Entscheidungsstichwort (Thema)

Anfechtung eines Abgabenbescheides

 

Verfahrensgang

OLG Dresden (Beschluss vom 12.01.1996; Aktenzeichen Ds Not 17/95)

 

Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 13.07.2004; Aktenzeichen 1 BvR 1298/94, 1 BvR 1299/94, 1 BvR 1332/95, 1 BvR 613/97)

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Senats für Notarverwaltungssachen des Oberlandesgerichts Dresden vom 12. Januar 1996 – Ds Not 17/95 – wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen und der Antragsgegnerin die im Beschwerderechtszug entstandenen notwendigen Auslagen zu erstatten.

Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 37.957 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

1. Der Antragsteller ist als ein zur hauptberuflichen Amtsausübung bestellter Notar mit Amtssitz in L. im Zuständigkeitsbereich der Antragsgegnerin, einer aufgrund von § 39 NotVO errichteten länderübergreifenden Anstalt des öffentlichen Rechts mit Sitz in L., tätig. Zu den Aufgaben der Antragsgegnerin gehören u.a. die erforderliche Ergänzung im Falle geringer Berufseinkommen der Notare in den neuen Bundesländern, die Versorgung der ausgeschiedenen Berufsangehörigen im Alter und bei Amtsunfähigkeit sowie die Versorgung der Hinterbliebenen, die einheitliche Durchführung von Versicherungen und die Bereitstellung der Haushaltsmittel der in ihrem Gebiet gebildeten Notarkammern. Durch § 39 Abs. 7 NotVO ist es der Antragsgegnerin zur Pflicht gemacht, zur Erfüllung ihrer Aufgaben von den Notaren ihres Tätigkeitsbereichs Abgaben zu erheben, deren Höhe sich nach der Leistungsfähigkeit richten muß.

Im Rahmen der ihr zustehenden Autonomie hat sich die Antragsgegnerin eine Organisationssatzung gegeben und hat, gestützt auf § 39 Abs. 7 NotVO, erstmals für das Abrechnungsjahr 1990/1991 und dann auch für die folgenden Abrechnungsjahre jeweils eine Abgabensatzung erlassen. Danach ist vorgesehen, daß die Notare ihres Zuständigkeitsbereichs außer einen festen Grundbeitrag nach Kalendermonaten berechnete, mit dem Gebührenaufkommen bis auf einen Anteil von 80 % in der höchsten Stufe progressiv ansteigende Staffelabgaben zu entrichten haben. Damit ist die Antragsgegnerin nach ihrer rechtlichen Struktur, ihrer inneren Organisation und ihrem satzungsrechtlichen Regelungswerk im wesentlichen nach dem Vorbild der Notarkasse in M. gestaltet, einer seit langem bestehenden, durch § 113 BNotO und das Reservatrecht in Art. 138 GG rechtlich abgesicherten Anstalt des öffentlichen Rechts, die mit ähnlichen Aufgabenstellungen länderübergreifend für Bayern und den Regierungsbezirk Pfalz des Landes Rheinland Pfalz zuständig ist.

Schon alsbald nach dem Erlaß der ersten Abgabensatzung bestritten einzelne Notare, darunter auch der früher im Zuständigkeitsbereich der Notarkasse in M. tätige Antragsteller, das Recht der Antragsgegnerin zur Erhebung der progressiv ansteigenden Staffelabgaben und machten die Nichtigkeit der Abgabensatzungen gerichtlich geltend. In zwei Verfahren nach § 25 NotVO folgte das Oberlandesgericht D. diesem Rechtsstandpunkt und hob die angefochtenen Abgabenbescheide wegen der aus einem Verstoß gegen Verfassungsrecht abgeleiteten Nichtigkeit der zugrundeliegenden Abgabesatzung auf. Auf die sofortigen Beschwerden der Antragsgegnerin hob der Senat durch Beschlüsse vom 25. April 1994 – NotZ 8/93 (BGHZ 126, 16) und NotZ 9/93 – die Entscheidungen des Oberlandesgerichts D. auf und wies dabei die verfassungsrechtlichen Einwände gegen die Wirksamkeit der Abgabensatzungen der Antragsgegnerin zurück. Gegen beide Senatsbeschlüsse haben die betroffenen Notare Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht eingelegt, über die noch nicht entschieden ist.

Auch der Antragsteller machte in zahlreichen beim Oberlandesgericht D. anhängigen Verfahren, die die Anfechtung von Abgabenbescheiden der Antragsgegnerin und damit im Zusammenhang stehende Fragen zum Gegenstand hatten, die Nichtigkeit der Abgabensatzungen wegen Verstoßes gegen Verfassungsrecht und anderes höherrangiges Recht geltend. In einem weiteren gerichtlichen Verfahren, das zunächst beim Oberlandesgericht M. anhängig war und das die Abgabenpflicht gegenüber der Notarkasse in M. aufgrund der früheren Notartätigkeit in deren Zuständigkeitsbereich betraf, erhob der Antragsteller vergleichbare Einwände insbesondere verfassungsrechtlicher Art gegen die Wirksamkeit der Abgabensatzungen der Notarkasse in M.. Auch damit drang er weder im erstinstanzlichen Verfahren noch im Beschwerdeverfahren vor dem Senat durch (Senatsbeschluß vom 8. Mai 1995 – NotZ 26/94 = BGHR BNotO § 113 Teil I Abs. 7 Notarabgabe 1 und, 2 und Notarkasse 1 = MittBayNot 1995, 241).

2. Im vorliegenden Verfahren streiten die Beteiligten um die Rechtmäßigkeit eines Abgabenbescheids der Antragsgegnerin.

Mit einem dem Antragsteller am 21. April 1995 bekannt gemachten Abgabenbescheid setzte die Antragsgegnerin die vom Antragsteller zu erbringenden Notarabgaben für den Monat Februar 1990 mit einem Betrag in Höhe von 37.957 DM fest.

Gegen diesen Bescheid hat der Antragsteller form- und fristgerecht Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt und zur Begründung unter Bezugnahme auf das Vorbringen in anderen gerichtlichen Antragsverfahren gegen die Antragsgegnerin im wesentlichen geltend gemacht, daß die zugrundeliegende Abgabensatzung nichtig sei, weil sie auf einer mit dem Grundgesetz nicht zu vereinbarenden Ermächtigungsgrundlage in § 39 Abs. 7 NotVO beruhe und auch inhaltlich höherrangigem Recht widerspreche.

Nachdem der Antragsteller die geforderten Abgaben für den Monat Februar 1995 unter Vorbehalt seiner Rechtsauffassung gezahlt hatte, hat er die Feststellung der Rechtswidrigkeit des angegriffenen Abgabenbescheids beantragt.

Die Antragsgegnerin hat demgegenüber geltend gemacht, daß der Abgabenbescheid rechtmäßig ergangen sei.

Das Oberlandesgericht hat den Antrag unter Auslegung des Begehrens im Sinne eines Anfechtungsantrags als unbegründet zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluß wendet sich der Antragsteller mit der Beschwerde; er verfolgt sein erstinstanzliches Antragsbegehren weiter.

Die Antragsgegnerin beantragt, die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen, jedoch die erstinstanzliche Kostenentscheidung dahin abzuändern, daß der Antragsteller der Antragsgegnerin die im ersten Rechtszug entstandenen außergerichtlichen notwendigen Auslagen zu erstatten hat.

Die Beteiligten wiederholen im wesentlichen ihr Vorbringen in erster Instanz; wegen der Einzelheiten wird auf ihre Schriftsätze verwiesen.

Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die nach § 25 NotVO zulässige Beschwerde ist unbegründet. Eine Aussetzung des Beschwerdeverfahrens wegen der Verfassungsbeschwerden, die gegen die Senatsbeschlüsse vom 25. April 1994 (BGHZ 126, 16) und vom 8. Mai 1995 (MittBay-Not 1995, 241) eingelegt worden sind, ist nicht veranlaßt.

Zutreffend ist das Oberlandesgericht davon ausgegangen, daß der Abgabenbescheid für den Monat Februar 1995 durch die unter Vorbehalt geleistete Zahlung keine Erledigung gefunden hat und daß das Begehren des Antragstellers seinem Sinn nach weiterhin als Anfechtungsantrag auszulegen ist. Den so verstandenen Antrag hat das Oberlandesgericht zu Recht als unbegründet beurteilt. Der Senat tritt den die wesentlichen Gesichtspunkte behandelnden Erwägungen im angefochtenen Beschluß bei. Ergänzend nimmt er Bezug auf die dieselben oder vergleichbare Fragen betreffenden Ausführungen in den Senatsbeschlüssen vom 25. April 1994 (BGHZ 126, 16) und vom 8. Mai 1995 (MittBayNot 1995, 241). An dem dort vertretenen Rechtsstandpunkt hält der Senat trotz der Gegeneinwände des Antragstellers fest.

Die Kostenentscheidung im angefochtenen Beschluß, die aufgrund des Rechtsmittels des Antragstellers in der Hauptsache der Prüfung durch den Senat ebenfalls unterliegt und grundsätzlich auch zum Nachteil des Rechtsmittelführers geändert werden könnte, ist entgegen der Meinung der Antragsgegnerin weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht zu beanstanden. Der Umstand, daß der Antragsteller seinen Rechtsstandpunkt in zahlreichen gerichtlichen Verfahren konsequent durchzusetzen versucht, rechtfertigt es vor einer abschließenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts noch nicht, von dem aufgrund entsprechender Anwendung des § 13 a FGG geltenden Grundsatz abzuweichen, daß im erstinstanzlichen Verfahren notwendige außergerichtliche Auslagen der Beteiligten nicht zu erstatten sind.

 

Unterschriften

Rinne, Blauth, Wiechers, Lintz, Toussaint

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1398936

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