung des Beschwerdegerichts, das eine solche Haftung der Beschwerdeführerin aus § 11 Abs. 2 S. 2 letzter Halbs. LwAnpG 1990 dem Grunde nach bejaht hat, ist jedenfalls im Ergebnis nicht zu beanstanden.
a) Zutreffend ist das Beschwerdegericht davon ausgegangen, dass das Landwirtschaftsanpassungsgesetz eine gesamtschuldnerische Haftung der aus einer Spaltung hervorgegangenen übernehmenden Rechtsträger nur für die Verbindlichkeiten kennt, die durch den Teilungsplan nicht einem der Nachfolgeunternehmen zugeordnet worden sind (§ 11 Abs. 2 LwAnpG) oder die ggü. dem Unternehmen nicht durchgesetzt werden können, das nach dem Teilungsplan Schuldner der Altverbindlichkeiten sein soll (§ 12 Abs. 2 LwAnpG).
b) Ohne Erfolg wendet sich die Rechtsbeschwerde gegen das Ergebnis der Auslegung des Teilungsplanes durch das Beschwerdegericht, dass die Verbindlichkeiten aus Abfindungsansprüchen ausgeschiedener LPG-Mitglieder keinem der beiden Nachfolgeunternehmen zugewiesen worden sind, so dass beide nach § 11 Abs. 2 Letzter Halbs. LwAnpG als Gesamtschuldner haften.
aa) Eine ausdrückliche Regelung über die Aufteilung der Verbindlichkeiten findet sich im Teilungsplan nicht. Die dort in Bezug genommene Anlage gibt es nicht. Gegenteiliges trägt auch die Rechtsbeschwerde nicht vor. Insoweit sind die Abfindungsansprüche aus § 44 LwAnpG im Teilungsplan nicht ausdrücklich ausgewiesene Verbindlichkeiten.
bb) Die Auslegung des Teilungsplanes durch das Beschwerdegericht ist allerdings rechtsfehlerhaft und für den Senat nicht bindend.
Das Beschwerdegericht hat nämlich eine als Kurzprotokoll der Mitgliederversammlung v. 19.12.1990 bezeichnete Anlage und eine personifizierte Aufstellung über die Ermittlung der Inventarbeiträge berücksichtigt, die die Rechtsbeschwerdeführerin auf Anforderung im Verfahren vorgelegt hatte, die aber nach den beigezogenen Registerakten der Niederschrift der Mitgliederversammlung und den dazu eingereichten Urkunden nicht beigefügt waren. Derartige Unterlagen müssen indes bei der Auslegung des Beschlusses über den Teilungsplan nach § 7 Abs. 1 LwAnpG grundsätzlich außer Betracht bleiben. Für die Auslegung von Beschlüssen, die wie derjenige über den Teilungsplan in Bezug auf die Aufteilung der Vermögenswerte und der Verbindlichkeiten gem. § 11 Abs. 1 Nr. 1 LwAnpG unmittelbare Wirkung auch gegenüber außenstehenden Dritten begründen, dürfen im Interesse der Verlässlichkeit und der Rechtssicherheit grundsätzlich keine Umstände herangezogen werden, die sich nicht aus der Niederschrift über die Beschlussfassung und den darin in Bezug genommenen Urkunden über dessen Gegenstand ergeben, die mit der Anmeldung zur Eintragung beim Registergericht einzureichen sind (RGZ 146, 145 [154]; Beuthien, GenG, 12. Aufl. 2004, § 51 Rz. 1).
cc) Der Senat kann den beschlossenen Teilungsplan selbst auslegen, weil weitere tatrichterliche Feststellungen neben den beigezogenen Registerakten aus den vorstehenden Gründen nicht in Betracht kommen (BGH, Urt. v. 9.2.1994 - XII ZR 206/92, WM 1994, 961 [963]). Diese Auslegung führt zu keinem anderen Ergebnis.
(1) Zu Unrecht rügt die Rechtsbeschwerde, die Regelungen über die Übertragung der Anteile am LPG-Vermögen und der Mitgliedschaftsrechte in den Ziff. 2 und 3 des Teilungsplanes müssten dahin ausgelegt werden, dass damit die Abfindungsverpflichtung aus der LPG-Mitgliedschaft des Erblassers allein der inzwischen in Liquidation befindlichen Antragsgegnerin zu 2) zugeordnet worden sei. Eine solche Zuweisung des Abfindungsanspruchs des Erblassers kann in der Regelung zur Übertragung der LPG-Anteile und der Mitgliedschaften nicht erkannt werden.
Eine konkludente Zuweisung auf die Antragsgegnerin zu 2) wäre zwar denkbar, wenn diese Verbindlichkeit sich allein dem Betrieb der Antragsgegnerin zu 2) zuordnen ließe (Lutter/Hommelhoff, UmwG, 2. Aufl., § 133 Rz. 37). Das ist hier jedoch nicht der Fall. Eine Zuordnung der Beteiligung des Erblassers in der LPG (P) zu einem der Betriebe der Antragsgegnerinnen ist nicht möglich. Die Abfindungsansprüche des Erblassers aus § 44 LwAnpG haben ihren Grund in der beendeten Mitgliedschaft in einer früheren, auf Pflanzenproduktion spezialisierten LPG. Deren Aktiva und Passiva sind in einem Zusammenschluss der LPGen aufgegangen, mit dem die betriebliche Trennung von Pflanzen- und Tierproduktion aufgehoben werden sollte. Die Antragsgegnerinnen sind dagegen aus einer im Wesentlichen nach territorialen Gesichtspunkten erfolgten Teilung der Betriebsteile und Flächen der zusammengeschlossenen LPG entstanden und haben beide Betriebsteile auch aus der Pflanzenproduktion übernommen.
Auch eine Zuordnung der Abfindungsansprüche nach der Regelung im Teilungsplan über die Fortsetzung der Mitgliedschaften nach der Teilung ist hier nicht möglich. Die Abfindungsansprüche derjenigen, die infolge ihres Ausscheidens während der Umwandlung nicht Mitglieder in einem der neuen Unternehmen wurden, könnten daraus ohnehin nicht unmittelbar, sondern allenfalls fiktiv einem der beiden Nachfolgeunternehmen der zusammengeschlossenen LPG zugeordnet werden, indem das Verbleiben des ausgeschiedenen Mitglieds im Unternehmen bis zum Wirksamwerden der Umwandlung unterstellt wird. Im vorliegenden Fall widerspräche indessen eine auf einer solchen Fiktion beruhende Zuordnung des Abfindungsanspruchs den Bestimmungen über die Fortsetzung der Mitgliedschaften im Teilungsplan. Dort ist unter Ziff. 3 am Ende ausdrücklich geregelt worden, dass die Zuordnung nach dem Wohnortprinzip nur vorbehaltlich einer Kündigung des Mitglieds erfolge. Dies ist dahin zu verstehen, dass bei vorzeitigem Ausscheiden eben keine Mitgliedschaft in einem der Nachfolgeunternehmen nach dem Wohnortprinzip entstehen soll. Die von der Rechtsbeschwerde zitierten Bestimmungen in den Ziff. 2 und 3 des Teilungsplanes sind mithin als Anknüpfungsgrundlage für eine konkludente Zuweisung des Abfindungsanspruchs nicht geeignet.
(2) Die Haftung der Antragsgegnerin zu 1) kann auch nicht hilfsweise auf 50 vom Hundert des Anspruchs begrenzt werden, wie es von der Rechtsbeschwerde unter Verweis auf ein Kurzprotokoll über eine Aufteilung des Vermögens im Verhältnis 50:50 nach dem Territorialprinzip gemäß einer im Verfahren zur Akte gereichten Anlage geltend gemacht wird. Diese Unterlage ist - wie bereits ausgeführt - keine geeignete Grundlage für die Feststellung eines dahingehenden Beschlusswillens der Mitglieder.
Selbst wenn dies anders wäre, hätte die Rechtsbeschwerde keinen Erfolg. Aus einer allgemeinen Regel über eine Aufteilung des Vermögens im Verhältnis 50:50 auf zwei Nachfolgeunternehmen lässt sich eine solche Teilschuld nicht begründen. Auf die Widersprüche zwischen der Vermögensverteilung 50:50 und der Zuordnung nach dem Territorialprinzip, die der von der Beschwerdeführerin begehrten Auslegung entgegenstehen, hat das Beschwerdegericht zutreffend hingewiesen.
dd) Das Ergebnis der Auslegung des Teilungsplanes besteht mithin darin, dass diesem keine Regelung in Bezug auf die Altverbindlichkeiten aus den vor dem Wirksamwerden der Umwandlung entstandenen Abfindungsansprüchen entnommen werden kann. Die sich daran knüpfende Folge ist die gesamtschuldnerische Haftung beider Nachfolgeunternehmen nach § 11 Abs. 2 LwAnpG.
IV.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 44, 45 LwVG.
Fundstellen